Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. , S. 175 |
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Miscellen.
Miscellen.
Das Dampfkesselgesetz der Vereinigten Staaten von Nordamerika;
von Prof. Dr. E. Hartig.
Bei den zahlreichen Explosionsfällen, über welche die Zeitschriften der Vereinigten
Staaten berichten, liegt die Vermuthung nahe, daß Nordamerika eine amtliche
Beaufsichtigung der Dampfkessel gar nicht kennt. Dem ist aber nicht so. Es existirt
seit dem Jahre 1852 ein sehr ausführliches Gesetz „zur Sicherung der
Passagiere auf Dampfschiffen gegen Lebensgefahr,“ in welchem die
Vorschriften über Prüfung und Beaufsichtigung der Kessel einen wesentlichen Theil
bilden. Ich verdanke der Gefälligkeit eines mir befreundeten Amerikaners denjenigen
Jahrgang der Gesetzsammlung der Bereinigten Staaten (The
Statues at large and Treaties of the United States of America
1851–1852, p. 61), in welchem das erwähnte Gesetz abgedruckt ist, und will im
Folgenden das auf die Dampfkessel Bezügliche daraus mittheilen.
Nach Abschnitt 9 dieses Gesetzes sind in jeder der 25 Städte New-Orleans und
St. Louis (für den Mississippi), Louisville, Cincinnati, Wheeling und Pittsburg (für
den Ohio), Buffalo und Cleveland (für den Eriesee), Detroit (für den Detroit River),
Nashville (für den Cumberland River), Chicago (für den Michigansee), Oswego (für den
Ontariosee), Burlington in Vermont, Galveston in Texas, Mobile in Alabama, Savannah
in Georgia, Charleston in Südcarolina, Norfolk in Virginia, Baltimore in Maryland,
Philadelphia, New-York, New-London in Connecticut, Boston in
Massachusetts, Portland in Maine und San Francisco in Californien zwei Inspectoren
zu ernennen, von denen der eine (Inspector of Hulls) die
Tüchtigkeit des Schiffes, der andere (Inspector of
Boilers) die Diensttauglichkeit der Kessel und Maschinen zu prüfen und zu
überwachen hat; der letztere soll fähig seyn, über die Güte der Materialien, die
Festigkeit, Einrichtung, Ausführung und Zulässigkeit der auf Personenschiffen
angewendeten Kessel und Maschinen ein verläßliches Urtheil abzugeben und alle sich
zeigenden bedenklichen Mängel sicher zu erkennen. Die Kessel sind vor der Benutzung
und hierauf mindestens einmal jährlich zu revidiren und der hydrostatischen
Druckprobe zu unterwerfen, wobei festzustellen ist, daß die Kessel von gutem
Material hergestellt sind, daß alle Rauchcanäle, alle Wasser- und Dampfröhren
angemessene Weiten haben, daß der Wasserstand nicht bis unter die beheizten Flächen
sinken kann und daß Kessel, Maschinen und Zubehör ohne Gefahr in Betrieb genommen
werden können; insbesondere soll ermittelt werden, daß die Sicherheitsventile in
hinreichender Zahl und Größe angebracht, richtig construirt und wohl gangfähig sind,
daß eine genügende Zahl von Probirhähnen, ein gutes Wasserstandsglas und ein
Manometer, sowie eine größere Zahl schmelzbarer Metallpfropfen vorhanden sind,
endlich daß die Speisevorrichtungen eine solche Einrichtung und Größe haben, daß zu
allen Zeiten, für Bewegung wie Stillstand des Schiffes, die erforderliche
Wassermenge den Kesseln zugeführt werden kann, um den Wasserstand auf mindestens 4
Zoll über den Rauchcanälen zu erhalten; die Schmelzpfropfen auf der Außenseite des
Kessels müssen bei einer Spannung, welche die zulässige Betriebsspannung um
höchstens 10 Pfd. übersteigt, die an den Rauchröhren bei einer höchstens noch um 10
Pfd. höheren Spannung zum Schmelzen kommen.
Die zulässige höchste Betriebsspannung für sogenannte Hochdruckkessel ist 110 Pfd.
Ueberdruck per Quadratzoll; der zulässige größte
Probedruck 165 Pfd.; das gilt für Kessel von 42 Zoll Durchmesser, wenn dieselben
eine Wandstärke von mindestens 1/4 Zoll haben und aus vorher geprüften Blechplatten
von bester Qualität hergestellt sind; bei größeren oder kleineren Kesseln, sowie bei
schon in Gebrauch gewesenen, soll der Inspector die zulässige Betriebsspannung unter
Berücksichtigung jener Vorschrift nach seinem Ermessen festsetzen; in allen diesen
Fällen hat die Druckprobe mit einer Spannung zu erfolgen, welche 165/110 = 1,5 der
zulässigen Betriebsspannung beträgt.
Wenn hiernach bei den Hochdruckkesseln die Betriebsspannung bis zu 2/3 des
Probedruckes betragen darf, so soll bei Niederdruckkesseln der Betriebsdruck bis zu
3/4 des Probedruckes festgesetzt werden können.
Bei Durchführung dieser Vorschriften ist dem Kesselinspector ziemliche Freiheit
gelassen; er kann im einzelnen Falle, wenn er die Sicherheit gewahrt glaubt, davon
abweichen, kann selbst einen Betriebsdruck gestatten, welcher dem Probedruck gleich
kommt. Diese Freiheit geht denn doch wohl zu weit, wenn man berücksichtigt, daß die
Abnutzung der Kessel von einer Probe zur anderen eine sehr beträchtliche seyn
wird.
