Titel: | Ueber die Einwirkung von Kochsalzlösung auf Werkzinn; von H. A. Weber. |
Autor: | H. A. Weber |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. LXXVI., S. 322 |
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LXXVI.
Ueber die Einwirkung von Kochsalzlösung auf
Werkzinn; von H. A.
Weber.
Weber, über die Einwirkung von Kochsalzprüfung auf
Werkzinn.
Die häufige Verwendung von Bleiröhren für Wasserleitungen und der Zinnbleilegirungen
zu Gefäßen im Haushalte und der Industrie hat, in Folge der
Gesundheitsgefährlichkeit der Bleiverbindungen, zahlreiche Untersuchungen über die
Einwirkung des Wassers oder der sonst für genannte Zwecke mit diesen Materialien in
Berührung kommenden Flüssigkeiten auf dieselben, hervorgerufen. Eine ausgedehnte
Literatur liegt über die Einwirkung des Wassers der Wasserleitungen u.s.w. auf Blei
vor. Eine Untersuchung über den Angriff der Zinnbleilegirungen durch Essig wurde
erst in neuerer Zeit wieder von Pleischl
Polytechn. Journal Bd. CLXIV S.
200. ausgeführt. Eine interessante Arbeit über den sehr raschen Angriff derselben
Legirungen von Zinn und Blei durch den Dampfstrom hat J. C. Lermer veröffentlicht.Polytechn. Journal Bd. CLXVII S.
348. Ueber das in sanitätischer Beziehung gleichfalls höchst wichtige Verhalten
des Bleies und seiner Legirungen mit Zinn gegen Kochsalzlösung hat C. Reichelt
Bayerisches Kunst- und Gewerbeblatt, 1863 S. 663; die Resultate der
Reichelt'schen Untersuchung wurden im
polytechn. Journal Bd. CLXXII S. 155
mitgetheilt. eine Reihe von Versuchen mitgetheilt, aus denen unter Anderem hervorgeht, daß Kochsalzlösung in
Berührung mit Zinnbleilegirungen, selbst bei einem Bleigehalte von nur zwei Procent,
dieselben angreift und aus ihnen Blei in Lösung überführt.
Im Zusammenhange mit der Beobachtungsart standen Reichelt
nicht hinlängliche Mengen Material zu Gebote, um auch die Frage über die
Zusammensetzung der bei diesem Vorgange gebildeten theils löslichen, theils
unlöslichen Producte näher zu entscheiden. Ich glaubte daher Reichelt's verdienstvolle Arbeit nach dieser Richtung in Etwas ergänzen zu
dürfen, da mich eine günstige Gelegenheit im Reischauer'schen Laboratorium mit einem reichlichen derartigen Material
versah, welches sich in einem Kochsalzbade mit Destillirblase aus Werkzinn bei
längerem Gebrauche gebildet hatte und einen kesselsteinartigen schlammigen Absatz
von licht gelbbrauner Farbe darstellte.
Das Bad war mit einer Lösung von gewöhnlichem Kochsalz in destillirtem Wasser
beschickt, welche Lösung immer wieder zu demselben Zwecke verwendet, und dabei der
Verlust in Folge der Verdampfung durch destillirtes Wasser ersetzt wurde.
Der schlammige Absatz war schwierig auszuwaschen und gab ein trübes Filtrat. Nachdem
das Auswaschen sorgfältig durchgeführt war, wurde das Untersuchungsmaterial dem
Austrocknen an freier Luft überlassen. Da sich dasselbe hierbei in eine feste Masse
verwandelt hatte, zerrieb man zu feinem Pulver, ließ abermals bis zur Constanz im
Gewichte an freier Luft liegen und verwahrte, nach ausgeführter Wasserbestimmung, in
diesem Zustande den ganzen Vorrath in einem wohlverschlossenen Glase zum Entnehmen
der Proben zur eigentlichen Analyse.
