Titel: | Patent-Bleichmaschine für Webwaaren; von Heino Scharf in Löbau. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. LI., S. 194 |
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LI.
Patent-Bleichmaschine für Webwaaren; von
Heino Scharf in
Löbau.
Aus der deutschen Industriezeitung, 1866, Nr.
25.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Scharf's Bleichmaschine für Webwaaren.
Obgleich seit Einführung des Chlorkalkes die Bleicherei durch die weit schnellere
Production der früher allein möglichen und üblichen Rasenbleicherei gegenüber einen
ganz wesentlichen Aufschwung genommen hat, so hat man doch seit Kurzem in der
Bleicherei eine noch rationellere Richtung insofern eingeschlagen, als man jetzt
freies Chlor (Chlorgas) anwendet, wodurch nicht nur Ersparniß an Zeit und Geld,
sondern auch gleichzeitig größere Sicherheit der Operation erreicht wird. Wegen der
verschiedenen
Qualität des Chlorkalkes läßt sich das Quantum des für den gewünschten Bleichproceß
nöthigen Chlorkalkes nicht mit Sicherheit vorher angeben; denn selbst bei der
sorgfältigsten Verpackung größerer Massen Chlorkalk in Fässern ist nicht zu
verhindern, daß eine theilweise Zersetzung desselben eintritt, wodurch seine
bleichende Wirkung nicht unwesentlich verringert wird. Diese Unsicherheit des
Bleichmaterials fällt bei Anwendung von freiem Chlor vollständig weg. Bei
gleichmäßig guter Beschaffenheit des Braunsteines und der Salzsäure läßt sich die
zur regelrechten Durchführung des Bleichprocesses nöthige Menge Chlorgas genau
berechnen. Da ich lange Jahre die Garnbleicherei mittelst Chlorgas ausgeführt hatte,
so lag mit die Aufgabe nahe, denselben Proceß auch auf Webwaaren aus Baumwolle oder
Leinen anzuwenden, und durch die von mit construirte Bleichmaschine gelang es mit,
diese Aufgabe auf das Befriedigendste zu lösen. Die Wirksamkeit der Maschinenbleiche
hat sich wie folgt herausgestellt: 1) Waaren, aus roher Baumwolle gewebt, werden mit
einmaligem Durchwinden schön weiß gebleicht, 2) Waaren, aus roher Baumwolle und
weißem Leinengarn gemischt gewebt, gelangen mit einmaligem Durchwinden zur Bleiche,
3) Waaren, aus gebleichten Garnen gewebt, erhalten durch einmaliges Durchwinden
schöne Nachbleiche, 4) Waaren aus halb gebleichtem Leinengarn erhalten nach
zweimaligem Durchwinden hohe Bleiche, 5) Waaren, aus rohem Leinengarn gefertigt,
werden nach dreimaligem Durchwinden genügend weiß.
Die Kosten stellen sich in allen diesen Bleichgraden um die Hälfte billiger, als bei
der bisherigen Chlorkalkbleicherei, das Verfahren erfordert wesentlich weniger Zeit
und nimmt sehr wenig Arbeitskraft in Anspruch. Ein 12jähriger Knabe ist im Stand,
die Maschine in Bewegung zu setzen.
Die in Figur
24 dargestellte Maschine umfaßt eine Länge von 8 Ellen und 1 Elle 21 Zoll
Breite; sie ist hauptsächlich für Waaren von 6/4 Breite und darunter eingerichtet;
doch baue ich auch Maschinen für jede vorkommende Breite bis zu 5 Ellen.
A ist ein Vorlegebret, worauf die Waare ohne Ende
aufgelegt wird, um dann über die Welle B in einen an der
Maschine befindlichen Schlitz nach dem Innern geführt zu werden. Zunächst wird die
Waare über einen Raum hinweggeführt, welcher entweichendes Chlorgas zu binden und
somit dessen Austritt unmöglich zu machen bestimmt ist. Hierauf läuft sie in die
eigens vorgerichtete Chlorgaskammer, empfängt die Bleiche und bewegt sich dann
abermals über einen Raum, welcher fortgerissenes freies Chlor sofort bindet. C ist ein Schweißraum mit Wasserstandsglas, welcher fortwährend vermittelst
des Schlauches D mit frischem Wasser gespeist wird;
letzteres wird durch den unteren Hahn E, an den ein
Schlauch angeschraubt wird, ununterbrochen abgelassen; F
ist der Neutralisationsapparat für Chlor, in den durch den Trichter G das chemische Präparat zugegossen werden kann. H, H sind Druckhebel für die in der Maschine
angebrachten Walzen, an denen die Riemscheiben M, M
sitzen. I ist die Abwickelungswalze der Waare, wozu L als Unterlage dient; N, N
ist der aus drei Theilen bestehende Deckel, der zum Abheben mit Handhaben versehen
ist, O das Einströmungsrohr für Chlorgas; P, P sind die eisernen Füße, worauf die Maschine ruht.
Die Maschine vermag täglich bei 12stündiger Arbeit 50 Weben à 70 Ellen lang zu bleichen und liefert die Waare vollständig
geruchlos in gleichmäßig schöner Bleiche ab.