Titel: | Ueber das Dubrunfaut'sche Verfahren der Zuckergewinnung durch Osmose; von Leo Taußig. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XXXVII., S. 143 |
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XXXVII.
Ueber das Dubrunfaut'sche Verfahren der Zuckergewinnung durch
Osmose; von Leo
Taußig.Herr Taußig aus Prag arbeitet
seit zwei Jahren als Chemiker in der großen Zucker-Raffinerie des Herrn
Say in Paris und hatte
vielfältige Gelegenheit, das Dubrunfaut'sche
Verfahren in verschiedenen Rübenzuckerfabriken Frankreichs zu
studiren.
Aus den Verhandlungen und Mittheilungen des
nieder-österreichischen Gewerbevereines, 1868, Nr. 10 und
16.
Mit Abbildungen.
Taußig, über das Dubrunfaut'sche Verfahren der Zuckergewinnung
durch Osmose.
I.
Die Beobachtung, daß die verschiedenen, die Melasse zusammensetzenden Substanzen eine
verschiedene Diffusionsfähigkeit besitzen, daß es insbesondere die anorganischen
Salze, wie das Chlorkalium, das salpetersaure Kali, sowie die entsprechenden
Natronsalze sind, welche am leichtesten und darum am schnellsten diffundiren, daß es
andererseits auch gerade vorzugsweise diese Salze sind, welche bei dem in der
Melasse enthaltenen Rohzucker das Krystallisiren verhindern, dieß sind die
Grundgedanken, welche Dubrunfaut in Paris bei dem von ihm
erdachten und ihm
patentirten Verfahren der Zuckergewinnung durch „Osmose“
geleitet haben.
Die Melasse, aus der man einen Theil des darin enthaltenen Zuckers gewinnen, der
Syrup, dessen Zuckerausbeute man vergrößern will, wird mit einer gewissen Menge
Wassers in Berührung gebracht, getrennt jedoch von diesem durch ein Mittel, welches
für gewöhnliche Filtration nicht durchdringlich ist, sich jedoch von den
Flüssigkeiten benetzen läßt und eine Diffusion gestattet — durch eine
Thierblase oder durch Pergamentpapier.
Es tritt eine Mengung der auf diese Art getrennten Flüssigkeiten ein: das Wasser
dringt durch Endosmose in die zuckerhaltige Flüssigkeit, diese verdünnend, während
die verschiedenen die Melasse zusammensetzenden Stoffe in einer ihrer
Diffusionsfähigkeit (aber auch ihrem quantitativen Verhältnisse) entsprechenden
Menge durch Exosmose von dem Wasser entführt werden.
Unter diesen Substanzen sind es in erster Reihe die Salze mit unorganischen Säuren,
welche sich in den ersten Portionen des Wassers — wenn man dieses von Zeit zu
Zeit erneuert — finden; erst später treten auch organische Salze und Zucker
in bedeutender Menge auf, während die ersten Portionen nur verhältnißmäßig wenig von
diesen letzteren Stoffen enthalten. Da nämlich die Menge der organischen Salze im
Syrup, in der Melasse, eben weil sie ziemlich schnell ausströmen, viel schneller
abnimmt, als die des Zuckers und der anderen ihn begleitenden Salze und Stoffe, so
wird in demselben Maaße auch die Wirkung der Osmose abnehmen, weil die Wirkung der
quantitativen Verhältnisse in den Vordergrund tritt. Die späteren Portionen des
Wassers der Exosmose werden demzufolge eine bei weitem größere Menge Zuckers im
Verhältnisse zu den Salzen enthalten.
Ein im Kleinen angestellter Laboratoriumsversuch macht dieß deutlicher.
200 Gramme Melasse wurden mit 500 Kub. Centim. Wasser in einem Dutrochet'schen Endosmometer in Wechselwirkung gebracht. Während die
ersten Portionen des Wassers, welche nach 6½ Stunden entfernt wurden, auf
4,072 Grm. Asche 0,82 Zucker enthielten, zeigte die Analyse einer zweiten Portion
nach weiteren 4½ Stunden 3,600 Asche und 1,307 Zucker.
