Titel: | Die Addirmaschine von Fritz Arzberger. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. VII., S. 29 |
Download: | XML |
VII.
Die Addirmaschine von Fritz Arzberger.
Aus der schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1866,
Bd. XI S. 33.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Artzberger's Addirmaschine.
Es ereignet sich häufig, daß Leute, welche gewöhnlich wenig mit dem Addiren vieler
Zahlen zu thun haben, zeitweilig (etwa bei Rechnungsabschlüssen am Ende jeden
Jahres) eine große Anzahl Additionen vorzunehmen haben. Solche Leute haben nicht die
nöthige Uebung und wenn sie größere Rechnungen zusammengestellt haben, finden sie
oft erst nach mehrwöchentlicher Arbeit, daß die Rechnung in Folge eines
Additionsfehlers nicht stimmt und es beginnt nun das Aufsuchen des Fehlers, eine
Arbeit, die noch lästiger ist, als das Zusammenzählen selbst.
Dazu kommt noch, daß für denjenigen, der das Addiren nicht gewöhnt ist, diese
Rechnungsoperation, welche von allen die ermüdendste ist, den ganzen Tag hindurch
zur wahren Sclavenarbeit wird, wenn der Geist durch das ewige Einerlei der Arbeit so
getödtet ist, daß ihm die Kraft zu weiterem Fortrechnen ganz schwindet. Jeder
vernünftige Gedanke muß dabei mit Gewalt erstickt werden, weil er in diesem Falle
die Grundlage für unzählige Fehler wird, die, einmal aufgekeimt, sich rasch
vermehren.
Wer nicht sehr geübt ist, muß jede Seite zweimal rechnen, um durch das
Uebereinstimmen der Resultate, sich von der Richtigkeit zu überzeugen, wobei es
nicht selten vorkommt, daß er, einmal ermüdet, denselben Fehler zweimal macht.
Es ist nicht zu läugnen, daß eine Addirmaschine Manchem erwünscht kommen wird, der,
nachdem er mit der Maschine etwa 10 Stunden gearbeitet hat, geistig unermüdet
aufstehen kann, um dann seinen Geist, wenn auch nur für sein Vergnügen, verwenden zu
können; ja wenn er sogar
während des Addirens auf etwas Anderes als auf seine vorliegenden Zahlen denken und
sich geistig nützlich beschäftigen kann.
Mit einer Maschine schneller zu rechnen, als dieß ein geübter Rechner kann, wird kaum
erreichbar seyn, wohl aber kann man mit einer Maschine weit schneller rechnen, als
wenn man jede Seite zweimal rechnen muß, um bestimmte Gewißheit von der Richtigkeit
des Resultates zu erlangen, welche die Maschine mit einmaligem Rechnen liefert. Das
Summiren von 2, 3 bis 6 oder 8 Zahlen ist nicht ermüdend, und wird auch meist
schneller als mit der Maschine gehen; wenn aber 20 und mehr Zahlen übereinander
stehen, und dieß sich oft wiederholt, dann wird die Maschine erwünscht.
Eine Hauptbedingung für eine brauchbare Addirmaschine ist die, daß man während des
Rechnens, sowie während des Einstellens der Zahlen, nicht auf die Maschine zu sehen
braucht, weil das immerwährende Hin- und Hergehen von dem Buche auf die
Maschine und wieder auf das Buch, zu bedeutenden Irrungen Anlaß gibt, welche das
Resultat unzuverläßlich machen würden.
Dieses Nichtansehen der Maschine während des Rechnens und Einstellens würde z.B.
dadurch zu erreichen seyn, daß eine Claviatur mit 9 Tasten angebracht wäre, die den
Ziffern von 1 bis 9 entsprechen würde. Nach einiger Uebung könnte man ohneohue Hinsehen die zu jeder Ziffer gehörige Taste greisen; allein auch bei
dieser Einrichtung könnten Fehler und Fehlgriffe leicht vorkommen und es würde die
Maschine complicirt werden.
