Titel: | Ueber das im Roheisen enthaltene Silicium; von Edmund G. Tosh. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. XVII., S. 67 |
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XVII.
Ueber das im Roheisen enthaltene Silicium; von
Edmund G. Tosh.
Aus der Chemical News, vol. XIII p. 217; Mai
1866.
Tosh, über das im Roheisen enthaltene Silicium.
Im 2. Aprilheft der Comptes rendus
Man s. den vorstehenden Aufsatz S. 65. machte Dr. Phipson
weitere Mittheilungen über das im Roheisen enthaltene Silicium, in denen er seine
Ansicht, daß das Silicium im Roheisen in zwei Formen zugegen sey, vertheidigt.
Neuere Versuche haben ihm bewiesen, daß das, was er anfänglich für freies Silicium
hielt, im Roheisen wirklich als Kieselsäure, mit Eisenoxydul verbunden, zugegen sey.
In seinem ersten Aufsatze gab er an, daß eine von ihm analysirte Roheisensorte 3,22
Proc. bSi enthielt. Berechnen wir diesen Siliciumgehalt
zu mit Eisenoxydul gesättigter Kieselsäure, so machen wir die staunenswerthe
Entdeckung, daß dieses Eisen 23,46 Proc. Schlacke enthält. Es dürften wohl nur
wenige Chemiker diese Angabe ohne die evidentesten Beweise als richtig annehmen. Da
solche nicht vorliegen, so habe ich einige Versuche über diesen Gegenstand
angestellt und bin zu Resultaten gelangt, welche mit den von Phipson erhaltenen ganz unvereinbar sind.
Größere Mengen von Roheisen (3–4 Gramme) wurden in einem Strome von vollkommen
trocknem Chlorgas erhitzt. Sämmtliches Eisen und Silicium verflüchtigten sich als
Chlorverbindungen, während alle als solche in dem Eisen vorhandene Kieselsäure
unangegriffen zurückblieb. Als nun der vorhandene Kohlenstoff in einem
Sauerstoffstrome verbrannt wurde, blieb ein geringer, aus Kieselsäure und Titansäure
bestehender Rückstand, welcher nur 1 bis 2 Milligrm. wog, entsprechend etwa 0,3
Proc. SiO², anstatt 4 Proc., 5 Proc. oder noch mehr, wie Phipson angegeben hat.
Phipson hält die Behauptung aufrecht, daß alle von dem
sog. bSi herrührende Kieselsäure sich niederschlägt,
wenn das Roheisen in Salpetersalzsäure aufgelöst wird. Daß die hierauf begründete
Bestimmungsmethode durchaus unzuverlässig ist, dafür glaube ich den Beweis in meinem
früheren Aufsatze
über diesen GegenstandVorstehend S. 62. geliefert zu haben. Wäre das bSi als
Eisenoxydulsilicat vorhanden, so wäre die Unrichtigkeit eines solchen Verfahrens
noch offenbarer; bei der Analyse von Silicaten dampfen wir immer erst zur Trockne
ab, bevor wir die Kieselsäure sammeln und bestimmen. Nach Phipson's Ansicht übt der Antheil von Silicium, welcher durch die bei der
Behandlung des Roheisens mit Säuren ausgeschiedene Kieselsäuremenge repräsentirt
wird, bei der Erzeugung von Bessemer-Stahl keine nachtheilige Wirkung aus;
wir erhalten aber keine Aufklärung darüber, wie er zu diesem Schlusse gelangte. Bis
jetzt haben wir durchaus keinen genügenden Beweis dafür erhalten, daß das Silicium
im Roheisen anders als mit dem Metalle selbst verbunden ist. Wir haben gesehen, daß
die Menge der gefällten Kieselsäure keineswegs constant ist, und wenn wir annehmen
wollten, daß das Silicium im Roheisen mit einem halben Dutzend verschiedener
Elemente verbunden vorhanden sey, so würde es sehr schwierig seyn, zu bestimmen, aus
welcher von diesen Verbindungen die Kieselsäure gefällt wird.
In meinem früheren Aufsatze suchte ich nachzuweisen, daß das Vorhandenseyn von freiem
Silicium im Roheisen sehr unwahrscheinlich ist; mit der Gegenwart so großer Mengen
von Eisensilicat verhält es sich wahrscheinlich ebenso. Wenn somit Phipson's Grundangaben ungenau sind, so lassen sich
richtige Folgerungen aus denselben nicht ziehen. So lange diese dunkeln Punkte nicht
einigermaßen aufgeklärt sind, muß die Frage bezüglich der verschiedenen
Verbindungen, in denen das Silicium im Roheisen zugegen ist, sowie bezüglich des
Verhaltens dieser Verbindungen bei der Fabrication von Bessemer-Stahl als
eine offene betrachtet werden.
Chemisches Laboratorium in Göttingen, 4. Mai 1866.