Titel: | Ueber die Nachweisung von Chlor neben großen Mengen von Jod; von B. Dietzell. |
Autor: | B. Dietzell |
Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. XIX., S. 41 |
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XIX.
Ueber die Nachweisung von Chlor neben großen
Mengen von Jod; von B.
Dietzell.
Dietzell, über die Nachweisung von Chlor neben großen Mengen von
Jod.
Während die Methoden um geringe Mengen oder Spuren von Jodiden neben Chloriden
aufzufinden, im Zusammenhange mit dem natürlichen Vorkommen des Jods, sich einer
großen Ausbildung erfreuen, hat man sich daran gewöhnt über den umgekehrten Fall,
wenn es sich nämlich darum handelt geringe Mengen von Chloriden neben einem großen
Ueberschusse von Jodiden nachzuweisen, gewissermaßen hinwegzugehen, und für die
Nachweisung höchst geringer Mengen von Chlor neben Jod finden wir kaum einen
Belegversuch, selten einen Zweifel an den eingebürgerten Verfahrungsweisen
ausgesprochen.
Wenn man empfiehlt die resp. durch Restfraction angereicherte Fällung von Chlorsilber
und Jodsilber für die Nachweisung des Chlors durch Ammon auszuziehen, so sieht man
gewöhnlich ab von der geringen Löslichkeit des Jodsilbers in Ammon und bei der
eventuellen nachherigen Fällung des Chlorsilbers von der Löslichkeit desselben in
Ammonsalzen. OttoLehrbuch der anorganischen Chemie, 4te Aufl. Bd. I S. 778. spricht außerdem die Besorgniß aus: es könne
bei der Behandlung des Gemenges von Chlorsilber und Jodsilber mit Ammoniak
Chlorsilber ungelöst bleiben.
Alle diese Umstände erlangen eine weit größere Bedeutung, wenn es sich um die
Nachweisung von Spuren Chlors neben Jod handelt; hat das Auffinden des ersteren in
dem Gemenge der Haloidsalze überhaupt schon seine eigenthümlichen Schwierigkeiten,
so werden sich diese um so mehr vergrößern, je stärker der Jodgehalt den Chlorgehalt
überwiegt.
Daß sich Jodsilber, zuwider der gewöhnlichen Behauptung, wirklich in geringer Menge
in Ammoniakflüssigkeit löst, davon kann man sich leicht durch den directen Versuch
überzeugen. Uebersättigt man das mit Jodsilber behandelte Ammoniak mit
Salpetersäure, so erhält man eine gelbliche Trübung und die gelbe Farbe des
gefällten Jodsilbers tritt ganz unzweifelhaft hervor, wenn sich der Niederschlag
gehörig abgesetzt hat. Zerlegt man denselben weiters durch
SchwefelwasserstoffgasDiese Methode den Silberniederschlag zu zerlegen, dürfte vor der sonst
üblichen Reduction mit kohlensaurem Natron oder metallischem Zink
entschieden den Vorzug verdienen. und entfernt den Ueberschuß an
letzterem in der Flüssigkeit durch Erwärmen, so ist darin der Jodgehalt nach der
Reduction durch salpetrigsaures Kali leicht mit Stärkekleister in überzeugender
Weise nachzuweisen. Zur Auffindung geringer Mengen Chlors neben viel Jod kann daher
diese einfache Behandlung des Silberniederschlages mit Ammonflüssigkeit nicht
benutzt werden.
Ebenso ist die Abscheidung eines großen Ueberschusses von Jod als Kupferjodür
mittelst einer Mischung von Kupfervitriol und Eisenvitriol, oder durch
salpetersaures Palladiumoxydul mit ähnlichen Inconvenienzen behaftet.
Daß die ohnehin subtile Methode der Destillation mit chromsaurem Kali und
Schwefelsäure in unserem Falle keine Anwendung finden kann, ist außerdem
bekannt.Will, Anleitung zur chemischen Analyse, 7te Aufl.
S. 191.
Auch die Flammenfärbung durch das Kupferchloridsalz ist für den von uns aufgeworfenen
Fall nicht anwendbar, und selbst die spectralanalytische Ausbildung derselben durch
A. MitscherlichFresenius' Zeitschrift für analytische Chemie,
Jahrg. IV S. 153. dürfte, zumal mit
Rücksicht auf die noch gerade nicht allgemeine Zugänglichkeit des Apparates, eine
anderweitige Methode nicht gänzlich überflüssig erscheinen lassen.
