Titel: | Zusätze zu den früheren Bemerkungen über den Baker'schen Anti-Incrustator für Dampfkessel. |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. CIII., S. 447 |
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CIII.
Zusätze zu den früheren Bemerkungen über den Baker'schen Anti-Incrustator für
Dampfkessel.
Ueber den Baker'schen Anti-Incrustator für
Dampfkessel.
Bei unseren bisherigen Betrachtungen über den sogen. Anti-Incrustator von R.
B. Baker haben wir jene Vorrichtung zu Grunde gelegt,
Welche seiner Zeit von Sommer näher beschrieben worden,
der aber das Detail der Construction nicht beigegeben war. Nachdem nunmehr eine
umfassende Beschreibung hierüber im vorhergehenden Heft (erstes Märzheft) dieses
Journals S. 369 bekannt geworden ist, welche nicht bloß die gegenwärtige Anordnung
der Baker'schen Vorrichtung, sondern selbst die einzelnen
Phasen ihrer Veränderungen angibt, welche sie bis jetzt erlitten hat, so ist für uns
die in Rede stehende Angelegenheit zu einem solchen Grade gediehen, um dieselbe
ihrem Abschlusse entgegenführen zu können.
Unsere früheren Erörterungen über diesen Gegenstand (polytechn. Journal Bd. CLXXXVI S. 273, zweites Novemberheft
1867, dann Bd. CLXXXVII S. 273, zweites Februarheft 1868) haben gezeigt, daß eine
Veranlassung zu elektrischen oder elektrolytischen Wirkungen innerhalb eines im
Betriebe stehenden Dampfkessels, der mit der Baker'schen
Vorrichtung versehen ist, nicht gefunden werden kann, und haben überhaupt dargethan,
daß die Wirksamkeit jener Vorrichtung gegen das Ansetzen von Kesselstein in Frage
gestellt werden müsse. Die nunmehr vorliegenden Constructionen lassen erkennen, daß
der von dem Messingkörper des kupfernen Sternes ausgehende starke Kupferdraht mit
dem Kesselbleche an der entgegengesetzten Wand in leitender Verbindung steht, daß
also ein zur Isolirung dienender Porzellanring – wie dieß früher von Sommer angegeben wurde – dabei nicht vorkommt,
sondern vielmehr lediglich der Kupferstern im isolirten Zustande erhalten werden
will. Da wir aber schon von vornherein jene vermeintliche Isolirung des
Kupferdrahtes nicht anerkennen konnten (s. a. a. O.) und selbst jene des Sternes
nicht als ausreichend annehmen können, so haben wir keinen Grund, die von uns
ausgesprochenen Ansichten irgendwie zu modificiren, sondern halten dieselben ihrer
ganzen Ausdehnung nach vorläufig aufrecht; bei unseren nachfolgenden Betrachtungen
werden wir jedoch auch auf den Umstand nunmehr Rücksicht nehmen, daß jener
Kupferdraht mit der Kesselwand leitend in Berührung gebracht ist.
Zur Erledigung der vorliegenden Angelegenheit dürfte sich jetzt die Beantwortung der
folgenden Fragen darbieten: 1) Kann die Baker'sche Vorrichtung als eine
eigentliche und neue Erfindung angesehen werden? – 2) Zeigt ein im Betriebe
stehender Dampfkessel, der mit jener Vorrichtung versehen ist, die Anwesenheit
freier Elektricität oder die Existenz elektrischer Ströme? – 3) Ist man
berechtigt, der Baker'schen Vorrichtung eine Wirksamkeit
gegen die Bildung von Kesselstein oder für die Decrustation von Dampfkesseln
zuzuschreiben? – In so weit, als es die Umstände gestatten, wollen wir nun
diese Fragen zu erörtern suchen, bemerken jedoch, daß wir recht gerne unsere
Behauptungen modificiren werden, wenn hierfür durch exacte
Untersuchungen sich andere Resultate ergeben sollten.
