Titel: | Zuckerfabricationsverfahren von Boivin und Loiseau. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. CXXV., S. 502 |
Download: | XML |
CXXV.
Zuckerfabricationsverfahren von Boivin und Loiseau.
Aus Armengaud's Génie industriel, August 1868, S.
81.
Boivon und Loiseau's Zuckerfabricationsverfahren.
Es sind schon mehrere Verbindungen zwischen Zucker und Kalk bekannt, aber es ist
nirgends eine solche erwähnt, welche Zucker, Kalk und Kohlensäure enthält. Die
Genannten haben nun eine solche entdeckt, welche folgendermaßen zusammengesetzt
ist:
Zucker
43
Kalk
40
Kohlensäure
17
–––––––
100
und die man demnach Kalkhydrocarbonat-Saccharat nennen
kann. Man stellt diese Verbindung in folgender Weise dar:
Zu 200 Kilogrm. eines 60 Procent krystallisirbaren Zuckers enthaltenden Syrups gießt
man 120 Kilogrm. Aetzkalk in Form eines dicken Breies und läßt dann unter Umrühren
Kohlensäure durchstreichen.
Nach einer gewissen Zeit, je nach der Reinheit der Kohlensäure, bildet sich
reichlicher Niederschlag, durch welchen die Kohlensäure nur schwierig hindurchgeht,
und welcher obige Verbindung darstellt. Man setzt nun, während die Kohlensäure noch
durchgeht, allmählich 20 Liter lauwarmes Kalkwasser zu, eine Menge, welche je nach
der Reinheit des Syrups und nach der verfügbaren Filtration wechselt. Da die
Verbindung in warmem Kalkwasser unlöslich und unveränderlich ist, so kann man diese
Menge unbedenklich vermehren.
Mit dem Einleiten der Kohlensäure hört man auf, sobald sich ein Häutchen von
kohlensaurem Kalk an der Oberfläche der Flüssigkeit bildet, oder besser noch, wenn
die filtrirte Lösung nur noch 3 Decigramme Kalk im Liter enthält, worüber ein
Titrirversuch leicht Auskunft gibt. Nun erhitzt man behufs leichterer Filtration auf
etwa 75° C. und trennt die ungelöste Verbindung von der zur Gewinnung der
Salze benutzbaren Lösung.
Die Menge des in einer einzigen Operation niederzuschlagenden Zuckers nimmt mit dem
Zuckergehalt der Säfte, Syrupe oder Melassen zu. Bei verdünnten Flüssigkeiten, wie
Rüben- oder Rohr-Säften fallen höchstens 50 Proc., bei Syrupen oder
Melasse dagegen 80 Proc. des Zuckers aus.
Da es unmöglich ist, namentlich aus zuckerarmen Flüssigkeiten in einer Operation
allen Zucker niederzuschlagen, so benutzen Boivin und Loiseau die Mutterlaugen entweder zum Löschen des Kalkes
oder statt warmen Kalkwassers zum Verdünnen des Niederschlages. Indessen kann man
dieß nicht ohne Grenzen fortsetzen, da die Mutterlaugen stets salzreicher und somit
der Zuckerkalk immer unreiner wird, welcher alsdann gewaschen werden muß.
Man bringt in einen Kessel den zu reinigenden Saft oder Syrup, erhitzt auf etwa
75° C. und gießt dann nach und nach unter Umrühren und indem man die Temperatur
constant erhält, den vorher verdünnten Zuckerkalk hinein. Wenn derselbe einen
Ueberschuß an Kalk enthält, so läßt man noch Kohlensäure einströmen; dasselbe
geschieht, wenn man einen Ueberschuß von Zuckerkalk zugesetzt hat, damit dieser
nicht mit dem Niederschlag verloren geht.
Man nimmt endlich die Trennung der Lösung und der Niederschlage durch Filtration und
Pressung vor, was ohne Schwierigkeit ausführbar ist, wenn man die Flüssigkeiten
nicht dichter als 20° Baumé angewandt hat. Der Kalk wird aus der filtrirten
Lösung durch Kohlensäure oder sonst ein Saturationsmittel abgeschieden.