Es wird daher, bei Vergegenwärtigung des Vorliegenden und der häufig gestellten Frage
nach einem eventuellen geringen Chlorgehalte in den käuflichen Jodiden, mein Streben
gerechtfertigt erscheinen, wenn ich nach einer Methode suchte, welche sehr geringe
Mengen von Chloriden neben viel Jodid in einer charakteristischen Weise aufzufinden
gestattet.
Wenn man dabei auch wohl von vornherein auf eine derartig charakteristische Reaction,
wie wir sie beim Jod in der Bläuung der Stärke besitzen, verzichten muß, so dürfte
gleichwohl die nachfolgend mitgetheilte, sowohl was Empfindlichkeit als
Unzweideutigkeit anbetrifft, den Umständen entsprechenden Anforderungen vollkommen
genügen und bei dem Mangel charakteristischer Erkennungsmittel für kleine Mengen von
Chloriden neben Bromiden oder Jodiden nicht unwillkommen seyn.
Ich habe dafür die Entstehung von Chlorblei-Jodblei in dem in Frage stehenden
Gemische der beiden Haloidsalze bei Zufügung von Bleisalzen benutzt, welche unter
Beobachtung der erforderlichen Cautelen in sehr bezeichnender Weise zur Erscheinung
kommt.
Löst man Jodblei in siedender Salzsäure bis zur Sättigung, so krystallisirt beim
Erkalten das neutrale Haloiddoppelsalz als schwefelgelbe Prismen aus, die sowohl in der
Form als in der Farbe von dem bekannten neutralen Jodblei (sechsseitige, rein
sattgelbe Tafeln) abweichen.
Dieselben zerfallen beim Auswaschen mit Wasser allmählich unter Annahme einer
tiefergelben Farbe in Chlorblei und Jodblei, und sie wurden daher zur Ermittelung
ihrer Zusammensetzung, nach dem Abtrocknen auf Ziegelstein, unter der Glocke über
Aetzkali bis zur Constanz im Gewichte verweilen gelassen, dann, nach der
Gewichtsnahme einer Probe in diesem Zustande, durch Eindampfen mit überschüssiger
Schwefelsäure und Erhitzen zum Glühen in neutrales schwefelsaures Bleioxyd
übergeführt. Aus dem Gewicht desselben mußte alsdann leicht das Verhältniß zwischen
Jodblei und Chlorblei in der Verbindung abzuleiten seyn.
Es lieferten auf solche Weise 0,600 Gramme des Haloiddoppelsalzes 0,493 Grm.
schwefelsaures Bleioxyd, und enthielt dasselbe demnach 56,15 Proc. Blei.
Wäre nun dieser ganze Bleigehalt (56,15 Proc.) als Jodblei vorhanden gewesen, so
würde man daraus, statt wie im Versuche hundert Theile der Verbindung, vielmehr:
Textabbildung Bd. 190, S. 43 Gewichtstheile Jodblei erhalten haben. Denkt man sich nun aber in diesen
124,98 Gewichtstheilen hypothetischen Jodbleies einen Antheil des Jodes durch eine
äquivalente Menge Chlor ersetzt, so treten offenbar für je ein Aequivalent oder 127
Gewichtstheile Jod wieder ein Aequivalent Chlor, oder 35,5 Gewichtstheile, in das
ideale, den 56,15 Proc. Blei entsprechende Jodblei ein. Das Gewicht des reinen
Jodbleies erleidet dabei also eine Erniedrigung von 127 - 35,5 = 91,5
Gewichtstheilen, oder umgekehrt für eine jedesmalige Erniedrigung des
Jodbleigewichtes um 91,5 müssen sich auch 139,5 Gewichtstheile oder ein Aequivalent
Chlorblei in der Verbindung vorfinden.
In unserem Falle, wo wir um 24,98 Gewichtstheile weniger von dem Haloiddoppelsalz
erhielten, als wenn der ganze Bleigehalt in Jodblei übergeführt wäre, mußten also an
Chlorblei vorhanden seyn:
Textabbildung Bd. 190, S. 43 Procent, und demnach Jodblei als Ergänzung zu Hundert 62,02 Procente.
