Titel: | Ueber secundäre Ströme und deren Anwendungen; von G. Planté. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. CXVII., S. 466 |
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CXVII.
Ueber secundäre Ströme und deren Anwendungen; von
G. Planté.
Im Auszuge aus den Comptes rendus, t. LXVI p. 1255;
Juni 1868.
Planté, über secundäre Ströme und deren Anwendungen.
Unter diesem Titel theilt der Verfasser einige Versuche mit, welche er mit seiner
schon im Jahre 1860 construirtenComptes rendus, 1860, t. L
p. 640. secundären oder Ladungssäule angestellt hat.
Obgleich sowohl die früheren Untersuchungen von Planté,
als auch die neuen nichts wesentlich Neues darbieten, was nicht schon vorher von
Anderen mit ähnlichen Combinationen gefunden worden warVergl. Unter Anderem Poggendorff's Annalen, Bd.
LVIII S. 568; Ergänzungsband II S. 369 (Jahr 1848); Bd. XCII S. 16 u. s. w. so müssen wir
dennoch, da der Verfasser bei seiner vorliegenden Arbeit insbesondere die Anwendung
im Auge hat, die von ihm vorgeführten Anordnungen hier berücksichtigen.
Die mit dem Namen „secundäre Quantitäts-Batterie“
bezeichnete Ladungssäule bestand bei den Versuchen von Planté aus einem rechtwinkeligen (also parallelepipedischen) Kasten von
Gutta-percha, welcher zur Aufnahme von Bleilamellen mit sehr engen Zellen
versehen war. Diese Zellen wurden mit gesäuertem Wasser, nämlich mit verdünnter
Schwefelsäure gefüllt. Die ungeraden Bleilamellen wurden unter sich vereinigt und
mit einem Pole, und ebenso auch die geraden vereinigt mit dem anderen Pole einer Volta'schen Batterie in Communication gesetzt; hierdurch
wurde also die Anordnung so gemacht, daß ein einziges secundäres Element mit großer
Oberfläche erhalten wurde.
Mit einem Apparate dieser Art, welcher aus sechs quadratischen Bleilamellen von je 20
Centimeter Seite gebildet wurde, wurden zunächst Versuche angestellt. Als durch
einige Zeit die Combination durch zwei kleine Paare einer
Salpetersäure-Batterie (vermuthlich durch zwei Grove'sche Elemente?) von 7 Centimeter Höhe geschlossen und hierauf
mittelst eines Commutators der Hauptstrom unterbrochen und der Strom des
Ladungsapparates geschlossen wurde, brachte letzterer einen Platindraht von 1
Millimeter Durchmesser und 8 Centimeter Länge temporär zum Glühen: „ein
Resultat, welches durch den schwachen Hauptstrom nicht zu erhalten möglich
war.“
„Um stärkere Effecte zu erhalten, wurden Batterien von 20 und von 40
Bleilamellen, nach ihrer Oberfläche vereinigt, construirt; diese Batterien
erzeugten sehr intensive Wärmewirkungen, so daß, wenn dieselben durch eine Bunsen'sche Batterie von 2 oder 3 Elementen zu 15 bis
20 Centimeter Höhe geladen wurden, Stäbe (tiges) von
Eisen oder Stahl zum Schmelzen kamen.“
„Eine große Anzahl von elektrischen Wirkungen erfordert eine gewisse
Spannung und kann durch Verbindung nach Quantität nicht erhalten werden. Um
temporäre Effecte in solchen Fällen durch die Bleielektroden zu erzeugen, wurde
die Anordnung getroffen, daß die Ladung der secundären Säule stattfinden konnte,
während die Paare nach Quantität vereinigt warm, die Entladung aber geschah nach
Tension, nämlich so, daß im Momente der Entladung die Paare hinter einander
verbunden worden waren.“
„Die secundäre Spannungs-Batterie wurde aus 40 secundären Paaren
construirt, von welchen jedes aus zwei quadratischen Bleiplatten von 20
Centimeter Seite gebildet war, das in ein sehr enges Gefäß von
Gutta-percha mit gesäuertem Wasser eintauchte. Die Polenden aller Paare
waren nach einer Büchse (einem Pachytrop?) hin geführt, an welcher ein
Hebel-Commutator (als Wippe) angebracht war, um nach Bedürfniß die Paare
entweder nach Quantität oder nach Intensität combiniren zu können. Wurde diese
Batterie mittelst dreier Bunsen'schen Elemente mittlerer Größe
geladen, und hierauf der Hebel des Commutators niedergedrückt, um den
Ladungsstrom zu schließen, so konnte man während einiger Augenblicke einen
Platindraht von mehr als 2 Meter Länge und ¼ Millimeter Durchmesser zum