Bemerkenswerth und nachahmenswerth sind die Vorschriften in Abschnitt 13, 14 und 15:
Jeder Schiffskessel soll aus Blechtafeln gefertigt seyn, welche amtlich gestempelt
wurden. Der Kesselinspector hat die Qualität des zur Fabrication dieser Blechtafeln
verwendeten Materials zu prüfen, hat sich durch geeignete Mittel davon zu
überzeugen, ob die Fabrication von der Art ist, daß sie ein dem Holzkohleneisen an
Güte gleiches Material liefert. Jeder Kessel soll zurückgewiesen werden, dessen
Material Mangel zeigt, nicht hinreichend fest ist, oder dessen Wanddicke (bei 42
Zoll Durchmesser) unter 1/4 Zoll beträgt. Die Stempelung der Blechplatten hat
thunlichst an solchen Stellen zu erfolgen, die nach der Vernietung sichtbar bleiben;
der Stempel soll enthalten den Namen des Fabrikanten, den Fabricationsort, die
Qualitätsbezeichnung des Eisens und eine Angabe darüber, ob dasselbe der Bearbeitung
durch den Hammer unterlegen hat.
Ueber jede Revision des Kessels, der Maschine und des Schiffes, einschließlich der
Kesselprobe, ist ein ausführliches Certificat auszustellen, dessen Inhalt durch die
beiden Inspectoren für jeden einzelnen Fall zu beschwören ist.
Die Thätigkeit der 50 Inspectoren wird noch durch 9 von dem Präsidenten und dem Senat
zu ernennende Oberinspectoren (Supervising inspectors)
überwacht, die nach Belieben jedes Dampfschiff einer Revision unterwerfen können und
die übrigens in jedem Jahr mindestens einmal zusammentreffen, um über einheitliche
Durchführung des Gesetzes und über sonst erforderliche gemeinsame Maßregeln zu
verhandeln. Alle übrigen Vorschriften beziehen sich auf Beschaffenheit und
Einrichtung des Schiffskörpers, auf Strafen bei Uebertretungen des Gesetzes, endlich
auf Gehalte der Beamten.
So weit von Schiffskesseln die Rede ist, kann man nach allem dem nicht über Mangel an
gesetzlicher Beaufsichtigung klagen; hier dürften die Explosionen vorzugsweise auf
Rechnung leichtsinnigen Betriebes zu setzen seyn; aber für die Kessel der
Locomotiven und der stehenden Maschinen scheint in der That wie in England die
Regierung keine Sorge zu empfinden. (Polytechnisches Centralblatt, 1867 S.
1585.)
Das Agricultur-Maschinenwesen in Aegypten, von Max Eyth.
Dieses neueste WerkDas Agricultur-Maschinenwesen in Aegypten, nach seinen
Hauptbestandtheilen dargestellt von Max Eyth,
Chef-Ingenieur des Erbprinzen Halim Pascha königl. Hoheit in Cairo.
Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen
Buchhandlung, 1867. des württembergischen Ingenieurs Eyth (den Lesern
des polytechn. Journals durch seine Berichte über die Dampfpflüge und Locomobilen
auf der Londoner Weltausstellung von 1862, sowie durch andere schätzbare
Mittheilungen bekannt) gibt uns ein Bild von dessen Thätigkeit und Beobachtungen
während eines dreijährigen Aufenthaltes als Chef-Ingenieur des Prinzen Halim
Pascha in Cairo zu einer
Zeit, in welcher in Folge des amerikanischen Krieges die Baumwollcultur in jenem
Lande eine ungewöhnlich rasche Entwickelung gewann.
Der Haupthebel zu einer materiellen Regeneration Aegyptens, dessen sich Mehemed Ali
während seiner langen Regierung bediente, war die rationelle Bewässerung des Landes
durch den Nil. Sein großes Project, das breite Nilthal unterhalb Cairo's während des
niederen Standes des Nils durch Dämme zu schließen, um so einen großen Theil des
Landes mit Wasser zu versehen und die kostspielige Bewässerung durch Brunnen und die
unzähligen Canäle zu umgehen, ist leider mißglückt, da sich die Fundamentirung der
Pfeiler und Schleusen in dem sandigen Baugrunde als ungenügend erwies. Man hat
dagegen schon um die fünfziger Jahre angefangen, für einige der großen Güter
großartige Dampfpumpwerke anzulegen, und die Zahl derselben ist seither ungemein
gestiegen, da sich damit, so kostspielig auch deren Betrieb bei einem Kohlenpreise
von 3–4 Pfd. Sterl. per Tonne war, doch ungeheure
Erfolge erzielen ließen.
Solche großartige Anlagen konnten natürlich nur den großen Gutsbesitzern zu Gute
kommen. Mit dem amerikanischen Kriege aber trat für Aegypten eine neue Periode ein,
die das Land in fieberhafte Aufregung versetzte und den Werth der gründlichen
Bewässerung, die den Ertrag des Baumwollfeldes aus das 2–3fache steigerte,
erkennen ließ, da jeder hierfür gebrachte Aufwand reiche Früchte trug. Eyth beschreibt, zu welchen Mitteln man griff, um diesem
ebenso plötzlichen als dringenden Bedürfnisse nach geeigneten Bewässerungsmaschinen
zu entsprechen, und schildert besonders seine gewiß in hohem Grade verdienstlichen
Bemühungen und Arbeiten auf diesem Felde der Maschinentechnik.
Der zweite Abschnitt der Schrift bespricht die Anwendung
des Dampfpfluges in Aegypten. Die Verhältnisse des
Grundbesitzes, große Complexe in den Händen der Paschas, das ganze Land flach und
der Boden absolut steinfrei, da waren die natürlichen Verhältnisse ganz wie für den
Dampfpflug gemacht! Dazu kam die Nothwendigkeit einer gründlicheren Bodencultur für
den sich allgemein verbreitenden Baumwollbau, sowie die reichen Mittel, welche den
Grundbesitzern durch die hohen Baumwollpreise zuflossen.
Halim Pascha, dem Onkel des jetzigen Vicekönigs, waren die Fortschritte des
Dampfpfluges in England nicht entgangen; er entschloß sich schon im Jahre 1861 vor
der Londoner Industrie-Ausstellung zur Anschaffung eines solchen zum Zwecke
der Bestellung seiner Baumwollculturen etc. Eyth
schildert nun in höchst interessanter Weise die vielen Schwierigkeiten, welche sich
der Einführung eines so complicirten Mechanismus in diesem Lande entgegensetzten:
die Bevölkerung, die eigenthümlichen Verhältnisse des Bodens, welcher bei der langen
Hitze nahezu die Härte des Steines erreicht, die Sandstürme, die Schwierigkeit der
bei Maschinen häufig vorkommenden Reparaturen, die
Opposition der Verwalter gegen die neue Art der Landwirthschaft, denen durch das
Aufhören des Viehhandels eine ungeheure Nebeneinnahme entgieng. Trotz alledem kam im
December 1861 der erste Dampfpflug der Firma Fowler in
Leeds und begann da unter den Pyramiden seine culturhistorische Mission. Die ersten
Versuche waren ohne Erfolg. Da beschaffte man neue Maschinen aus England von
veränderter Construction, wie sie die gemachten Erfahrungen zu erheischen schienen.
