Titel: Ueber den Apparat zum systematischen Auslaugen von Havrez, Bergingenieur und Professor der Chemie zu Verviers; Bericht von Gaultier de Claubry.
Fundstelle: Band 186, Jahrgang 1867, Nr. LXXXIV., S. 376
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LXXXIV. Ueber den Apparat zum systematischen Auslaugen von Havrez, Bergingenieur und Professor der Chemie zu Verviers; Bericht von Gaultier de Claubry. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, August 1867, S. 485. Mit Abbildungen auf Tab. VII. Havrez, Apparat zum methodischen Auslaugen. Bekanntlich läßt sich bei Gemengen von verschiedenen Substanzen, welche unter entsprechenden Bedingungen der mechanischen Vertheilung, der Temperatur etc. in einem bestimmten Lösungsmittel zum Theil löslich, zum Theil unlöslich sind, der Rückstand mittelst dieses Lösungsmittels bei Anwendung einer genügenden Menge desselben vollständig erschöpfen oder auslaugen; allein die auf diese Weise erhaltenen Lösungen werden allmählich immer schwächer und zuletzt läuft die dazu angewendete Flüssigkeit in demselben Zustande ab, in welchem sie aufgegossen wurde. Damit würde nun der Zweck der Operation, soweit derselbe in der Erschöpfung des Rückstandes besteht – wie dieß z.B. bei der Gewinnung des Stärkemehls der Fall ist – allerdings erreicht seyn; sobald indessen durch Verdampfen der Auslaugflüssigkeiten die in denselben in Lösung vorhandenen Substanzen gewonnen werden sollen, wie beim Auslaugen der Rohsoda und ähnlicher Producte, würde die Verarbeitung der Laugen in Folge ihrer starken Verdünnung einen Brennmaterialverbrauch erfordern, welcher zu dem Werthe der zu gewinnenden Producte in keinem Verhältnisse steht. Wollte man dagegen von dem Lösungsmittel, um concentrirte Lösungen zu erhalten, nur die zur Erzielung der letzteren erforderlichen Mengen anwenden, so würde man bei der Operation die ganze Menge der löslichen Producte verlieren, welche die gesättigte Flüssigkeit aufzulösen nicht im Stande ist. Das systematische (methodische) Auslaugen entspricht beiden Bedingungen, indem bei demselben die unvollständig gesättigte Auslaugflüssigkeit mit solchem Material zusammengebracht wird, welches an den in ihr löslichen Körpern noch reich ist, so daß sie sich in Folge der Berührung mit ganz frischen oder erst unvollkommen erschöpften Substanzen allmählich anzureichern und vollständig zu sättigen vermag. Wir sehen in dem vorliegenden Berichte von den nach und nach eingeführten verbesserten Vorrichtungen zum methodischen Auslaugen ab und beschränken uns auf die Bemerkung, daß z.B. bei dem zum Auslaugen der Rohsoda dienenden Apparate eine bestimmte Anzahl von Kufen oder Bottichen in derselben Ebene aufgestellt sind; jeder dieser Bottiche ist mit drei Röhren versehen, deren Spiel nach Belieben regulirt werden kann und durch welche die noch nicht vollständig gesättigte Lauge nach und nach auf immer weniger erschöpftes Material geführt wird, so daß die Flüssigkeit beim Austritte aus der letzten Kufe dieselbe in gesättigtem Zustande verläßt. Außerdem ist an jedem Bottiche ein Heber angebracht, durch den die gesättigte Flüssigkeit abgelassen wird, worauf man die Rückstände entfernt und das Gefäß von Neuem beschickt. Eine Batterie von 12 Bottichen erfordert demnach 36 Röhren mit ebensoviel Regulirhähnen, sowie 12 Heber. Dem belgischen Bergingenieur Havrez ist es, wie bereits angedeutet, gelungen, dieses Verfahren zum systematischen Auslaugen zu vereinfachen. Er wendet nämlich zu diesem Zwecke nur einen einzigen Hahn an, welcher das reine Wasser auf die auszulaugenden Substanzen und die allmählich immer stärker gewordenen Laugen auf immer reichhaltigere Substanzen und zuletzt auf frisches Material leitet, von welchem letzteren die gesättigten Flüssigkeiten mittelst eines einzigen gemeinsamen Abflußrohres zu den Abdampfpfannen gelangen. Von dem Ausschusse für technische Chemie beauftragt, behufs näherer Untersuchungen dieses neuen Auslaugsystems nach Belgien zu reisen, hatte ich Gelegenheit, in Verviers die Anwendung des Verfahrens zur Fabrikwäsche der Wolle, deren Producte zur Gewinnung von Kalisalzen verarbeitet werden, sowie in der Spiegelfabrik