Titel: | Ueber die Bildung der Cyanmetalle; von de Romilly. |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. XCVIII., S. 407 |
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XCVIII.
Ueber die Bildung der Cyanmetalle; von de Romilly.
Aus den Comptes rendus, t. LXV p. 865; December
1867.
de Romilly, über die Bildung der Cyanmetalle.
Cyankalium wird im Großen durch Glühen stickstoffhaltiger Substanzen mit kohlensaurem
Kali dargestellt.
Indessen läßt sich Cyan auch auf andere Weise erzeugen. Im Jahre 1841 erhielt Langlois durch Hinüberleiten von Ammoniakgas über
glühende Kohlen Cyanammonium; er bemerkt übrigens, daß der diesem Versuche zu Grunde
liegende Gedanke schon alt ist, und daß Liebig denselben
Scheele zuschreibt.
Als Fortsetzung dieser Untersuchungen habe ich folgende Versuche angestellt:
Man läßt Leuchtgas durch Ammoniakwasser streichen und dann durch eine enge Oeffnung
austreten, an welcher es angezündet wird. Das brennende Gas bildet eine Flamme,
welche mit einer gewissen Kraft aus der Oeffnung hervordringt. Diese Flamme läßt man
auf eine wässerige Lösung von Kali oder Natron, oder auf Kalkmilch strömen; nach
Verlauf einiger Minuten enthält dieses Wasser Cyankalium, bezüglich Cyannatrium oder
Cyancalcium, welche durch Eisensalze sofort nachgewiesen werden können. Auf diese
Weise gelingt es also, die erwähnten Cyanmetalle unmittelbar darzustellen. Bei
diesem Versuche wird das Ammoniak, wie bei Langlois'
Versuch, in Gegenwart von Kohlenstoff zu einer hohen Temperatur erhitzt.
Leitet man die Flamme auf kalihaltiges Wasser, in welchem pulverförmiges metallisches
Eisen durch Umrühren suspendirt erhalten wird, so erhält man Kaliumeisencyanür nebst
einer beträchtlichen Menge Kaliumeisencyanid.
In sehr zweckmäßiger Weise läßt sich der Versuch folgendermaßen ausführen. Ein
horizontal liegender eiserner Cylinder wird durch einen Mechanismus so in drehende
Bewegung gesetzt, daß sein unterer Theil in eine, metallisches Eisenpulver
enthaltende wässerige Kalilösung taucht und daß er in Folge seiner rotirenden
Bewegung fortwährend von letzterer benetzt wird; vor diesem Cylinder, in der Höhe
seiner horizontalen Achse, bringt man ein eisernes, mit Löchern versehenes Rohr an,
aus dessen Oeffnungen kleine Ammoniakflammen auf den in Bewegung befindlichen
Cylinder hinströmen, worauf sich bald beträchtliche Mengen von Kaliumeisencyanür und
Kaliumeisencyanid sammeln lassen.
Nach diesen Versuchen könnte es scheinen, daß zur Erzeugung von Cyanmetallen auf diesem Wege ein
unmittelbarer Contact der Ammoniakflamme mit der Lösung einer kräftigen Base
nothwendig sey; aus dem nachstehenden Versuche ergibt sich aber, daß dieß nicht der
Fall ist. Man läßt durch Vermittelung eines Aspirators die Ammoniakflamme in ein
langes Rohr und aus letzterem die abgekühlten Verbrennungsproducte in Alkalilauge
oder Kalkmilch treten, worauf sich bald die Gegenwart ebenso reichlicher Mengen von
Cyanmetallen nachweisen läßt. Sammelt man die Verbrennungsproducte in einem nur mit
destillirtem Wasser gefüllten Recipienten, so erhält man Cyanammonium. Es läßt sich
daraus schließen, daß die Verbindung in der Flamme selbst erfolgt; es entsteht
Cyanammonium, dessen Beständigkeit bei den höchsten Temperaturgraden erwiesen
ist.
Dieser Versuch zeigt zugleich wie außerordentlich wichtig es ist, aus den zur
Darstellung von Leuchtgas bestimmten Producten der trockenen Destillation das
denselben stets beigemischte Ammoniakgas zu entfernen, weil durch die Verbrennung
der beiden gemischten Gase Vergiftungen verursacht werden können.
Bei allen diesen Versuchen waren die Flammen stets rußend. Bei Benutzung eines Bunsen'schen Brenners, bei welchem die Flamme unsichtbar
war und eine vollständige Verbrennung stattfand, ließ sich die Bildung von
Cyanmetallen nicht nachweisen. Als ich jedoch diese Flamme auf kalihaltiges Wasser
strömen ließ, wurde die vollständige Verbrennung durch die rasche Abkühlung
verhindert und es konnte dann eine geringe Menge Cyankalium nachgewiesen werden. Das
Leuchtgas verbrennt bekanntlich nur bei hinreichendem Luftzutritt vollständig; wenn
also dieser Bedingung nicht entsprochen wird, kann die ruhende Flamme zur Entstehung
von Cyanammonium, einem der stärksten Gifte, Veranlassung geben, wofern das Gas von
dem bei seiner Fabrication sich stets erzeugenden Ammoniak nicht gänzlich befreit
worden ist.
Das Oel und die anderen Hydrocarbüre verhalten sich bei den vorhergehenden Versuchen
wie das Leuchtgas.
Aus diesen Versuchen kann man folgende Schlüsse ziehen:
1) beim Verbrennen eines Gemisches von Ammoniakgas und Leuchtgas erfolgt die
Verbindung des Stickstoffes mit dem Kohlenstoff in der Flamme selbst, wenn die
Flamme rußt;
2) diese Verbindung erfolgt auch, wenn dem Gase Feuchtigkeit beigemengt ist;
3) in Folge dieser Verbindung entsteht Cyanammonium, welches sich, wenn die Flamme
mit Kali, Natron oder Kalk zusammentrifft, in Cyankalium, Cyannatrium oder
Cyancalcium umsetzt.