Titel: | Untersuchung des ungarischen Weizens und Weizenmehles; von O. Dempwolf. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XCI., S. 332 |
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XCI.
Untersuchung des ungarischen Weizens und
Weizenmehles; von O.
Dempwolf.
Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1869, Bd. CXLIX
S. 343.
Dempwolf, Untersuchung des ungarischen Weizens und
Weizenmehles.
Nach Analysen von v. Bibra, Meyer u. A. variirt der
Stickstoffund Aschengehalt des Weizens je nach dem Jahrgange, Art und
Bodenbeschaffenheit. So schwankt der Stickstoff von 1,38 bis 2,729 Procent, die
Asche von 1,4 bis 2,18 Proc. Ebenso ist auch die Zusammensetzung der Aschen sehr
verschieden, so daß in einzelnen kein Natron nachzuweisen ist, während in anderen
fast die Hälfte des Kalis durch Natron vertreten ist. Das Gleiche findet beim
Kalk- und Magnesiagehalt statt. Am constantesten scheint die Phosphorsäure zu
seyn, welche nur geringen Schwankungen unterworfen ist.
So viel nun auch der Weizen und die daraus gewonnenen Producte untersucht sind, so
habe ich doch keine Analyse gefunden über sämmtliche, Mahlproducte desselben
Kornes.
Auf Veranlassung des Hrn. Baron v. Liebig, welcher mir
gütigst die dazu nöthigen Materialien zur Verfügung stellte, unternahm ich die
Untersuchung der Mehle und sonstiger Producte der Pesther Walzmühle.
In den gewöhnlichen Steinmühlen werden nur wenige Sorten Mehl erzeugt, da durch die
Reibung der Steine das Korn zu schnell zerrissen wird. Daher hat das feinste
Auszugmehl der Steinmühlen nicht die Weiße, wie das der Walzmühlen. Auch wird
daselbst selten quantitativ ausgemahlen, d. h. die Menge der verschiedenen Mehle
bestimmt, sondern nur die Gesammtsumme der Mehle, welche z. B. in diesem Jahre 78
Proc. seyn soll. Demnach gehen mit der Kleie 22 Proc. verloren.
Ob auf allen Walzmühlen quantitativ ausgemahlen wird, kann ich nicht sagen, da keine
Nachrichten darüber vorhanden sind.
Auf der Pesther Walzmühle werden nach der Angabe der Direction 14 verschiedene
Producte aus dem Weizen dargestellt, und war der, welcher das Material zur
Untersuchung lieferte, aus ⅔ Theiß- und ⅓ Banaterweizen
gemischt. Die Analyse desselben ergab:
Weizenkorn:
Wasser
10,511
Asche
1,505
Stickstoff
2,239
(N bei 100° C. getrocknet 2,503)
Stärke
65,407
Die Asche des Kornes enthielt in 100 Theilen:
Fe2O3
0,404
CaO
4,275
MgO
14,862
KO
31,825
NaO
1,016
PO5
49,902
SO3
0,101
Cl
0,086
–––––––
102,471.
Der Stickstoffgehalt auf Kleber berechnet nach der Annahme, daß derselbe 15,6 Proc.
Stickstoff enthält, gibt im gewöhnlichen Korn 14,352 und bei 100° C.
getrocknet 16,044 Proc.
Als Zusammensetzung des Kornes ergibt sich:
Wasser
10,511
Asche
1,505
Kleber
14,352
Stärke
65,407
Fett und Holzfaser
8,225
–––––––
100,000
Demnach bleibt für Holzfaser 8,225 übrig. Gefunden wurde für Holzfaser 7,144. Zucker
konnte direct nicht nachgewiesen werden.
Betrachtet man das Weizenkorn mikroskopisch, so kann man leicht drei Hauptschichten
unterscheiden, von denen die erste das Pericarpium oder die Hülle ist, welche an der
Spitze mit einem Schöpf kleiner Haare bekleidet ist. Diese zeigt sich in der äußeren
Schicht ohne zellige Structur, doch schließt sich nach innen eine Reihe kleiner
Zellen an. Dann folgt eine Reihe großer Zellen, das Perisperm oder Eiweißschicht,
jedoch ist in diesem kein Stärkemehl nachzuweisen. Das Innere ist mit großen
stärkehaltigen Zellen ausgefüllt, deren Dichtigkeit von innen nach außen Zunimmt.
Wird nun das Korn gemahlen, so werden zuerst die weichsten Theile desselben, das ist
der innerste Theil, zerrissen und liefern so das weißeste und zarteste Mehl. Die
folgenden Sorten sind immer dunkler, da dieselben von den härteren und gefärbteren
Theilen des Kornes mehr Enthalten. Die äußersten Hüllen werden, da ihre Zähigkeit
ein völliges vermahlen unmöglich macht, als Kleie ausgeschieden.
