Titel: | Parabolischer Regulator von Smith und Jackson, Ingenieure in Keighley. |
Fundstelle: | Band 194, Jahrgang 1869, Nr. XLIII., S. 188 |
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XLIII.
Parabolischer Regulator von Smith und Jackson, Ingenieure in
Keighley.
Nach Engineering, Juli 1869, S. 45.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Smith und Jackson's parabolischer Regulator.
Der Endzweck der Regulatoren, einen vollkommen gleichmäßigen Gang der mit ihnen
versehenen Maschinen bei Veränderung ihrer Widerstände zu erzielen, ist bis jetzt
trotz der großen Aufmerksamkeit welche die Constructeure seit Watt besonders diesem Theile der Dampfmaschine zugewendet haben, trotz der
großen Anzahl von Patenten, welche theils auf Verbesserung des Watt'schen, theils auf neue Regulatoren genommen wurden, in keiner
befriedigenden Weise erreicht worden.
Daß sich Watt's Regulator bis heute behauptet hat, liegt
offenbar in dem Umstande, daß derselbe, einfach in seiner Construction, Störungen
wenig ausgesetzt und daher wohlfeil ist, während die meisten sogenannten
Verbesserungen wegen ihrer complicirten Construction sehr leicht Störungen
verursachen und überdieß kostspieliger sind; abgesehen davon, daß wenige derselben
besser wirken als ein guter gewöhnlicher Regulator, viele jedoch bedeutend
schlechter, und daß in gewöhnlichen Fällen deren Complication und die Leichtigkeit
mit welcher sie in Unordnung gerathen, ein zu hoher Preis für eine Vergrößerung der
Maschinengleichförmigkeit ist.
Von allen Centrifugalregulatoren ist bekanntlich theoretisch der parabolische
Regulator der allein richtige, weil er die Grenze zwischen den stabilen und labilen
Regulatorconstructionen bildet. Während sowohl die stabilen als die labilen
Regulatoren für eine bestimmte Winkel also auch
Maschinengeschwindigkeit nur eine Gleichgewichtslage
haben, ist bei dieser Geschwindigkeit jede Stellung des
indifferenten parabolischen Regulators eine Gleichgewichtsstellung; die
Drosselklappe der Maschine kann demnach durch ihn, ohne Aenderung der
Maschinengeschwindigkeit, in der gewünschten Weise offen gehalten werden. Bei dem
stabilen Regulator ist dieß aus dem Grunde nicht möglich, weil bei Vergrößerung oder
Verkleinerung der Maschinenlast eine kleinere, beziehungsweise größere Drosselung
einzutreten hat; verschiedene Drosselungen erheischen
jedoch verschiedene Stellungen des Regulators, und diese
können – bei stabilen Regulatoren – nur durch verschiedene Geschwindigkeiten der Maschine erlangt werden, also gerade
durch das, was man zu vermeiden wünscht.
Der, wie gesagt, theoretisch allein richtige indifferente Regulator hat sich in der
Praxis aus dem Grunde nicht bewährt, weil er durch die Trägheit der in Bewegung
begriffenen Maschinentheile und durch die Compressibilität des Dampfes welche eine
Verzögerung der durch das Drosseln hervorzurufenden Wirkung verursacht, in der Weise
schädlich beeinflußt wird, daß seine Kugeln auf und ab schwanken, woraus eine
unregelmäßige Drosselung resultirt.
Um dieß zu zeigen, betrachten wir das Verhalten eines Regulators, der bei normaler
Maschinengeschwindigkeit 60 Umdrehungen pro Minute
macht.
Das Dampfventil werde geöffnet, die Maschine beginne zu laufen, bis der Regulator mehr als 60
Umdrehungen macht. Die Kugeln beginnen nun zu steigen, und da durch dieses Steigen
– wegen der Indifferenz des Regulators – die Centripetalkraft kein
Uebergewicht über die Centrifugalkraft erlangen kann, so bewegen sich die Kugeln bis
zu ihrer äußersten Stellung, und das Drosselventil schließt sich vollständig. Nun
tritt die Reaction ein. Die Umdrehungszahl wird kleiner als 60, die Kugeln fallen
bis zum tiefsten Punkte, und die Drosselklappe wird vollständig geöffnet. Das eben
beschriebene wechselnde Spiel wiederholt sich, bis der Regulator durch äußere
Vermittelung in seine richtige Lage kommt, aus welcher er jedoch durch geringe
Aenderung der Last oder der Dampfspannung wieder gebracht wird, um von Neuem seine
Oscillationen zu beginnen.
Wir gelangen nun zur Beschreibung der Mittel, welche von Smith und Jackson zur Vermeidung des
beschriebenen Uebelstandes in Anwendung gebracht werden; es sollen dadurch, ohne
Beeinflussung der Indifferenz oder des Isochronalismus des Regulators, dessen
schädliche Oscillationen aufgehoben werden.
