Titel: | Die selbstwirkenden Deckelputz-Apparate von Schlumberger in Guebwiller und Rieter in Winterthur. |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. LXVIII., S. 291 |
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LXVIII.
Die selbstwirkenden Deckelputz-Apparate
von Schlumberger in
Guebwiller und Rieter in
Winterthur.Aus dem kürzlich erschienenen sehr empfehlenswerthen Werkchen:„Beiträge
zum Studium der neuesten Fortschritte in der
Spinnerei-Mechanik, der Spinnerei, Weberei und deren
Nebenerfordernissen; bearbeitet für Spinner und
Spinnerei-Techniker mit vorwiegender Berücksichtigung der
internationalen Ausstellung zu Paris von Friedrich Kick,
Professor der mechanischen Technologie am polytechnischen Institut in
Prag, und Emanuel Rusch, Oberspinnmeister. Mit 43 Holzschnitten. Wien,
1868. Beck'sche Universitäts-Buchhandlung.“
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Schlumberger's und Rieter's Deckelputz-Apparate.
Beide Apparate sind im Principe völlig übereinstimmend. Das Putzen erfolgt durch sie
ganz ähnlich, wie bei der Handarbeit; die Deckel werden in einer bestimmten
Reihenfolge gehoben, und das mit einem weichen, groben
Belege armirte Putzbret nimmt, unter dem Deckel vorbeistreichend, die in demselben
verschlagene unreine Baumwolle ab.
Die Reihenfolge, in welcher das Heben und Putzen der
Deckel erfolgt, ist bei dem Apparat von N. Schlumberger
(in Guebwiller, Haut-Rhin) eine unabänderliche, bei jenem von Rieter aber innerhalb gewisser Grenzen durch Auswechselung eines Rades
veränderlich. Bei ersterem Mechanismus wird bei der Vorwärtsbewegung des Apparates
gehoben der 2., 4., 6., 8., 10. Deckel, beim Rückgange der 9., 7., 5., 3., 1.
– Jeder Deckel wird somit gleich oft während einer
gewissen Zeit gereinigt. Betrachtet man es hingegen als wünschenswerth, daß die ersteren Deckel öfter gereinigt werden, so wende man Rieter's Apparat an, bei welchem z.B. folgende Ordnung
des Reinigens stattfindet: 2, 4, 6, 10, 14, und 13, 9, 5, 3, 1, hierauf 2, 4, 6, 8, 12, und retour 11,
7, 5, 3, 1. Bei dieser Ordnung kommt auf je einen der letzten acht Deckel nur die
halbe Anzahl Reinigungen in derselben Zeit, als auf je einen der ersten sechs Deckel
entfällt. Betrachten wir vorerst den einfacheren Apparat, jenen von Schlumberger.
I. Schlumberger's
Deckelputz-Apparat.
Die Construction desselben dürfte leichter erfaßt werden, wenn wir die Bewegungen
trennen in: 1) Weiterrückung des Apparates, 2) Heben der Deckel, 3) Bewegung des
Putzers.
1) Weiterrückung des
Apparates.
Mit dem Arme A, Fig. 1, welcher den
Apparat trägt, ist durch den Bügel c das Getriebe 8
verbunden, welches in das doppelt verzahnte Segment B eingreift. Denken wir uns 8 in der Richtung des Pfeiles gedreht, so
wird vermöge des Eingriffes von 8 in B ein
Nachziehen des Apparates erfolgen, da das feste Segment B nicht ausweichen kann. Dieses Nachziehen dauert so lange, als das
Getriebe 8 gedreht wird; gelangt dasselbe an das Ende von B, so wird sich das Getriebe auf die obere Seite des Segmentes wälzen
und nun den Apparat in entgegengesetztem Sinne bewegen. Das Umschlagen des Rades
auf die obere Seite wird noch befördert durch den Zug, welchen die Feder F durch y auf den Arm
A ausübt. Der Apparat soll aber die
Bogenbewegung längs des Segmentes B nicht
continuirlich vornehmen, sondern er soll absatzweise von Mittellinie zu
Mittellinie jedes zweiten Deckels vorschreiten und jedes Mal so lange stehen
bleiben, als zum Heben des Deckels und zum Putzen desselben erforderlich
ist.
Es muß daher die Bewegung des Getriebes 8 gleichfalls in Zwischenräumen erfolgen.
Der hierzu dienende Mechanismus wird im Folgenden klar werden. Von der an der
Trommelachse t sitzenden Schnurscheibe l gelangt die Bewegung auf 2, durch die Räder 3, 4
und 5 aus das Rad R. Durch Vergleichung mit Fig. 2 und
3 wird
dieß an sich klar. Das Rad R trägt neben dem vollen
Zahnkranze auch ein Zahnsegment s (Fig. 3), welches
zeitweise mit dem Rade 7 in Eingriff kommt und dasselbe dreht, es aber auch
wieder ruhen läßt, sobald das Segment an 7 Vorübergegangen ist. Die Bogenlänge
des Segmentes bestimmt somit die Drehung von 7, und da 7 und 8 an derselben
Achse festgekeilt sind, auch die Drehung (Umdrehungszahl) von 8 und mit dieser
die Weiterrückung des Apparates. Die Dauer des Stillstandes desselben ist gleich
der Zeit, welche das Segment s braucht, um wieder
mit dem Rade 7 in Berührung zu kommen. Mit anderen Worten: das Segment
s kommt in bestimmten Zwischenräumen zur Wirkung auf
7 und 8, daher wird der Apparat gleichfalls in bestimmten Zwischenräumen weiter
bewegt.
2) Das Heben der Deckel.