Bevor das Korn gemahlen wird, werden auf einem Steingange die außen befindlichen
Theile, als Haare, Keime, Wurzelfasern und ein Theil der äußersten Hülle, als
Spitzen oder Koppstaub entfernt. Aus dem so präparirten Weizen sind A und B die Kochgriese, 0,
1, 2, 3 die Auszugmehle, Mehle, 4 und 5 die Semmelmehle, 6 und 7 die Brodmehle, 8 das Schwarzmehl und 9
und 10 die Kleien gewonnen. Die Mehle sind so weit wie möglich mit Walzen gemahlen,
und der Rest, welcher den Walzen widerstand, ist auf einem Steingange
ausgemahlen.
Nach Procenten ist die Ausbeute folgende:
Textabbildung Bd. 192, S. 334
A und
B; Kochgriese; Auszugmehle.; Semmelmehle.;
Brodmehle.; Schwarzmehl.; Kleien.; Koppstaub.; Verstaubt.
Im Ganzen also:
Für Griese und Auszugmehle
18,724
Semmelmehle
32,682
Brodmehle
22,224
Schwarzmehl
2,576
Kleien
18,516
Absall
1,290
Verstaubt
3,988
–––––––
100,000
Bei der Analyse wurde hauptsächlich auf Wasser, Asche, Stickstoff und Stärke
Rücksicht genommen. Die Asche wurde kieselsäurefrei berechnet, da der SiO2 Gehalt in den
einzelnen Mehlen zu gering war, um gewogen werden zu können. Aus dem
Stickstoffgehalt ist der Kleberund Eiweißgehalt berechnet, da eine quantitative
Trennung derselben auf nassem Wege nicht gelang. Nach den verschiedenen Analysen
enthält der Kleber und das Pflanzeneiweiß 15,6 Proc. Stickstoff, und Es ist diese
Zahl den Berechnungen zu Grunde gelegt. Die Stärke wurde ebenfalls indirect
bestimmt, indem dieselbe durch SO3 in Zucker übergeführt und mit alkalischer Kupferlösung titrirt
wurde. Die Operation nach Fresenius in zugeschmolzenen
Glasröhren im siedenden Kochsalzbade ausgeführt, welches eine Temperatur von
109° C. hatte, gab die besten Resultate. Gegenversuche, durch Kochen im Kolben, zeigten
bei weitem nicht dieselben Resultate, da bereits nach einer Stunde die Stärke
verschwunden, aber nach dreistündigem Kochen noch uicht so viel Zucker gebildet war,
wie in den zugeschmolzenen Glasröhren. Zur Controle wurden immer zwei Röhren
eingesetzt und die eine nach drei, die andere nach sechs Stunden untersucht. Es
zeigte sich, daß in einigen Fällen eine Abnahme, in den meisten eine Zunahme von
höchstens 1 Procent stattgefunden hatte. Eine absolute Genauigkeit hat die
Zuckerbestimmung nicht, da der Punkt, wo das Kupfer ausgefällt wird, sehr schwierig
zu bestimmen ist.
In je 100 Theilen Mehl ist enthalten:
Wasser
Asche
Stickstoffbei 100°
Stickstoff imgewöhnlichen mehl
Stärke
A
11,050
0,398
2,089
1,858
69,983
B
11,545
0,386
1,874
1,658
69,530
0
10,077
0,380
2,011
1,808
72,145
1
10,618
0,416
2,071
1,851
71,017
2
10,492
0,452
2,087
1,868
68,867
3
10,142
0,481
2,122
1,907
68,386
4
10,421
0,586
2,212
1,981
67,302
5
10,544
0,611
2,435
2,178
67,176
6
10,748
0,764
2,611
2,329
65,631
7
10,674
1,176
2,788
2,491
61,773
8
9,527
1,549
2,570
2,325
61,031
9
10,690
5,240
2,518
2,249
45,838
10
11,150
5,680
2,513
2,233
41,453
11
9,235
2,648
2,616
2,375
0
In 100 Theilen Asche sind enthalten:
A
B
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
Fe2O3
0,525
0,583
0,630
0,643
0,627
0,635
0,596
0,570
0,334
0,425
0,484
0,208
0,436
1,671
CaO
7,296
7,718
8,057
7,946
7,454
7,094
6,798
6,791
6,626
5,536
4,741
2,747
2,502
8,203
MgO
6,899
6,857
7,008
7,105
7,795
8,343
9,924
10,574
10,870
12,234
12,947
16,861
17,349
13,023
KO
34,663
34,6699
35,482
35,285
34,254
33,876
32,715
33,239
30,386
30,314
30,299
30,672
30,142
3l,489
NaO
0,988
0,891
0,744
0,675
0,678
0,690
0,650
0,726
0,946
1,260
0,974
0,701
1,080
2,144
PO5
49,721
49,218
48,896
48,976
49,519
49,306
50,056
50,187
50,146
50,204
50,173
50,152
49,112
44,054
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
100,092
99,936
100,125
100,428
100,327
100,344
100,739
100,087
99,308
99,973
99,618
101,341
101,621
100,584
Der Stickstoffgehalt auf Kleber berechnet ist
a. im gewöhnlichen Mehl
b. im bei 100° C. getrockneten Mehl
A
B
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
a.
