Titel: | Joublin's Kette zum Beseitigen des Kesselsteines von der äußeren Oberfläche der Siederöhren; Bericht von A. Ortolan. |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. XXI., S. 129 |
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XXI.
Joublin's Kette zum Beseitigen des Kesselsteines von der äußeren
Oberfläche der Siederöhren; Bericht von A. Ortolan.
Aus den Annales du Génie civil, September 1867, S.
554.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Joublin's Kette zur äußeren Reinigung der Siederöhren.
Die Röhrenkessel, deren Erfindung man bekanntlich dem Ingenieur Séguin verdankt, haben während langer Zeit zu einem unbegründeten
Mißtrauen Anlaß gegeben, welches durch die Ansicht herbeigeführt wurde, daß solche
Kessel mehr als andere der Zerstörung und dem Explodiren ausgesetzt seyen; daß
ferner die Dampferzeugung in denselben nur so lange gut von Statten gehe, bis die
Röhren mit Kesselstein – dessen Entfernung sehr schwer, ja beinahe unmöglich
sey – überzogen wären. Daß diese Vorurtheile überwunden sind, beweist die
Thatsache, daß die Röhrenkessel jetzt bei den Locomotiven und Seedampfern
ausschließlich im Gebrauche sind.
Die nachtheiligen Wirkungen des angesetzten Kesselsteines lassen sich allerdings
nicht abläugnen. Jedes Wasser, und vornehmlich das Seewasser, enthält eine größere
oder geringere Menge fester Bestandtheile, welche sich beim Verdampfen desselben an
den Röhren festsetzen, und man hat bisher noch kein vollkommen wirksames Mittel
ausfindig machen können, um der Kesselsteinbildung entgegenzuarbeiten. Selbst die
mechanischen Hülfsmittel zur Entfernung des einmal angesetzten Kesselsteines sind
keine vollkommenen gewesen, so das; man denselben nur dann gründlich zu entfernen im
Stande war, nachdem die Röhren aus dem Kessel herausgezogen waren.
Hr. Joublin, Obermaschinist der kais. französischen
Marine, hat nun zur Entfernung des angesetzten Kesselsteines ein System
vorgeschlagen, das in einer eigenthümlich construirten Kette besteht, welche um die
im Kessel befestigten Röhren herumgewickelt und auf denselben hin- und
hergezogen wird, wodurch der Stein von den Röhren abbröckelt. Dieses System hat den
Vorzug, daß die Röhren zu dem beabsichtigten Zwecke nicht aus dem Kessel
herausgezogen werden müssen. Das Verfahren wurde von der französischen Marine,
adoptirt, und wenn unsere Ansicht über den Werth der Erfindung nicht auf eigener
Anschauung beruhte,Joublin's Kette befand sich auf der Pariser
Industrie-Ausstellung in zwei Exemplaren in der Localität wo die für
die Fregatte „Friedland“ bestimmte Maschine von 3000
Pferdekräften ausgestellt war. V.
so würde schon die
Einführung dieses kleinen Apparates in einem so bedeutenden Dienstzweige unser
Vertrauen in seine Brauchbarkeit in hohem Grade bestärkt haben.
Die Beschreibung der Kette und die Manipulation mit derselben ist von dem Erfinder
selbst, wie folgt, mitgetheilt:
„Ich habe im Monat October 1865 einen Apparat hergestellt, welcher das
Reinigen der Siederöhren in jeder Beziehung vereinfacht und erleichtert.
Dieser Apparat ist in Fig. 19
A abgebildet und besteht aus einzelnen, zu einer
Kette zusammengefügten Laschen, deren jede an ihren beiden Enden mit zwei
zahnförmigen Spitzen versehen ist, welche letztere zur Reinigung der Röhren
dienen. Die Kette wird um die Röhren herumgeschlungen und mittelst zweier an den
Enden derselben befindlichen Handhaben (C
Fig. 19)
hin- und hergezogen.
Die von mir zuerst angewendete Kette folgte abgewickelt einer geraden Linie;
diese Form ließ jedoch das Umwickeln derselben um die Röhre nicht zu, weßhalb
ich mich zur Anwendung einer Kette veranlaßt sah, welche durch ihre Anordnung
diesen Uebelstand beseitigte. Diese verbesserte Kette ist in B
Fig. 19
im Grundrisse abgebildet und so angeordnet, daß die einzelnen Glieder
treppenförmig aneinandergereiht sind. Die acht ersten Glieder an jedem Ende
dieser Kette sind wie die anfangs beschriebene Kette einer geraden Linie folgend
angeordnet. Ich habe die beiden geraden Kettenstücke beibehalten, um die Röhren
an den Enden, woselbst sie in der Kesselwand festsitzen, wenigstens auf einen
Theil ihres Umfanges reinigen zu können, was bei einer durchaus treppenförmig
gebildeten Kette nicht leicht möglich wäre. Die Zahl dieser eben erwähnten
geraden Kettenglieder ändert sich selbstverständlich mit dem Durchmesser der zu
reinigenden Röhre.
Die Zahl der treppenförmig aneinandergereihten Kettenglieder kann, wie aus B, Fig. 19, zu ersehen
ist, beliebig vergrößert oder verringert werden. Die Erfahrung hat gelehrt, daß
man am besten der Kette eine Länge gibt, welche dem doppelten Umfange der zu
reinigenden Röhre gleich ist.
An jedem Ende der Kette ist eine Handhabe C
Fig. 19
angebracht, welche durch drei Laschen ohne Reinigungszähne mit der Kette
verbunden ist.
D und D'
Fig. 19
stellen die auf die Röhre aufgewickelte Kette im Grundriß und Aufriß dar.
Fig. 20
soll die Manipulation versinnlichen, welche vorzunehmen ist, um die Kette um
eine der im Kessel sitzenden Röhren herumzuschlingen. Um z.B. diese Kette um die
Röhre P zu wickeln, senkt man zwischen die beiden
senkrechten Rohrreihen, welche die Röhren P und E enthalten, eine starke Hanfschnur. Hierauf wird
der Haken F zwischen die Rohrreihen, welche die
Röhren P und Z
enthalten, bis unter die Röhre P hinabgelassen und
die auf der anderen Seite der Röhre P herabhängende
Schnur B, T gefaßt und in die Höhe gezogen. Nachdem
dieß geschehen ist, wird das lange Ende dieser Schnur wieder in derselben
Oeffnung, in der es eben emporgezogen worden, hinabgelassen, mittelst des Hakens
F gegen die Röhre E
hin gezogen und von dort wieder mit demselben Haken unter dem Rohre P hindurch zwischen P
und Z in die Höhe gebracht. Nun wird die eine
Handhabe der Kette an dem einen Ende dieser Schnur befestigt und mit derselben
um das betreffende Rohr herumgezogen, wie dieß aus D'
Fig. 19
ersichtlich ist.
Die Reinigung des Rohres erfolgt darauf einfach dadurch, daß man die Kette an den
beiden Handhaben faßt und an denselben hin- und herzieht, und mit der
Operation nach und nach über die ganze Länge des Rohres fortschreitet. Die
Manipulation geht ziemlich rasch von Statten, so daß ein zwei Meter langes Rohr
in fünf Minuten von einer 2 Millimeter dicken Kesselsteinschicht gereinigt
werden kann.“