Titel: | Ueber die Prüfung von Blechen, Winkeleisen und T Eisen durch warme und kalte Proben. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. C., S. 382 |
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C.
Ueber die Prüfung von Blechen, Winkeleisen und T
Eisen durch warme und kalte Proben.
Nach den Annales du Génie civil, November 1867;
aus der Zeitschrift des
Vereines deutscher Ingenieure, 1868, Bd. XII S. 391.
Ueber die Prüfung von Blechen, Winkeleisen und T Eisen durch warme
und kalte Proben.
Der französische Minister der Marine und der Colonien hat durch ein neues Circular
die Classification, Prüfung und Verwendung von Handelssorten des Schmiedeeisens
systematisch vorgeschrieben. Wenn gleich dabei zunächst nur Zwecke der Marine vor Augen lagen, so glauben wir doch, daß die auf
sorgfältigen Untersuchungen beruhenden Vorschriften auch für andere Zwecke der
Eisentechnik Nachahmung verdienen. Vielleicht ließe sich durch diese Mittheilung
allmählich auch in Deutschland mehr Uebereinstimmung in die Forderungen und die
Prüfungsmethoden bei großen Eisenlieferungen bringen, welche sicher ebenso sehr den
Eisenproducenten wie den Constructeuren zu Gute käme.
Bleche.
Man unterscheidet in Frankreich vier Qualitäten von Blechen, welche allerdings nicht
in allen Werken genau übereinstimmenden Charakter tragen, aber doch allgemein
bekannt in ihrer Reihenfolge nicht mißverstanden werden können und für alle
gewöhnlichen Constructionszwecke genügen. Das Marinedepartement adoptirt diese
Eintheilung und schreibt ihre Verwendung vor wie folgt:
1) Geringe Bleche (tôles communes, Handelsbezeichnung:
tôles communes améliorées) für Kamine,
Schanzbekleidungen, Kücheneinrichtungen, Verdecke, Schuppen, kleine Blechwaaren.
2) Ordinäre Bleche (tôles ordinaires, im Handel fers forts) für Rumpfverkleidungen, Kesselwände,
Zwischenwände im Raume.
3) Gute Bleche (tôles supérieures, im Handel fers forts supérieurs) für Vorderseiten und Böden der
Kessel, Aschenbehälter, Dampfdome, Speigatts.
4) Feine Bleche (Holzkohlenbleche, tôles fines,
Handelsbezeichnung: tôles forgées, tôles au bois) für
Kopfplatten der Dampfkessel, Heizräume, Feuerbüchsen, Rauchkammern und
Rauchröhren.
Bei der Prüfung aller Bleche sollen sowohl kalte als warme Proben angestellt
werden.
Warme Proben. Aus einer nach Gutdünken ans jeder Lieferung
genommenen Platte wird ein Stück von geeigneter Größe abgeschnitten und mit
gehöriger Sorgfalt in gekrümmte Form gebracht. Bei „geringen“
Blechen soll dieß seyn ein Cylinder, dessen Höhe und
innerer Durchmesser der 25fachen Blechdicke gleichkommt. Bei „ordinären
Blechen“ verlangt man ein Kugelsegment mit
ringsum laufendem plattem Rande in der früheren Ebene des Bleches, dessen innere
Sehne 30mal, dessen innere Pfeilhöhe 5mal so groß als die Blechdicke ist. Der Rand
soll die 7fache Blechdicke zur Breite haben, und mit der Haube durch eine Umbiegung
zusammenhängen, deren Radius der Blechdicke gleichkommt. Bei „guten
Blechen“ wird ebenfalls eine solche Kugelhaube hergestellt, deren
Pfeil jedoch der 10fachen Blechdicke gleichkommen muß. Alle diese Proben dürfen
weder Risse noch Abblätterungen zeigen und werden aus allen Blechen verschiedener
Dicke mit beliebigen Stücken angestellt, sowie nach Gutdünken der
Uebernahmscommission wiederholt.