Die Menge des durch das Wasser entführten Zuckers hat zu-, und die der Salze,
gekennzeichnet durch die Menge Asche, abgenommen. Wenn wir das Verfahren noch weiter
treiben, so kommen wir an einem Punkte an, wo die Mengen der beiden genannten Stoffe gleich groß
sind und endlich, wo die Menge des Zuckers in den Exosmosewässern vorwiegt.
So wie das Verfahren bisher industriell ausgeführt wird, wo diese Wässer verloren
gegeben werden, wo man keinen der darin enthaltenen nutzbaren Bestandtheile gewinnt
(es wäre denn, daß man sie die Aecker durchrieseln und dadurch die Kalisalze zur
Benutzung kommen läßt), setzt diese Thatsache der reinigenden Wirkung der Osmose
eine Grenze, während vom theoretischen Standpunkte, selbst in dem Falle, wo die
Menge des entführten Zuckers und der Salze gleich ist, eine Aufbesserung der
Melasse, des Syrups stattfindet.
Die Analyse der Melassen der, mit gleichem Verfahren und mit annähernd gleichem
Material arbeitenden Fabriken zeigt eine nahezu vollkommene Uebereinstimmung; sie
ergibt im Durchschnitt für die erschöpften Melassen 50 Proc. Zucker und 13,5 Asche
oder 3,70 Theile Zucker auf 1 Theil Asche.
Ohne aus dieser Thatsache streng wissenschaftliche Folgerungen ziehen zu können, da
die Natur der Salze schon, die jene Asche liefern, sehr verschieden seyn kann, liegt
doch der folgende Schluß ziemlich nahe und wird auch durch die Praxis bestätigt:
Da ich in meiner Fabrication immer auf Melasse komme, die 50 Proc. Zucker (oder 49
oder sonst irgend eine Zahl, entsprechend der jeweiligen Fabrik) und eine 13,5 Proc.
Asche entsprechende Menge Salze enthält; da ich also genöthigt bin anzunehmen, daß
diese Salzmenge den Rohrzucker bindet, ihm die Krystallisationsfähigkeit benimmt, so
darf ich annehmen, daß bei Verringerung der Salzmenge eine entsprechende Menge
Zucker der Krystallisation zugeführt werden kann.
Wenn ich also im Stande bin, die Hälfte der in der Melasse enthaltenen aschebildenden
Salze auszuscheiden, so werde ich auch die Hälfte des darin enthaltenen Zuckers in
krystallisirtem Zustande erhalten können, vorausgesetzt, daß die Zusammensetzung der
in der Asche enthaltenen Salze die gleiche bleibt; wenn ich aus irgend einem Syrup
die Hälfte der darin enthaltenen Salze abscheide, so wird mir dieser nur die halbe
Menge Melasse und ein entsprechend höheres Zuckerergebniß liefern.
Ich werde also nicht viel fehlen, wenn ich in unseren Berechnungen annehme, daß ich
mit jeder abgeschiedenen Salzmenge, die 1 Proc. Asche entspricht, 3,70 Proc. Zucker
der Krystallisation wiedergegeben habe; enthält nun das erhaltene Wasser der
Exosmose 1 Proc. Zucker und 1 Proc. Asche, so habe ich 3,75–1, d. i. 2,75
Proc. Zucker frei gemacht, also immer noch eine nennenswerthe Aufbesserung der
Melasse bewirkt.
In diesem Falle tritt jedoch die ökonomische Frage auf: ob der Werth des so erhaltenen Zuckers
genügend groß ist, um diesen absoluten Verlust an Zucker und Salzen (die nach
gewöhnlichem Verfahren als Alkohol und rohe Potasche gewonnen werden), vermehrt
durch die mit diesem Verfahren verbundenen Kosten, zu decken und einen Gewinn
zurückzulassen.
Die durch diese Berücksichtigung dem Verfahren gesetzten Grenzen sind für die
verschiedenen Fabriken, je nach der Höhe ihrer Arbeitslöhne und dem Werthe der
erhaltenen Nebenproducte, für die verschiedenen Länder je nach der Art der
Besteuerung, näher oder weiter abgesteckt.
