Titel: | Die Walzenpresse zur Saftgewinnung aus Runkelrüben, von Poizot und Druelle. |
Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. XCII., S. 385 |
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XCII.
Die Walzenpresse zur Saftgewinnung aus
Runkelrüben, von Poizot und
Druelle.
Nach Armengaud's Génie industriel, Februar 1868, S.
57.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Poizot und Druelle's Walzenpresse für Zuckerfabriken.
Viele Versuche sind schon gemacht worden, um die bei der Saftgewinnung aus
Runkelrüben angewandten hydraulischen Pressen durch continuirlich wirkende Maschinen
zu ersetzen,Man s. die Walzenpresse von Ferroux in diesem
Journal Bd. CXXIX S. 89 und die von de
Puydt in Bd. CLXXXIII S. 16.
ohne daß jedoch der Zweck erreicht worden wäre. Die Walzenpresse der oben Genannten
scheint dagegen nach der befriedigenden Arbeit einer ziemlich großen Anzahl
derselben und namentlich nach den Ergebnissen in der den Erfindern gehörigen
Zuckerfabrik zu Séraucourt eine bessere Zukunft zu haben.
Eine solche Presse ersetzte im Mittel fünf hydraulische; mit fünf Pferdekräften preßt
sie in der Stunde 25 Hektoliter Saft aus 3000 Kilogr. Rüben; dazu genügt ein
Arbeiter. Die Vortheile liegen also am Tage.
Das System dieser Presse begreift die Anwendung zweier
endloser Tücher, zwischen denen der Brei ausgepreßt wird. Diese empfangen von einem
mechanischen Zuführer den Brei, welcher dann allmählich immer stärker und
schließlich zwischen zwei großen Walzen comprimirt wird. Dabei ist eine
eigenthümliche Einrichtung vorhanden, wodurch die beiden Tücher während der
Druckwirkung an den Seiten dicht auf einander geschlossen
werden, so daß eine Art fortlaufender Sack gebildet und
der Brei am seitlichen Entweichen verhindert wird. Der Preßling bleibt auf dem
unteren Tuche liegen und wird durch Schlagleisten davon fortwährend entfernt. Sollen
die Tücher gereinigt und gewaschen werden, so wird einfach der Brei abgestellt und
statt dessen Wasser zufließen gelassen.
Die charakteristischen Eigenthümlichkeiten dieser Maschinen sind:
1) ununterbrochener und regelmäßiger Zufluß des Breies;
2) continuirliche Bewegung der Tücher;
3) Herstellung eines geschlossenen Sackes durch dieselben;
4) allmähliche durch Hebel regulirte Auspressung des Breies;
5) Begrenzung der Aneinanderstellung der Preßwalzen;
6) Regulirung der seitlichen und der Längs-Spannung der Tücher;
7) Ausschlagen derselben:
8) Aufsammlung des durch die Tücher hindurchgepreßten Saftes;
9) Abfuhr der Preßlinge;
10) eigenthümliche Herstellungsweise der Tücher.
Wir lassen nun zunächst die Beschreibung der Maschine folgen, wie sie in der letzten
Campagne in Séraucourt im Betriebe gewesen ist, und fügen dann die neueren daran
angebrachten Verbesserungen hinzu.
Fig. 22 stellt
die Maschine im Längendurchschnitt dar, Fig. 23 in der zum Theil
durchschnittenen Ansicht von einem Ende, Fig. 24 im Grundriß. Die
Figuren
25, 26 und 27 beziehen sich auf die Einrichtung für die allmähliche Bildung eines
geschlossenen Sackes.
Alle Theile der Maschine befinden sich auf dem gemeinschaftlichen Gestelle A Unter demselben ist eine Vertiefung, in welcher das
Tuch zur Aufnahme der Preßlinge fortbewegt wird. Die Maschine ist symmetrisch
bezüglich der durch ihre Längenachse gehenden Verticalebene, mit Ausnahme der an
einer Seite befindlichen Transmission für die durch die Treibwelle B übertragene Kraft.
Die beiden Preßwalzen C und D
empfangen jede eine eigene Drehungsbewegung; sie sind hohl aus Eisenguß hergestellt.
Die erste oder obere Walze C kann sich nur um ihre Achse
c drehen, deren Zapfen in festen Lagern liegen; die
Achse d der zweiten unteren Walze ist beweglich und mit
jener durch ein System von Hebeln und Stangen verbunden, welche eine Verschiebung
dieser Walze nach der Walze C hin und somit einen im
Voraus zu bestimmenden Druck auf letztere auszuüben ermöglichen.