1. Was die erste jener Fragen betrifft, so ist hinreichend bekannt, daß man seit mehr
als einem halben Jahrhundert den Volta'schen Fundamentalversuch für die
verschiedensten Zwecke auszunutzen versucht hat, und es kann daher nicht befremden,
daß dasselbe Mittel auch zur Verhütung des Ansehens von Kesselstein vorgeschlagen
wurde. Vorschläge dieser Art aber sind nicht neu, und es scheint, daß dieselben auch
seiner Zeit berücksichtigt worden sind. Eine uns vorliegende gediegene Quelle der
neueren Zeit führt einen derartigen Vorschlag von Barington anVan den Corput: die wirksamsten Mittel zur
Verhinderung der Kesselstein-Bildung etc. Deutsch von W. Heller, Prag 1857, S. 16., nach welchem man „im Inneren des Dampfkessels über dem
Wasserniveau eine Zinkplatte von etwa 1/15 der Heizfläche anlöthen solle, um
durch die Berührung des Eisens mit dem Zinke eine galvanische Strömung zu
bewirken,“ legt aber mit Recht dieser Anordnung eine Bedeutung nicht
bei. Betrachtet man die Baker'sche Vorrichtung näher, so
findet man, daß dieselbe von dem eben genannten Mittel sich bloß dadurch
unterscheidet, daß das voluminöse Zinkblech durch einen in einen metallenen Stern
ausgehenden Kupferdraht ersetzt ist. Ob dabei der angebliche Erfinder bei seiner
Construction der Dampfelektricität eine Rolle zuschreiben wollte, müssen wir
bezweifeln, denn in seiner ursprünglichen Anordnung war der Stern aus sieben kleinen
Magneten von Stahldraht gebildet, dem vermutlich der Erfinder eine sympathetische
Wirkung anweisen wollte. Baker scheint übrigens seinen
Zweck auch unter Hinweglassung der magnetischen Spitzen erreicht zu haben, nachdem
ihm erst die Erfahrung gezeigt hat, daß der Stern seiner magnetischen Maske im
Dampfraume des Kessels beraubt werde und dadurch eine der räthselhaften Kräfte des
Anti-Incrustators zum Verluste kam. Daß unter solchen Umständen die
Elektricität allein die angebliche Rolle übernehmen mußte, war wohl zu erwarten.
– Nachdem wir also erkennen, daß die
Baker'sche Vorrichtung jenen Vorschlägen ihren Ursprung
verdankt, wie sie vielfach für andere Zwecke schon benutzt worden sind, so können
wir dieselbe in keinem Falle als eine eigentliche Erfindung ansehen.
2. Da wir einen Theil der zweiten Frage schon in ausreichender Weise bei der letzten
Gelegenheit berührt haben, so wollen wir uns bloß auf jene Vorgänge beschränken,
welche die Baker'sche Vorrichtung in der nunmehr
bekannten Anordnung zeigen sollte, wenn sie zur Entstehung von elektrischen
Wirkungen Veranlassung geben könnte. Zu dem Ende erscheint es uns als nothwendig,
einige Versuche aufzuführen, obgleich dieselben an und für sich nichts Neues
darbieten. Löthet man am Boden eines Gefäßes aus Eisenblech (etwa einer
Abdampfschale) ein Kupferblech an, das in einen Draht ausgeht, biegt den letzteren
an seinem oberen Ende um und versieht ihn hier mit einer Menge von Spitzen aus sehr
feinem Kupfer- oder Neusilberdraht, so daß diese Spitzen etwa 1 Zoll über der
Wasserfläche sich befinden, wenn das Gefäß mit Wasser angefüllt wird; bringt man
ferner eine Stelle des Randes jenes Gefäßes in metallischer Verbindung mit einer
