Titel: | Methode zum Färben mit wasserlöslichem Anilinblau auf Wolle; von Lachmann und Breuninger in Glauchau (Sachsen). |
Autor: | Lachmann , Breuninger |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LXV., S. 236 |
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LXV.
Methode zum Färben mit wasserlöslichem Anilinblau
auf Wolle; von Lachmann und
Breuninger in Glauchau (Sachsen).
Methode zum Färben mit wasserlöslichem Anilinblau auf
Wolle.
Ein Haupterforderniß beim Färben von Stoffen, sey es nun von Wolle, Seide, Baumwolle
oder Leinen, ist, daß die Farbe nicht bloß rein und glänzend, sondern auch
vollkommen gleichartig auf die Faser aufgebracht werde. Die Stoffe sollen, wie man
sich auszudrücken pflegt, egal gefärbt seyn.
Beim Färben mit wasserlöslichen Anilinfarben, namentlich mit wasserlöslichem
Anilinblau auf Wolle, bietet obiger Umstand nun eine Schwierigkeit, welche bis jetzt
die Veranlassung war, daß das letztere das in Spiritus auflösliche Anilinblau noch
nicht verdrängen konnte, weil in vielen Färbereien die Mehrausgabe für den Spiritus
der Möglichkeit eines Mißlingens beim Färben mit wasserlöslichem Blau vorgezogen
wird.
Forscht man der Ursache obiger Schwierigkeit nach, so findet man, daß sie in der zu
großen Verwandtschaft der Wollfaser zu dem wasserlöslichen Blau liegt.
Ein Zusatz von in Spiritus gelöstem Blau zu einem Färbebade zeigt zunächst die
Erscheinung, daß der Farbstoff als in Wasser unlöslich, oder vielmehr sehr schwer
löslich, in den kleinsten Atomen sich ausscheidet und in der Flotte suspendirt
schwimmt, so daß diese Atome nur ganz langsam und bloß bei längerem Kochen sich
auflösen und nach und nach sich mit der Wolle vereinigen, wodurch die
Egalität erzielt wird. Das wasserlösliche Blau dagegen fällt, da es vollständig in
der sauren Flotte aufgelöst ist, sofort auf die Wolle; ein gleichförmiges
Durchdringen der Wollpartikelchen mit der Farbstofflösung ist nicht möglich, da die
Farbe auf ihrem Wege an den zunächst liegenden Theilen der Faser abgesetzt wird, ehe
sie zu den weniger zugänglichen Partien gelangt. Die Folge ist Unegalität.
Wenn es nun eine Methode gäbe, welche den Farbstoff des wasserlöslichen Blau's, wie
den des spirituslöslichen langsam aufgehen ließe, so sollte man denken, daß
ebenfalls eine Egalität erzielt werden müßte, und diese Schlußfolgerung hat sich
auch bei untenstehender Behandlungsweise bestätigt.
Das wasserlösliche Blau zeigt in seiner chemischen Constitution das gleiche
Verhältniß zum spirituslöslichen Blau, wie der Indigocarmin zum Indigo. Es ist ein
anilinblauschwefelsaures Salz, wie der Indigocarmin ein indigoschwefelsaures Salz
ist. Das neutrale anilinblauschwefelsaure Salz ist aber nicht rein blau gefärbt,
sondern erhält diesen Farbeton erst, wenn durch Zusatz einer stärkeren Säure die
Basis dieses Salzes weggenommen wurde und reine Anilinblauschwefelsäure sich
abgeschieden hat, wie es stets beim Zusatz desselben zu den sauren Färbeflotten der
Fall ist.
Die neutrale, nicht mit Säure versetzte Auflösung des wasserlöslichen Anilinblau's
hat nun die Eigenschaft, langsam und deßhalb ganz egal auf die Wolle aufzugehen.
Wolle, in solche Lösung getaucht, braucht längere Zeit, um sich mit demselben zu
verbinden.
Da das neutrale Salz aber nicht blau ist, sondern einen lichtgrauen Ton besitzt, so
ist natürlich dann auch die Wolle bloß licht-graublau gefärbt. Taucht man
jedoch die so gefärbte Wolle nun in ein saures Bad, so zeigt sich dieselbe wie mit
einem Zauberschlage auf einmal blaugefärbt, und zwar, weil das Auffärben des
neutralen Salzes langsam geschah, ganz egal, und was die Dunkelheit des Tons
betrifft, so ist derselbe entsprechend der Zeitdauer der
Einwirkung der neutralen Flotte.
Will man nun diese Methode in der Praxis anwenden, so sind zwei Gefäße erforderlich.
In dem einen ist eine ziemlich concentrirte neutrale Auflösung von wasserlöslichem
Anilinblau befindlich.
Es ist gut, dieselbe immer stark zu halten, damit die Dauer der Einwirkung, um den
gewünschten Ton zu erreichen, verkürzt wird.
Man löst zu diesem Behufe wenigstens 1 Pfund auf circa
500 Pfd. reinen warmen Wassers auf, rührt in das ganz säurefreie Wasser, das nicht
kochend, sondern bloß warm zu seyn braucht, ein, und läßt nun die Wolle eintauchen. Bei
einiger Uebung ist man bald im Klaren über den Zeitpunkt, bis zu welchem die
Einwirkung stattzufinden hat; eine kleine Probe, in heißes saures Wasser getaucht,
belehrt alsbald darüber. Ist derselbe erreicht, so läßt man die Wolle über der
neutralen Flotte etwas abtropfen, um davon, da sie noch bedeutend Farbstoff enthält,
nichts zu verlieren, und bringt sie dann in das Gefäß, welches kochende saure Flotte
enthält. Ein kurzes Kochen, und die Arbeit des Färbens ist ohne irgend welche Mängel
fertig.
Entspricht die Nüance des wasserlöslichen Blau's nicht dem gewünschten Muster, will
man z.B. röthlich nüanciren, so läßt man die Einwirkung der ersten Flotte nicht bis
zur verlangten Dunkelheit des Tons währen, sondern hält etwas lichter, und nüancirt
in der zweiten sauren Flotte mit dem entsprechenden spirituösen Rothstichblau
aus.