Titel: | Ueber das Aethylrosanilingrün; von P. Alfraisse. |
Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. LXXI., S. 325 |
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LXXI.
Ueber das Aethylrosanilingrün; von P. Alfraisse.
Aus dem Moniteur de la teinture, August 1867, S.
173.
Keisser's Aethylrosanilingrün.
I. Keisser zu Lyon hat aus Aethylrosanilin ein Grün
dargestellt, welches als ein Pikrinsäuresalz dieser Basis zu betrachten ist.
Dieses (dem Erfinder patentirte) Grün ist das Resultat der Verbindung einer
gelbgefärbten Säure, der Pikrinsäure, mit einer blauen Basis, dem
Triäthylrosanilin, oder dem Trimethylrosanilin, oder dem Triamylrosanilin,
oder dem Triphenylrosanilin, kurz mit den verschiedenen
nach Hofmann's Verfahren dargestellten blauen
Farbstoffen.
Das die Basis des von Girard und Delaire erfundenen Lyoner Blau bildende Triphenylrosanilin verbindet sich mit Pikrinsäure weit
weniger leicht und vollständig als das Triäthylrosanilin, welches die Basis des Hofmann'schen Blauviolett
ist.
Das Triäthylrosanilin verdient daher zur Darstellung des Grün den Vorzug; es ist
indessen von Wichtigkeit, vor der Isolirung dieser Basis aus ihren Salzen sich wohl
zu überzeugen, ob nicht noch ein nicht in Blau umgewandelter Antheil von Rosanilin
zugegen ist. Da die blaue Nüance des Hofmann'schen
Violett zur Erkennung einer solchen Beimischung nicht hinreichend ist, so muß man
dieses Blauviolett vor seiner Verwendung zur Darstellung der grünen Farbe erst einer
besonderen Behandlung unterwerfen, um in jener Verbindung das Aethyl von Neuem zu
binden. Zu diesem Zwecke löst man einen Theil Hofmann's
Blau in drei Theilen Alkohol von 90 Volumprocenten und setzt der Lösung einen halben
bis einen Theil Jodäthyl zu. Nach halbstündigem Erhitzen in einem verschlossenen
oder mit einem Payen'schen Condensator versehenen Gefäße
setzt man einen bis zwei Theile Aetzkali oder Aetznatron zu der Flüssigkeit und
erhitzt nochmals drei bis vier Stunden lang. Nach Verlauf dieser Zeit wird das
Product mit kochendem Wasser ausgewaschen, wobei man Sorge tragen muß, die
möglicherweise noch Jodalkali enthaltenden Antheile des Waschwassers zu sammeln, um
einen Theil des verbrauchten Jods wiedergewinnen zu können. Der teigige, schwärzlich
gefärbte Rückstand besteht aus Triäthylrosanilin, dessen Salze werthlose bläulich
graue Farben geben, mit Ausnahme des
Trinitrophenylsäure-(Pikrinsäure-) Salzes, welches, wie bemerkt, schön
gelbgrün färbt.
Aus dem auf die angegebene Weise in teigartigem, vollkommen alkali- und
säurefreiem Zustande erhaltenen Triäthylrosanilin wird nun nach Keisser's Verfahren das Pikrinsäuresalz auf folgendem
Wege dargestellt:
Man erhitzt die Substanz mit ihrem 500- bis 600 fachen Gewichte Wasser, wobei
sie sich vollständig löst. Die heißfiltrirte Lösung wird vorsichtig und unter
beständigem Umrühren mit einer heißen wässerigen Pikrinsäurelösung versetzt, bis die
Flüssigkeit eine deutliche gelbgrüne Färbung angenommen hat, worauf man mit dem
Zusatze von Pikrinsäure aufhört und das Gemisch erkalten und 24 Stunden lang ruhig
stehen läßt. Nach Verlauf dieser Zeit wird das entstandene pikrinsaure Triäthylrosanilin durch
Filtriren oder Decantiren von der überstehenden Flüssigkeit getrennt und dann
getrocknet, und ist nun in diesem Zustande Handelswaare.
Zum Färben mit diesem Salze löst man dasselbe in Alkohol und gießt die Lösung in das
Färbebad; dann verfährt man auf die beim Färben mit Anilinfarben übliche Weise.
Zuweilen bleibt eine gewisse Menge des Triäthylrosanilins in dem kochenden Wasser
ungelöst zurück; dieser Antheil muß dann nochmals mit Jodäthyl behandelt werden,
indem er aller Wahrscheinlichkeit nach nur 1 oder 2 Aequivalente Aethyl enthält
(Monäthylrosanilin oder Diäthylrosanilin ist).
Der Patentträger gibt nicht an, ob sein Grün bei künstlichem Lichte denselben Ganz
zeigt, wie bei Sonnenlicht.
Bei der Bereitung dieses Farbstoffes muß man einen vom Erfinder in seiner
Beschreibung nicht berührten Uebelstand zu vermeiden suchen. Wenn man nämlich bei
der Zersetzung des Aethylrosanilins mittelst Kali das entstandene unlösliche,
schwärzlich gefärbte, teigartige Triäthylrosanilin nicht auf das Sorgfältigste
auswäscht, so daß es noch Kali zurückhält, so bildet die Pikrinsäure mit dem
letzteren, anstatt sich mit jener Basis zu verbinden, pikrinsaures Kali, welches
dann dem Blau beigemengt bleibt; man erhält also in diesem Falle nur ein
mechanisches Gemenge, anstatt einer chemischen Verbindung.
Wäscht man hingegen das Triäthylrosanilin mit einer zu großen Wassermenge aus, so
geht eine gewisse Quantität dieser Basis in Lösung, und dann findet ein Verlust an
derselben statt.
Die gleichzeitige Vermeidung beider Uebelstände dürfte jedenfalls ihre
Schwierigkeiten haben.