Titel: | Neues Bremssystem für Eisenbahnwagen, von Louis Goethals in Brüssel. |
Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. VI., S. 40 |
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VI.
Neues Bremssystem für Eisenbahnwagen, von
Louis Goethals in
Brüssel.
Aus Armengaud's Génie industriel, Januar 1867, S.
25.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Goethals, Bremssystem für Eisenbahnwagen.
L. Goethals hat eine Bremse construirt, bei welcher die
Hemmung des ganzen Zuges bewerkstelligt wird, indem alle Räder zu gleicher Zeit von
dem Führerstande aus durch das Anziehen einer Kette gebremst werden.
Sein Apparat ist in Fig. 24 in der Seitenansicht und in Fig. 25 im Grundriß
dargestellt.
Mit jedem Rade der Wagen eines ganzen Zuges ist ein mit fünf Zähnen versehenes
kräftiges Zahnrad A fest verbunden. Direct über diesem Zahnrade ist an
dem Gestell des Wagens eine Traverse B befestigt, welche
auf ihrer dem Rade zugekehrten Seite mittelst zweier Bolzen a und a' zwei gekrümmte Hebel L und L' trägt, die an ihren
Enden bei l und l' im
rechten Winkel umgebogen sind.
Diese Hebel greifen in die Zähne des erwähnten Rades A
ein, wenn der Zug gebremst werden soll, und werden, wenn die Bremse außer Thätigkeit
ist, durch einen conischen Stift p, der etwas unter den
Aufhängepunkten der Hebel in der Traverse B steckt, von
dem Rade entfernt gehalten. Auf der von dem Rade abgewendeten Seite der Traverse B drückt eine Feder r auf
die Verlängerung des Stiftes p und bewirkt somit, daß
dieser in der Ruhelage die Hebel L, L' auseinander
hält.
An dem durch die Feder r reichenden dünnen Ende des
Stiftes p ist eine kleine Kette c befestigt, die wieder mit einer großen Kette C, welche von dem Führerstande ausgehend unter sämmtlichen Wagen des Zuges
hinläuft, fest verbunden ist.
Wenn nun der Locomotivführer die Kette C, mit welcher
sämmtliche kleine Ketten c der einzelnen Räder verbunden
sind, anzieht, so werden diese letzteren alle conischen Stifte p zurückziehen, wodurch die Hebel L, L' ihre Unterstützung verlieren. Einer der Zähne l oder l' der Hebel wird nun je nach der
Richtung in der sich der Zug bewegt, in das gezahnte Rad A eingreifen und so die sämmtlichen Räder zum Stehen bringen.
Man sieht also, daß das Bremsen durch das Anziehen einer einzigen Kette
bewerkstelligt wird. Sobald der Locomotivführer den Zug auf eine kurze Strecke in
rückgängige Bewegung versetzt, werden die Hebel L, L'
von den Zahnrädern A losgelassen und es kehren alle
Hebel zugleich (durch die Wirkung der Feder r auf den
Stift p) in ihre ursprüngliche Lage zurück, wenn die
Kette C wieder nachgelassen wird.
Der Erfinder hat also das Problem gelöst, jeden Zug, welches auch seine Länge oder
sein Gewicht sey, vom Führerstande aus zu bremsen, indem er die wirksame Kraft auf
eben so viele Theile vertheilt als Räder unter den Wagen des Zuges sind.
Nach der Ansicht des Erfinders sind die Vorzüge des Systems in folgende Punkte
zusammenzufassen:
1) Raumersparniß in den Wagen selbst;
2) Verminderung des Zugbegleitungspersonals, da der Maschinist allein mittelst einer
Kurbel die Bremse handhabt;
3) Einfachheit des ganzen Mechanismus und kräftige Wirkung desselben in Folge der
unmittelbaren Wirkung auf jedes einzelne Rad.
Der ganze Zug kann, nachdem die Bremse eingelegt ist, nur noch auf den Schienen
gleiten, und anstatt nach 1000–1500 Metern nun nach 50–200 Metern, je
nach seiner größeren oder geringeren lebendigen Kraft, zum Stillstehen gebracht
werden.