Da, wo die Besteuerung der Rübe, des Rohmateriales, stattfindet, wo es also im
Interesse des Fabrikanten besonders geboten ist, die größtmögliche Menge
krystallisirten Zuckers aus der versteuerten Rübenmenge zu erzeugen, um dadurch die
Steuer relativ zu verringern, — da ist diese Grenze eine viel weitere als in
solchen Ländern, wo, wie in Frankreich selbst, sowie in Belgien, der aus der Fabrik
austretende Zucker die Steuer zu bezahlen hat.
Trotz dieser, aus der Steuergesetzgebung erwachsenden Schwierigkeit für die
Verbreitung des Verfahrens in Frankreich, ist die Osmose in einer ansehnlichen Zahl
französischer Fabriken in diesem Augenblicke eingeführt, und die Fabrikanten, die
der Verfasser besuchte, um die Installation der Osmogènes zu sehen und deren Wirkung
zu beobachten, sind fast alle voll des Lobes über die damit
erreichten Resultate.
Anstatt jedoch das Verfahren bei der Melasse zu beginnen, wird es in der Mehrzahl
dieser Fabriken in der neuen Campagne schon auf das dritte oder auch zweite Product angewendet, um
auf diesem Wege die Zuckerausbeute zu vergrößern, die Menge der abfallenden Melasse
zu verringern und die Zeit der Krystallisation abzukürzen. Damit ist nun keineswegs
die Möglichkeit einer neuen Osmose der resultirenden Melasse ausgeschlossen, doch
ist in diesem Falle dann die Wirkung eine geringere, die Arbeit eine schwierigere;
was sich sehr leicht erklärt, wenn man sich über die Wirkungsweise der Osmose klare
Rechenschaft gibt.
Wenn man bedenkt, daß jedenfalls bei der ersten Operation die Hauptmenge der leicht
diffundirenden Salze und eine nur geringe Menge der organischen Salze und
salzähnlichen Verbindungen entfernt wurden, daß also bei einer nachfolgenden
Operation die letztere Gruppe von Stoffen vorwiegt, deren Diffusionsfähigkeit von
der des Zuckers viel weniger differirt; wenn man dieß bedenkt, so ist es klar, daß
in diesem Falle die Wirkung abnehmen, die Schwierigkeit, die Zeit der Arbeit
zunehmen müsse.
Doch wenn man den vom zweiten Product abfallenden Syrup der reinigenden Wirkung der
Osmose unterzieht, so erhält man nach dem Verkochen eine Sudmasse dritten Productes,
welche nach gewöhnlichem Verfahren erst nach drei Monaten turbinirt werden konnte
und nach dieser Zeit 6–7 Proc. Zuckerkrystalle gab, nach Einschaltung der
Osmose aber nach 26 Tagen turbinirt 23 Proc. Ausbeute gab.
Wenn sich auch diese beiden Zahlen auf 100 Kilogr. „masse cuite#x201C; beziehen und diese selbst durch das Verfahren bedeutend
verringert wird, so stellt sich doch mit dieser Correction das Ergebniß auf etwa 19
Proc., d. i. ein Mehrergebniß am dritten Product um 200 Proc. der sonst gewonnenen
Masse — ein Ergebniß, das jedenfalls lohnend ist.
Die Fabrik, in der dieses Resultat vom Verfasser beobachtet wurde, blieb hierbei
nicht stehen und hat versuchsweise die abfallende Melasse einer Reosmose unterzogen
und auf diese Art ein viertes Product erzielt, welches sich allem Anschein nach
ähnlich verhalten dürfte, wie sonstiges drittes Product, was nach dem gewöhnlichen
Verfahren ihr letztes war und dessen Rückstand direct als Melasse bezeichnet und
verkauft wurde.Die Fabrik, in der die letzten Arbeiten und Versuche gemacht wurden, ist die
des Hrn. Clerc-Kayser in
Roost-Warrendin bei Douai.
Die Quantität und Qualität des vierten Productes wird erst nach 2–3 Monaten
beurtheilt werden können und nach dieser Zeit erst wird mit Sicherheit anzugeben
seyn, ob dieser letztere Versuch als gelungen zu bezeichnen ist, während das
Resultat der Anwendung auf das dritte Product durch Zahlen festgestellt ist.
Wie die angeführten Thatsachen beweisen, lohnt es jedenfalls der Mühe, die nähere
Einrichtung der Apparate und ihre Wirkungsweise genauer kennen zu lernen, und hierzu
sollen meine folgenden Mittheilungen dienen.