Ich habe mich daher entschlossen, bloß zwei Tasten (oder Hebel) anzubringen, von
welchen jede immer mit demselben Finger regiert wird, wodurch ein Fehler kaum
entstehen kann, da jeder Finger auf seiner Taste liegen bleiben kann.
Die Zahlen von 1 bis 9 lassen sich folgendermaßen zerlegen:
1
bleibt
1.
2
zerfällt in
1 und 1.
3
bleibt
3.
4
zerfällt in
3 und 1.
5
„ „
3, 1 und 1.
6
„ „
3 und 3.
7
„ „
3, 1 und 3.
8
„ „
3, 1, 3 und 1.
9
„ „
3, 3 und 3.
Hat nun eine Taste den Werth 1, die andere den Werth 3, so geben beide Tasten nach
einander gedrückt (was beinahe eben so schnell geht, als das Drücken einer einzigen)
4. Will man nun die Ziffer, die man ansieht, auf die Maschine übertragen, so geht
man folgendermaßen zu Werke.
Für
1
drückt
man
die
Taste
I einmal.
„
2
„
„
„
„
I zwei Mal.
„
3
„
„
„
„
III einmal.
„
4
„
„
„
„
III und I nacheinander je einmal.
„
5
„
„
„
„
III, I, I oder IV, I.Man gewöhnt sich sehr schnell für 4 beide Tasten nacheinander zu
drücken, ohne weiter darüber nachzudenken.
„
6
„
„
„
„
III zwei Mal.
„
7
„
„
„
„
III, I, III oder IV, III.
„
8
„
„
„
„
III, I, III, I oder IV, IV.
„
9
„
„
„
„
III drei Mal.
Indem man z.B. die Zahl 7 ansieht, denkt man 4, 3; wenn man 5 ansieht 4, 1 u. w. und
darin besteht die ganze Arbeit des Addirens mit der Maschine. Wie leicht dieß ist,
und wie viel weniger dieß ermüdet als das Addiren selbst, davon möge sich ein
geehrter Leser zuerst überzeugen, bevor er über die Sache ein Urtheil fällt.
Ich habe zu wiederholten Malen Leuten, die meine Maschine früher nie gesehen hatten,
das Addiren gezeigt, die alle nach der ersten Viertelstunde Probezeit ganz
anstandslos, ohne alle Anstrengung und auch sehr rasch das Zahlenübertragen an die
Maschine ausgeübt haben.
Es soll nun die höchst einfache Maschine beschrieben und dann noch kurz auf ihre
Anwendung zurückgegangen werden.
Auf einem pultartig, etwas gegen den Horizont schräg stehenden Brete a, a, Figur 14, befindet sich
ein sägeartig gezahntes Rad b, welches um seinen
Mittelpunkt, an welchem es durch eine Schraube an das Bret a befestigt ist, gedreht werden kann. Zwei Hebel, III und I sind um die
gemeinschaftliche Achse c drehbar und liegen so
übereinander, daß I von III gedeckt erscheint. Bei I und III werden die Hebel mit je
einem Finger nach abwärts gedrückt, was dadurch erleichtert wird, daß das Bret a in der Linie xy auf
dem Tische aufliegt, während die gegenüberliegende, zu xy parallele Seite des Bretes a höher steht,
wodurch die erwähnte pultartige Lage gebildet wird. An den Hebeln III und I sind
beziehungsweise die Schiebklauen d und e so befestigt, daß diese, bei der Bewegung eines oder
des anderen Hebels, das Rad b wie bei dei dem
gewöhnlichen Schaltwerk bewegen. Das Rad b wird außerdem
durch eine
Sperrklinke f, welche mittelst einer Feder an das Rad
angedrückt ist, in bestimmter Lage erhalten.
Der Stift g begrenzt die Bewegung beider Hebel I und III
nach einer Richtung, während der ganz kurze Stift h die
Bewegung von I, der etwas längere Stift i jene von III
nach der anderen Richtung begrenzt. Diese Stifte sind so gestellt, daß durch die
Bewegung des Hebels I das Rad b um einen Zahn, bei der
Bewegung von III um drei Zähne vorwärts geschoben wird.
