Titel: | Das Tangenten-Photometer; von Dr. Ferdinand Bothe. |
Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. CIV., S. 451 |
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CIV.
Das Tangenten-Photometer; von Dr.
Ferdinand
Bothe.
Aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
1867, Bd. XI S. 891.
Bothe's Tangenten-Photometer.
Das Bunsen'sche und die durch Wight und Desaga nach dem gleichen Principe
construirten Photometer beruhen bekanntlich darauf, daß ein durch Stearin oder
Wallrath auf Papier erzeugter transparenter Fleck in dem Augenblicke für den
Beobachter verschwindet, in welchem beide Papierseiten gleich hell beleuchtet sind.
In den meisten Fällen vergleicht man die als Lichteinheit dienende Flamme einer
sogenannten Normalkerze direct mit dem zu messenden Lichte; bei Desaga's Instrument, dem Princip der
sogenannten doppelten Wägung folgend, mit einer innerhalb eines Gehäuses brennenden,
der Regulirung fähigen Gasflamme, welche auf die Normalkerze eingestellt wurde. Bei
allen diesen Instrumenten aber wird ein Verschieben der einen oder anderen Flamme nothwendig, welches
mannichfache Unbequemlichkeiten mit sich führt.
Diese Verschiebung läßt sich dadurch umgehen, daß der den transparenten Fleck
enthaltende Schirm, versehen mit einer die Ablesung ermöglichenden Alhidade, drehbar
aufgestellt wird. Die Helligkeit einer beleuchteten Fläche ist, abgesehen von der
Lichtstärke der Quelle und ihrer Entfernung, abhängig von dem Winkel der
Einstrahlung: sie ist proportional dem Cosinus des Einfallswinkels, dem Sinus des
Neigungswinkels der Strahlen gegen die Fläche. Stellt man also die vergleichenden
Lichtquellen in gleicher Entfernung so auf, daß ihre Strahlen sich rechtwinkelig
kreuzen, und bringt den drehbaren Schirm der Art an, daß er auf beiden Seiten durch
diese beleuchtet wird, so wird bei gleicher Lichtstärke der Quellen der
Einstrahlungswinkel auf beiden Seiten gleich, also = 45° seyn müssen, wenn
der Fleck unsichtbar seyn soll. Bei ungleicher Lichtstärke wird man den Schirm der
helleren Flamme zuder schwächeren abdrehen müssen, um ein Verschwinden des Fleckes
zu erzielen.
Ist der bezügliche Winkel für die Flamme von der Helligkeit J gleich α, so wird er für die andere
J¹ gleich 90 – α seyn, und es resultirt die Gleichung
J . sin
α = J¹ sin (90 – α),
J . tg
α = J¹.
Es läßt sich also die Lichtstärke der einen Quelle im Verhältnisse zu der anderen
durch die Tangente des Drehungswinkels messen.
Die Voraussetzungen für die Richtigkeit dieser Methode:
1) absolute Transparenz des gefetteten Papieres,
2) vollkommen diffuse Zurückwerfung des Lichtes
sind nicht in aller Strenge als richtig anzunehmen. Stets
erscheint die direct beleuchtete Seite im Verhältniß Heller, als der transparente
Fleck, und dadurch wird eine doppelte Einstellung des Schirmes, eine zweimalige
Ablesung unerläßlich, deren Mittelwerth die richtige Stellung desselben, und damit
den wahren Werth von α ergibt.
Die Fehler, welche der Umstand mit sich bringt, daß die Menge des nicht diffus
zurückgeworfenen, ingleichen des durch das transparente Papier gegangenen Lichtes
bei verschiedener Winkelstellung des Schirmes gegen die Strahlen verschieden seyn
muß, liegen für gewöhnlich außerhalb der Grenzen der Beobachtung und verdienen
höchstens dann Beachtung, wenn der Neigungswinkel der Strahlen gegen die Fläche
einerseits ein sehr kleiner, andererseits ein entsprechend großer ist, in einem Falle, welcher bei der
praktischen Anwendung des Instrumentes nicht vorkommen kann.