Weitere Versuche mit diesen neuen Maschinen mißlangen zuerst; das neue System schien
das richtige, aber es fehlte an der Ausführung; die einzelnen Theile der Maschine
erwiesen sich vielfach als zu schwach. Zu dieser Zeit übernahm Eyth die Leitung der landwirtschaftlichen und industriellen Unternehmungen
Halim Pascha's. Er richtete zunächst Reparaturwerkstätten ein, schulte Leute heran,
ordnete an den vorhandenen Maschinen verschiedene Aenderungen an und hatte nach 4
Monaten 800 Acres umgepflügt. Es kamen abermals neue Maschinen an und nun gieng die
Arbeit ohne Schwierigkeiten vor sich; man begann jetzt sogar mit Hülfe von Fackeln
an den Maschinen und Signallaternen, an dem hin- und hergleitenden Pfluge die
Nächte durchzuarbeiten. Nach beendigter Saison war einer dieser Apparate über ein
Stück von 3000 Morgen Landes gegangen.
Die schönen Erfolge riefen bald die Concurrenz anderer englischer Fabriken in's Feld.
Als eine zunächst zu überwindende höchst wichtige Ausgabe erschien die Verwendung
der Eingeborenen zur Bedienung des Dampfpfluges. Nachdem diese Möglichkeit erwiesen
und durch eine eingetretene Viehseuche die Ochsen und Büffel zu Tausenden weggestorben waren,
hatte sich der Dampfpflug Bahn gebrochen und der Vicekönig bestellte deren plötzlich viele Dutzende. Mit dem Erscheinen der
Maschinen waren sie aber noch keineswegs in Thätigkeit.
Der Befehl des Vicekönigs konnte zwar das Land mit Maschinen überschwemmen, aber die
Fellahs nicht zu Mechanikern machen. So legte er denn seine sämmtlichen
Dampfpflugmaschinen still. Diesem Beispiele folgten andere kleinere Grundbesitzer.
Nur Halim Pascha hielt an seinem früheren Plane fest und war im Stande, während
nahezu 2 Jahren ein großes Gut von 2000 Morgen mit nur 2 Paar Ochsen zu cultiviren,
indem alles Pflügen, Eggen, Säen, Mähen und Bewässern ausschließlich durch Maschinen
geschah. – Ein Gewaltstreich des Vicekönigs, wie er nur in Aegypten möglich,
beraubte den Prinzen eines Tages seiner sämmtlichen Güter mit Ausnahme von einem und so mußte der Dampfpflug auch hier still gelegt
werden.
Der dritte Abschnitt der Schrift endlich handelt von der
Baumwollcultur Aegyptens. Baumwolle wurde schon in
der ältesten Zeit in Aegypten gepflanzt, aber erst durch Mehemed Ali fand deren
Cultur größere Verbreitung. Eyth schildert die Anlage der
Baumwollculturen. Eine kräftige Staude von 8–12 Fuß Höhe mit vielen starken
Aesten, die schon am Boden beginnen, will zu gedeihlichem Wachsen wohl bewässert seyn. Sich selbst überlassen, treibt die
Staude allmählich verkommend auch in den zwei folgenden Jahren noch Blüthen und
Früchte; doch nimmt der Ertrag dann so sehr ab, daß auf gut bestellten Gütern die
Felder nach einmaliger Ernte umgearbeitet werden. Im
Allgemeinen zieht man in 2 Jahren 1 Baumwoll- und 1 Maisernte auf demselben
Grundstücke, während in derselben Zeit 2 Mais- und 2 Weizenernten erzielt
werden können.
Der Ertrag einer Pflanzung richtet sich ganz nach der Beschaffenheit des Bodens und
der Menge des Wassers, welche zugeführt wird. Auf demselben Raume werden dann
gleichzeitig 1000–1200 Ctr. Holz gewonnen, welche als Heizmaterial zum
Betriebe von Dampfpumpen benutzt werden. Es folgt nun das Sortiren der Wollkapseln
und das Entfernen der Samenkörner mittelst Maschinen, den sogenannten cotton-gins.
Gewöhnlich sind 50 bis 100 solcher Maschinen, durch eine Dampfmaschine betrieben, in
einem Gebäude vereinigt.
Eyth erläutert mittelst Zeichnungen die zu diesem Zwecke
angewandten Maschinensysteme, welche für den Techniker von großem Interesse sind.
Die letzte Operation besteht in dem Pressen und Packen der Baumwolle mittelst
hydraulischer Pressen, wodurch derselben zum Zweck der Raumersparniß beim Transport
nahezu die Dichtigkeit eines Steines gegeben wird.
Sowohl für den Industriellen als den Landwirth enthält die Schrift eine Reihe
interessanter Mittheilungen. Max Eyth ist zur Zeit
bemüht, in den Südstaaten von Amerika seine reichen Erfahrungen in Einführung des
Dampfpfluges zu verwerthen. Diesenbach.
(Württembergisches Wochenblatt für Land- und Forstwissenschaft, December
1867, Nr. 52.)
Neue Webgeschirre von Brooke und
Edmondson in Blackburn.
Die starke Abnutzung der gewöhnlichen aus Baumwollfaden hergestellten Webgeschirre
für mechanische Webstühle hat darauf geführt, statt der Fäden Metalldraht oder
Metallstäbchen anzuwenden. Auf Benutzung der letzteren ist den Fabrikanten Brooke und Edmondson in
Blackburn im Jahre 1867 ein Webgeschirr patentirt worden, welches keinerlei sich
abnutzende Theile besitzt und im Wesentlichen folgendermaßen construirt ist.