Fragt man nun weiters nach dem Aequivalentverhältnisse, in welchem hier die beiden
Constituenten des Doppelsalzes stehen, so ergibt sich, daß auf Grund dieser Daten
auf ein Aequivalent Jodblei 1,01 Aequivalente Chlorblei kommen. Die Verbindung ist
also offenbar die der Formel
PbJ + PbCl entsprechende und
stellen wir die gefundenen Werthe mit den von dieser Formel verlangten zusammen, so
erhalten wir folgenden Ueberblick:
Textabbildung Bd. 190, S. 44
Aequivalent.; In 100 Thln.
verlangt.; gefunden.; Chlor; Blei; Blei; Jod
Mit dem Material von einer anderen Darstellungsoperation wurden folgende, zu
demselben Endresultate führende Daten erhalten. Es lieserten 0,600 Grm. der
Verbindung 0,4944 Grm. schwefelsaures Bleioxyd oder 56,31 Procente Blei.
Bezeichnen wir dießmal, um eine andere Betrachtungsweise anzuwenden, das gemäß diesem
Bleigehalte in hundert Theilen der Verbindung enthaltene Jodblei mit x, das darin enthaltene Chlorblei mit y, so erhalten wir offenbar, da der Gesammtbleigehalt
der Verbindung sich aus dem Bleigehalte des Jodbleies Textabbildung Bd. 190, S. 44 und dem des Chlorbleies Textabbildung Bd. 190, S. 44 zusammensetzt, die Gleichung:
Textabbildung Bd. 190, S. 44
und außerdem ist selbstverständlich:
x + y=100.
Hieraus ergibt sich alsdann:
x=61,48 Procente Jodblei
und y=38,52 Procente Chlorblei.
Die Verbindung hatte also wieder die obige der Formel PbJ
+ PbCl entsprechende Zusammensetzung.
Daß auf dem oben mitgetheilten Wege der Darstellung unserer Verbindung überhaupt ein
Doppelhaloidsalz erhalten wird, hatte bereits im Jahre 1844 LabouréJournal de Pharmacie et de Chimie, t. IV p.
331. angegeben, über die Zusammensetzungsverhältnisse desselben
indeß keinen näheren Aufschluß mitgetheilt. Später untersuchte EngelhardtErdmann's Journal für praktische Chemie, Bd. LXVII S. 293. eine Reihe derartiger
Verbindungen, kam dabei
aber zu dem Schlusse, daß die beiden constituirenden Haloidsalze sich darin nicht
nach bestimmten Aequivalentverhältnissen vereinigt finden, sondern in Folge der
Isomorphie einfach in wechselnden Verhältnissen zusammen krystallisiren.
Nach den beigebrachten Belegen dürfte es jedoch unzweifelhaft erscheinen, daß nach
dem oben mitgetheilten Verfahren eine Chlorblei Jodbleiverbindung von der bestimmten
Formel PbJ + Pb Cl erhalten
wird.
PoggialeErdmann's Journal für praktische Chemie, Bd. XXXV S. 329. erhielt eine hiervon
verschiedene Verbindung mit mehr Chlorblei, nämlich PbJ
+ 2Pb Cl, als er Jodblei bis zur Sättigung in heißer
Salmiaklösung auflöste, wornach beim Erkalten die neue Verbindung auskrystallisirte
und in gelben Nadeln anschloß.
Diese Formel würde indeß eine procentische Zusammensetzung nach folgendem Schema
verlangen:
Textabbildung Bd. 190, S. 45
Aequivalent.; In 100 Theilen.; 2
Aeq. Chlor; 2 Aeq Blei; 1 Aeq Blei; 1 Aeq. Jod
Die Neigung Doppelsalze zu bilden, welche wir hier an den neutralen
Haloidverbindungen beobachteten, überträgt sich nun auch auf die basischen
Haloidsalze, welches für unsere analytische Methode zugleich die Grundlage bildet.
Hierbei scheint indeß allerdings das Verhältniß, in welchem das basische Chlorid mit
dem Jodid zusammenkrystallisirt, leichter zu wechseln, wenigstens habe ich bei
mehrfachen Bestimmungen unter wechselnden äußeren Umständen keine constanten
Verhältnißzahlen finden können.
Bringt man Jodkaliumlösung zu überschüssiger Bleizuckerlösung, so entsteht
bekanntlich nur vorübergehend eine hochgelbe Fällung von Einfach-Jodblei.