von Floreffe zum Auslaugen von Rohsoda persönlich kennen zu lernen. Da dem genannten Ausschusse ein für die dießjährige Pariser Ausstellung bestimmtes Modell des neuen Apparates zur Verfügung gestellt worden und der Erfinder des Verfahrens selbst nach Paris gekommen war, um die Anwendung desselben zu erläutern, so wollten sich die Ausschußmitglieder überzeugen, ob die Erfindung allen Bedingungen einer fabrikmäßigen Praxis entspräche. Zu diesem Zwecke wandte sich der Ausschuß an einen unserer ausgezeichnetsten Farbenextract-Fabrikanten, Hrn. Coëz, in dessen Fabrik zu Saint-Denis der Apparat zur Extraction von Campecheholz, zum Vergleiche mit den Leistungen des in dieser trefflichen Anstalt gebräuchlichen Verfahrens in Thätigkeit gesetzt wurde. Eine Beschickung von 48 Kilogr. Campecheholz gab 70 Proc. einer 10 grädigen Lösung, welche unmittelbar in den Abdampfkessel geleitet werden konnte und den Vergleich mit dem gewöhnlichen Verfahren in dieser Fabrik vollkommen aushielt. Der Rückstand war in gleichem Grade, wie bei dem bisherigen Verfahren erschöpft; die Operation hatte jedoch längere Zeit gedauert. Der Havrez'sche Apparat kann aus einer größeren oder geringeren Anzahl von Räumen oder Kammern bestehen, welche stets paarweise verbunden sind; in der Fabrik zu Verviers beträgt ihre Zahl zwölf, und bei dem dem Ausschusse zur Verfügung gestellten Modelle belief sich diese Anzahl auf acht Abtheilungen. An einem im Centrum des Apparates befindlichen Cylinder, welcher die gesättigte Flüssigkeit aufnimmt und nach außen abführt, ist ein Hahn angebracht, der dazu dient, die Flüssigkeiten mit sämmtlichen Abtheilungen oder Kammern in Berührung zu bringen, ausgenommen mit zweien, deren Beschickung bereits erschöpft ist; in diesen letzteren, nachdem sie mit frischer Substanz beschickt worden, sättigen sich die in den vorhergehenden Kammern mit löslichen Stoffen nach und nach angereicherten Lösungen vollständig, und die so gesättigte Flüssigkeit fließt aus der letzten Abtheilung unmittelbar in die Reservoirs oder Abdampfkessel ab. Durch bloße Drehung des die Verbindung der beiden neubeschickten Kammern mit den Flüssigkeiten der vorhergehenden Abtheilungen vermittelnden Hahnes wird gleichzeitig der Zufluß der Flüssigkeit zu den das erschöpfte Material enthaltenden Abtheilungen abgesperrt; auf diese Weise geht die Arbeit ununterbrochen von statten, indem sämmtliche Kammern, mit Ausnahme von zweien, während der für die zu erzeugende Wirkung erforderlichen und zum Austragen des erschöpften Materials, sowie zum Beschicken mit neuer Substanz genügenden Zeit in Thätigkeit sind. Zur Erläuterung des Verfahrens wählen wir einen aus zwölf, in Fig. 21 mit den Nummern 1, 1b.... bis 6, 6b bezeichneten Abtheilungen oder Kammern bestehenden Apparat. Wenn die Kammern 6 und 6b entleert werden sollen, so wird jede Verbindung derselben mit den übrigen Abtheilungen abgesperrt; der Inhalt der Kammern 1 und 1b ist dann z.B. seit 75 Minuten mit Wasser in Berührung; der Inhalt der Kammern 2 und 2b seit 60 Min.; der von 3 und 3b seit 45 Min.; der von 4 und 4b seit 30 Min.; der von 5 und 5b seit 15 Minuten. Wird nun die Communication mit den neu beschickten Kammern 6 und 6b hergestellt, so erfolgt in diesen die Sättigung der Flüssigkeiten; die Abtheilungen 1 und 1b aber, deren Inhalt erschöpft ist, werden von Neuem beschickt und in dieser Weise geht die Arbeit ununterbrochen fort. Wir sagten, daß zum Reguliren der Thätigkeit des Apparates das bloße Drehen des Hahnes hinreiche; dieser Hahn ist nämlich, bei Benutzung von zwölf Kammern, mit fünf Wegen oder Oeffnungen versehen, die mit den Kammern 1, 2, 3, 4 und 5 communiciren, und die Flüssigkeiten in dieselben leiten, welche dann in die Kammern 1b, 2b, 3b, 4b und 5b und aus der letzten (5b) in die Vorrathsbehälter oder unmittelbar in die Kessel treten. Anfänglich bildete der centrale Cylinder mit der Büchse des Verbindungshahnes und den die Communication mit den übrigen Theilen des Systems vermittelnden Röhren ein einziges Stück; die mit dem Gießen und den Reparaturen dieses Stückes, sowie mit dem Reinigen der Canäle bei etwaigen Verstopfungen derselben verbundenen