Um ein gleichförmiges Heben der Deckel zu bewirken, muß dieses gleichzeitig an
beiden Kopfenden erfolgen. Der Apparat muß daher an beiden Seiten der Kratze
symmetrisch angeordnet seyn. Der einzige Unterschied besteht darin, daß die
Bewegung auf der Gegenseite nicht von der Trommelachse, sondern von einem mit
dem Rade 5 gleichen, ebenfalls an w sitzenden Rade
ausgeht (Fig.
2). Die zu beiden Seiten der Trommel befindlichen Arme A bilden mit der Trommelachse t und der Verbindungsstange C einen
Rahmen. In den Schlitzen jedes Armes A läßt sich ein
Schuber x (Fig. 2) verschieben,
dessen Nase v unter den Deckel greift, welcher
aufgehoben werden soll. An x befindet sich noch eine
zweite Nase i', auf welche die Bahn oder Nuth n₂ (an R
Fig. 1)
einwirkt.
Diese Nuth besteht aus zwei concentrischen Segmenten und den fast radialen
Verbindungen derselben, und aus dieser Form ergibt sich von selbst die Wirkung.
So lange nämlich bei der Drehung von R das Zäpfchen
i' in jenem dem Mittelpunkte nahen
concentrischen Nuthsegmente läuft, so lange bleibt v
unwirksam, mag der Apparat stehen oder sich weiter bewegen. Gelangt i' in den mehr radiallaufenden Theil der Nuth n₂, so wird ein Heben eintreten, x steigt und v hebt den
Deckel. Ist dieser an der höchsten Stelle angelangt, so bleibt er stehen, denn
nun durchläuft i' den zweiten concentrischen Theil
von n₂, jenen Theil, welcher vom Mittelpunkte
des Rades weiter entfernt ist. Endlich gelangt i' in
den zweiten radiallaufenden Theil der Nuth, der Deckel sinkt. Das Sinken wird
durch die Wirkung der, beim höchsten Stande des Deckels etwas zusammengedrückten
Feder f beschleunigt.
3) Das Putzen.
Ist der zu putzende Deckel gehoben, so bewegt sich unter demselben der Putzer p nach links und wieder zurück, und nimmt so die
verschlagene Wolle ab. Diese Bewegung wird durch die Nuth n₁ bewirkt, in welche das an p
feste Zäpfchen i (Fig. 1) eingreift.
II. Rieter's
Deckelputz-Apparat.
Aus dem oben Erwähnten geht hervor, daß dieser Apparat sich nur durch die
verschiedene Reihenfolge des Hebens der Deckel unterscheidet, und dadurch, daß sich
die Reihenfolge innerhalb gewisser Grenzen ändern
läßt. Hierzu ist
erforderlich, das Getriebe 8 nach einem anderen und zwar veränderlichen Gesetze
periodisch zu bewegen.
Um dieß zu erreichen, trägt das Rad R (Fig. 4, b) neben dem vollen Radkranze, rechts und links von
demselben zwei Zahnsegmente von ungleicher Länge, s₁ und s₂. Auf
der Achse des Rades 8 sitzen auf einer verschiebbaren Hülse die Räder 7 und
7¹. Sollen die ersten sechs Deckel, wie Eingangs erwähnt, doppelt so oft
geputzt werden, als die letzten acht, so hat sich anfänglich der Apparat periodisch
um die doppelte, später um die vierfache Deckelbreite zu drehen oder weiter zu
schieben. Um dieß zu erreichen, läßt man zuerst das Segment s₁ auf 7 wirken, und hierauf das doppelt so lange Segment s₂ auf 7¹. Da die Räder 7 und 7¹
gleiche Durchmesser haben, so wird die Umdrehungszahl des Rades 8 bei Einwirkung von
s₁ auf 7 halb so groß seyn, als beim
Eingriffe von s₂ auf 7¹, daher auch der
Apparat im letzteren Falle die doppelte Bewegung wie im ersten vornehmen. Es mögen
die zu reinigenden Deckel in folgender Ordnung an die Reihe kommen: 2, 4, 6, 10, 14,
13, 9, 5, 3, 1, so ist hierdurch auch der Moment fixirt, in welchem das Segment s₁ außer, dafür s₂ in Wirkung treten soll. Wenn s₁
außer Wirkung treten soll, so wird das in der Hülse sitzende Rad 7 nach links
gerückt; hierdurch ist 7¹ an jene Stelle gekommen, an welcher s₂ auf dasselbe zu wirken vermag. Es handelt sich
darum, die Hülse 7, 7¹ dem entsprechend zu verrücken. In den Hals h an derselben greift das mit zwei als schiefe Ebenen
wirkenden Zargen e, e' armirte Rad
r, welches Rad (vergl. Fig. 4, a, c, d) an dem Arm c sitzt,
und bei jeder Umdrehung von R durch Einwirkung einer
Schiebklaue um einen bestimmten Winkel gedreht wird. Durch diese Drehung kommt bald
die schiefe Ebene e, bald e'
zur Wirkung; erstere drückt den Hals, und daher die Hülse nach rechts, letztere nach
links. Ist das Verhältniß der Länge von e zu e' wie die Bewegung von r zu
R das richtige, so findet der Uebergang der
einfachen in die doppelte Fortrückung des Apparates an der richtigen Stelle statt.
Durch Verwechselung des Rades r mit einem anderen kann
dieser Uebergang an einer anderen Stelle bewirkt werden, z.B. konnten die ersten
acht Deckel doppelt so viele Reinigungen wie die sechs letzten erfahren. Wollte man
das Verhältniß noch weiter ändern, so wäre dieß durch Auswechselung des Rades R mit einem anderen R'
möglich, bei welchem letzteren die Segmente s₁
und s₂ in einem geänderten
Verhältnisse stehen müßten.