Erfolgt diese Radbewegung sehr rasch, so ereignet es sich, daß das Rad b in Folge der durch den Stoß von Seite der Schiebklauen
d oder e erlangten
lebendigen Kraft weiter eilt, als es eben erwünscht ist, und deßhalb sind die beiden
fixen Stifte k und l
angebracht. Sobald eine der beiden Schiebklauen d oder
e ihren Weg vollendet hat, kommen sie sehr nahe an
die respectiven Stifte k oder l, wodurch die Schiebklaue festgeklemmt und auch jede Weiterbewegung des
Rades unmöglich gemacht ist.
Entsprechend angebrachte Drahtfedern bringen die Hebel I und III, sowie ihre
Schiebklauen immer wieder in die in der Figur gezeichnete Lage zurück, sobald der
Fingerdruck nachläßt.
An der unteren Fläche eines der Radarme, nahe am Radmittel, ist eine Blattfeder
angenietet, welche bis zu dem Knopfe m reicht. Dieser
Knopf, welcher auf einem an der Blattfeder befestigten und durch ein Loch im Radarme
reichenden Stift sitzt, läßt sich ein wenig niederdrücken, wodurch die Feder sich
von der Untenfläche des Radarmes nach abwärts entfernt. Im Brete befindet sich nun
im selben Abstande vom Radmittel wie m ein fixer Stift,
der gerade so lang ist, daß die genannte Blattfeder, wenn sie ihre natürliche Lage
einnimmt, – d.h. am Radarme anliegt – ob dem fixen Stift ungehindert
passiren kann; drückt man aber den Knopf m nieder und
dreht damit (wie mit einer Kurbel) das Rad um, so wird die Blattfeder, welche jetzt
vom Radarme absteht, den genannten Stift treffen, und das Weiterdrehen wird
verhindert. Dieser Punkt ist so gewählt, daß nach vollendeter Drehung der Zeiger n auf den Nullpunkt der Radeintheilung zeigt. Die Zähne
des Rades dienen zugleich als Eintheilung zum Ablesen des erhaltenen Resultates, was
dadurch erleichtert wird, daß bei jedem 10. Zahn ein längerer Theilstrich mit
beigeschriebener Zahl, bei jedem 5. Zahn ein kurzer Theilstrich angebracht ist.
Das Rad b hat 200 Zähne; eine Zahl, die sich als
praktisch erwiesen hat, die übrigens willkürlich ist.
Ist das Rad auf die beschriebene Weise auf Null gestellt, so kann das Addiren
beginnen, wobei man sich jede Ziffer in die Summanden 1, 3 und 4 zerlegt, und im Momente
als man 1 denkt den Hebel I, wenn man 3 denkt, den Hebel III, und wenn man 4 denkt,
beide Hebel nach einander drückt.
Ist auf diese Art die Reihe der Einheiten fertig, so sieht man auf den Zeiger n hin und liest ab, z.B. 183; man schreibt 3 auf, dreht
mit dem Knopfe m auf Null, stellt 18 ein – indem
man entweder 6mal III drückt, oder mit dem Knopf k, ohne
denselben niederzudrücken, das Rad auf 18 einstellt – und addirt mit den
Hebeln I und III die Reihe der Zehner, liest ab, schreibt die Einheiten der Ablesung
an die Stelle der Zehner, stellt den Rest ein, addirt die Hunderter u.s.w.
Ich bringe diese Beschreibung in die Oeffentlichkeit, damit sich Jeder, dem das
Addiren lästig geworden ist, dieses einfache Schaltwerk anfertigen könne, wobei ich
aufmerksam mache, daß die Stifte k und l wenigstens 3 Millimet. stark seyn müssen, um durch das
heftige Anschlagen von d und e nicht unzuverlässig zu werden. i und h lassen sich aus gewöhnlichen Holzschrauben herstellen,
die mindestens eben so stark wie k und l gemacht werden müssen, und deren Köpfe man excentrisch
feilt; hierdurch wird es möglich, den Hub der Hebel I und III durch ein kleines
Verdrehen der Schrauben i und h sehr genau einstellen zu können.