Titel: Lindner's zur Nadelstichzündung eingerichtete Hinterladungsgewehre.
Fundstelle: Band 181, Jahrgang 1866, Nr. XLIII., S. 161
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XLIII. Lindner's zur Nadelstichzündung eingerichtete Hinterladungsgewehre. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Lindner's Hinterladungsgewehre für Nadelstichzündung. Im Jahrgang 1864 des polytechn. Journals, Bd. CLXXII S. 2, wurde die Lindner'sche Construction zur Verwandlung von Vorderladungsgewehren in Hinterladungsgewehre besprochen, welche während des amerikanischen Krieges bei der nordstaatlichen Infanterie zur Anwendung gekommen ist. Dieselbe beruht im Wesentlichen darauf, daß die Theile des auf 8 Centimeter vom hinteren Ende an durchschnittenen Rohres durch eine Kuppelung mit einander in Verbindung gebracht werden, welche, aus einem hinten zur Hälfte ausgeschnittenen hohlen Cylinder bestehend, das untere Rohrende mit einer Schraube umfaßt und zugleich mittelst einer Leiste in die entsprechende Nuth des niedergedrückten Kammerstückes eingreift, die am vorderen Ende desselben ringförmig angebracht ist und so durch Anziehen der Kuppelungsschraube ein festes Anpressen des Kammerstückes gegen das hintere Rohrende gestattet, während beim Nachlassen dieser Schraube der offene Kuppelungstheil wieder nach oben kommt, und somit durch eine entsprechende Feder das um die vordere Schloßschraube bewegliche Kammerstück zum Laden des Gewehres wieder aufgerichtet werden kann. Nach einer dem „Kamerad“ entnommenen Mittheilung der „Militärischen Blätter“ vom 10. Mai 1866 ist nach Beendigung des dänischen Krieges, welcher die Vorzüge des preußischen Zündnadelgewehres bekanntlich glänzend hervortreten ließ, dem österreichischen Kriegsministerium von Hrn. Lindner eine Construction zur Umwandlung gezogener Vorderladungs-Percussionsgewehre in dergleichen Hinterladungsgewehre vorgeschlagen worden, welche die Anwendung der Nadelstichzündung gestattet, mit der vom Oberwerkführer Lorenz dazu construirten Patrone bereits recht gute Versuchs-Schießresultate ergeben haben soll, und die wir im Folgenden kurz beschreiben wollen. Anstatt der gewöhnlichen Schwanzschraube erhält das Rohr vermittelst eines in erweitertem Maaßstabe neu eingeschnittenen Gewindes a, a (siehe den verticalen Längendurchschnitt Fig. 1) den gleichsam die Schloßhülse des preußischen Zündnadelgewehres vertretenden sogenannten Rahmen B, welcher als hohle schmiedeeiserne Röhre in den Gewehrschaft eingelassen und zur Einführung der Patrone mit einem Ausschnitte b, b (Fig. 1 und Fig. 4, letztere als obere Ansicht), sowie zur Aufnahme der den Verschlußkegel D vor- und zurückschiebenden Schraube C mit flachem Muttergewinde versehen ist. – Die Verbindung von Conus D und Schraube C wird durch eine Vernuthung d (Fig. 2 als horizontaler Längendurchschnitt) bewirkt, welche es möglich macht, den Conus D vermittelst der Schraube C im Rahmen B vor und zurück bewegen zu können, ohne ihn dabei eine Drehung machen zu lassen, worauf aus Abnutzungsgründen Gewicht gelegt wird. Am äußeren Theile des Verschluß-Conus C, welcher vorn entweder massiv ebenflächig, oder auch zum Expandiren hohl ausgedreht seyn kann (Fig. 1), befindet sich ein Führungszapfen f (Fig. 1), welcher, in einer ausgehobelten Nuth des Rahmens B vor- und zurückgehend, diesen Conus zugleich auch von den Umdrehungsbewegungs-Impulsen der Schraube unabhängig macht. – Um die Schraube C, zu deren Handhabung der Hebel E (Fig. 1, 3 und 4) dient, nach einer halben Umdrehung vor- und zurückbewegen zu können, sind deren Schraubengänge, nach Art des Eastman'schen Hinterladungsgeschützverschlusses, bis auf denjenigen Theil derselben, welcher in die diametral einander gegenüberstehenden Längen-Ruthen h und g (Fig. 3) des Rahmens paßt, abgehobelt und zur Begrenzung dieser Vor- und Zurück- sowie auch der Drehbewegung dieser Schraube dient eine 1/8 Zoll tief in den abgehobelten Theil derselben eingehauene Längennuth, welche, in einen rechten Winkel ausmündend, mit dem auf den Rahmen aufgeschraubten Federstifte F (Fig. 2) in Verbindung tritt, nach dessen Abschrauben erst die Verschlußschraube C ganz