Beim Verweilen in der Flüssigkeit, noch rascher beim Erwärmen nimmt der Niederschlag
bald eine ganz hellgelbe Farbe an und ist nun in das von BrandesAnnalen der Pharmacie, Bd. X S. 269.
beschriebene basische Jodblei Pb O + PbJ + HO
übergegangen, wodurch die Flüssigkeit saure Reaction von der frei gewordenen
Essigsäure annimmt. Von Kühn und DenotJournal de Pharmacie, t. XXI p. 1.
sind außerdem noch
basischere Bleijodide angegeben. Basische Bleichloride sind weiters gleichfalls
bereits mehrere bekannt, so das Pattinson'sche Bleiweiß:
Pb O + Pb Cl, das als Mendipit im Mineralreich
vorkommende 2Pb O + Pb Cl, das sogen.
Casseler-Gelb und andere.
Dieses vorausgeschickt, will ich nun den Weg angeben, auf dem es mir, nach mehrfachen
nicht von sonderlichem Erfolge belohnten Versuchen gelungen ist, die Entstehung
ähnlicher Doppelhaloidsalze zur Nachweisung von geringen Mengen von Chlor neben viel
Jod auszunutzen.
Aus den Beobachtungen von Berthier,Gmelin's Handbuch der Chemie, 4te Aufl. Bd. III S. 614.
Fehling,Erdmann's Journal für praktische Chemie, Bd. XLV S. 269.
Otto,Otto's Lehrbuch der anorganischen Chemie, 4te
Aufl. Bd. I S. 752.
DevilleComptes rendus, t. XLII p. 894. und
FieldAus der Chemical Gazette, 1857 Nr. 318, im
polytechn. Journal Bd. CXLVI S. 136. geht hervor,
daß im Allgemeinen aus einer Mischung von Chloriden, Bromiden und Jodiden durch
Silbersalzlösungen bei der fractionirten Fällung zuerst Jodsilber, dann Bromsilber
und zuletzt Chlorsilber niedergeschlagen wird. Man hat auf Grund dieses Verhaltens
wohl mit Erfolg versucht bei geringem Chlorgehalte betreffender Gemische diesen in
der letzten daran angereicherten Fraction nachzuweisen. Bei sehr niedrigem
Chlorgehalte wird dieser Weg indeß erfahrungsgemäß ziemlich unverlässig, offenbar
weil die Scheidung durch fractionirte Fällung, wie auch die neuerlichen Versuche von
SiewertErdmann's Journal für praktische Chemie, 1868, Bd.
CIV S. 328. beweisen, nicht so
ganz glatt verläuft. Damit hat Siewert auch zugleich die
Unstatthaftigkeit dieser Methode für die quantitative Bestimmung der drei Haloide
neben einander nachgewiesen.
Das basische Jodblei verhält sich nun, im Gegensatze zu den Erscheinungen bei
Silberhaloidsalzen, gegen eine Chlorkaliumlösung in der Weise, daß sich, zumal in
der Wärme, das basische Jodblei rasch in basisches Chlorid, unter Vertauschung der
gelblichen Farbe mit der rein weißen des letzteren, umwandelt. Während Chlorsilber
mit Jodkalium sich zu Jodsilber und Chlorkalium umsetzt, entsteht hier umgekehrt aus
dem basischen Jodsalze das basische Chlorid. Man hat hierbei also den Vortheil, daß
der nachzuweisende Körper in einem sehr geringen Niederschlage sich anhäuft und
daher von der Oberflächenwirkung des beträchtlichen Niederschlages wie bei der
Fällung durch Silbersalz nicht beeinflußt wird.
Die Manipulation, welche sich mir hierbei als sehr angemessen erwies und bessere
Resultate lieferte als wenn ich das auf einen Chlorgehalt zu prüfende Jodid direct
mit frisch gefälltem basischen Jodblei in der Wärme behandelte, ist folgende: Man
fällt zunächst das chlorverdächtige Jodid (z. B. Jodkalium des Handels), von dem man
wohl für gewöhnlich reichliche Mengen zur Verfügung haben wird, in concentrirter
Lösung mit essigsaurem Bleioxyd im schwachen Ueberschuß. Der erhaltene Niederschlag
wird darauf in viel Wasser suspendirt und durch Erwärmen unter Zufügung von
möglichst wenig Essigsäure in Lösung übergeführt. Dampft man nun, zweckmäßig in
einem Kolben, ein, wobei allmählich Essigsäure entweicht, so bilden sich, falls auch
nur äußerst geringe Mengen von Chlor vorhanden sind, bevor noch das Jodblei in den
bekannten goldgelben Blättchen auskrystallisirt, nach entsprechender Concentration,
äußerst charakteristische, sehr vollkommen ausgebildete Prismen von gelblicher, in's
Grüne ziehender, bei stärkerem Chlorgehalte von lichterer Farbe. Diese sind ein
basisches Chlorblei-Jodblei von nach den Umständen wechselnder
Zusammensetzung, und die Ausbeute an denselben ist daher viel beträchtlicher als
wenn das oben beschriebene neutrale Haloiddoppelsalz entstehen würde, wodurch die
Reaction bedeutend an Empfindlichkeit gewinnt. Mit einiger Uebung ist es unschwer,
aus dem Auftreten dieser Krystalle einen sicheren Schluß auf die Anwesenheit von
Chlor in dem fraglichen Jodid zu machen; dieselben sind bei sehr mäßigen Proben
schon mit bloßem Auge erkennbar, bei einer achtzigmaligen Vergrößerung vollkommen
demonstrativ, während reines basisches Jodblei bei einer 400 maligen Vergrößerung
erst Spuren von Krystallisation erkennen läßt.