sogen. Volta'schen Klemme, so hat man den einfachen Apparat für den Versuch
vorbereitet, wenn man nur noch denselben auf eine thönerne Unterlage versetzt, um
ihn etwa zu isoliren. Schaltet man jetzt in den Apparat ein empfindliches
Galvanometer (mit etwa 250 Windungen) ein, dessen astatische Nadel mittelst eines
einfachen Coconfadens suspendirt ist, so wird man, wenn im Schließungsbogen eine
elektromotorische Kraft von geringer Stärke zur Thätigkeit kommt, dieselbe immer
noch zur Wahrnehmung bringen können. Um die Temperatur der Stelle, wo das
Spitzensystem mit dem Ende des Galvanometerdrahtes in Verbindung gesetzt wurde,
angeben zu können, versetze man jene Verbindungsstelle in ein kleines Näpfchen, das
mit Wasser angefüllt wird. Füllt man nun das Gefäß mit Wasser an, so kann man, wenn
die Temperatur des letzteren von der des Näpfchens gar nicht oder nur wenig
verschieden ist, mittelst eines solchen Galvanometers nicht die geringste Aenderung
im Stande der Galvanometernadel wahrnehmen. Bringt man jetzt unter das Gefäß eine
Flamme von ergiebiger Ausdehnung und Stärke, so zeigt sogleich die Galvanometernadel
eine Bewegung an; die Ablenkung der letzteren nimmt jetzt immer mehr zu, und endlich
stellt sich die Nadel senkrecht zur Stromrichtung. Die während des Versuches
abgelesenen Thermometer, von denen die Kugel des einen unter der Wasseroberfläche
der Schale sich befindet, jene des anderen in das Näpfchen taucht, zeigen, daß das
Maximum der Ablenkung der Nadel so lange andauert, bis die Temperaturdifferenz der
beiden Elektroden ihren größten Werth erreicht hat. Von jetzt an nimmt auch die
Temperatur der oberen Elektrode zu, die unmittelbar mit dem aus dem Wasser
emporsteigenden Dampfe in Berührung steht (und mit diesem in Berührung erhalten
wird), und nimmt, wenn das Wasser einige Zeit siedet, einen fast unveränderlichen
Stand an; gleichzeitig geht aber auch die Galvanometernadel gegen ihre Ruhelage
zurück, und zeigt schließlich nur noch eine geringe Ablenkung, in welcher sie
verbleibt, so lange die Temperaturdifferenz beider Elektroden sich nicht merklich
ändert. Versetzt man hingegen jetzt die obere Elektrode nach einer Stelle des
Kupferdrahtes, die nur um einige Linien vom Wasserniveau entfernt ist, so kehrt die
Nadel in ihre Ruhelage zurück und die Stromeswirkung hört auf. Der eben beschriebene
Versuch bietet nichts Neues dar; ändert man denselben auch irgendwie ab, ohne daß
die Anordnung eine Aenderung erleidet, so findet man eben, daß der hierbei
auftretende Strom ein thermo-elektrischer ist, dessen Richtung auch vorher
bestimmt werden kann. Obgleich nun bei diesem Versuche die Spannkraft des
Wasserdampfes bloß gleich dem atmosphärischen Drucke ist, und überhaupt die ganze
Anordnung des Siedegefäßes etc. von der eines Dampfkessels sich wesentlich
unterscheidet, so haben wir doch nicht den geringsten Zweifel, daß die im Engineering vom 30. August 1867 (vergl. polytechn.
Journal, erstes Märzheft 1868, S. 372) an einem mit einer Baker'schen Vorrichtung versehenen Dampfkessel angestellten Versuche bloß
die Anwesenheit von thermo-elektrischen Strömen nachzuweisen fähig waren.