II. Endosmotische Versuche.
Ehe wir an die Beschreibung des Ganges und der Bedienung, sowie der Anordnung der
Apparate in der Praxis gehen, dürfte es zweckentsprechend seyn, die bei
Laboratoriumsversuchen angewendete Methode, sowie deren Resultate mitzutheilen.Die anzuführenden Versuche sind vom Verfasser in Dubrunfaut's Laboratorium nach dessen Angabe und Leitung
ausgeführt worden.
A. Osmose mit
kaltem Wasser.
Zu diesem Versuche diente eine Melasse von Billon (Dep.
Puy de Dôme), welche bei 42°,8 Baumé die folgende Menge an Zucker und Asche
enthielt:
Krystall. Zucker = 44,000, Asche = 13,536, Kalk = 0,832.
Dieser Zusammensetzung entspricht nach Dubrunfaut der
melassimetrische Coefficient 3,46.
200 Grm. dieser Melasse wurden mit 500 Kub. Cent. Wasser bei gewöhnlicher Temperatur
durch 6 Stunden 30 Minuten im Dutrochet'schen
Endosmometer in Berührung gelassen. Das Volumen der Melasse war nach dieser Zeit auf
225 Kub. Cent. gestiegen, ihre Dichte war auf 30° B. gesnnken. Das Wasser der
Exosmose wurde auf 100 Kub.-Cent. eingedampft und zeigte dann am Polarimeter
von Duboscq eine Rotation von 5°, was einer
Zuckermenge von 0,82 Grm. entspricht. 25 Kub. Cent. zur Trockne verdampft und
hierauf nach der Methode Scheibler's (mit Zusatz von
Schwefelsäure und nachheriger Reduction) verascht, ergaben 1,013 Asche, d. i. 4,072
für die ganze Wassermenge.
Das Wasser der Exosmose enthielt demnach 0,82 Grm. Zucker und 4,082 Asche.
Wenn wir nun, der vorangehenden Zusammensetzung der Melasse entsprechend,
berücksichtigen, daß die 1 Proc. Asche entsprechende Menge von Salzen 3,46 Grm.
Zucker in die Melasse überführt, so ergibt sich die Menge des durch diese erste
Operation in Freiheit gesetzten Zuckers, wie folgt:
4,072 Grm. (Asche) × 3,46 (Coef. Melasse)
=
14,09
weniger der exosmosirten Zuckermenge
0,82
–––––––––––––––
Regenerirter Zucker
13,27
Grm.
Die auf 30° B. gesunkene Melasse wurde auf 41° B. concentrirt und von
Neuem mit 500 Kub.-Cent. Wasser im Endosmometer in Berührung gelassen.
Die Melasse war nach etwa 6 Stunden auf 29,2° Baumé gesunken und das auf 100
Kub. Cent. eingedampfte Wasser der Exosmose enthielt:
Zucker = 1,307, Asche = 3,600 Grm.
Wenden wir auf diese zweite Operation die oben angeführten Schlüsse an, so ergibt
sich die Menge des regenerirten Zuckers gleich:
(3,600 × 3,46) - 1,307 = 11,149 Grm.
Die schon zweimal der Osmose unterzogene Melasse wurde nach Wiedereindampfung auf
etwa 40° B. mit neuen 500 Kub. Cent. Wasser osmosirt. Die Dichte der
Flüssigkeit fiel auf 27,6° B. und das Wasser der Exosmose, nach dem schon
angeführten Verfahren behandelt, zeigte
Zucker 1,740, Asche 3,267 Grm.
Die in der dritten Operation freigemachte Zuckermenge ist demnach (3,267 ×
3,46) - 1,740, d. i. 9,55 Grm.
Die ganze durch die drei Operationen regenerirte Zuckermenge wäre folglich 33,969
Grm. oder, da diese 200 Grm. Melasse entsprechen, 16,985 Proc. der Melasse oder 38,6
Proc. der in der Melasse ursprünglich enthaltenen Zuckermenge.
Die mit den Exosmosewässern verlorene Zuckermenge ist in Summe 3,867 Grm. oder 4,4
Proc. der enthaltenen Zuckermenge.