aus dem Rahmen herausgenommen werden kann. Zur Anbringung der Nadelzündung wird ferner in die Mitte des vorhandenen Percussionsgewehr-Zündstollens, senkrecht zur Rohrachse, eine halbzöllige Seitenöffnung in das Rohr eingebohrt, welche als Mutter für die Schraubengewinde der sogenannten Zündnadelbüchse k, k (Fig. 2) zu dienen hat. Diese von Stahl gefertigte Zündnadelbüchse ist so ausgebohrt, daß sie in ihrem Inneren einen ringförmigen Ansatz m behält, welcher in Verbindung mit den oben und unten in sie eingeschraubten Stahlscheiben n, n zur Führung der Zündnadel l dient. Der Raum p zwischen dem ringförmigen Ansatze m und der unteren Stahl-Verschlußscheibe n wird, wie eine Stopfbüchse, mit gefettetem Asbest ausgefüllt, der sich durch diese Stahlscheibe n fest um die Zündnadel l herumpreßt und so bei der Entzündung des Gewehres weder Feuer, noch Schmutz in den oberen längeren Hohlraum der Zündnadelbüchse eindringen läßt, welcher letztere eine auf die Zündnadel einwirkende Spiralfeder enthält, die, vermittelst der oberen Stahl-Verschlußscheibe n fest eingeschraubt, durch das Niederdrücken der Zündnadel mittelst eines an n anliegenden ringförmigen Ansatzes derselben gespannt wird und nach dem Abfeuern des Gewehres mit einem Spiel von 1/8 Zoll Länge wieder in ihre frühere Lage zurückgeht. – Ein unbeabsichtigtes Herumdrehen der Zündnadelbüchse in ihrem Zündstollen-Muttergewinde wird durch eine am Zündlochsitze angebrachte kleine Schraube verhindert und das Piston-Muttergewinde des früheren Percussionsgewehres endlich durch eine einfache Schraube geschlossen, auf welche sich der Theil q des Hahnes (Fig. 1 und 4) auflegt, nachdem letzterer bei seinem Niederschlagen den Kopf der Zündnadel I (Fig. 2) vermittelst der ihm gegebenen abgeschrägten Fläche p (Fig. 1 u. 4) niedergedrückt und so die Zündnadel gezwungen hat, in den am Zündspiegel der Patrone angebrachten Zündsatz einzutreten, wodurch die Abfeuerung des Gewehres bewirkt wird. – Beim Aufziehen des Hahnes treibt dann, durch die in der Zündnadelbüchse k enthaltene Spiralfeder, die Nadel wieder zurück, und will man den Hahn complicirter construiren, so kann derselbe auch durch ein Scharnier so eingerichtet werden, daß er die Nadel bei seinem Aufgezogenwerden mit zurücknimmt. Der Zündspiegel der Patrone unterscheidet sich von dem des preußischen Zündnadelgewehres im Wesentlichen dadurch, daß er anstatt der central liegenden Zündpille einen peripherisch angebrachten Zündring oder auch eine dementsprechende Zündscheibe hat, welche, ihrer festen Lage nach durch an der Stirnseite übergepreßtes Papier gesichert, an der Peripherieseite nur durch zwei Papierlagen gedeckt ist, die, zum Schutze des Zündsatzes vor unbeabsichtigten äußeren Einwirkungen bestimmt, von der Nadel leicht durchstochen werden können und wodurch, da der Zündspiegel auch bei zur Bleiführung in den Rohrzügen bestimmten Geschossen (Fig. 7) nur von wenig Pulver umgeben ist, eine sichere Zündung mit kurzer Nadelbewegung erzielt werden soll. Wollte man die Nadel aber eine längere Bewegung nehmen lassen, so würde der Papierspiegel zu diesem Ende nur entsprechend abzusetzen und zur Aufnahme eines kleineren Zündringes einzurichten seyn, wie denn dieses Constructions-System auch selbst in dem Falle noch anwendbar bleibt, wenn es vorgezogen werden sollte, den Zündspiegel an den Boden der Patrone zu legen (Fig. 2) und die Zündnadel schiefwinklig durch die Rohrwand hindurchgehen zu lassen. Die Behandlung eines auf solche Weise zum Hinterladungs-Zündnadelgewehr umgeformten Percussions-Vorderladungsgewehres, dessen geschlossener Zustand durch die betreffenden Zeichnungen dargestellt wird, zum Laden und Feuern ist hiernach folgende: Man dreht den Hebel E von rechts nach links, wodurch die Schraube C bewegt wird, deren Drehung hierbei nicht weiter erfolgen kann, als bis der Federstift F den Scheitel der obenerwähnten Winkelnuth, welche in den abgehobelten Schraubentheil eingehauen ist, erreicht hat, wobei auch die Gewinde der Schraube aus dem mit Muttergewinde versehenen Theile des Rahmens B heraus und in die beiden Ruthen g und h desselben eingetreten sind, so daß man hiernach