Wird das Galvanometer aus der Kette genommen, so ist der Schließungsbogen
unterbrochen, und von dem Auftreten eines Stromes kann dann nicht mehr die Rede
seyn; wie also unter diesen Umständen ein Strom, der vom Kessel durch die
Wassermasse nach dem Dampfraume und zum Kupferstern der Baker'schen Vorrichtung gehen oder im umgekehrten Sinne sich bewegen soll,
aufgewiesen werden will, müssen wir für jetzt unerörtert lassen. – Ebenso
wenig, als man bei dem eben beschriebenen Versuche die Anwesenheit einer Volta'schen
Thätigkeit nachzuweisen vermochte, war es möglich, mittelst Anwendung eines
empfindlichen Bohnenberger'schen Elektroskopes, von
dessen Collectorplatte aus ein spitzer Draht zu den Kupferspitzen der oberen
Elektrode geführt wurde, auch nur eine schwache Ladung der Spitzen wahrzunehmen. Ob
der Kupferstern der Baker'schen Vorrichtung im Dampfraume
eine solche Ladung zeigt, müssen wir bezweifeln; wenn übrigens auch an diesem
Spitzensysteme sich freie Elektricität entwickeln würde, so könnte dieselbe, ohne
den Dampf- und Wasserraum zu passiren, direct über die ganze Kesseloberfläche
sich verbreiten, ohne daß dabei irgend welche elektrische oder die Wirkung eines
Stromes im siedenden Wasser zu Stande kommen kann. In Folge der Anwesenheit der Baker'schen Vorrichtung in einem im Betriebe stehenden Dampfkessel ist
also eine Veranlassung zur Entstehung von elektrischen Wirkungen im Wasser u. dgl.
nicht vorhanden.
3. Schwieriger erscheint die Erledigung der dritten unter den oben aufgestellten
Fragen, da von glaubwürdiger Seite (polytechn. Journal, erstes Märzheft 1868, S.
370) mitgetheit wird, daß es möglich war, einen mit einer harten Steinkruste
überzogenen Dampfkessel bei Benutzung der Baker'schen
Vorrichtung vom Kesselstein zu befreien, und daß sich hierbei ein staubartiger
Ueberzug im Dampfkessel gebildet habe, der sich nicht als feste Schichte ansetzte.
Nur diese Mittheilungen, sowie einige andere, die uns noch privatim zukamen,
veranlaßten uns, den Gegenstand nochmals zur Sprache zu bringen, während die von Kitson und Comp. (im Engineering vom 10. Januar 1868, S. 46), dem Eigenthümer
des Baker'schen Patentes für England, sowie jene von dem
„Agent for the Anti-Incrustator,
South Wales District“ (im Engineering vom 24. Januar 1868, S. 86) hierüber ertheilten Aufschlüsse
von uns unbeachtet geblieben wären, und zwar um so mehr, als von anderen Seiten (in
den gleichen Quellen) keine besonders günstigen Aeußerungen hierüber erfolgt sind.
– Die vorliegende Frage muß in zwei Theile zerlegt werden, von denen der eine
das Verhüten der Bildung von Kesselstein, der andere die Decrustation von
Dampfkesseln zu besprechen hat. Um das Ansetzen von Kesselstein zu verhüten, sind
schon vielfache wirksame Mittel und Verfahrungsweisen
vorgeschlagen worden; diese lassen sich unseres Wissens in zwei Classen zerlegen,
von denen jene der einen Classe „mechanische“ genannt werden,
und den Zweck haben, moleculare und Flächenwirkungen hervorzubringen, durch welche
die andauernde Bewegung und Circulation des siedenden Wassers erhalten werden will
etc., während durch jene der zweiten Classe die Beschaffenheit des Speisewassers in
der Art geändert wird, daß die Bedingungen zur Kesselsteinbildung schon von
vornherein entweder aufgehoben oder wesentlich modificirt werden. Für unseren
vorliegenden Zweck erscheint es nöthig, über die Art und Weise, wie sich die
Kesselsteinkruste bildet, und ob gleich beim Beginne und während der ganzen Dauer
des Siedens die von den Wassertheilchen sich absondernden festen Partikel fest an
die Kesselwand sich ansetzen, bestimmten Aufschluß zu erhalten. Die uns bekannt
gewordenen Quellen lassen hierüber die näheren Anhaltspunkte nicht erkennen;
hingegen kann als fest begründete Thatsache angenommen werden, daß die Incrustation
der Dampfkessel nicht bloß von der qualitativen Beschaffenheit des Speisewassers,
sondern auch von dem
quantitativen Verhältnisse der darin aufgelösten Kalksalze etc. abhängig sey.