Kalte Proben. Diese Proben sollen den Bruchmodul und die
Elasticität der Bleche sowohl in der Walzrichtung als im rechten Winkel dagegen
bestimmen. Sie erfolgen mit Streifen, welche man aus einer gewissen Zahl von Platten
in jeder Lieferung nach Gutdünken auswählt, so daß aus jeder Platte ebenso viel
Streifen in der Walzrichtung, wie senkrecht dagegen, geschnitten werden. Die Breite
der Streifen soll 30 Millimet. betragen, ausnahmsweise für dünne Bleche (unter 5
Millimet. Metalldicke) nur 20 Millimet. Die Länge der dem Zerreißen auszusetzenden
Partie aus den Probestreifen betrage stets 20 Centimet. Die Probe selbst geschieht
durch directe Belastung oder durch Hebelwerke, mit allmählich bis zum Bruche
steigenden Zugkräften. Die anfängliche Zugkraft wird auf
25 Kilogrm. pro Quadratmillimeter eingerichtet und hält
5 Minuten an. Steigerungen treten sodann in gleichen Zwischenräumen von beiläufig je
1 Minute ein, und zwar nach dem Maaßstabe von je ¼ Kilogrm. pro Quadratmillimeter Querschnitt, so genau wie es die
disponiblen Gewichte gestatten. Man beobachtet für jede Zugkraft das Maaß der
Verlängerung und schließlich die Größe der Bruchbelastung, und stellt mindestens 5
Proben im Sinne der Walzrichtung und 5 andere rechtwinkelig dagegen an. Bei
derjenigen Gruppe, welche den geringsten Widerstand ergeben hat, müssen gewisse
Grenzen erreicht werden, um das Blech als annehmbar zu constatiren.
Bei geringen Blechen verlangt man eine durchschnittliche Bruchgrenze von mindestens
28 Kilogrm. und dabei eine Verlängerung von mindestens 3½ Proc.; und bei
keiner einzelnen Probe weniger als 25 Kilogrm., und 2½ Proc.
Bei ordinären Blechen sollen die Durchschnittszahlen 31 Kilogrm. und 5 Proc., alle
Einzelproben mindestens 28 Kilogrm. und 4 Procent betragen.
Bei guten Blechen endlich werden gefordert im Mittel 32 Kilogrm. und 7 Proc., und an
keinem einzelnen Stück unter 29 Kilogr. und 5½ Proc.
Für die „feinen Bleche“ werden keine Vorschriften ertheilt, weil
dieselben an die Arsenale aus dem kaiserlichen Eisenwerke von La Chaussade geliefert
werden.
Winkeleisen.
Man benutzt in Zukunft für die Marine zwei Sorten:
1) Ordinäre Winkeleisen (en fer corroyé) für die
Schiffsschale.
2) Gute Winkeleisen (en fer fort supérieur) für die
Kessel.
Auch hier werde warme und kalte Proben an beliebigen Exemplaren aus jeder Lieferung
angestellt.
Warme Proben. Aus einem Abschnitte Winkeleisen von
passender Länge soll eine cylindrische Manschette gebogen werden der Art, daß der
eine Schenkel die Cylinderfläche, der andere eine Ebene senkrecht zur Cylinderachse
bildet. Der innere Durchmesser des Cylinders betrage bei Sorte 1) die 5fache, bei
Sorte 2) die 2½fache Breite des eben gebliebenen Schenkels.
Ein anderer Abschnitt, aus einem anderen Stabe genommen, soll geöffnet werden, bis der Winkel zwischen den beiden Schenkelebenen bei
Sorte 1) 135°, bei Sorte 2) 180° beträgt, d. h. bei letzterer, bis
beide Schenkel in eine Ebene ausgestreckt liegen. Ein
dritter Abschnitt wird geschlossen, bis der Winkel
zwischen den beiden Schenkelebenen bei Sorte 1) 45°, bei Sorte 2) 0°
beträgt, d. h. bei letzterer, bis beide Schenkel vollständig zusammengeklappt sind.
