Titel: | Ueber ein einfaches Verfahren, den procentischen Wassergehalt der verschiedenen Stärkemehlsorten zu bestimmen; von Dr. C. Scheibler in Berlin. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. CXXXIII., S. 505 |
Download: | XML |
CXXXIII.
Ueber ein einfaches Verfahren, den procentischen
Wassergehalt der verschiedenen Stärkemehlsorten zu bestimmen; von Dr. C. Scheibler in
Berlin.
Scheibler, über Bestimmung des Wassergehaltes im
Stärkemehl.
Auf der diesjährigen General-Versammlung der Stärke- und
Stärkezucker-Fabrikanten zu Berlin wurde darauf hingewiesen, wie wichtig Es
sey, ein einfaches Verfahren zu besitzen, um rasch und mit annähernder Genauigkeit
den Wassergehalt im Stärkemehl bestimmen zu können, da wegen der Größe desselben in
der Regel zwischen Producenten und Käufern Streitigkeiten entständen. Ich äußerte
bei dieser Gelegenheit die Vermuthung, daß Es gelingen müsse, die Menge des in einem
gegebenen Stärkemehl enthaltenen Wassers aus der Dichtigkeitsänderung zu
erschließen, welche Alkohol von einer bestimmten Stärke erleidet, wenn er mit einer
gewissen Menge wasserhaltigen Stärkemehls genügende Zeit in Berührung gewesen sey, da das Stärkemehl
außer ganz unwesentlichen Spuren von Fett an starken Alkohol nichts Anderes als
Wasser abgeben könne, und ich versprach, diese Vermuthung, welche voraussichtlich zu
einem einfachen, keine chemischen Kenntnisse erfordernden Prüfungsverfahren führen
dürfte, einer experimentellen Untersuchung zu unterwerfen.
Diese Untersuchung hat nun in der That die Richtigkeit meiner Voraussetzung bestätigt
und gezeigt, daß sich der Wassergehalt eines Stärkemehls in kürzester Zeit und mit
einer praktischen Anforderungen durchaus genügenden Genauigkeit mittelst Alkohol
bestimmen läßt. Im Nachstehenden werde ich zunächst über die Versuche, welche zur
Begründung des Verfahrens ausgeführt wurden und dann über die Untersuchungsweise
selbst berichten.
Zu den Fundamental-Versuchen, welche auf meine Veranlassung Hr. L. Best aus Osthofen in meinem Laboratorium mit großer
Sorgfalt ausführte, wurde Alkohol von 90 Proc. Tralles oder dem specifischen
Gewichte = 0,8339 bei 12 4\9 Gr. Réaumur verwendet, da sich ein solcher als genügend
stark erwies und leicht aus käuflichem, hochprocentigem Spiritus durch geringen
Wasserzusatz hergestellt werden kann. Je 100 Kubikcent. = 83,39 Grammen desselben
wurden in einer trockenen, mittelst Stöpsels verschließbaren Flasche mit dem halben
Gewichte, 83,39/2 = 41,7 Grammen verschiedener Stärkemehlproben, deren Wassergehalte
vorher durch genaue Austrocknungsversuche ermittelt waren, zusammengebracht und
unter häufigem Umschütteln ¾ bis 1 Stunde in Berührung gelassen. (Wie
wiederholte Versuche erwiesen, genügt ein solcher Zeitraum, um eine vollständige
Aufnahme des Wassers des Stärkemehls durch den Alkohol herbeizuführen.) Nächstdem
wurde der Alkohol abfiltrirt, auf die Normal-Temperatur gebracht und sein
specifisches Gewicht mittelst einer feinen Waage mit Senkkörper nach Mohr'schem Princip ermittelt.
Man hätte erwarten können, daß den Stärkemehlproben das gesammte Wasser von dem
Alkohol entzogen würde und zu dessen Verdünnung beitrage, in welchem Falle man die
Dichtigkeitsänderung desselben im Voraus theoretisch hätte berechnen können. Die
Versuche zeigten aber, daß man das in einem Stärkemehl vorhandene Wasser mittelst 90
procentigen Alkohols nur bis auf 11,4 Proc. zu entziehen vermag, und daß
Stärkemehlproben von weniger als 11,4 Proc. Wassergehalt dagegen den zugesetzten
Alkohol mehr oder weniger entwässern.