Statt der hölzernen flachen Geschirrstäbe sind hier zwei Messingröhren von circa 1 1/2 Centimeter Durchmesser angewendet. Die Fäden
sind durch dünne Stahlstäbchen ersetzt von circa 20
Centim. Länge, 4 Millim. Breite und der Dicke starken Papieres, mit einer länglichen
Oeffnung für den Durchgang der Kettenfäden in der Mitte versehen.
Die Verbindung zwischen den Geschirrstäben und den Stahlblättchen, um dieselbe
elastisch zu machen, ist in der Weise angeordnet, daß die Stahlblättchen an ihren
Enden umgebogen sind, und in ihrer Biegung ein feines Kautschukschleifchen halten,
welches die oben genannten Messingröhren umfaßt. Sollte je ein Bruch der
Kautschukschleifen stattfinden, so können dieselben leicht und schnell wieder erneuert werden. Von
den Erfindern wird als ein wesentlicher Vortheil ihrer Webgeschirre der Umstand
geltend gemacht, daß es hier möglich ist, die Zahl der Kettenfäden auf dieselbe
Geschirrbreite zu vermehren, was bei den gestrickten Geschirren nicht angeht.
Die seither mit solchen Geschirren angestellten Versuche haben ergeben, daß sich
dieselben hauptsächlich für gröbere Garne eignen. (Württembergisches Gewerbeblatt,
1867, Nr. 52.)
Neues Walzwerk für Metalle.
Das Hrn. Lauth in Birmingham patentirte neue Walzwerk,
welches manche Vorzüge vor dem bisher zum Auswalzen von Metallen üblichen System zu
besitzen scheint, ist von der Darlaston Stahl- und
Eisenhüttengesellschaft (in Südstaffordshire) vor Kurzem in die Praxis
eingeführt worden. Zwischen den beiden allgemein angewendeten gewöhnlichen Walzen
liegen andere schwächere Walzen und die heiße Metallplatte passirt zwischen den
Walzen hindurch und auch wieder zurück, ohne daß sie übergehoben zu worden braucht,
wodurch dem Arbeiter große Anstrengung erspart und gleichzeitig die Arbeit gefördert
wird. Die Wirkung der neuen Maschinerie ist eine so rasche, daß zwei tüchtige Walzer
an einem Tage dreimal so viel fertig machen können, als bisher möglich war. Ein
fernerer bedeutenderer Vortheil liegt darin, daß bei der Arbeit weit weniger Reibung
entsteht, als bei der Zweiwalzenmaschine, indem die Walzen des neuen Walzwerkes als
„Selbstpolirer“ wirken, so daß die Nothwendigkeit wegfällt,
die Walzen allwöchentlich abdrehen zu müssen.
In der Patentbeschreibung wird hervorgehoben, daß die ausgewalzten Platten oder
Flachstäbe eine auffallend gleichförmige Oberfläche zeigen, was mittelst der
gewöhnlichen Walzwerke nicht zu erreichen ist. So lange die Walzen in Thätigkeit
sind, fließt aus einem vielfach durchlöcherten Rohre Wasser über die Walzen in ihrer
ganzen Länge, wodurch dieselben immer kalt erhalten werden.
Die Darlaston-Stahl- und Eisenhüttengesellschaft ist mit den Leistungen
dieses Walzwerkes so zufrieden, daß sie bei dem Patentträger noch zwei andere
Garnituren zum Walzen von Reifeisen bestellt hat. Die jetzt auf den Werken im
Betriebe stehende Maschine ist eine vierzehnzöllige und liefert Flachstäbe oder
Platten von 38 Zoll Breite und etwa 9 Fuß Länge. Das System, für England neu, ist
dagegen in den Vereinigten Staaten schon mehrfach ausgeführt worden.
Während des Aufenthaltes des Patentträgers in England haben die HHrn. Vernon das Recht zum Walzen von Kupfer und Messing nach
diesem Systeme für mehrere tausend Pfund erstanden, und die HHrn. Singerkwimick von den Sheffield Stahlwerken in Pittsburgh
erstanden das Recht zur Anwendung des neuen Walzwerkes zum Bearbeiten von Stahl
gleichfalls zu einem hohen Preise. Die HHrn. Glydon und
Shorthouse von Spring-Hill, Birmingham, wenden
die Erfindung für Kupfer und Messing an, und Hr. Hatton
benutzt sie zum Kaltwalzen von Zinnblech. (Civil Engineer and
Architect's Journal, September 1867, S. 272.)
Die Festigkeit neuer englischer Stahlsorten, nach W. Fairbairn.
Nach neueren Versuchen von W. Fairbairn (Engineer, September 1867, S. 236) beträgt der
durchschnittliche Elasticitätsmodul von 52 englischen Stahlsorten 31000000 Pfd.
engl., ist also um 1/30 größer als der von Schmiedeeisen. – Der Tragmodul
ergibt sich im Durchschnitt aus 25 Versuchen zu 15300 Pfd. per Quadratzoll, im Durchschnitt aus anderen 25 Versuchen zu 11715, im
großen Durchschnitt also zu 13500 Pfd., folglich 3 1/2mal so groß wie der Tragmodul
für Schmiedeeisen. – Der Festigkeitsmodul des Stahles gegen das Zerdrücken
ist durchschnittlich 2,1 mal so groß wie der gegen das Zerreißen.
Flack's Verfahren zur Entsilberung
des Werkbleies durch Zink.
Das im polytechn. Journal Bd. CLXXXVI S. 474
(zweites Decemberheft 1867) mitgetheilte, in England für W. G. Blagden patentirte Verfahren zur Entsilberung des Werkbleies durch Zink
mit Hülfe der Elektricität, ist nach der „berg- und
hüttenmännischen Zeitung“ die Erfindung von Francisco Marquez Millan.