Außerdem liegen drei kleinere horizontale Walzen E, E1, E2
auf zwei, die Walze C umfassenden seitlichen Armen F, und zwar immer näher an C, so daß der Brei allmählich weiter ausgepreßt werden kann; sie sind in der
Mitte schwach ausgedreht, so daß der Raum zwischen ihnen und der Walze C die Form eines Preßbeutels darstellt (Fig. 25 und 26). Vor der
ersten Walze C liegt die Zuführungswalze G und vor dieser die Leitwalze H, während zwei andere H1 und H2 zum gleichen Zweck unten und hinten
angebracht sind.
Hierdurch werden die beiden endlosen wollenen Tücher M
und N bewegt, zwischen welchen der Brei ausgepreßt
werden soll. Das Tuch M umgibt die feste Preßwalze C und die Walze H2 das Tuch N
die bewegliche Walze D und die Rollen G, H, H1. Die Ränder
dieser Tücher sind über die. Gestelle der Walzen und der Rollen umgeschlagen, so daß
sie gut festgehalten werden und zwei sich einander auf der Walze G
nähernde Bahnen bilden,
um dann parallel mit einander mit dem empfangenen Brei weiter geführt zu werden.
Der von der Reibe kommende Brei gelangt in den Speisetrichter P, an dessen Fuß sich zwei kleine Walzen Q, Q1 befinden, deren bewegliche Achsen auf
dem Gestelle p ruhen, welches durch zwei Arme p′ mit der Maschine verbunden ist. Die Achse der
einen dieser Walzen kann der anderen genähert werden, um mehr oder weniger Brei
durch gehen zu lassen.
Eine endlose Schnur L läuft an jeder Seite der Maschine
über gekehlte Rollen und zuerst über die Walze G, dann
zwischen E, E′, E2 und C,
sowie zwischen C und D
hindurch. Alle diese Walzen sind hierfür an den Seiten passend ausgekehlt. Diese
Schnur trägt das Tuch N von der Walze G bis zur Berührung von C
und D und hebt es dabei an den Rändern in die Höhe, so
daß der Brei einstweilen darauf festgehalten wird. Dann aber, wenn die Tücher sich
nähern, bildet die Schnur an jeder Seite eine Art Wulst, welcher in die Kehle der
Walzen hineingedrückt wird und so den Rand der beiden Tücher dicht aufeinander
schließt. Es entsteht also nach und nach ein wahrer Sack, was für die Arbeit der
Maschine von wesentlichem Erfolge ist.
Aus Fig. 25,
26 und
27, worin
die verticalen Dimensionen etwas vergrößert sind, wird man dieß deutlich
erkennen.
Der Saft fließt durch das Rohr i aus der Kupferschale I aus und in die zur Weiterbeförderung dienenden
Leitungen.
Der Preßling verbleibt fast ganz auf dem unteren Tuche N,
und wird durch die sich drehenden Flügel J, J′
davon gelöst, fällt auf das endlose Tuch K und wird
durch dieses weggeführt.
Die mechanischen Vorrichtungen für die Regulirung des richtigen Ganges der einzelnen
Theile sind folgende:
Die beiden Preßmalzen werden einander durch zwei Zugstangen R genähert, deren eine an der festen Welle c
der Walze C, die andere an der beweglichen d der Walze D befestigt ist.
Die beiden Gabeln dieser Stangen, welche in einer Ebene liegen, sind durch den
belasteten Hebel S mit einander verbunden.
Dieser Hebel geht durch die Gabeln hindurch und ist damit in den Punkten r und r (Fig. 24) verbunden, deren
erster den Drehungspunkt und deren letzterer den Stützpunkt des Hebels bildet,
während die Kraft an dem Aufhängepunkt des Gewichtes angreift.
An jeder Seite werden die Hebel durch die Riemen s (Fig. 22)
getragen, welche um die durch Sperrräder gehaltene Welle s1 geschlungen sind. Man kann hierdurch den
Druck aufheben, wenn die Tücher gelöst werden sollen, und braucht dazu nur die Welle
s1 zu drehen.
