Titel: | Eine nach einem neuen Princip construirte Rotations-Dampfmaschine; beschrieben von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin. |
Autor: | Robert Schmidt |
Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. XX., S. 109 |
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XX.
Eine nach einem neuen Princip construirte
Rotations-Dampfmaschine; beschrieben von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Holdinghausen's Rotations-Dampfmaschine.
Diese Maschine ist von dem noch jungen Techniker Hrn. W. Holdinghausen construirt, und wurde demselben
für Preußen patentirt. Wenn wir auch nicht die Ansicht theilen, daß die Anwendung
des neuen, der Maschine zu Grunde liegenden Princips von dem Erfinder in der Weise
gelöst worden sey, daß die Maschine in der jetzigen Gestalt den praktischen
Anforderungen genügen wird, so möchte doch die Wichtigkeit des Gegenstandes die
nachfolgende Besprechung rechtfertigen, insofern die Verwendung desselben Princips
von Anderen in der Folge vielleicht mit mehr Glück bewerkstelligt werden könnte. Die
wesentlichsten Constructionen dürfen wir hier nicht fehlen lassen, um das neue
Princip der Maschine klar zur Anschauung bringen zu können.
Fig. 40 und
41
stellen die Maschine in zwei verticalen Durchschnitten dar, und besteht das Princip
derselben im Allgemeinen darin: daß mit der Hauptumtriebswelle der Maschine zwei, in
einem Cylinder befindliche Kolben derartig verbunden sind, daß, während der eine mit
dieser Welle gekuppelt ist und von dem Dampfe getrieben wird, der andere Kolben
außer Verbindung mit der Welle ist und still steht.
F ist die Hauptumtriebswelle, A der Dampfcylinder, Q die Dampfbüchse, R der Dampfeinströmungs- und S der Dampfausströmungs-Canal. C und B sind die zwei
erwähnten Kolben, O und N
zwei Schieber von eigenthümlicher Function.
Auf der Welle sind zwei Hülsen D und E aufgesteckt, welche an ihren einen Enden
zusammengeschliffen, und nahe ihren zweiten Enden mit dem Cylinder gedichtet sind.
Mit der Hülse D ist durch Zahnkuppelung die Hülse G, und mit der Hülse E in
eben solcher Weise die Hülse H verbunden, während die
Hülsen G und H sich auf der
Welle F nicht drehen, wohl aber verschieben können. Die
Spiralfedern i und k dienen
dazu, die Hülsen G und H
unausgesetzt gegen die Hülsen D und E zu drücken, also den Eingriff der erwähnten
Kuppelungszähne zu vermitteln, wenn dieß nicht durch andere Umstände verhindert
wird. Die Kuppelungszähne sind nämlich so geformt, daß, wenn eine der Hülsen D oder E in der Richtung des
Pfeiles (Fig.
40) gedreht wird, ein Mitnehmen der Hülse G
oder H und somit der Welle F
stattfindet; daß dagegen, wenn eine der Hülsen D oder
E nach entgegengesetzter Richtung bewegt oder
festgehalten wird, ein Uebergleiten der Kuppelungszähne, also kein Mitnehmen der
Welle F stattfindet.
An jeder der Hülfen D und E
ist nun ein Kolben befestigt; an D nämlich der Kolben
B und an E der Kolben
C. Die gewählte Construction der Kolben ist aus den
Figuren zu ersehen, und ist bei Fig. 41 die Deckplatte
a fortgedacht. – Die Wirkungsweise dieser
Kolben im Zusammenhange mit den bereits erwähnten Theilen ist nun folgende:
In Fig. 40
haben die Kolben solche Stellung zu einander, daß durch den Canal R Dampf zwischen dieselben tritt. Dieser drückt den
Kolben C gegen den vorgeschobenen Schieber O, so daß jetzt dieser Kolben für die Bewegung der Welle
unwirksam ist. Der Kolben B wird dagegen von dem Dampfe
in der Richtung des Pfeiles weiter umgedreht, und diese Bewegung der Welle F mitgetheilt. Wenn der Kolben B sich so weit gedreht hat, daß der Punkt a
desselben mit dem Punkte b des Kolbens C in Berührung getreten ist – in welchem
Augenblicke auch der Schieber O zurücktritt, – so
schiebt B den Kolben C
weiter vorwärts. Der Kolben B nimmt weiter die Lage B', der Kolben C die Lage
C' ein, wobei einerseits die Ausströmung des Dampfes
hinter B, und andererseits die Einströmung des Dampfes
gegen C beginnt: von diesem Augenblicke an übernimmt der
Kolben C die Function des weiteren Wellenbetriebes. Der
Kolben B geht, weil er noch mit der Welle verbunden und
zwischen den Kolben in den ersten Augenblicken noch kein großer Druck vorhanden ist,
noch weiter, der Kolben C ebenfalls; sobald der Kolben
B die Stellung C
erreicht hat, tritt einerseits wieder der Schieber O,
andererseits aber auch für einige Augenblicke den Schieber N vor: Ersteres zu dem Zwecke, um den Kolben B
an einer weiteren rückgängigen Bewegung zu hindern, ihm einen Ruhepunkt zu geben;
Letzteres um den
möglichen Fall zu verhindern, daß der Kolben B durch
seine lebendige Kraft bis zum Dampfeinströmungs-Canal R getrieben werde. Die weitere Wirkungsweise der Kolben wird sich nun nach
dem hier und oben Gesagten von selbst ergeben.
Die rechtzeitige Bewegung der Schieber O und N erfolgt durch bekannte Hülfsmittel, durch unrunde
Scheiben nämlich, von der Hauptwelle F aus.
Damit man diese Maschine auch mit Expansion arbeiten lassen kann, ist in dem
Dampfgehäuse Q noch ein Schieber T angeordnet. welcher mittelst Zugstange und Hebel von der Hauptwelle aus
bewegt werden kann. Die Expansion kann auch durch eine bekannte Anordnung verstellt
werden.