In derselben Zeitschrift wird ein zweites Verfahren zur Entsilberung des Werkbleies
durch Zink, erfunden von Clemens F. Flack, mitgetheilt,
welches in anderer Weise verläuft und das Verdienst hat, keinen weiteren Apparat,
als einen kleinen Schachtofen außer dem Bleischmelzkessel zu bedürfen. Die
wesentlichsten Bedingungen der Entsilberung durch die geringste Menge Zink liegen
auch hierbei in der genauesten Innehaltung der Temperatur des geschmolzenen Bleies
concentrirt; außerdem muß auch hier das Zink nur in einzelnen Portionen
zwei-, auch dreimal zugesetzt werden. Das Blei wird in einem Kessel
geschmolzen, der an dem Boden ein Ablaßrohr mit Hahn besitzt und auf
6–700° C. geheizt ist. Das Zink, 3/4 bis 1 Procent der Charge, wird
zugesetzt und das Ganze umgerührt; nach 3 Stunden wird abgekühlt und das auf der
Oberfläche des Metallbades gesammelte silber- und bleihaltige Zink sorgfältig
abgezogen. Diese Operation wird 2–3mal wiederholt, stets mit geringen Mengen
Zink. Der Zinkaufwand beläuft sich für alle 3 Operationen bei einem
Silbergehalte
von 1000 Grammen
per Tonne
Blei auf
1 1/12 Proc. Zink
„
1500 „
„
„
„ „
1
1/4 „
„
„
3000 „
„
„
„ „
1
1/2 „
„
„
5000 „
„
„
„ „
1
7/8 „
„
„
9000 „
„
„
„ „
2 „
„
Das zurückgebliebene Blei hat dann immer circa 5 Grm.
Silber in der Tonne Blei; bei sorgfältigem Abzug des silberhaltigen Zinks bleibt
noch weniger. Das letztere wird durch Aussaigern in einem Gefäß auf 3–8 Proc.
Silbergehalt gebracht. Das entsilberte Blei wird in einem Schachtofen mit einer
kieselreichen Schlack von 33 Proc. Säuregehalt niedergeschmolzen. Als Zuschlag kann
man verschiedene Materialien gebrauchen: Eisenschlacken, künstliche oder natürliche
Mergel, Kalkstein oder Thoneisenstein u. dgl. Dieselben müssen allerdings durch
Sand- oder Kalkzusätze auf den richtigen Säuregrad gebracht werden, der
nothwendig ist, um das Zink in die Schlacke zu führen. Um möglichst wenig
Bleiverlust zu haben, ist es wesentlich, die Pressung der Luft 6,4 Zoll Wassersäule
nicht übersteigen zu lassen. Das niedergeschmolzene Blei wird noch in einem
besonderen Kessel mittelst Rührens mit grünem Holz gereinigt, worauf sich die
leisesten Spuren von Zink und Eisen entfernen. Das so erhaltene Blei ist frei von
fremden Metallen, z.B. Kupfer, Eisen, Zink, Antimon oder Wismuth. Nur bei höherem
Antimongehalt des Werkbleies bleibt noch eine geringe Spur von Antimon im
entsilberten Blei zurück. In diesem Falle muß das bereits gereinigte Blei in einem
Calcinirofen zur Rothgluth erhitzt, oder mit einem Zusatz gewöhnlichen Kochsalzes
geschmolzen werden. Ist der Antimongehalt sehr bedeutend, so schmelzt man das von
der Entsilberung kommende Blei sofort im Calcinirofen und entfernt gleichzeitig das
Zink vermittelst Rühren mit grünem Holz – auch Dampfstrahlen lassen sich
hierbei anstatt des Holzes anwenden – oder mit Chlorblei. Das silberreiche
Zink soll ebenfalls in einem kleinen Schachtofen niedergeschmolzen werden, unter
Bildung einer Schlacke von 30 Proc. Kieselerde. Beim Niederschmelzen soll kein Silberverlust statthaben und man kann die
Windpressung hierbei auf 18 Centim. Wassersäule steigern. Das erhaltene zinkfreie
Reichblei kann zum Treiben kommen und das Zinkoxyd in einem Wassercondensator
aufgefangen werden. Diese Schachtofenarbeit ist der Trennung mittelst Säuren oder
durch trockene Destillation vorzuziehen.
Ueber die Anwendung des Zinkoxychlorids als Kitt für
Laboratorien; von Dr. Bernhard Tollens.
Bekanntlich hat Sorel die aus Zinkoxyd und Chlorzink
entstehende feste Masse empfohlen, jedoch mehr zum Abformen kleiner Gegenstände als
zum Zweck der Verdichtung. Auch als Zahnkitt ist sie bekanntlich gebraucht
worden.
Dieser Kitt ist ein sehr empfehlenswerthes Mittel für Laboratorien, er bewirkt einen
augenblicklichen vollständig gasdichten Verschluß bei sehr großer Dauer, eine
Waschflasche für Chlor ist z.B. ohne jegliche Reparatur ein Vierteljahr in Gebrauch
gewesen. Um dieß zu erreichen, muß man seine Bereitung und Auftragung jedoch mit
einiger Sorgfalt vornehmen.
Käufliches Zinkweiß wird mit seinem halben Volumen oder dem gleichen Gewicht feinen
Sandes vermischt, in einem Mörser mit gewöhnlicher Chlorzinklauge von 1,26 spec.
Gewicht zu einem gleichmäßigen Brei angerieben und möglichst rasch aufgetragen; man
wird das Gewicht des Zinkoxydes an flüssiger Lauge oder wenig mehr gebrauchen. Nimmt
man die Lauge von der angegebenen Stärke, so hat man bei genügender Härte die Zeit,
ihn auf die Gefäße zu bringen; bei größerer Concentration geht die Erhärtung zu
rasch, bei geringerer nicht genügend vor sich.
Man drückt den Kork etwas in den Hals der Apparate ein, so daß ein 2 bis 3 Linien
hoher Hohlraum um die Glasröhren entsteht, den man nach Befeuchtung mit der
Chlorzinklauge genau mit Kitt ausfüllt, und diesen etwas um die Röhren erhöht. In
Folge der raschen Erhärtung des Zinkoxychlorids kann man die Apparate wenige Minuten
darauf gebrauchen. Man hat bei der Entwickelung von Chlor fast gar nicht mehr von
diesem Gase zu leiden, so daß z.B. ein Wechsel der Arbeiter, wie er früher
erforderlich war, nicht mehr nöthig ist. Auch zu vielen anderen Arbeiten, so zum
Einkitten von Glasröhren in Hülsen, zum Verschluß von Nissen an Blechapparaten
u.s.w. läßt sich diese Masse verwenden. Der Kostenpunkt der Masse stellt sich
günstig, mit 1 1/2 Loth Zinkweiß und ebenso viel Sand und Lauge kann man eine
ziemlich große Waschflasche verdichten. (Zeitschrift für Chemie, Jahrgang X, S.