Das Spiel dieses gegliederten Hebelsystemes ist leicht verständlich. Um nun aber den
Druck und den Zwischenraum zwischen den Walzen zu begrenzen — da sonst das
Tuch zerquetscht werden würde — ist ein kugelförmiger Buffer vorhanden,
welcher durch eine Lagerbüchse mit der Achse d verbunden
ist, und dessen runder Kopf in der Richtung c, d gegen
eine runde Höhlung in dem Gestelle der Maschine stößt, wie man dieß in Fig. 22 durch
punktirte Linien angedeutet sieht. Man regulirt durch eine Stellschraube im voraus
die Entfernung des Buffers von der Lagerbüchse und mithin die äußerste Grenze des
Zwischenraumes zwischen den beiden Walzen, und zwar etwa gleich der Dicke der beiden
Tücher.
Die allmähliche durch die Walzen E, E1, E2
bewirkte Auspressung regulirt man durch Heben der hakenförmigen Träger der Arme F. Die Vereinigung der drei Walzen, deren Träger um die
Achse f oscilliren, hat also eine gewisse
Nachgiebigkeit, so daß der Brei gleich anfangs nicht zu sehr angegriffen wird.
Um die Längenausdehnung der Tücher zu reguliren, braucht man nur mittelst der in der
Zeichnung angegebenen Schraubenräder die Lager der Leitungswalzen H, H′ zu verrücken, welche sich in Coulissen des
Gestelles verschieben lassen. Die Ausdehnung nach der Breite wird am besten durch
bewegliche Ringe regulirt, welche an den Enden der Walzen angebracht sind, und in
deren Kehlen die Haltschnüre L, wie weiter unten
dargelegt werden soll, eingreifen.
Die Spannung dieser Schnüre wird durch Verstellung der einen Spannrolle l mittelst des Hebels u
regulirt, welcher durch das Rad u1 gedreht wird. Die Schnüre können aus irgend einem dehnbaren
oder geschmeidigen Stoffe, wie aus Kautschuk oder dergleichen bestehen; ebenso
werden die Kehlen oder Nuthen der Walzen, worin die Schnur liegt, mit einem Futter
aus einer derartigen Substanz versehen.
Die Speisung der Maschine regulirt man durch die mittelst des Kniehebels v1 und des Rädchens
v bewirkte Einstellung der Vertheilungswalze Q.
Die Bewegung empfängt die Maschine durch die Riemenscheibe B, deren Welle das Getriebe x trägt. Dieses
greift direct in das Zahnrad X der Walze C und durch das Mittelrad X1 auch in das Rad x1 der Walze D ein. Auf die Walzen des Fülltrichters wird die Bewegung durch zwei
Gelenkketten y (Fig. 23) übertragen.
Endlich erhalten die beiden Schlagleisten J und J′ ihre Bewegung durch Riemen von den Rollen Y, welche direct vom Motor bewegt werden können; die Achsen dieser
Rollen liegen dann auf an das Gestell angegossenen Lagen.
Diese Maschine hat schon sehr gute Resultate ergeben, allein die Erfinder haben sie
noch mehr verbessern und fehlerlos machen wollen. Die bei zahlreichen Versuchen
erworbenen Erfahrungen haben sie dazu in den Stand gesetzt, so daß namentlich das
Gewebe der endlosen Tücher und die Dichtung dieser letzteren auf einander wesentlich
verbessert werden konnte.
Das Gewebe des Tuches ist jetzt so eingerichtet, daß es an
den Stellen der größeren Inanspruchnahme auch stärker ist. Die Kettenfäden werden
nämlich an den Seiten dichter aneinander gelegt und an den miteinander zu
verbindenden Enden ebenfalls wieder einwärts umgelegt. Die Stellen, wo das Tuch den
stärksten Druck erleidet, d. h. wo es in die Vertiefungen der Walzen eingepreßt
wird, so wie da, wo die beiden Enden verbunden sind, werden auf diese Weise so
verstärkt, daß der Verschleiß sehr vermindert erscheint.
Außerdem müssen die Fäden, woraus das Tuch gewebt ist, wenig gedreht und selbst aus
einfach vereinigten Fäden gebildet seyn, damit sie sich leicht unter dem Druck der
dicken Walzen platt drücken und auch den Saft gut durchlassen.
Da indessen auch die so hergestellten Tücher an den Rändern bald schadhaft und
unbrauchbar werden, so sind noch folgende, die Seitendichtung betreffende Verbesserungen getroffen worden.
Zunächst sind (Fig.