Um die Bildungsweise einer derartigen Kruste direct – wenn auch nur im kleinen
Maaßstabe – beobachten zu können, wurden daher ebenfalls mehrere Versuche
angestellt; hierzu wurden zwei eiserne – mittelgroße – Abdampfschalen
von gleicher Größe und gleicher Beschaffenheit und eine kupferne Schale benutzt. Von
den beiden eisernen war die eine mit jener Vorrichtung versehen, die wir oben (S.
449) beschrieben haben; ein Galvanometer etc. war jedoch hier überflüssig, da wir
bloß die Baker'sche Vorrichtung im Kleinen dabei
nachahmen wollten. Die drei Schalen wurden mit Brunnenwasser (etwa 1/2 Liter für
jede) gefüllt, und in jeder Schale nun das Wasser zu verdampfen begonnen; während
des Siedens wurde gesucht, die Flammen dabei so zu reguliren, daß sie von gleicher
Stärke blieben, was jedoch nur bei zweien zu erreichen war, während die dritte,
größere, ein heftiges Aufwallen des Wassers bewirkte. Als die Wassermassen bis auf
beiläufig ein Drittel ihres anfänglichen Volumens abgedampft waren, konnte man trotz
der heftigen Strömung der Wasserpartikel etc., schon eine geringe Ablagerung der
abgesonderten festen Theile wahrnehmen, die bei den eisernen (innen etwas rauhen)
Schalen ringförmig, bei der kupfernen (blanken) Schale in anscheinend cohärenter
Weise erfolgte. Dieser schlammartige Bodensatz konnte jedoch in allen drei Gefäßen
mittelst eines beinernen Spatels beliebig verschoben werden, und bildete überhaupt
eine breiartige Schichte, so lange noch eine geringe Wassermenge im Gefäße vorhanden
war. Als jedoch die letzten Wassertheilchen verdampft, also die Schalen im trockenen
Zustande sich befanden, und hierauf die Flammen entfernt worden waren, bildeten sich
unmittelbar beim Beginne des Erkaltens der Gefäße feste Krusten, die nach dem
Erkalten die Schalen in der zuletzt eingetretenen Schichtung bedeckten; die in der
Kupferschale entstandenen Schichten waren härter als die anderen. Das Auftreten
dieser Adhäsionserscheinung wurde bei weiteren Versuchen in gleicher Weise
wiederholt; dabei konnte aber nicht wahrgenommen werden, daß die Krustenbildung in
jener Schale, welche mit einem Modelle der Baker'schen
Vorrichtung versehen war, in anderer Weise erfolgte, als in der anderen jener
gleichen eisernen Schale.
