Titel: | Das amerikanische Beschleunigungskammern-Geschütz. |
Autor: | Henry Darapsky |
Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. XXXVI., S. 113 |
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XXXVI.
Das amerikanische
Beschleunigungskammern-Geschütz.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Lyman's Beschleunigungskammern-Geschütz.
Der Lösung des Problemes, das Geschoß durch den beim Schießen thätig werdenden Motor
zuerst wie beim Blasrohrblasen nur ganz leise und spielend sich bewegen, dann aber
immer schneller im Rohre fortschreiten und endlich dessen Mündung mit Aufnahme eines
relativ sehr heftigen Kraftstoßes passiren zu lassen, also der
artillerie-wissenschaftlichen Forderung, welcher Seguier
(man s. polytechn. Journal Bd. CLXXIX S. 190) durch seine gemischten Patronen zu entsprechen suchte, ist dem Mechanics' Magazine vom 14. Februar d. J. zufolge nun
Hr. A. S. Lyman zu New-York durch praktische
Versuche mit seinem Geschützrohre näher getreten. Dasselbe wurde kürzlich für
England patentirt und ist durch die Figuren 24, 25, 26, 27 u. 28 in resp.
Daraufsicht, Längendurchschnitt, Querdurchschnitt, sowie hinterer und vorderer
Ansicht dargestellt; es enthält außer der gewöhnlichen Ladungskammer H noch eine Anzahl sogenannter Beschleunigungskammern
A, B, C, D (Fig. 25), deren Ladungen
den Zweck haben, das an ihnen hinschreitende Geschoß in eine immer mehr sich
beschleunigende progressive Bewegung zu versetzen. — Die eigentliche
Ladungskammer H erhält zu diesem Zweck eine
verhältnißmäßig nur geringe Pulverladung (von 3½ Pfd. sogen. Mammuthpulver,
einem aus Würfeln von circa 1 Zoll Seitenlänge
bestehenden Pulver, auf 280 Pfd. Geschoßgewicht); von den Beschleunigungskammern
aber erhält: die erste, A, 20 Pfd. solchen
Mammuthpulvers; die zweite, B, 20 Pfd. Pulver Nr. 7; die
dritte, C, 20 Pfd. Geschützpulver und die vierte, D, 20 Pfd. eines noch rascher und kräftiger wirkenden
Pulvers.— Das Entzünden der Pulverladung von Kammer H geschieht in gewöhnlicher Weise; die
Beschleunigungskammern-Ladungen aber entzünden sich durch das dem Geschosse
nachströmende Feuer der Initial-Ladung etc. und wird hierbei die anfangs ganz
mäßige Geschoßgeschwindigkeit durch die Ladung der ersten Beschleunigungskammer etwa
um die Hälfte erhöht etc.
Das Laden der Beschleunigungskammern geschieht, wie aus Fig. 26 ersichtlich, von
oben und es werden hernach die entsprechenden Ladeöffnungen durch die aus Fig. 24 und
26
ersichtlichen Schraubenventile F verschlossen.
Die Beschleunigungskammer-Stollen I, I, I, I (Fig.
25) bestehen aus weichem Gußstahl und der Verschluß dieser zur
Hinterladung eingerichteten Rohre aus einer zweckentsprechenden Schraubenkappe. Für
zur Vorderladung bestimmte derartige Geschützrohre geht der Vorschlag des Erfinders
— durch die Figuren 29 und 30 im Längen- und
beziehungsweise Querdurchschnitt versinnlicht — dahin, dem Rohre neben der
gewöhnlichen Ladungskammer E nur noch eine einzige, die
erstere als hohler Cylinder umfassende, aber etwa die siebenfache Pulverladung
derselben aufnehmende Beschleunigungskammer A zu geben,
welche beide Kammern dann bei ganz oder doch nahezu verticaler Rohrstellung mit
Pulver gefüllt und hernach in ihrer Ladung durch einen Ladepfropfen C (Fig. 29) von einander
getrennt werden müssen; dieser hat die Initial-Ladung C zuerst mit dem Geschosse nach vorn hin zu bewegen, ehe letzterem durch
die
Beschleunigungskammer-Ladung A seine
Zusatzgeschwindigkeit gegeben werden kann.
Stade, den 4. März
1868.
Darapsky,Major der Artillerie.