Wie weit diese Ziffern durch die Praxis erreicht werden, konnte noch nicht
festgestellt werden, da die Fabrik, von welcher diese Melasse herrührte, die Osmose
noch nicht eingeführt hat; doch versichert Dubrunfaut,
daß bei anderen ebenso angestellten Versuchen die berechneten Ziffern mit den im
Großen erreichten Resultaten im wesentlichen Einklange waren. Die als regenerirter
Zucker berechnete Procentmenge soll nämlich dann durch Krystallisation erhalten
werden können (mit Berücksichtigung des Grundsatzes, daß jede Mutterlauge, also auch
jede Melasse, eine für die Temperatur der Krystallisation gesättigte Lösung
darstellt).
Wenn wir die, den Effect einer jeden Operation bezeichnenden Ziffern betrachten und
unter einander vergleichen, so bemerken wir, daß, wiewohl zu Anfang eines jeden
Versuches das Dichtenverhältniß der beiden Flüssigkeiten auf nahezu gleiches Niveau
gebracht wurde, die Menge der in das Wasser übergegangenen Salze immer abnimmt,
während die Menge des entführten Zuckers zunimmt.
Bei der Einäscherung des trockenen Rückstandes zeigt sich auch auffallend, daß die
bei den aufeinander folgenden Operationen erhaltenen Portionen eine fortschreitende
Menge von organischen Salzen enthalten.
III. Construction des Apparates.
Der Apparat, genannt Osmogène, ist ein System von schmalen Holzrahmen, 51 an der
Zahl, wovon 25 zur Aufnahme des Syrups, 26 zur Aufnahme des Wassers dienen. Jeder
Syruprahmen ist von zwei Wasserrahmen umgeben und von diesen durch je einen Bogen
Pergamentpapier getrennt.
Die Rahmen, aneinander gereiht, bilden einen länglichen Kasten, durch zwei eichene
Vollplatten geschlossen, von 1,166 Met. Länge, 1,120 Met. Breite und 0,680 Met.
Höhe.
Jeder Rahmen enthält vier elliptische Bohrungen in der Längenrichtung des Apparates,
so daß diese in der Aneinanderreihung vier horizontale Röhren bilden.
Zwei dieser Bohrungen, die sich diagonal entgegenstehen, sind stets durch verticale
engere Bohrungen mit dem Inneren des Rahmens in Communication (A und D in Fig. 2, B und C in Fig. 1). Ebenso sind die Holzplatten
l1–l4, welche das Innere
des Rahmens in fünf getrennte Räume theilen, nach derselben Richtung durchbohrt,
derart, daß die durchstreichende Flüssigkeit gezwungen ist, dieß in mehrfachen
Windungen zu thun.
Die an den Rahmen bemerkbaren Oeffnungen o dienen zur
Aufnahme von Eisenbolzen, welche die Rahmen aneinander und mit den Schlußplatten
zusammenhalten.
Durch das Einlegen der Rahmen, die von ganz gleicher Construction sind, in
verschiedener Richtung, so daß die mit dem Inneren communicirenden Oeffnungen das
eine Mal rechts oben und links unten, das andere Mal rechts unten und links oben zu
stehen kommen (durch eine Drehung des Rahmens um 180°), dienen die ersteren
als Syrup-, die letzteren als Wasserrahmen.
Textabbildung Bd. 189, S. 150
Die Aufeinanderfolge der Bohrungen A bildet das Rohr für
den Eintritt des Wassers, die der Bohrungen D für dessen
Austritt; ebenso bilden C, C1, C2 u. s. w. die Leitung für den Eintritt, B, B1, B2 u. s. w. für den Austritt des Syrups.
Das Wasser sowie der Syrup treten durch Trichterrohre, die am Außentheil des
Apparates angebracht sind, in diese Leitungen; die Ableitung geschieht durch Röhren
mit Probirglas-Ansätzen, in welchen man Aräometer schwimmen läßt und
Thermometer einsetzen kann, um Dichte und Temperatur der austretenden Flüssigkeiten
zu messen und darnach den Gang des Apparates zu regeln.
Der Syrup ist gezwungen, in dünne Schichten getrennt, in mehrfachen Windungen, wie
sie die Pfeile (Fig. 1) darstellen, die Höhe des
Apparates von unten nach oben zu durchstreichen. Das Wasser, am oberen Theil des
Apparates bei A eintretend, durchläuft in den Rahmen l2, l4 u. s. w. denselben
Weg in entgegengesetzter Richtung.