Die Resultate dieser kleinlichen Versuche ließen uns vermuthen, daß die
Kesselsteinbildung im Großen kaum während der ersten Thätigkeit des Kessels erfolge,
und daß vielleicht erst nach öfterem Erkalten des letzteren die Steinbildung nach
und nach eintrete, daß überhaupt während der ersten Zeit seiner Thätigkeit ein in
frischen Zustand versetzter Kessel (eines stehenden Dampfapparates) unter sonst
gleichbleibenden Umständen, gar keine Incrustation erfahre, so daß sich diese
vielleicht erst nach mehreren Wochen bilde. Diese Vermuthungen erlangten nun auch
durch die in einigen Etablissements hierüber gemachten Erfahrungen keine
Widerlegung, sondern vielmehr mindestens eine theilweise Bestätigung. So wurde uns
freundlichst mitgetheilt, daß der Dampfkessel, welcher in dem Laboratorium der
königlichen Leib- und Hof-Apotheke (München) dazu verwendet wird, um
Dampf zum Kochen zu erzeugen, seit 1 1/2 Jahren von einer Incrustirung vollständig
frei geblieben und seit jener Zeit auch nicht geleert worden sey; der Kessel wird
bloß alle zwei bis drei Wochen ausgeblasen, und diese Operation reiche aus, um das
Ansetzen von Kesselstein zu verhüten. Dieser Kessel bleibt (durchschnittlich) jeden
Tag von 6 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends in Thätigkeit, wird stets mit frischem
Brunnenwasser gespeist, und verdampft täglich 15 bis 20 Kubikfuß Wasser. –
Wenn so sich zeigt, daß selbst ein kleiner Dampfkessel, in welchem bekanntlich die
Incrustation leichter erfolgt, als in sehr voluminösen von großer innerer Oberfläche
etc., durch bloßes Ausblasen in reinem Zustande erhalten werden kann, so konnte
vermuthet werden, daß bei größeren Apparaten dieses Mittel (unter sonst gleichen
Umständen) auch ausreiche. Ueber einen derartigen Fall wurde uns von dem Chef der
Fabrik von Riemerschmied eine freundliche Mittheilung
gemacht. Die in diesem Etablissement aufgestellten Dampfkessel sind täglich 12 bis
16 Stunden im Betriebe, werden zwar mit Condensationswasser gespeist, bedürfen
übrigens immerhin noch eine größere oder geringere Quantität frischen Speisewassers;
das Reinigen der Dampfkessel geschehe aber erst nach 1 1/2 Jahren, und letzteres
werde lediglich durch Ausblasen des Kessels vorgenommen. Von der Bildung einer
Steinkruste an den Kesselwänden sey bis jetzt, obgleich die Maschinen schon seit
vielen Jahren ungestört im Betriebe sich befinden, nicht viel wahrgenommen worden.
Es muß übrigens bemerkt werden, daß der eigentümlichen Anordnungen halber die hier
getroffen wurden, das Wasser im Kessel während der Ruhezeit nur sehr wenig sich
abkühlen kann. – Ob nun die hier vorgeführten Erfahrungen zum Theile mit der
chemischen Beschaffenheit des Speisewassers zusammenhängen, oder ob dieselben unter
allen Umständen beobachtet werden können, läßt sich hier nicht entscheiden.
Jedenfalls sind wir aber berechtigt, die Behauptung aufzustellen, daß es gewagt seyn
dürfte, der mehrerwähnten Vorrichtung von Baker eine
Wirksamkeit zuzuschreiben, wenn man nicht für die hierüber auszuführenden Versuche
zwei Dampfkessel benutzt, die von gleicher Größe und ganz gleicher Beschaffenheit
und Ausstattung etc. sind und mit Speisewasser von vollkommen gleichen chemischen und physikalischen
Eigenschaften versehen werden. Wird von solchen zwei Kesseln der eine mit der Baker'schen Vorrichtung versehen, der andere aber nicht,
und wird sodann bei gleichzeitigem Beginne der Thätigkeit beider Kessel von jedem
derselben nach gleichen Zeitabschnitten die Ablagerung der festen Bestandtheile
untersucht, so läßt sich entscheiden, wenn die Umstände unter denen die Verdampfung
und Speisung der Kessel erfolgt, genau dieselben geblieben waren, was man von der
Baker'schen Vorrichtung bezüglich der Verhütung der
Incrustationen zu halten habe. Wir stellen die Wirksamkeit derselben auch jetzt noch
in Frage.