die Schraube C mit dem durch Ruth und Feder an ihr befestigten Conus D soweit zurückziehen kann, als dieses der hierbei in dem Längentheile der Verschlußschrauben-Führungsnuth laufende Federstift F gestattet, was gerade etwas mehr als die Patronenlänge ausmacht, so daß dadurch die obere Oeffnung b, b des Rahmens zur Aufnahme der Patrone frei wird, welche letztere bei in Ruhe gesetztem Hahne und also zurückgetretener Zündnadel stets soweit in den Lauf eingeschoben werden muß, daß bei Bleiführung des Geschosses in den Rohrzügen die Kugel und bei Spiegelführung der Papierspiegel fest an den Beginn der Züge des Laufes anschließt, und so bei gut gefertigter Munition die Zündnadelspitze stets gegen die Breitenmitte des Zündringes zu stehen kommt. – Ist dieses geschehen, so schiebt man die Schraube C mit ihrem Conus D bis fest an den ausgedrehten Conussitz des Laufes an, und dreht dann den Hebel E wieder von links nach rechts, wodurch die Schraubengewinde von Verschließschraube und Rahmen wieder fest ineinander greifen und folglich auch der Conus D durch die Schraube C fest in seinen conisch ausgedrehten Sitz eingepreßt, mithin ein sicherer Verschluß des Gewehres bewirkt wird. Nach dieser Manipulation läßt sich das Gewehr durch Spannen des Hahnes zum Abfeuern fertig machen, bei welchem letzteren die schräge Fläche p des durch die Schloßschlagfeder niedergetriebenen Hahnes endlich so an die Seite des Kopfes der Zündnadel l angepreßt wird, daß letztere dadurch in den Zündring t der Patrone eindringt und somit die Pulverladung des Gewehres entzündet. Sollte durch irgend einen Zufall einmal ein Bruch der zum Zurückziehen der Zündnadel dienenden Feder eintreten, was bei der nur geringen Bewegung, welche derselben zugemuthet wird, nur höchst selten vorkommen dürfte, so kann diese Feder in solchen Fällen nicht nur leicht erneuert werden, sondern die Waffe auch ohne sie noch weiter gebraucht werden, indem man die Nadel nach jedem Schusse mit den Fingern der Hand aus der Zündnadelbüchse herauszieht, und wäre endlich die Zündspiegel-Munition ausgegangen oder aus irgend einem anderen Grunde es wünschenswerth, das aus dem Percussions-Vorderladungsgewehr hergestellte Hinterladungsgewehr mit Percussions-Zündhütchen zum Abfeuern zu bringen, so braucht zu dem Ende nur das Piston wieder auf- und die Zündnadelbüchse herausgeschraubt zu werden, welche letztere dann durch eine mit Zündloch versehene massive Schraube zu ersetzen ist, die vom Manne leicht als Reservestück mitgeführt werden kann. Bei etwaigen Neuanfertigungen solcher Hinterladungs-Zündnadelgewehre würde, zur Vereinfachung des Schloßmechanismus, die Nadelbüchse k, k unter dem Rohre anzubringen seyn (Fig. 1) und weder eine untere Stahlplatte, noch eine besondere Feder zu erhalten brauchen, indem die bei c auf dem Abzugsbleche des Gewehres befestigte und bei u länglich geschlitzte Schlagfeder L (Fig. 6) dann direct zwischen dem angedrehten Führungsbund m und dem aufgeschraubtem Kopfe der Zündnadel l eingreifen und so dieselbe niederdrücken kann, sobald der dem Verschlußconus D als Führungszapfen dienende Ansatz f (Fig. 1) beim Oeffnen des Gewehres bis über die schiefe Fläche α des mit der Schlagfeder L aus einem Stücke bestehenden Stiftes x hin zurückgezogen wird, wobei Stift und Feder soweit niedergepreßt werden, daß der mit Pressungsfeder y, y versehene Abzug w (Fig. 1) in die Rast δ des Stiftes x eintreten kann, in welchem Falle die Zündnadel l aus dem Laufe in die Zündnadelbüchse zurückgezogen und das Gewehr gespannt ist, welcher Zustand ihm durch den zwischen Schlagfeder und Abzugsblech einzuführenden Sicherheitsschieber χ (Fig. 1 und 5) beliebig lange erhalten werden kann. – Nach Einführung der Patrone, Verschluß des Rohres und Beseitigung des Schiebers erfolgt beim Losdrücken des Abzuges dann vermittelst Schlagfederwirkung das Eindringen der Zündnadel in den Zündring des Patronenspiegels und somit der Schuß. Diese Lindner'schen Constructionen dürften hiernach wohl als sehr beachtenswerth zu bezeichnen seyn. Cassel, im Mai 1866. D.....y,            Major im Generalstabe.

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