Ein durch einen Hahn sperrbares Rohr dient dazu, die beiden Leitungen nach Bedarf zu
verbinden.
Textabbildung Bd. 189, S. 151
Zur Speisung der Apparate dienen zwei Reservoirs für den Syrup von entsprechender
Größe, ebenso zwei Wassergefäße; die einen wie die anderen durch Dampf heizbar.
Das Wasser der Exosmose wird entweder durch Rinnen abgeleitet oder, wenn es neue
Verwendung erfahren soll, in einer Cisterne gesammelt.
Der ablaufende Syrup fließt auf ein Filter (Débourbeur)
und aus diesem in ein Sammelgefäß oder direct in den Kochapparat.
IV. Osmose mit
warmem Wasser.
Die zu diesen Versuchen dienende Melasse enthielt bei 41°Baumé in 100
Theilen
42,00 Zucker, 12,00 Asche, 0,148 Kalk.
Der melassimetrische Coefficient ist demnach 3,60. 100 Grm. der Melasse mit 500 Kub.
Cent. Wasser, bei einer Temperatur von 72 bis 80° C durch 1 Stunde nach
angegebener Weise behandelt und das Wasser der Exosmose auf 100 Kub. Cent. eingedampft, zeigte
letzteres eine Rotation von 13,2° entsprechend 2,158 Proc. Zucker und ergab
bei der Einäscherung 3,816 Proc. Asche.
Die Melasse von 23° Baumé, auf die ursprüngliche Concentration eingedampft,
wurde durch weitere 2½ Stunden mit der gleichen Menge Wassers bei der
gleichen Temperatur behandelt. Das Wasser der Exosmose enthielt:
6,294 Grm. Zucker, 6,480 Grm. Asche.
Bei der ersten Operation wurden demnach 3,816 × 3,60 - 2,158 Grm. = 11,58
Proc. Zucker der Krystallisation zugeführt. Der Verlust an Zucker war 2,158
Proc.
Bei der zweiten Operation wurden 16,178 Proc. regenerirt, der Verlust an Zucker war
jedoch dießmal bedeutend; er betrug 6,480 Proc.
Wenn wir diese Versuche mit jenen vergleichen, die mit kaltem Wasser ausgeführt
wurden, so finden wir eine ungemein große Steigerung des Effectes durch die höhere
Temperatur.
Während wir bei Einwirkung von kaltem Wasser nach 6½ Stunden (500 Kub. Cent.
auf 200 Grm.) 4,072, d. i. 16 Proc. der in der Melasse enthaltenen
Aschenbestandtheile in den Wässern der Exosmose erhielten, wurden bei der Osmose mit
warmem Wasser nach einer Stunde (500 Kub. Cent. auf 100 Grm.) 3,816 Grm. oder 32,2
Proc. der Aschenbestandtheile durch Exosmose ausgeschieden.
Bei Anwendung von 500 Theilen kaltem Wasser auf 100 Theile Melasse, wobei diese nach
etwa 7 Stunden auf 23° Baumé gesunken war, sowie bei den letztangeführten
Versuchen, wurden von 14,21 Proc. Asche, welche die Melasse enthielt, 4,968 Grm. d.
i. 34 Proc. der Gesammtmenge eliminirt.
Wir ersehen hieraus, daß:
1) bei zunehmender Temperatur die Geschwindigkeit der Osmose bedeutend vergrößert
wird, daß jedoch die Menge des entführten Zuckers in noch höherem Grade zunimmt;
2) wenn die Osmose bis zu einem bestimmten gleichen Dichtigkeitsgrade der Melasse
getrieben wird, sey dieß mit kaltem oder warmem Wasser, dann die Menge der
eliminirten Salzbestandtheile unter sonst gleichen Umständen nahezu die gleiche
bleibt;
3) bei gleicher Temperatur und bei gleicher Zeitdauer die Menge der eliminirten Salze
unter übrigens gleichen Umständen im directen Verhältnisse zu der Quantität des
angewendeten Wassers steht.