594.)
Die Anwendung des Wasserglases bei Bauten; von Moritz Ritter
v. Löhr, k. k. Ministerialrath.
Die letzthin vorgenommene Restaurirung der Carlskirche in Wien gab Gelegenheit zur
Anwendung des Wasserglases in ausgedehnterem Maaße. Diese schöne Kirche war schon
seit Jahren schadhaft geworden, indem die, aus einer sehr verwitterbaren
Steingattung, dem Eggendorfer Steine, bestehenden Theile, unter denen sich die
herrlichen Basreliefs auf den beiden Prachtsäulen, dann sämmtliche Statuen,
ornamentale Sculpturen und Gesimse befinden, dem baldigen Verfalle entgegen giengen.
Eine im Jahre 1834 unternommene Reparatur blieb ganz erfolglos, weil man, wie
vorgefundene Spuren zeigten, die Steinbestandtheile damals bloß mit einer dünnen
Kalktünche überzogen hatte, welche den Witterungseinflüssen nicht lange widerstand.
Die Gebrechen erreichten nach und nach eine solche Ausdehnung, daß die schleunigste
Abhülfe geboten war. Man erkannte es als unerläßlich, für einen Schutz der
Oberfläche der verwitterbaren Steinbestandtheile zu sorgen, womit auch die
Anbringung eines gleichfarbigen Ueberzuges verbunden werden mußte, weit die sehr
verschiedene Farbe der neu eingesetzten Stücke in den Basreliefs und Statuen den
Effect derselben sehr beirrt haben würde. Mit dem Antrage des Baudepartements, die
Steintheile mit Leinölfarbe zu überziehen, konnte ich mich jedoch bei Begutachtung
dieser Angelegenheit nicht einigen. Ein pastöser Anstrich mit Oelfarbe hätte nicht
allein die kunstvollen Basreliefs verschmiert und dem Steine seinen Charakter
geraubt, sondern auch keine lange Dauer besessen. Zudem mußte bei der großen
Ausdehnung der anzustreichenden Flächen der Preis von 3 fl. 40 kr. per Quadratklafter sehr in Erwägung gezogen werden. Ich
trug daher, gestützt auf die in Deutschland, Frankreich und England bei Restaurirung
von Monumentalgebäuden vorliegenden guten Erfolge, darauf an, daß die
Steinbestandtheile mit Wasserglaslösung von der Farbe des zu den Auswechslungen
verwendeten Margarethasteines überzogen werden sollen. Hierbei wurde die
ausschließliche Verwendung von Kali-Wasserglas bedungen, weil nach gemachten
Wahrnehmungen das wohlfeilere Natronpräparat salpeterartigen Ausschwitzungen weit
mehr als ersteres unterworfen ist. Das Wasserglas wurde aus der Fabrik der Herren
Kailan und Gummi in
Nußdorf bei Wien bezogen, und es waren bereits im vorigen Jahre mit demselben
Probeanstriche auf der Carlskirche gemacht worden, die sich durch den Winter
vollständig bewährt haben. Diese Wasserglaslösung wurde mit einer, dem
Margarethasteine möglichst ähnlichen Wasserglasfarbe versetzt aufgetragen und durch zweimaligen
Anstrich ein Ueberzug erlangt, der bei bedeutender Härte fast durchsichtig ist und
die feinsten Details der Sculpturen nebst dem Steincharakter unbeirrt läßt. Dieser
Anstrich kostete beiläufig 1/4 des Oelanstriches. Da außerdem die verputzten Flächen
des Ziegelmauerwerkes an den Außenseiten der Kirche sehr gelitten hatten, so wurden
auch diese statt der gewöhnlichen Färbung mit bestem Erfolge und unbedeutenden
Mehrkosten mit gleicher Wasserglaslösung überdeckt. Man kann diesen Ueberzug mit
stählernen Werkzeugen nur mit einiger Anstrengung ritzen, so daß das Silicat die
Mauerfläche ohne Zweifel besser schützt, als ordinäre Erdfarbe.
Unter den größeren Restaurirungen älterer Bauwerke, woselbst Wasserglas mit bestem
Erfolge angewendet wurde, sind in Frankreich jene zu Versailles, Fontainebleau, bei
dem Dom zu Chartres, dem Rathhause zu Lyon, dem Louvre, der Kirche Notre Dame in Paris hervorzuheben, und es haben sich die
dortigen ersten Architekten, vor Allen Violet le Duc,
hierfür entschieden ausgesprochen. In England ist dieser Stoff bei vielen älteren
Schlössern und Kirchen angewendet worden.
Namentlich ist in Frankreich die Nachfrage nach diesem Artikel bedeutend. Die an
mehreren Orten angelegten Fabriken des Professors Kuhlmann, der sich besonders hiermit beschäftigt, haben allein einen
jährlichen Umsatz von über 3 Millionen Francs. (Verhandlungen und Mittheilungen des
nieder-österreichischen Gewerbevereins, 1867, Nr. 28.)
Verfahren zum Braunfärben von Holz.
Das noch vielfach angewendete Verfahren, Holzgegenstände, um sie braun zu färben, mit
Umbra (Casseler Erde, Cölnischer Erde) in Lauge oder Soda zu behandeln, entspricht
nicht den Bedingungen einer dauerhaften Färberei, weil der Farbstoff nur
oberflächlich haftet und erst durch einen weiteren Ueberzug, wozu man gewöhnlich
eine Lösung von Wachs in Terpenthinöl oder Benzin, oder eine Emulsion von Wachs in
Soda benutzt, einigermaßen haltbar gemacht werden muß. Sieht man sich nach
zweckmäßigeren Methoden des Braunfärbens um, welche theils in der Zeugfärberei,
theils anderwärts angewendet werden, so findet man verschiedene Wege angezeigt.