In vorbeschriebener Weise wurden 11 Stärkemehlproben von sehr differirenden Gehalten
an Wasser geprüft; besondere Versuche haben gezeigt, daß Stärkemehl verschiedener
Abstammung (Weizen-, Kartoffel-, Mais-Stärke) sich gegen
Alkohol völlig gleich verhalten. Die Resultate sind folgende:
Textabbildung Bd. 192, S. 506
Wassergehalt der Stärke;
Specifisches Gewicht des Alkohols; gefunden Proc.; nach der Tabelle berechnet
Proc.; Differenz Proc.; Mittlerer Fehler
Diese Zusammenstellung enthält in der ersten Columne die gefundenen specifischen
Gewichte der von den Stärkemehlproben abfiltrirten alkoholischen Flüssigkeiten, in
der zweiten die analytisch, also direct gefundenen Wassergehalte dieser
Stärkemehlproben nach Procenten, in der dritten die aus den specifischen Gewichten
der Alkoholauszüge, in weiter unten angegebener Weise indirect berechneten
Wassergehalte und in der letzten Columne die Differenzen dieser directen und
indirecten Wasserbestimmungen.
Um aus den specifischen Gewichten der Alkoholauszüge den procentischen Wassergehalt
der Stärkemehlproben abzuleiten, wurden die ersteren sowie die zugehörigen directen
Wasserbestimmungen auf ein Coordinatensystem übertragen und aus den dabei sich
ergebenden Punkten eine mittlere Curve construirt, nach welcher dann die berechneten
Wassergehalte durch graphische Interpolation sich ergaben. Eine solche mittlere
Curve repräsentirt annähernd diejenigen Punkte, die für die directen
Versuchsresultate sich ergeben würden, wenn man dieselben nach der Methode der
kleinsten Quadrate von den wahrscheinlichen Fehlern befreit hätte und die aus einer
solchen Curve abgeleiteten Werthe verdienen daher größeres Vertrauen als die
directen Wasserbestimmungen. Den Differenzen in obiger Versuchstabelle zufolge
betragen die Abweichungen zwischen den wirklich gefundenen und den theoretisch
berechneten Wassergehalten (mit Ausnahme zweier größeren) meist ± 0,5 Proc.; doch
darf man annehmen, daß
die Größe dieser Abweichung vornehmlich in den directen Bestimmungen zu suchen ist,
und nur der mittlere Fehler der ganzen Versuchsreihe, + 0,18 oder rund + 0,2 Proc.
als die eigentliche Fehlergröße der indirecten Bestimmungen zu betrachten ist. Aber
abgesehen hiervon beträgt der Fehler, welchen man nach dem hier besprochenen
Prüfungsverfahren bei Wasserbestimmungen im Stärkemehl begeht, ungefähr nur ± 0,5
Proc., und dieß ist eine für praktische Anforderungen meist gleichgültige Größe.
Aus der vorgedachten Curve wurde die untenstehende Tabelle abgeleitet, die den
Wassergehalt eines Stärkemehls nach vollen Procenten aus der gefundenen
Alkoholdichtigkeit zu ersehen gestattet.
Für die Bedürfnisse der Praxis habe ich ein Aräometer construirt, mittelst dessen man
die Dichtigkeit des Alkohols vor und nach den Versuchen bestimmt und an dessen Scala
die in einem Stärkemehl vorhandene Wassermenge sofort nach Procenten abgelesen
werden kann. Ein demselben angefügtes Procentthermometer gestattet den Einfluß einer
Abweichung von der Normaltemperatur zu corrigiren.
Praktiker, welche in den Besitz eines solchen, sehr leicht zu handhabenden, mit
ausführlicher Gebrauchsanweisung versehenen Instrumentes und des erforderlichen
Zubehörs zu kommen wünschen, wollen sich dieserhalb direct an mich (Berlin,
Alexandrinenstr. 24) wenden.
Tabelle über die Dichtigkeiten, welche
Alkohol von 0,8339 specifischem Gewicht zeigt, wenn 2 Gewichtstheile desselben
mit einem Gewichtstheil Stärkemehl von nachstehenden Wassergehalten in Berührung
gewesen sind. Temperatur: 124/9 Gr. Réaumur.
Textabbildung Bd. 192, S. 507
Stärke-Wasser Proc.;
Alkohol, specifisches Gewicht; Stärke-Wasser Proc.; Alkohol, specifisches
Gewicht; Stärke-Wasser Proc.; Alkohol, specifisches Gewicht;
Textabbildung Bd. 192, S. 47
Stärke-Wasser Proc.;
Alkohol, specifisches Gewicht; Stärke-Wasser Proc.; Alkohol, specifisches
Gewicht; Stärke-Wasser Proc.; Alkohol, specifisches Gewicht;
(Wochenblatt zu den preußischen Annalen der Landwirthschaft,
1869, Nr. 19.)