Titel: | Ueber das Daelen'sche Feuerungssystem und seine Anwendung zu Dampfkesselfeuerungen, Kupolöfen etc.; von Dr. Robert Schmidt, Civilingenieur in Berlin. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. II., S. 15 |
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II.
Ueber das Daelen'sche Feuerungssystem und seine Anwendung zu
Dampfkesselfeuerungen, Kupolöfen etc.; von Dr. Robert Schmidt, Civilingenieur in
Berlin.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Schmidt, über das Daelen'sche Feuerungssystem.
Das Daelen'sche Feuerungssystem, welches den
Civilingenieuren HHrn. A. Daelen und Ed. Freudenthal in allen größeren Staaten patentirt wurde,
charakterisirt sich im Allgemeinen dadurch: daß, bei der ausschließlichen Verwendung
von rohen Brennmaterialien, wie Steinkohle, Torf, Holz u.s.w., für jede
Feuerungsanlage zwei besondere Feuerstellen angeordnet sind, wovon die eine zur
Entgasung (Verkohkung) derselben, die andere zur Verbrennung der verkohlten
Materialien dient, während alle dabei sich entwickelnde Wärme nutzbar gemacht
wird.
Zur Verkohkung der Brennmaterialien ist ein Feuerungssystem angewendet, welches
bereits im Jahre 1856 von dem Ingenieur Duméry zu
Paris in Vorschlag gebracht,Polytechn. Journal Bd. CXL. S.
241. aber wegen zu complicirter Anordnung des Apparates in der Praxis wieder
aufgegeben wurde. Während nämlich bei gewöhnlichen Feuerungen die dem Feuer zuströmende
atmosphärische Luft den Weg von verbrannten (von unten) zu weniger verbrannten (nach
oben) Theilen des Brennmaterials nimmt, bewegt sich dagegen die Luft nach dem Duméry'schen Princip in der Richtung von
unverbrannten (von oben) Theilen des Brennmaterials nach solchen, welche in
stärkster Gluth sich befinden (nach unten). Die Vortheile dieses Feuerungssystems,
welche damals auch von der französischen Akademie der Wissenschaften anerkannt
wurden, sind nicht unwesentliche. Während nämlich bei der gewöhnlichen
Feuerungsmethode die atmosphärische Luft zuerst mit den in voller Gluth befindlichen
und später erst mit den gasförmigen Theilen in Berührung tritt, kommt hier die
frische Luft erst mit den gasförmigen Elementen der Kohle zusammen, mischt sich
innig mit denselben, und treten erstere, vollständig verbrannt, durch das in voller
Gluth befindliche Brennmaterial aus. Bei Zulassung einer geringeren Luftmenge möchte hier also eine vollkommenere Verbrennung als
bei der gewöhnlichen Zuganordnung zu erwarten seyn. Außerdem ist beachtungswerth,
daß bei dieser Feuerungsmethode neue Aufschüttungen den normalen Gang der Beheizung
weniger beeinträchtigen werden als bei der gewöhnlichen. Um Weitschweifigkeiten zu
vermeiden, wollen wir in der Folge die Feuerungsmethode nach dem Duméry'schen Princip solche „mit
veränderter Zugrichtung,“ und die nach der gewöhnlichen Methode
solche „mit gewöhnlicher Zugrichtung“ nennen.
Bei dem Daelen'schen Feuerungssystem sind, wie bereits
erwähnt, beide Feuerungsmethoden mit einander in harmonischer Weise verbunden; für
die Verbrennung der gebildeten Kohks ist die Methode mit gewöhnlicher, und zum VerkohlenVerkohken der Brennmaterialien die mit veränderter Zugrichtung gewählt. Da nun
bekanntlich zur Verbrennung der Gase größere Luftmengen als zur Verbrennung der
verkohlten Materialien gehören, so entsteht außer den bereits oben erwähnten
Vortheilen, welche die Feuerungsmethode mit veränderter Zugrichtung immer bedingt,
auch noch der: daß man die zuzulassenden Luftmengen dem Zustande des Brennmaterials
entsprechend reguliren kann, also mit weniger Luft, als bei den gewöhnlichen
Feuerungen, das Feuer wird unterhalten können. Für hüttenmännische Processe, welche
bisher beinahe ausschließlich mit verkohlten Materialien betrieben werden konnten,
kommt aber außerdem noch der Umstand in Betracht, daß durch die Trennung der
verschiedenen Feuerungsprocesse die Producte der Gasverbrennung unschädlich gemacht
werden können.
Die Daelen'sche Dampfkessel-Feuerung, welche auf
den im Vorstehenden erwähnten Hauptprincipien beruht, ist unseren Lesern durch die von Hrn. Professor Rühlmann veröffentlichte und im 2. Aprilheft dieses
Journals (Bd. CLXXX S. 102) mitgetheilte Beschreibung nach beigegebener Abbildung
bereits bekannt.
Was nun die praktische Nützlichkeit dieser Dampfkessel-Feuerung betrifft, so
ist dieselbe durch eine große Anzahl von Ausführungen, die namentlich in fast allen
Staaten Deutschlands gemacht wurden, bereits constatirt. Dieselbe hat sich nicht nur
in allen Fällen als sogenannte „rauchverzehrende
Feuerungsanlage“ bewährt, sondern es ist durch dieselbe auch eine
bedeutende Brennmaterialersparniß erzielt worden. Nach den uns vorliegenden
Zeugnissen geachteter Maschinenfabrikanten, welche diese Feuerung seit Monaten in
Betrieb haben, beträgt diese Ersparniß im Vergleich zu den bisherigen, mehr oder
weniger vollkommenen Anlagen, 15 bis 30 Proc. Auch ist die Behandlung des Feuers,
wie ich mich durch Besichtigung der neuen Anlagen überzeugt habe, durchaus nicht
umständlicher und mühsamer als mit den gewöhnlichen Feuerungsanlagen, und kann jede
bestehende Anlage ohne längere Betriebsstörung für dieses Feuerungssystem
eingerichtet werden.