Schwierigkeiten veranlaßten jedoch den Erfinder das Rohr, die die einzelnen Kammern trennenden Scheidewände und die Büchse des Hahnes aus einzelnen durch Niete mit einander verbundenen Theilen herzustellen. Bei der großen Leichtigkeit, mit welcher sich dieser Apparat handhaben läßt, sowie in Folge der Regelmäßigkeit seiner Leistungen und seiner Widerstandsfähigkeit gegen Abnutzung etc., ist derselbe ganz geeignet den Erfordernissen eines methodischen Auslaugens von Substanzen mit kalten oder mehr oder weniger stark erwärmten Lösungsmitteln zu entsprechen. Da sich dieser Apparat in allen Dimensionen und aus sehr verschiedenem Material herstellen läßt, so kann er zur fabrikmäßigen Darstellung sowohl von Nahrungsproducten als von zahlreichen Extracten für die Färberei und für medicinische Zwecke dienen. Erklärung der Abbildungen. Fig. 20 ist ein Verticalschnitt des Apparates nach der Linie XY der Figur 21. Fig. 21 ist ein Horizontalschnitt desselben nach der Linie WZ der Figur 20. A cylindrischer, aus Blech angefertigter Bottich, durch zwölf fächerförmig gestellte Scheidewände in zwölf Abtheilungen oder Kammern getheilt und am Boden mit einer kreisförmigen Oeffnung versehen. B ein mit dem Bottich A concentrischer und an seinem unteren Theile mit zwölf, den zwölf Scheidewänden des Bottichs entsprechenden Oeffnungen versehener Cylinder. Derselbe hat an seiner unteren Kante einen vorspringenden kreisförmigen Rand, auf welchen der Boden des Bottichs A genietet ist; ebenso sind an seiner Außenfläche vorspringende Ränder, eine Art von Flügeln, angebracht, an denen die Scheidewände des Bottichs befestigt sind. C ein am unteren Theile des Cylinders B angebrachter Hahn, dessen Büchse von dem zu diesem Zwecke etwas conisch geformten Theile des Cylinders gebildet wird. In diesem conischen Theile befinden sich die zwölf Oeffnungen des Cylinders. Dieser Hahn ist, wie sich aus Fig. 21 ergibt, in sechs gleiche Scheidewände getheilt; die erste derselben ist oben mit einer Oeffnung, durch welche die noch reine Lösungsflüssigkeit eintritt, sowie an ihrer Peripherie mit einer zweiten Oeffnung versehen; jede der vier folgenden Scheidewände hat eine gleiche Oeffnung an ihrem Umkreise; die sechste endlich hat ebenfalls eine solche Oeffnung am Umkreise, außerdem aber an ihrem unteren Theile noch eine zweite, mittelst welcher sie mit dem für den Abfluß der gesättigten Flüssigkeit bestimmten Rohre communicirt. D, D.... sind sechs Röhren von trapezoidalem Querschnitte; dieselben werden außerhalb des Cylinders B durch die Verbindung von je zwei Flügeln gebildet, an denen die fächerförmigen Scheidewände des Bottichs A zusammenlaufen; sie sind an ihrem oberen Theile mit Löchern versehen, so daß die Flüssigkeit aus einer Kammer des Bottichs in die andere gelangen kann. E Hebel zum Stellen oder Drehen des Hahnes am oberen Ende der verticalen Stange seines Schlüssels. F Rohr zum Einlassen der reinen Flüssigkeit oder des Lösungsmittels in den Cylinder B. G Abfluß- oder Auslaß-Rohr für die gesättigte Flüssigkeit. H, H... Röhren, mittelst deren die Kammern des Bottichs A zu je zweien miteinander communiciren und welche die Flüssigkeit unten mittelst einer Art von Doppelboden aufnehmen; diese Kammern sind somit paarweise verbunden, 1 mit 1b, 2 mit 2b, u.s.f. Durch bloße Aufeinanderfolge von Drehungen um einen Sechstelkreis lassen sich mittelst des Hahnes folgende Wirkungen hervorbringen: 1) die reine Flüssigkeit fließt nach und nach oben in die alternirende Reihe der Kammern 1, 2, 3 etc., in dem Maaße als das in denselben enthaltene Material erschöpft ist; 2) die mit löslicher Substanz beladenen Flüssigkeiten werden systematisch von dem unteren Theile einer jeden der zwischenliegenden Kammern 1b, 2b, 3b... aus in die Höhe geschafft und 3) oben auf die folgenden, weniger erschöpfte Substanz enthaltenden Kammern gegossen; 4) jede Doppelkammer wird der Reihe nach isolirt, um sie von Neuem beschicken zu können; 5) endlich wird jede Kammer, nachdem sie neu beschickt worden ist und die am stärksten concentrirte Lauge enthält, mit dem Ablaßrohre G in Verbindung gesetzt.

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