Glühen bringen. Auch chemische Wirkungen, welche eine große Intensität
erfordern, konnte man erhalten; physiologische Wirkungen und ein Volta'scher Lichtbogen von kurzer Dauer kamen zu
Stande. Mit einem Worte, man erhielt temporäre Effecte, welche der
continuirliche Strom einer Salpetersäure-Batterie von 55 bis 60 Elementen
von gleicher Oberfläche mit jener der secundären Paare zu erzeugen im Stande
ist. — Die durch jenen Apparat erzeugten Wärmewirkungen können ihre
Anwendung finden bei der Zündung von Minen, und die physiologischen Wirkungen
für ärztliche Zwecke. — Ueberhaupt, die secundäre Batterie mit
Bleielektroden, wie sie eben beschrieben wurde, kann bedeutende
Quantitäts-Effecte temporär hervorbringen, wenn sie mit einer
Elektricitätsquelle von schwacher Quantität geladen wird, und bedeutende
temporäre Intensitäts-Effecte, wenn sie mit einer Elektricitätsquelle von
schwacher Intensität angeregt wird.“
Anmerkung und Berichtigung. — Die im Vorstehenden
beschriebene Ladungssäule mag wohl der Einfachheit ihrer Ausstattung halber und
namentlich aus ökonomischen Rücksichten für mancherlei praktische Zwecke —
jedoch kaum für die Zündung von Sprengladungen — das Interesse für sich in
Anspruch nehmen, namentlich wenn dieselbe einen Grad der Vervollkommnung annehmen
kann, welcher der Polarisations-Batterie von ThomsenPolytechn. Journal, 1866, Bd. CLXXXII S.
376. schon eigen ist. — Außerdem mag bemerkt werden, daß die
Ausbildung der in Rede stehenden Stromquelle für die Zwecke der Anwendung um so
leichter einem erklecklichen Ziele entgegengehen dürfte, wenn dabei auf die
Resultate der bis jetzt auf diesem Gebiete bekannt gewordenen theoretischen
Untersuchungen die gehörige Rücksicht genommen wird.
Bei dieser Gelegenheit mag es mir gestattet seyn, einen Umstand vorzuführen, der mir
leider zur rechten Zeit entgangen ist, so daß ich fast zu spät darauf aufmerksam
wurde. Um so mehr halte ich es jetzt für meine Pflicht, das leidige Versehen hier zu
berühren und möglichst zum Ausgleiche zu bringen.
Am Schlusse des §. 93 meines Handbuches der angewandten Elektricitätslehre
(Allgemeine Encyklopädie der Physik, Bd. XX) habe ich
nämlich auf S. 631 in Tabelle V eine Zusammenstellung
gemacht, von welcher durch einen unglücklichen Zufall die mit dem Titel
„elektrische Kraft“ bezeichnete Spalte unrichtig geworden
ist. Die in dieser Tabelle enthaltenen Zahlenresultate der letzten Spalte
„Polarisation“ sind der Abhandlung des Hrn. Prof. Beetz in Poggendorff's
Annalen, 1853, Bd. XC S. 42 „über die Stärke
der galvanischen Polarisation“ entnommen und zwar aus den hier
aufgeführten Versuchsreihen I-XXXV, von welchen ich selbst zum Theile die Mittel aus
einzelnen der dort angegebenen Zahlen genommen habe, während die in der
vorausgehenden Spalte „elektrische Kraft“ von mir angegebenen
zu diesen nicht passen. Nimmt man nämlich die von Beetz
in der eben citirten Abhandlung aus den Versuchen erhaltenen mittleren Resultate,
und stellt dieselben mit den für die „elektromotorische Kraft der
Gase“ aus einer früheren Abhandlung von Beetz in Poggendorff's Annalen (1849) Bd. LXXVII S. 493 hervorgehenden zusammen, so erhält man
Folgendes:
Polarisation von Platin
Elektromotorische Kraft
in Jod
3,59
3,36
in Brom
6,89
6,96
in Chlor
10,58
10,10
in Wasserstoff
19,08
17,89
in Chlor + Wasserstoff
28,83
27,99
Die Uebereinstimmung der hier aufgeführten auf verschiedenen Wegen von Beetz erlangten Zahlenresultate ist daher so eclatant,
daß das von ihm ausgesprochene Gesetz, nach welchem die elektromotorischen Kräfte
der Polarisation der Platinplatten durch Wasserstoff, Chlor, Brom, Jod den
elektromotorischen Kräften jener Gase in der Gassäule gleich sind, seine volle
Bestätigung findet.Vergl. Handbuch der angewandten Elektricitätslehre, S. 542.
Daß also die aus Tabelle V auf S. 631 meines Handbuches
gezogenen Folgerungen von mir hiermit zurückgezogen werden müssen, versteht sich von
selbst.
München, im August 1868.
Prof. Dr.
Kuhn.