Titel: | Darstellung von Leinöl-Firniß auf kaltem Wege; von Dr. Dullo. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. XLI., S. 152 |
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XLI.
Darstellung von Leinöl-Firniß auf kaltem
Wege; von Dr. Dullo.
Aus der deutschen Gewerbezeitung, 1866, Nr.
22.
Dullo, über Darstellung von Leinölfirniß.
Es sind in den letzten Jahren mehrfache Angaben gemacht worden, auf kaltem Wege
Firniß darzustellen, von denen die meisten die Anwendung des Manganoxyduls
empfehlen. Man erhält auf diese Weise recht gute Firnisse, aber trotzdem ist es
nicht gelungen dieselben in die Praxis einzuführen, weil die Maler und Anstreicher
sich mit der größten Hartnäckigkeit jeder Neuerung widersetzen und, befangen von
Vorurtheilen, die um so starrer auftreten, je weniger gebildet die Menschen, dem auf
kalten Wege bereiteten Firniß die Brauchbarkeit absprechenabfprechen und nur gekochten Firniß anwenden zu können vorgeben. Trotzdem haben viele
Versuche, die im größten Maaßstabe vorgenommen wurden, zur Genüge dargethan, daß für
alle Anstrichzwecke, als da sind Façaden, Fußböden, Holz, Blech und
Maueranstrich, der kalt bereitete Firniß ebenso gut trocknet und ebenso schnell hart
wird, wie der gekochte. Welche Veränderungen mit dem Oel vorgehen bei der
Firnißbildung, ist noch nicht genügend bekannt. Wahrscheinlich wird durch das Kochen
die absolute Ausscheidung aller Schleim- und Wassertheile bewirkt, während
andererseits durch das hinzugefügte Bleioxyd eine geringe Verseifung eintritt, deren
eigentlichen Zweck und Einfluß auf die Trockenfähigkeit man noch nicht genau kennt.
Jedenfalls scheint es zur Bildung von Firniß nothwendig, daß absolut aller Schleim
aus dem Oele entfernt wird. Dieses bewirkt das Manganoxydul auf kaltem Wege nicht
vollständig, und deßhalb haben alle auf diese Weise dargestellten Firnisse noch
unverändert den Geruch und den Charakter des Oeles.
Die absolut vollständige Abscheidung des Schleimes gelingt am besten auf folgende
Weise: Man gießt in einen rein gescheuerten kupfernen Kessel fünf Centner Leinöl,
schüttet dazu 15 Pfund Braunstein und 15 Pfd. starke Salzsäure und rührt mit einem
breiten Spatel, der mit Zinkblech beschlagen ist, um. Schon nach einer Viertelstunde ist das Oel
vollständig gebleicht und man kann die Firnißbildung dann eigentlich als beendigt
ansehen; es scheint aber vortheilhafter die Einwirkung zwei Stunden dauern zu
lassen, weil die Trockenfähigkeit des Firnisses dadurch etwas befördert, wenngleich
die Farbe desselben wieder etwas dunkler wird. Das auftretende Chlor zerstört allen
Schleim und allen Farbstoff, und erst nachdem dieses geschehen ist, nimmt es dem
Oele etwas Wasserstoff, wodurch Ausscheidung des Kohlenstoffes, also Bräunung des
Oeles, eintritt. Diese Bräunung ist indessen keine beträchtliche, da die Färbung des
Firnisses, der zwei Stunden hindurch der oben erwähnten Einwirkung ausgesetzt
bleibt, gleich ist der von Madeira. Wenn man
Schwefelsäure, die etwas verdünnt ist, statt Salzsäure anwendet, so wird die Färbung
bedeutend dunkler, und der Firniß wird, selbst abgesehen von der Farbe, schlechter.
Von Chlorentwickelung riecht man während der ganzen Operation gar nichts. Die
Anwendung des kupfernen Kessels und des Zinkspatels ist nicht durchaus nothwendig,
aber sie ist vortheilhaft, weil der elektrische Strom die chemische Einwirkung
kräftig unterstützt, und der Firniß dadurch wesentlich verbessert wird. Man erhält
auch Firniß, wenn man die Operation in irgend einem beliebigen anderen Gefäß
vornimmt, aber das Product ist sowohl in Rücksicht auf Farbe, wie auf
Trockenfähigkeit nur ein mittelmäßiges zu nennen. Das Zink wird bei der ganzen
Operation nur sehr wenig angegriffen, ebenso das Kupfer; auffallend ist die
Erscheinung, daß Mohnöl, in derselben Weise behandelt, das Kupfer sehr bedeutend
angreift, d.h. löst; bei Leinöl ist dieses nicht der Fall. Das Zink wird nur in dem
Falle angegriffen, wenn man einen starken Ueberschuß von Salzsäure anwendet, was
nebenbei bemerkt, überflüssig ist. – Wenn die Einwirkung im Kessel beendet
ist, wird der Inhalt in ein großes Faß gepumpt, um sich abzusetzen, was über Nacht
vollkommen geschieht. Das Faß hat zwei Abzugshähne, den einen 2' über dem Boden, von
wo der klare Firniß abgezapft wird, und den anderen unmittelbar über dem Boden,
durch welchen der gut aufgerührte Bodensatz abgelassen wird. Eine Neutralisation des
Säure-Ueberschusses ist nicht nothwendig, da alle Säure sich vollständig
abscheidet. Der klare Firniß enthält etwas Manganchlorür gelöst, denn wenn man
denselben mit etwas Sodalösung schüttelt, fällt das kohlensaure Manganoxydul heraus.
Der klare, sehr dünnflüssige Firniß ist unmittelbar zum Gebrauch fertig, während der
Bodensatz zu Glaserkitt verarbeitet werden kann. Noch ist hervorzuheben, daß
deutsches Leinöl sich für diese Operation am besten eignet; sehr viel weniger das
russische, am wenigsten das englische. Der Firniß aus deutschem Leinöl wird vorzüglich
in allen Eigenschaften, so daß kein anderer Firniß ihm an die Seite gestellt werden
kann.