Hierhin gehören z.B. a. directes
Färben 1) mit einer Abkochung von Nußschalen für sich oder unter weiteren
Zusätzen, 2) mit einer concentrirten Auflösung von übermangansaurem Kali, 3) mit
saurem chromsaurem Kali zur Erhöhung der Farbe des Nußbaumholzes, – b. indirectes Färben 1) mit
einer Lösung von Manganoxydulsalz und nachfolgende Behandlung mit Lauge, 2) mit
Kupfervitriollösung und sodann gelbem Blutlaugensalz u.s.w.
Vor Allem ist aber, wie Dr. Stölzel im Nürnberger Gewerbeverein mittheilte, folgendes Verfahren zu
empfehlen: Das Holz wird zunächst in eine Catechulösung eingetaucht, welche in der
Art bereitet wurde, daß man 1 Th. Catechu mit etwa 20 bis 30 Gewichtstheilen Wasser,
unter Zusatz von etwas Soda, aufkochte. Hierauf läßt man dasselbe an der Luft
trocknen, damit die Flüssigkeit in die Holzfasern eindringen kann, und taucht
endlich den Gegenstand in eine verdünnte Lösung von saurem chromsaurem Kali (auf 1
Th. des Salzes etwa 30 Th. Wasser oder nach Umständen mehr). Nach kurzer Zeit tritt
die gewünschte Farbe hervor und zwar, je nach der Concentration der angewandten
Flüssigkeiten, in hellerer oder dunklerer Nüance. Selbstverständlich kann der braune
Farbenton in verschiedener Weise modificirt werden, wenn man denselben durch
anderweitig daneben angewandte Farben etwa in das Gelbe, Rothe u.s.w.
hinüberzieht.
Ueber Verwendung der zur Ernährung einer ganzen Bevölkerung
erforderlichen Mittel.
Im Angesicht der Bedrängniß der bedürftigen Bewohner Ostpreußens ist es viel leicht
nicht ohne Nutzen die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß das
Korn durch seine Verwandlung in Mehl an seinem Nährwerth verliert, das
Roggenkorn 10 Procent, das Weizenkorn 15 Procent.
Ein Getreidekorn ist ähnlich dem Ei gestaltet; so wie in diesem der fettreiche
eiweißarme Dotter umgeben ist von einer Schicht Eiweiß, so ist in dem Getreidekorn
der stärkmehlreiche
Kern eingehüllt in eine Schicht eines eiweißreichen Körpers, der beim Mahlen zum
Theil in die Kleie übergeht; für die Blutbildung ist dieser am wichtigsten.
Durch Umgehung der Gährung in der Brodbereitung können ferner 2 bis 3 Proc. Brod mehr gewonnen werden.
Wenn es sich um die Ernährung einer ganzen Bevölkerung handelt, so ist von der
richtigen Verwendung der zu ihrer Erhaltung erforderlichen Mittel das Leben von
Tausenden abhängig, und die Beachtung wissenschaftlicher Grundsätze wohl an ihrem
Platze. Mit Brod aus Getreideschrot können auf je 1000 Individuen einhundert und zwanzig mehr vor dem Hunger und seinen
Folgen geschützt werden, als mit Brod aus Mehl, von welchem die Kleie
abgesondert ist, bei gleichem Kornverbrauch. Das ohne
Gährung bereitete Kleienbrod (aus 2 Th. Roggen- und 1 Thl.
Weizenschrot) ist in meinem Hause täglich in Gebrauch, und wird von mir und meinen
Angehörigen und Gästen mit Vorliebe gegessen. Wer es nicht kennt, der weiß nicht
welcher Wohlgeschmack im Brod und wie leicht verdaulich das Kleienbrod ist; von dem
groben Aussehen weiß der Magen nichts, und seine unschätzbare Wirkung auf Personen
mit träger Verdauung ist den Aerzten wohl bekannt.
In Beziehung auf den größeren Nährwerth des Kleienbrodes, der sich wissenschaftlich
leicht erklären läßt, dürfte die Thatsache genügen, daß im Krimmkriege die
russischen Gefangenen, die daran gewöhnt waren, mit der Soldatenration von dem so
gerühmten französischen Weizenbrod nicht auskamen, es mußte ihnen ein Supplement
bewilligt werden.
Die Mittel um Brod ohne Gährung zu bereiten, sind bekannt und in England, namentlich
auf Schiffen, sowie in Nordamerika allgemein im Gebrauche. Ein Pfund
doppelt-kohlensaures Natron (welches 8–8 1/2 kr. kostet), sowie ein
Aequivalent Säure zu dessen Sättigung (arsenikfreie Salzsäure oder auch Weinstein)
genügt für 100 Pfd. Mehl = 145 Pfd. Brod.
Als ein Ersatzmittel des Fleisches ist seit langem schon der Weizenkleber
vorgeschlagen, der als Nebenproduct in der Fabrication des Stärkmehls abfällt, und
bis jetzt keine Verwerthung gefunden hat. Ein Versuch zu seiner Anwendung wäre nicht
bloß für die Gegenwart von hoher Wichtigkeit.
Mit seinem gleichen Gewichte Mehl gemischt, kann der Weizenkleber, nach der
Vorschrift von Véron,Payen: über die Fabrication gekörnten Klebers
durch die Gebrüder Véron, im polytechn.
Journal, 1845, Bd. XCVI S. 118. leicht bearbeitet und gekörnt werden, und gibt in dieser Form, mit etwas
Fett, Reis, Kartoffeln, grünem Gemüse etc., die in Fleischbrühe weich gekocht, eine
wohlschmeckende, sehr nahrhafte Suppe.
München, 5. Januar 1868.
Justus v. Liebig.
(Allgemeine Zeitung vom 6. Januar 1868.)
Ueber die Anwendung chemischer Mittel in der
Brodbereitung.
In Beziehung auf den vorstehenden Artikel hat man mir bemerkt, daß ich mich in meinen
„Chemischen Briefen“ mit Entschiedenheit gegen die
Anwendung chemischer Mittel in der Zubereitung der Nahrungsmittel ausgesprochen
habe, während ich sie neuerdings empfehle.