Fig. 20 ist
der verticale Schnitt durch den Apparat, welcher diesen Zweck zu erfüllen hat, den
„Moderator.“
C ist ein am Boden geschlossener, mit Oel fast
vollständig gefüllter Cylinder, B ein Kolben, der in
denselben lose eingepaßt ist, so daß das Oel bei seiner Auf- und Abbewegung
zwischen ihm und der Cylinderwandung durchstreichen kann. Dabei wird verlangt, daß
der Kolben, langsam bewegt, nur sehr geringen Widerstand findet – er soll durch sein eigenes
Gewicht in einer Minute die ganze Cylinderlänge durchlaufen, während er bei schneller Bewegung einen großen Widerstand zu überwinden hat. Die Kolbenstange D geht lose durch den Deckel F, und ist an ihrem Ende die Feder E
befestigt, deren anderes Ende durch die Kappe H, mit dem
Federhause A fest verbunden ist. Diese Kappe mit dem
Federhause gleitet frei über die Kolbenstange und bewegt dieselbe nur vermittelst
der Feder E. Der Moderator ist mit dem Regulator durch
die Stange J verbunden, so zwar, daß beim Steigen oder
Fallen der Kugeln das Federhaus gehoben oder gesenkt wird.
Die Feder gestattet ihrem beweglichen Ende einen doppelt so großen Spielraum als die
Länge des Cylinders beträgt, damit die Regulatorkugeln, unabhängig von der Stellung
des Kolbens, allein durch Zusammendrückung oder Ausdehnung der Feder von der einen
äußersten Stellung zur anderen gelangen können.
In Verbindung mit diesem Moderator steht der in Fig. 21–23
dargestellte parabolische Regulator höchst einfacher und solider Construction.
In Fig. 21 und
22
bedeutet B die Regulatorwelle, auf welche ein die Kugeln
führender Bügel A fest aufgekeilt ist. Die obere Fläche
des Bügels bildet die Bahn der Regulatorkugeln, welche genau in die Rinne K (Fig. 23) derselben derart
paßt, daß die Kugeln auf dem Bügel frei rollen können.
Die Bahn ist so geformt, daß die Kugelmittelpunkte bei ihrer Bewegung eine Parabel
beschreiben. Die Kugeln bestehen aus zwei durch Bolzen verbundenen Hälften, welche
durch ringförmige Platten auseinander gehalten werden. Die Arme E, welche die Bewegung der Kugeln auf das Drosselventil
übertragen, umgreifen zwischen den zwei Kugelhälften die Bolzen, ohne die freie
Bewegung der Kugeln zu hindern; an dem anderen Ende der Arme E ist die auf der Achse B verschiebbare Hülse
F befestigt, von der aus das Drosselventil bethätigt
wird.
Es soll nun das Verhalten des mit dem Moderator verbundenen Regulators in drei
verschiedenen Fällen besprochen werden.
a) Es möge ein Theil der Last der Maschine plötzlich entfernt werden und hierdurch die
Geschwindigkeit um 1 Proc. zunehmen; der Regulator beginnt zu steigen und drückt die
Feder E zusammen, durch deren Spannung der
Weiterbewegung der Regulatorkugeln ein Widerstand entgegengesetzt wird. Während
dieses Vorganges zeigt sich die Wirkung des Steigens der Ballen auf die Maschine,
ihre Geschwindigkeit nimmt ab; dieß würde ein plötzliches Fallen der Regulatorkugeln
zur Folge haben, wenn sie noch unter dem Einflusse der Feder E ständen; allein der Kolben B ist
mittlerweile durch die Wirkung derselben gestiegen, wodurch die Feder wieder in ihre
Normalposition gekommen ist und der Regulator, nun von ihr unbeeinflußt, in seiner
normalen Stellung bleibt.
Träte eine größere Geschwindigkeitsänderung ein, so würde der Regulator eine stärkere
Bewegung machen, wodurch die Pressung, beziehungsweise Ausdehnung der Feder
proportional wachsen würde, bis die Maschine Zeit gewonnen hätte, ihre bestimmte
Geschwindigkeit zu erlangen und bis der Kolben B die
Stellung erlangt hätte, bei welcher er von der Feder E
nicht beeinflußt ist.
b) Wird die ganze Last der
Maschine plötzlich entfernt, so daß sie um 6 bis 8 Proc.
schneller läuft, so ist die hierdurch erlangte Vergrößerung der Centrifugalkraft
hinreichend um den Widerstand der Feder zu überwinden, die Ballen in ihre äußerste
Stellung zu schleudern und das Drosselventil plötzlich und vollständig zu
schließen.
c) Der letzte Fall ist jener, wenn die ganze Last sehr langsam
entfernt oder an die Maschine angehängt wird, oder was dieselbe Wirkung hervorruft, wenn die
Kesselspannung bedeutend zu- oder abnimmt. In diesem Falle steigt oder fällt
der Regulator ohne merkliche Schwankungen und nimmt bei seiner Bewegung Feder und
Kolben mit sich, ohne daß dabei eine Geschwindigkeitsänderung einträte.
Aus unserer Quelle ist nicht zu ersehen, ob das Verhalten des Regulators in den drei
vorgeführten Fällen nach wirklich vorgenommenen Versuchen beschrieben worden ist,
oder ob man bloß aus der Construction des Moderators auf seine Wirkung schließend
die drei Fälle behandelte.
Sollte sich jedoch diese Wirkung des Moderators in der Praxis bewahrheiten, –
und sein Princip und dessen constructive Durchführung lassen es hoffen – so
wird dadurch ein lang erstrebtes Ziel erreicht seyn.
O. B.