11,910
10,628
11,520
11,865
11,974
12,224
12,699
13,961
14,872
15,968
14,904
14,417
14,314
15,224
b.
13,396
12,012
12,891
13,275
13,378
13,602
14,179
15,609
16,737
17,871
16,474
16,141
16,109
16,769
Reducirt man obige Zahlen auf 100 Theile Korn, so ergibt sich nach den vorher
erwähnten Procentsätzen der Meh lausbeute folgende Zusammensetzung:
Textabbildung Bd. 192, S. 337
A u. B
proc; summa; Gefunden; Verhaltniß der Phosphorsaure zum Stickstoff; A u. B; Asche Stickstoff; A u B; a.bei
100° Stickstoff; b. im gewöhnlichen Mehl; a.Kleber; b Kleber
Stärke; Das Verhältniß der Hauptnährsalze, als Kalt, Magnesia, Kali und
Phosphorsäure in den verschiedenen Mehlen stellt sich; Cao; Mgo; Ko;
Po; 5; im ganzen
Weizen; Demnach ging verloren; Asche; Kleber; Stärke; (Verstäubt wurden 3,988
Mehl, also wurde weniger circa 3,8 Proc. gefunden.)
Die Differenz ist im Starkegehalt zu suchen, da der Punkt, wo alle Stärke und
Dextrin in Zucker verwandelt ist, nicht genau bestimmt werden kann.
Ferner wurde eine Mehlprobe untersucht, welche noch alle Kleie enthielt und deren
Zusammensetzung fast völlig dem des ganzen Kornes gleicht. Es wurde gefunden:
Wasser
10,743
Stickstoff
2,506
Stärke
64,475
Fe2O3
CaO
MgO
KO
NaO
PO5
Asche
1,503
mit
0,852
4,246
14,721
31,898
0,704
49,720
=
102,141
Ein anderes Mehl des ganzen Kornes, aus welchem 13 Proc. Kleie abgesondert war,
entsprach folgender Zusammensetzung:
Wasser
10,548
Stickstoff
2,518
Stärke
65,660
Feo2O3
CaO
MgO
KO
NaO
PO5
Asche
1,032
worin
1,338
5,085
12,425
31,456
1,878
48,761
=
100,943
Vergleicht man nun die Analysen, so findet eine bedeutende Zunahme der Asche statt,
je gröber das Mehl wird und in dieser fast proportional eine Abnahme des
Kalk- und Kaligehaltes und Zunahme des Magnesiagehaltes. Der Stickstoffgehalt
steigt bis zu den Brodmehlen und nimmt bei den Kleien wieder ab, jedoch beträgt der
Unterschied nur 0,8 Proc. Der Wassergehalt ist nur geringen Schwankungen unterworfen
und ist überall das Korn als sehr gut getrocknet anzusehen, da die meisten Analysen
sonst mehr Wasser anzeigen.
Hinsichtlich des Stärkegehaltes wage ich nicht etwas Bestimmtes festzustellen, da der
Verlust von circa 3 Proc. mir zu hoch ist.Ich verdanke das Material zu dieser Untersuchung, die durch Hrn. Dempwolf (damals mein Assistent) in meinem
Laboratorium ausgeführt wurde, der Güte der Direction der Pesther Walzmühle,
ebenso die sehr interessante Angabe über die durchschnittliche Ausbeute an
den verschiedenen Mehlproducten, wie sie bei der Vermahlung im Großen von
100 Korn im Verlaufe eines Jahresbetriebes erhalten worden sind. Ich bin der
Direction der Pesther Walzmühle den größten Dank für ihre Mittheilungen und
ihre Unterstützung dieser Untersuchung schuldig, welche Gelegenheit
dargeboten hat, über die Vertheilung der Kornbestandtheile bei der
Verwandlung des Kornes in Mehl in's Klare zu kommen. Die Analysen ergeben,
daß in Beziehung auf ihren Nahrwerth die Mehlsorten der Pesther Walzmühle
den ersten Rang einnehmen; sie sind von der größten Schönheit und
übertreffen an Brodausbeute bei weitem alle anderen Mehlsorten, die mir in
die Hände gekommen sind.I. v. Liebig.