Bei allen diesen Operationen sollen keine Abschieferungen, Risse, Schweißnähte
sichtbar werden.
Ferner muß die Ueberzeugung gewonnen werden, daß die Winkeleisen sich gut schweißen lassen.
Kalte Proben. Diese werden ebenso wie bei den Blechen
angestellt, mit Streifen, welche man an beliebigen Stellen aus beliebigen Stücken
einer Lieferung geschnitten, Streifen von 20 Centimeter disponibler Länge für die
Versuche, 30 Millimet. Breite (20 Millimet. für dünnere Winkeleisen unter 5
Millimet. Metalldicke), und von einer Dicke gleich der mittleren Schenkeldicke. Die
anfängliche Zugkraft soll für die beiden Qualitäten der Winkeleisen resp. 30 und 32
Kilogrm. pro Quadratmillimeter betragen und 5 Minuten
anhalten. Kein Probestück darf bei dieser Zugkraft reißen, oder sich um weniger als 6 Proc.
resp. 9 Proc. verlängern. Die Durchschnittsresultate an der Bruchgrenze sollen
mindestens betragen: bei den ordinären Winkeleisen 34 Kilogrm. und 9 Proc.; bei den
guten Winkeleisen 35 Kilogrm. und 12 Proc.
TEisen und I
Eisen.
Man verwendet eine geringe Sorte (qualité commune) für Baulichkeiten, und eine ordinäre Sorte (qualité ordinaire) für
Fahrzeuge. Beide Sorten werden in kaltem Zustande, aber nur die bessere auch in der
Hitze untersucht.
Warme Proben der „guten“ Sorte. Das
Ende eines beliebig gewählten Stabes T Eisen wird
derartig gebogen, daß der Steg in seiner Ebene bleibt, der Fußschenkel aber einen
Viertelscylinder mit einem Halbmesser gleich der 5fachen Steghöhe bildet. Bei den
I Eisen wird zunächst im kalten Zustande das Ende
eines Barrens durchgemeißelt, so daß der Schnitt die Höhe des Steges halbirt auf
eine Länge vom Ende ans gemessen gleich der dreifachen Profilhöhe. Am Schlusse
dieses Schnittes wird ein Loch gebohrt, damit derselbe nicht weiter reißen kann.
Nach erfolgter Erhitzung werden sodann die beiden Hälften auseinander gezwängt, bis
der Abstand zwischen ihren beiden Enden der Profilhöhe des I Eisens gleichkommt. Natürlich dürfen bei allen diesen Proben keinerlei
Trennungen in der Eisenmasse erscheinen.
Kalte Proben. Hierzu werden Streifen verwendet, aus
beliebigen Stellen der T und I Eisen im Sinne der Walzrichtung geschnitten, von denselben Dimensionen
wie sie bei der Prüfung der Bleche angegeben worden. Die Versuche auf Zugfestigkeit
erfolgen in oben beschriebener Weise an mindestens 6 Exemplaren aus jeder Lieferung.
An der „geringen Sorte“ soll die Anfangsbelastung 28 Kilogrm.
pro Quadratmillimeter betragen, ohne das Stück zum
Zerreißen zu bringen, vielmehr dasselbe um mindestens 3½ Proc. verlängern.
Der Durchschnittswerth an der Bruchgrenze muß mindestens 32 Kilogrm. und 6 Proc.
betragen. An der „ordinären Sorte“ beginnt man mit 30 Kilogrm.,
wobei die Zähigkeit des Eisens sich auf 6 Proc. Verlängerung bewähren muß, und
schließt mit einer Bruchgrenze von mindestens 34 Kilogrm. und 9 Proc.
Verlängerung.