Da sich der Ueberführung des Untersuchungsmaterials in lösliche Form, wie
vorauszusehen war, Schwierigkeiten entgegenstellten, so zog ich es vor, die
betreffenden Metalle zunächst durch Reduction in den regulinischen Zustand
überzuführen und dann in dem Regulus dieselben, wie üblich, durch Behandeln mit
Salpetersäure u.s.w. zu trennen, wodurch zugleich der Vortheil einer Entscheidung
der Frage über die Oxydationsstufe des Zinnes aus dem Gesammtgewichte des Regulus
geboten wurde. Diese Reduction ließ sich wegen des Chlorgehaltes des
Untersuchungsobjectes nicht im Wasserstoffstrom ausführen, indem daraus durch den
Gasstrom chlorhaltige Sublimationsproducte entführt wurden. Ich wählte daher die
Reduction mittelst Cyankalium und kohlensaurem Natron. Die dabei resultirende
Schmelze war frei von den in Rede stehenden Metallen. Uebrigens führte der directe
Auszug des Untersuchungsmateriales mit Salpetersäure zu demselben Ergebniß der
quantitativen Zusammensetzung, wie ich sie bei eingeschalteter Reduction
erhielt.
Die Abwesenheit eines Zinnoxydulgehaltes dieses Sedimentes ergab sich außer dem
Gewichte der regulinischen Metalle noch dadurch, daß dasselbe mit Natron gekocht,
auf Zusatz von ammoniakalischer Silberlösung keine Schwärzung zeigte.
Für die Chlorbestimmung wurde die Substanz so lange mit einer Lösung von kohlensaurem
Natron gekocht, als derselben dadurch noch Chlor entzogen wurde; aus der
angesäuerten Lösung wurde dann wie gewöhnlich der Chlorgehalt mit Silberlösung
ausgefällt. Außer dem Kupfergehalte sind die übrigen Bestandtheile, Kalk, Magnesia
und Kohlensäure, kaum nennenswerth.
Im lufttrockenen Zustande, wie oben angegeben, enthielt die untersuchte Substanz,
zufolge directer Bestimmung, 5,84 Procent Wasser. Das Ergebniß der vollständigen
Analyse stellt sich, einmal berechnet auf die lufttrockene, dann auf die wasserfreie
Substanz, zusammen wie:
lufttrocken
wasserfrei
Zinnoxyd
64,00
67,94
Bleioxyd
20,22
21,47
Kupferoxyd u. Spuren von Eisen
4,76
5,05
Chlor
3,60
3,82
Kalk
0,94
1,00
Magnesia
0,91
0,97
Kohlensäure
0,36
0,38
Wasser
5,84
–
–––––––––
–––––––––
100,63
100,63
für Chlor ab 1 Aeq. Sauerstoff
0,81
0,86
–––––––––
––––––––
99,82
99,77.
Die Legirung, von welcher in Folge der Einwirkung der warmen Kochsalzlösung dieses
Product herstammte, erwies sich hingegen folgendermaßen zusammengesetzt:
Zinn
81,2
Blei
15,5
Kupfer
2,2
–––––
98,9.
Diese hier am Orte (München) gewöhnlich für ähnliche Zwecke verarbeitete
Zinnbleimischung stimmt also in ihrer Zusammensetzung mit der in Frankreich,
hinsichtlich des Bleigehaltes, zu Geräthen für Speisen und Getränke gerade noch
gestatteten (82 Zinn auf 18 Blei), überein.
Fragt man nun noch nach dem Verhältniß zwischen Blei und Zinn in dem Sedimente und
der Legirung, so findet man, daß im ersteren auf 1 Theil Blei 2,68 Theile Zinn
kommen; in der Legirung, von welcher dieses Product stammte, hingegen auf 1 Theil Blei
5,11 Theile Zinn. Es war also entschieden mehr Zinn als Blei an die Kochsalzlösung
abgetreten worden.