Es ist mir seiner von mehreren Seiten der Wunsch ausgesprochen worden, daß ich die
genaue Vorschrift zur Bereitung des Kleienbrodes, wie es in meinem Hause dargestellt
werde, bekannt geben möchte, um ohne weitere Beihülfe Gebrauch davon machen zu
können.
Was den Vorwurf des Widerspruches mit mir selbst betrifft, so bezieht sich das in
meinen chemischen Briefen Gesagte nicht auf die Zubereitung des Kleienbrodes; er
läßt sich leicht erledigen.
Ich habe mich nämlich seit mehreren Monaten mit einer eingehenden Untersuchung der
Veränderungen beschäftigt, welche die Nahrungsmittel der Menschen in ihrem
Ernährungswerthe durch die Zubereitung in der Küche erleiden, unter Anderem auch mit
der Brodbereitung, und gefunden, daß sich Kleienbrod, bekannter unter dem Namen
„Pumpernickel“, von gleichförmiger Beschaffenheit und
constantem Nährwerthe durch Gährung nicht darstellen läßt.
Das Kleienbrod wird, in den Gegenden wo es üblich ist, ohne Anwendung eines Ferments
(Sauerteig) dargestellt, und seine Bereitung beruht auf der Erfahrung, daß ein Teig
von Roggenschrot von selbst in Gährung übergeht.
Diese Gährung hat aber einen ganz anderen Verlauf als die gewöhnliche Brodgährung,
offenbar in Folge der Mitwirkung der Kleie; sie stellt sich gewöhnlich in 18
Stunden, aber sehr oft erst nach 24 Stunden ein, und es wird nicht nur ein Theil des
Stärkmehls, sondern auch des Klebers in Zersetzung übergeführt; die Zersetzung des
Klebers erkennt man leicht an dem Geruch nach Buttersäure, den der Teig annimmt,
eine starke Säurebildung ist hierbei nur ausnahmsweise vermeidbar.
Ein sehr intelligenter Bäcker in Westphalen schrieb mir hierüber Folgendes:
„Auf praktischem Wege ist der Begriff von Pumpernickel nicht
festzustellen; von Münster oder Osnabrück, den Mittelpunkten des
Pumpernickellandes, bis Bonn, findet man Roggenbrod mit den Kleien gebacken in
den mannichfaltigsten Abstufungen aller äußeren Merkmale der Farbe, des
Geschmackes etc. als Folgen der verschiedenen Behandlung im Backen, so daß es
unmöglich ist zu sagen: hier fangt der Pumpernickel an, oder hier hört er auf.
Dieser Unterschied bezieht sich, bei gleichem Material, auf die Zeit und
Temperatur bei der Säuerung und auf die Backzeit; letztere variirt zwischen 2
1/2 bis 24 Stunden, bei Broden von gleichem Gewicht und gleichem Material. Nicht
nur das: in jeder Gegend hat jeder Bäcker und jeder Bauer ein anderes Brod, ja
keiner ist im Stande zweimal nacheinander dasselbe zu backen.“
Diese Erfahrungen eines durchaus praktischen Mannes stimmen mit den meinigen
vollkommen überein, daß sich nämlich auf dem gewöhnlichen Wege durch Gährung kein
Kleienbrod von constanter Beschaffenheit und ohne Brodverlust bereiten läßt.
Eine weitere Anzahl von Thatsachen aus dem letzten preußisch-österreichischen
Kriege, die zu meiner Kenntniß kamen, haben ferner die Ueberzeugung in mir erweckt,
daß für eine Armee im Feld und auf dem Marsch eine Methode der Brodbereitung, welche
unabhängig von dem Gährungsprocesse ist, und die ein Brod liefert, welches nicht
oder sehr viel weniger dem Schimmel unterworfen ist als das gewöhnliche Brod, als
eine große Wohlthat sich bewähren würde, und das genauere Studium der Brodbereitung
hat die Ansicht in mir festgestellt, daß ein solches Brod sich
nur durch die Anwendung chemischer Mittel erzielen läßt, und daß diese,
richtig gewählt, ein Brod liefern von höherem Nährwerth als das gewöhnliche Brod,
und von einer Beschaffenheit, welche nichts zu wünschen übrig läßt. Ich werde diese
Untersuchung in Kurzem veröffentlichen.
Die Vorschrift, nach welcher in meinem Hause das Kleienbrod bereitet wird, ist
folgende:
1 Zollpfund Getreideschrot
2 Roggenschrot,1 Weizenschrot,
5 Gramme
doppelt-kohlensaures Natron,
20 Kubikcentimeter Salzsäure,
10 Gramme Kochsalz,
345 Kubikcentimeter Wasser.
(1 Zollpfund = 500 Gramme; 1 Maaß bayr. = 1069 Kubikcentimeter; 1 Quart preuß. = 1145
Kubikcentimeter.)
Die Salzsäure soll ein specifisches Gewicht, mit dem Aräometer bei 15°
gemessen, von 1,063 haben, und wird erhalten durch Vermischung der käuflichen
arsenfreien Salzsäure von 1,125 spec. Gewicht bei 15° Temperatur mit ihrem
gleichen Volumen Brunnenwasser.
Die Salzsäure wird dem Wasser, das doppelt-kohlensaure Natron und Kochsalz
werden dem Getreideschrot (dem Mehl) zugesetzt.
Man beginnt damit, indem man das Mehl mit dem doppelt-kohlensauren Natron und
Kochsalz sorgfältig und anhaltend mengt. Von diesem Gemenge wird etwa der fünfte
Theil herausgenommen und vorläufig bei Seite gestellt.
Mit den anderen 4/5 Mehl mischt man jetzt die ganze Menge Wasser (mit der Salzsäure)
und verarbeitet es zum Teige; wenn der Teig ganz gleichförmig ist, setzt man das
zurückgehaltene Fünftel Mehl zu, formt nach vollständiger Durchknetung die Laibe,
und schickt sie zum Bäcker. Justus v. Liebig. (Beilage
zur Allgem. Zeitung vom 11. Januar 1868.)