Was nun den Umstand betrifft, daß (s. dieses Journal, erstes Märzheft, S. 370) bei
den hierüber angestellten Versuchen, ein mit sehr harter Steinkruste besetzter
Dampfkessel bei Anwendung einer Baker'schen Vorrichtung
vollständig gereinigt worden sey, und daß hierbei ein dünner staubartiger Ueberzug
sich bildete etc., so fragt es sich, ob es nicht möglich sey, einen mit Krusten
belegten Dampfkessel in der angegebenen Weise auch dann noch zu reinigen, wenn die
Baker'sche Vorrichtung in demselben nicht angebracht
wird. Ob den Praktikern hierüber Erfahrungen schon bekannt geworden sind, darüber
konnten wir keinen Aufschluß erhalten, aber so viel ist bekannt, daß zuweilen unter
gewissen Umständen sich Theile des Steines von der Kesselwand ohne weiteres Zuthun
ablösen. Wenn man nun, wie dieß bei einem der (a. a. O.) erwähnten Versuche geschah,
einen stark bekrusteten Dampfkessel auf eine größere Strecke in der Höhe des Rostes
etc. von dem Kesselstein befreit, ihn hierauf mit frischem Wasser speist und nun die
Heizung ausführt u.s.w., so dürften manche Veranlassungen zu Stande kommen, die das
Ablösen der übrigen Kruste nicht bloß begünstigen, sondern dasselbe sogar gewaltsam
hervorzubringen im Stande seyn sollten. Da die mit Krusten besetzten Strecken der
Kesselwand eine fast bis zum Glühen sich steigernde Erhitzung erfahren können, so
daß also die unmittelbar an den Rändern der Kruste angrenzenden und in diese
theilweise eindringenden Wassertheilchen der blanken Kesselwand mindestens in
rapider Weise an jenen Stellen verdampfen müssen, so dürften hier allerdings
Ursachen zur Thätigkeit kommen, welche in andauernder Weise die Kruste vielleicht
faserartig und fein zertheilt ablösen müssen, so daß nach kürzerer oder längerer
Zeit das Reinigen des Dampfkessels eintreten sollte, wenn die Umstände zur
Neubildung von Steinschichten nicht auftreten können. Ein weiteres wirkendes Mittel,
um ein Lüften und Auflockern oder Losreißen von einzelnen Stücken der Kruste zu
bewirken, dürfte auch in dem Umstande gefunden werden, daß die durch die Erhitzung
eintretende Ausdehnung
der einzelnen Strecken der Kesselwand in der ungleichmäßigsten Weise und mit
ungleicher Stärke erfolgen muß; die ungleichen Gestaltsveränderungen sowie
namentlich die sich dabei entwickelnden bedeutenden Kräfte dürften allein
ausreichen, um derartige Vorgänge, wie das Absprengen von Kesselstein, wenigstens
vermuthen zu lassen. – Jedenfalls dürfte es also zweckmäßig seyn, in der hier
angedeuteten Richtung hierüber Versuche anzustellen und überhaupt alle hierauf
bezüglichen Erfahrungen und sonstigen Versuchs- und praktischen Resultate
zuerst zusammenzustellen und gehörig zu berücksichtigen, ehe man zur Aufstellung der
Ansicht sich verleiten läßt, daß die Baker'sche
Vorrichtung im Stande sey, einen mit Kesselstein behafteten Dampfkessel von seiner
Incrustation zu befreien. – Für Locomotivkessel dürften allerdings derartige
Versuche wie der zuletzt erwähnte nutzlos bleiben; auf solche aber, sowie auf Kessel
von Dampfschiffen u. dgl. will vermuthlich Baker die
Wirkung seiner Vorrichtung ohnedieß nicht ausdehnen, da derselbe (s. a. a. O. S.
371) zuzugeben scheint, daß letztere unwirksam werde, wenn der Dampfkessel nicht
beiläufig im isolirten Zustande (!) sich befindet.
C. K.