Titel: | Modification der v. Liebig'schen Darstellungsweise von Jodwasserstoffsäure und Jodkalium, und Gewinnung reiner Phosphorsäure als Uebenproduct; von Michael Pettenkofer. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. LX., S. 219 |
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LX.
Modification der v. Liebig'schen Darstellungsweise von
Jodwasserstoffsäure und Jodkalium, und Gewinnung reiner Phosphorsäure als Uebenproduct;
von Michael
Pettenkofer.
Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1866, Bd.
CXXXVIII S. 57.
Pettenkofer, Verf. zur Darstellung von Jodwasserstoffsäure u.
Jodkalium.
Man bringe eine halbe Unze gewöhnlichen Phosphor in 12 Unzen auf
60–70°C. erwärmtes destillirtes Wasser, setze von 8 Unzen Jod ungefähr
eine Unze unter Umrühren hinzu, gieße dann das bereits Jodwasserstoff enthaltende
Wasser zum größeren Theil vom entstandenen Jodphosphor auf das noch übrige in einer
Schale befindliche Jod ab, welches in dem Maaße als Jodwasserstoff vorhanden ist,
gelöst wird. Diese Lösung wird nun wieder auf den Phosphor gegossen, welcher das Jod
in Jodwasserstoff überführt und dadurch die Lösung entfärbt. Die Jodwasserstoffsäure
kann nun wieder Jod aufnehmen; man gießt sie deßhalb wieder vom Phosphor auf das Jod
und wiederholt die abwechselnden Uebergießungen so lange, bis alles Jod gelöst und
mit dem Phosphor in Berührung gekommen ist. Die zuletzt rothbraune Flüssigkeit
entfärbt sich nach einigem Stehen vollständig; es bleibt nur ein kleiner Rest von
amorphem Phosphor. Die von letzterem abgegossene oder besser abfiltrirte
Flüssigkeit, aus Wasser, Jodwasserstoffsäure, phosphoriger und etwas Phosphorsäure
bestehend, bringe man in eine Retorte und destillire über freiem Feuer und Abkühlung
der Vorlage bis zur Syrupsdicke ab. Das meist von etwas freiem Jod schwach gefärbte
Destillat enthält bis auf einige Gran die 8 Unzen Jod als Jodwasserstoffsäure und
hat gewöhnlich ein spec. Gewicht von 1,39–1,40. Die Flüssigkeit läßt sich in
gut verschlossenen Gefäßen lange Zeit ohne Zersetzung aufbewahren und eignet sich
vorzüglich zur bequemen Darstellung von Jodiden.
Zur Darstellung von Jodkalium sättigt man das nach obigem Verhältniß erhaltene Destillat einfach mit
doppelt-kohlensaurem Kali, nahezu 6 Unzen 2 Drachmen, oder so viel, daß
dieses kaum merklich vorherrscht. Man erhält durch Abdampfen und Krystallisiren
reines Jodkalium frei von jodsaurem, schwefelsaurem Kali, Chlorkalium; nur die
Antheile der letzten Krystallisationen enthalten Spuren von kohlensaurem Kali. Sind
dem angewandten Jod zufällig organische Substanzen beigemengt, so erhält man bei der
letzten Krystallisation schwach gelblich gefärbtes Jodkalium, das durch einfaches
Erhitzen, wiederholtes Auflösen in gleichen Theilen Wasser, Filtriren und Abdampfen
zur Krystallisation völlig ungefärbt erhalten wird.
Der zähflüssige Retorteninhalt, aus phosphoriger Säure und wenig Phosphorsäure mit
etwas zurückgehaltenem Jodwasserstoff bestehend, wird in eine Porzellanschale
gegossen, mit etwas Wasser die Retorte nachgewaschen und das Gemisch mit einigen
Tropfen concentrirter Untersalpetersäurehaltiger Salpetersäure versetzt, wobei der
ganze Gehalt an Jodwasserstoff in sich ausscheidendes Jod und Wasser zersetzt wird.
Man nimmt das ausgeschiedene Jod durch Filtriren von der noch durch Spuren von Jod
gelb gefärbten Flüssigkeit, die beim Erwärmen unter Verflüchtigung des Jods rasch
farblos wird. Während des Abdampfens setzt man nach und nach so viel verdünnte
Salpetersäure (von 1,20 specif. Gewicht, ungefähr 1 1/2 Unze) hinzu bis alle
phosphorige Säure in Phosphorsäure umgewandelt ist, bis also bei neuem Zusatz von
Salpetersäure keine rothen Dämpfe mehr entweichen. Die etwa überschüssig zugesetzte
Salpetersäure verjagt man durch Eindampfen der Phosphorsäure bis zur Syrupsdicke,
wobei die entweichenden Dämpfe Lackmuspapier nicht mehr röthen dürfen. Die so
erhaltene Phosphorsäure kann nun mit der nöthigen Menge destillirten Wassers auf das
von den Pharmakopöen verlangte spec. Gew. verdünnt werden. Man hat auf die
angewandte Menge von 1/2 Unze Phosphor und 8 Unzen Jod ungefähr 5–6 Unzen
Wasser nöthig, um verdünnte Phosphorsäure von 1,122 spec. Gew. zu erhalten, die 15
Proc. wasserfreie Säure enthält.
Die erhaltene Phosphorsäure ist frei von Arsen- und Schwefelsäure, wenn auch
der angewandte Phosphor Spuren von Arsen und Schwefel enthielt. Die auf angegebene
Weise erhaltene Jodwasserstoffsäure und das daraus dargestellte Jodkalium enthält
keine Spur von Phosphorsäure, wie auch die Phosphorsäure keine Spur Jod enthält.