28) an jedem Ende der Walze C zwei Ringe oder
Scheiben a von Kupfer oder Bronze mittelst der vier
Schrauben b angesetzt. Jeder Ring ist nach innen
eingeschnitten und dieser Einschnitt bildet mit demjenigen der Walze die ringförmige
Vertiefung für die die Seitendichtung hervorbringende Schnur. In diese Vertiefung
ist ein lederner oder sonst weicher Ring d eingelegt,
der selbst wieder eine kreisförmige Kehle an seinem Umfange hat, so daß die Schnur
einen wirklich hermetischen Schluß hervorbringen kann. Das Tuch kommt hier also mit
dem Gußeisen in keine unmittelbare Berührung, und leidet daher weniger von den
Unebenheiten, welche der säuerliche Saft darauf hervorbringt.
Eine weitere Verbesserung bezweckt das Emporheben des oberen Tuches vor dessen
Aufrollen auf die obere Preßwalze, so daß es von derselben leichter mitgenommen
wird.
Hierzu befinden sich an jeder Seite der Maschine zwei von den Armen r getragene und auf den Spindeln q laufende Rollen p2 welche das Tuch M kurz vor seiner
Berührung mit der Walze C heben und zu seiner
regelmäßigen Umfassung dieser letzteren vorbereiten.
Endlich sind auch noch die runden, sich in die Vertiefungen der Walzen einlegenden
Schnüre durch besondere Ketten aus metallenen mit Lederriemen überzogenen Gliedern
ersetzt worden. Diese Ketten machen die Kehle in der oberen Walze entbehrlich, und
da somit das Tuch nicht mehr in eine solche hineingedrückt zu werden braucht, so
wird die Abnutzung desselben vermindert, während zugleich ein dichterer Schluß
hervorgebracht wird.
Fig. 29, 30 und 31 stellen
diese Kette von der Seite, von oben und von vorn dar; Fig. 32 zeigt ihre
Anwendung auf die Preßwalzen. Die Erfinder wählten hierzu die geschlossene
Gelenkkette, welche stärker und widerstandsfähiger als die Bandkette ist. Die
äußeren oder geraden Kettenringe, welche aus 5 Gliedern a und die inneren oder ungeraden, welche aus 4 Gliedern b bestehen, sind wie gewöhnlich durch spindelförmige
Bolzen c verbunden. Der lederne Riemen d ist an die Kette mit Messingdrähten g befestigt, welche durch quer in dem Riemen zwischen
den äußeren Ringen eingestochene Löcher hindurchgehen. Sie sind dann über die bei
h hierzu eingeschnittenen Glieder umgebogen. Auf
diese Weise wird ein vollkommen fester Ueberzug der Kette hergestellt, welche nun an
die Stelle der seitlichen Schnüre tritt.
Nur die untere Walze hat eine Kehle zur Aufnahme der überzogenen Kette, während
dieselbe sich an die obere Walze bloß anlegt, die Tücher hier im rechten Winkel
emporhebt und dicht auf einander preßt. Man erreicht hierdurch, wie erwähnt,
besseren Schluß und größeren Schutz gegen die Abnutzung der Tücher.
Schließlich sey noch bemerkt, daß die Tücher, welche früher ganz aus Wolle bestanden,
jetzt aus zwei verschiedenen Stoffen gewebt werden, indem man für die Kette Jute und
für den Einschuß Wolle anwendet. Dieß, sowie die oben angegebene Verschiedenheit in
der Stärke hat alle Anforderungen in Bezug auf Widerstandsfähigkeit und
Dauerhaftigkeit der Tücher erfüllt.
Alle diese Verbesserungen machen aus der beschriebenen Presse eine einfache und
rationelle Maschine, welche bestimmt scheint, nicht nur der Zuckerfabrication,
sondern auch manchen anderen Zweigen der Technik wesentliche Dienste zu leisten.
Nachtrag. Nach den mir zugekommenen authentischen
Mittheilungen über die oben beschriebene Walzenpresse von Poizot u. Druelle in Séraucourt, stellt sich
deren Herstellungspreis, abgesehen von der den Erfindern zu zahlenden Prämie, auf
5000 Francs. Sie verarbeitet, nach den vorliegenden Daten über ihre praktische
Benutzung, in zwei französischen Fabriken während der gegenwärtigen Campagne etwa
800 Cent. Rüben in 24 Stnd. und gibt etwa 25 Proc. Preßrückstände, eine Zahl, welche
durch die neuesten Verbesserungen auf 22 Proc. sicher herabgebracht werden soll.
Die Abnutzung an Tüchern wird auf 1 Franc (8 Slgr. ) für jeden Sack (Hektoliter)
Zucker angegeben. Neuerdings sind jedoch die Walzen mit einem elastischen Ueberzug
versehen worden, wodurch diese Abnutzung auf 75 Centimes (6 Slgr. ) reducirt
wird.
C.
Stammer.