Will man das auf diese Weise in den Krystallen aufgehäufte Chlor nun noch in der
gewöhnlichen Art nachweisen, so braucht man nur die bei der Operation erhaltene
Ausscheidung heiß abzufiltriren, dann mit Hülfe von ein wenig Essigsäure unter
Erwärmen in Wasser zu lösen und mit salpetersaurem Silber zu fällen, wodurch man
einen mit Chlorsilber stark angereicherten Niederschlag erhält, der sich nun
vortrefflich für die Behandlung mit Ammoniak u. s. w. eignet.
Ich arbeitete vielfach mit einer Jodkalium-Chlorkaliumlösung, die einen Theil
Chlor neben hundert Theilen Jod enthielt und zwar fanden sich dabei 13,079 Gramme
Jodkalium, entsprechend 100 Decigrammen Jod und 0,210 Gramme Chlorkalium,
entsprechend einem Decigramme Chlor, zu einem Liter in Wasser gelöst. Wurde diese
Lösung in der üblichen Weise mit überschüssigem Silbernitrat gefällt, so war durch
Ausziehen des Niederschlages mit Ammoniak und Ansäuren mit Salpetersäure der
Chlorgehalt nicht überzeugend nachzuweisen, selbst dann nicht, wenn man für den Vergleich eine
ähnliche chlorfreie Jodkaliumlösung in gleicher Weise behandelte. Die Menge und
Färbung des gelblichen Jodsilberniederschlages beim Ansäuren des ammoniakalischen
Auszuges waren in beiden Proben nicht wesentlich verschieden. Dieses scheint für die
obige von Otto ausgesprochene Besorgniß zu sprechen, daß
nicht alles Chlorsilber durch Ammon dem damit zusammen gefällten Jodsilber entzogen
werden könne.
Bei Behandlung von fünfzig Kubikcentimetern derselben Lösung, die also 5 Milligramme
Chlor neben 500 Milligrammen Jod enthielten, in der oben mitgetheilten Weise,
erhielt ich dagegen stets eine weitaus überreichliche Reaction, wenn ich den
krystallinischen Niederschlag in die Silberhaloidsalze überführte und mit Ammon
auszog.
Die in diesen Versuchen erhaltene Ausscheidung des krystallisirten
Chlorblei-Jodbleies betrug immer gegen das Zehnfache von dem, was sie dem
vorhandenen Chlor nach als Einfach-Chlorblei hätte wiegen können, da immer
eine größere Menge basisches Jodblei mit in die Verbindung eingeht. Es erklärt sich
dieses daher, daß reines neutrales Bleijodid in seiner wässerigen Lösung bei
längerem Sieden bereits Jodwasserstoffsäure ausgibt und basisches Bleijodid als
weißlichen Niederschlag fallen läßt.
Nach der Ausscheidung der für unsere Reaction dienenden Krystalle läßt die
Chlorblei-Jodbleilösung beim Erkalten oder weiteren Eindampfen
selbstverständlich auch Jodbleikrystalle sich aussondern. Der Contrast beider
Verbindungen in Form und Farbe erhöht indeß in diesem Falle nur noch die Evidenz der
Reaction, und habe ich die angenehme Genugthuung gehabt, daß auch mehrere
Fachgenossen, denen ich diese Reaction demonstrirte, ihren Beifall über die
Sauberkeit, mit der dieselbe jedesmal eintrat, aussprachen.
Gegenwärtig beschäftigt mich noch der für die praktische Verwerthung der
mitgetheilten Reaction wichtige Einfluß möglicherweise zugleich vorhandenen Bromides
auf dieselbe.