Fassen wir die beiden Operationen, mit warmem Wasser ausgeführt, zusammen, so haben
wir in 3½ Stunden aus 100 Grm. Melasse 6,480 + 3,816 = 10,296 Grm. Asche, d. i. 85,80 Proc. der
Gesammtmenge ausgeschieden.
Bei den Operationen mit kaltem Wasser wurden nach 14½ Stunden aus 200 Grm.
Melasse 4,072 + 3,600 + 3,267 = 10,939 Grm. oder 43 Proc. der Gesammtaschenmenge (d.
i. etwa die Hälfte des mit warmem Wasser erzielten Resultates) eliminirt.
Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, daß man leicht im Stande wäre, 85,80 Proc.
der Aschenbestandtheile zu entfernen, doch steht einer so weit getriebenen Osmose
der Verlust an Zucker entgegen, der bei Anwendung kalten Wassers 8,79 Proc., bei der
von warmem Wasser aber 21,25 Proc. der in der Melasse enthaltenen Zuckermenge
beträgt.
Das Verfahren mit kaltem Wasser würde demnach zu viel Zeit und zu ungeheure Apparate
nöthig machen, ohne ein hohes Resultat zu erzielen; die Arbeit mit erwärmtem Wasser,
so weit getrieben, würde zu viel Zucker entführen; wir sind also bei der Arbeit im
Großen angewiesen, so lange wir kein gutes Verfahren besitzen, die Wässer der Osmose
zu benutzen und uns mit einer auf warmem Wege bis zu etwa 35 Proc. getriebenen
Zucker-Regeneration zu begnügen.
Das, was nämlich einer Verwendung dieser Wässer für die Destillation entgegensteht,
ist die ansehnliche Menge von salpetersauren Salzen, welche sie enthalten, in deren
Folge die Gährung einen fehlerhaften, dem Destillateur wohlbekannten und gemiedenen
Verlauf nimmt. Ist einmal ein Mittel ersonnen, welches diese fehlerhafte Wirkung
aufhebt, oder ein Verfahren erdacht, diese Salze auf einfache und billige Weise
abzuscheiden, so steht einer bis zu 85 Proc. getriebenen Ausscheidung der
Melassesalze und einer dem entsprechend erhöhten Zuckerausbeute nichts mehr im
Wege.
Dann wird die Hauptmenge des Zuckers, der in der Melasse enthalten, als
krystallisirtes Product, der Rest als Alkohol gewonnen werden, und die
Salzrückstände werden dem Boden zugeführt oder anderweitig verwerthet werden
können.
Bei dem bis jetzt angewendeten Verfahren wird die Melasse auf 60–70°
C., das Wasser auf 70–80° erwärmt in den Apparat eingelassen, und zwar
werden die aus den Reservoirs in den Apparat führenden Hähne so gestellt, daß das
Verhältniß des Wassers zur Melasse (dem Volumen nach) nahezu 2½ zu l ist.
Unter diesen Bedingungen wird der in der Melasse schwimmende Aräometer 19 bis
22° Baumè zeigen, doch werden bei verschiedenen Melassen, verschiedenen
Syrupen, die Volumenverhältnisse, um zu diesem Dichtigkeitsgrade zu kommen,
verschieden seyn, und man kann letzteren den Aräometer-Angaben entsprechend
abändern.
Mit einem Apparat ist man im Stande, durch 24 Stunden 1800 Kilogramme Melasse zu
verarbeiten. Bei Anwendung des Verfahrens auf Syrup wird die in 24 Stunden zu
verarbeitende Quantität um so größer seyn, je ärmer diese an Salzen sind.
Jeden zweiten Tag müssen die Melasseleitungen durch Bürsten gereinigt und nach je 10
Tagen muß der ganze Apparat behufs Ersatzes des Pergamentpapieres zerlegt und von
Neuem zusammengesetzt werden.
Ein System von fünf Apparaten, von welchen also je einen Tag vier, den anderen fünf
functionirten, lieferte täglich 35 Säcke turbinirten Zuckers (à Sack = 100 Kilogr.); das verarbeitete Quantum war 80 Hektoliter Syrup
vom zweiten Product.
Sobald die Campagne vollkommen beendigt und die nöthigen Berechnungen durchgeführt
sind, behält sich der Verfasser vor, auf diesen Gegenstand zurückzukommen.