Endlich ist noch zu erwähnen, daß bei bedeutender Differenz der zu vergleichenden
Lichtstärken der Winkel, dessen Tangente als Maaß dienen soll, leicht allzugroß, und
dadurch die Genauigkeit der Beobachtung wesentlich beeinträchtigt werden kann. In
solchen Fällen erscheint es angemessen, die stärkere Lichtquelle von vorn herein in
die doppelte oder dreifache Entfernung zu bringen und die bezügliche Tangente dann
mit 4 oder 9 zu multipliciren. Für den Gebrauch bei Helligkeitsbestimmungen von
Gasflammen, welche gewöhnlich die fünf- bis sechsfache oder auch zehn-
bis vierzehnfache Lichtstärke der als Einheit angenommenen Stearinkerze besitzen,
empfiehlt es sich, der Leichtigkeit der Multiplication wegen, die Entfernungen 2 und
3 durch die 1√5 und 1√10 zu ersetzen, also beispielsweise bei 0,3 Met.
Entfernung der Normalkerze die zu messende Lichtquelle in den Entfernungen
0,3 Met. × √5 = 0,6708 Met.
oder
0,3 Met. × √10 = 0,9486 Met.
aufzustellen, und dann die Tangente des abgelesenen
Winkelmittels mit 10/2 oder 10 zu multipliciren.
Das Instrument, dessen ich mich bediene, ist von dem geschickten Mechaniker Hugo Schickert in Dresden gefertigt und besitzt folgende
Einrichtung.
In eine cylindrische Büchse aus Messing, von 10 Centimeter Höhe und Durchmesser,
welche auf einem mit Stellschrauben versehenen Stativ hoch und niedrig gestellt
werden kann, münden vier sich rechtwinkelig gegenüber stehende Röhren von 3
Centimeter Weite, von denen zwei conische Ansätze, die beiden anderen schwache
Loupen tragen. In derselben befindet sich der Schirm, drehbar um eine verticale
Achse, oben mit einer Alhidade versehen, welche sich über dem horizontalen
Theilkreise bewegt, dessen Nullpunkt genau über der Achse zweier sich gegenüber
stehender Röhren liegt. Der Nullpunkt der Alhidade hingegen fällt in die Ebene des
Papierschirmes; der Winkel des Schirmes mit der Verticalebene durch die Nullpunkte
des Kreises läßt sich durch Nomen auf 10 Minuten ablesen. Die conischen
Ansatzröhren, welche sich rechtwinkelig kreuzen und die einfallenden Strahlen gegen
den Papierschirm führen, besitzen eine Vorrichtung, um Blendungen und
mattgeschliffene oder farbige Glasplatten anzubringen, deren Anwendung bei sehr
starkem Lichte oder bei Flammen von ungleicher Helligkeit in den einzelnen Theilen
vortheilhaft wirkt.
Alle inneren Theile sind sorgfältig geschwärzt; auch finden sich selbstverständlich
die nöthigen Vorrichtungen zu Correctionen behufs der Herstellung möglichster
Richtigkeit des Instrumentes selbst.
Soll dasselbe gebraucht werden, so wird die Verticalachse genau über den
Scheitelpunkt eines auf den Tisch gezeichneten rechten Winkels gebracht, auf dessen
Schenkeln in den bezüglichen Erscheinungen die beiden zu vergleichenden Lichtquellen
stehen, dann der Schirm so gedreht, bis für den durch die eine Ocularröhre
schauenden Beobachter der transparente Fleck vollkommen verschwunden ist. Hierauf
folgt eine zweite Beobachtung durch die andere Ocularröhre ganz in derselben Weise;
das Mittel aus beiden abgelesenen Winkeln gibt den bei Berechnung der Tangente
einzusetzenden Werth.
Ein Schwärzen der Wände des Beobachtungszimmers ist überflüssig; es genügt hinter den
Flammen dunkle, nicht glänzende Schirme von solcher Größe aufzustellen, daß die
conischen Ansatzröhren, bis zu ihnen verlängert gedacht, dieselben noch decken
würden.
Das beschriebene Instrument macht keinen Anspruch darauf, präciser zu arbeiten, als
das Bunsen-Desaga'sche; es gewährt aber beim
Gebrauche wesentliche Bequemlichkeiten und dürfte deßhalb Beachtung verdienen.