Zur Ausführung dieser Feuerung sind in fast allen deutschen Staaten besondere Agenten
ernannt, und wird dieselbe von Berlin aus durch die
Civilingenieure F. Scheer (Friedrichsstraße 108) und E.
Freudenthal (Commandantenstraße 44a) besorgt, auch von uns (Linienstraße 137) gern
nähere Auskunft über dieses System ertheilt.
Wie bereits erwähnt, beabsichtigt der Erfinder, sein neues Feuerungssystem nicht bloß
für Dampfkessel, sondern für jede Feuerung in vortheilhafte Anwendung zu bringen,
z.B. für Kupolöfen, Hohöfen, Schweißöfen u.s.w. Die Ersparniß an Kosten für
Brennmaterial soll bei diesen Oefen um so bedeutender werden, als solche bisher
beinahe ausschließlich mit verkohlten Materialien betrieben wurden, die im Preise
viel höher als die rohen Brennmaterialien stehen, und nicht immer in demselben
Verhältniß mehr Wärme liefern. So kostet z.B. 1 Centner Kohks nach Berliner Preisen
17 Sgr., 1 Centner Steinkohlen 10 Sgr., und gleiche Gewichte von beiden Materialien
liefern durchschnittlich gleiche Wärmemengen, wornach der Betrieb mit Steinkohlen
sich bedeutend billiger stellen muß, wenn die getroffene Anordnung der
Feuerungsanlage die Anwendung derselben für den Proceß möglich macht. Obgleich uns
bis jetzt keine bestimmten Nachrichten über die Resultate solcher Anlagen zugegangen
sind, so wollen wir doch bei dem großen Interesse der industriellen Welt für die
Feuerungsanlagen hier noch den Daelen'schen Entwurf
eines
Kupolofens
mittheilen. Derselbe ist in Fig. 9 und 10 in zwei verticalen
Durchschnitten gezeichnet, und zwar stellt Fig. 10 einen
Längen- und Fig. 9 einen Querdurchschnitt dar. Im Allgemeinen hat der Ofen die
Einrichtung erhalten, daß in besonderen Schächten das rohe Brennmaterial verkohlt
wird, und die hierbei entstehende Flamme nach Art eines Flammofens zuerst auf das
Eisen wirkt, während der eigentliche Schmelzraum in gewöhnlicher Weise angeordnet
ist.
Die aus beiden Brennprocessen abgehende Wärme heizt noch den Dampfkessel, welcher zum
Betriebe des Ventilators dient, und geht schließlich nach einem Schornstein.
D ist der wie gewöhnlich construirte Schmelzraum. Ueber
demselben befinden sich drei Schächte, nämlich die Schächte F und F', welche sich (Fig. 9) gegenüber liegen,
und der Schacht C. Jeder Schacht ist dem Heizer durch
eine Thür K, sowie durch Schüröffnungen i zugänglich. Die Füllung dieser Schächte findet durch
Füllkästen h statt und ist für jeden Schacht ein
besonderes Windrohr c angeordnet. Dem Schacht C gegenüber befindet sich der Herd E des Flammofens, welcher dem Wärter durch Thüren
zugänglich ist, um theils das Eisen in denselben einzutragen, theils dasselbe nach
dem Schmelzraum zu stoßen. Die Fortsetzung des Flammofens bilden die Canäle für den
Dampfkessel A, welche schließlich in den Schornstein B münden. Der Rost a dient
zum Anheizen des Dampfkessels bevor der Kupolofen in Gang gebracht wird.
Zur Inbetriebsetzung des Kupolofens wird zunächst im Schachte C ein Holzfeuer angezündet, und wenn dieses in voller Gluth sich befindet,
Steinkohle aufgegeben. Nach ihrer Verkohkung wird diese durch die Thür K nach dem Schmelzraum gestoßen, und diese Operation so
lange fortgesetzt, bis der Schmelzraum bis zu den Punkten m mit Kohks gefüllt ist. Hiernach wird der Schacht C außer Betrieb gesetzt und zur weiteren Verkohkung der Kohlen und
Beschickung des Schmelzraumes werden die beiden Schächte F und F' in Gang gebracht, von denen aus die
Füllung des Schmelzraumes selbstthätig stattfindet. Specieller glauben wir hier auf
den Betrieb des Ofens nicht eingehen zu dürfen.
Was nun die Vortheile und besonders die Ersparnisse bei Anwendung des Daelen'schen Kupolofens betrifft, so hat solche der
Erfinder für gewisse Annahmen berechnet, und wollen wir hier schließlich die
Hauptergebnisse seines Calculs folgen lassen. Er geht dabei von einem jährlichen
Eisenverbrauch von 30000 Ctrn. aus und setzt den dazu sonst nöthigen Kohksverbrauch
zu 15 Proc., also nach Berliner Preisen, den Werth desselben gleich 30000 . 15/100 .
17/30 = 2550 Rthlrn.
Bei Verwendung von Steinkohlen
ergibt sich wegen
billigeren Preises eine
Ersparniß von
1050 Rthlrn.
Wegen vollkommenerer Verbrennung und geringerem
Luftverbrauch eine
weitere Ersparniß von
300 Rthlrn.
Wegen kostenloser Dampferzeugung zum Ventilatorbetriebe
eine Ersparniß
von
195 Rthlrn.
Wegen des verminderten Eisenabbrandes, durch
verminderten Luftzufluß
veranlaßt, eine Ersparniß von
2000 Rthlrn.
Durch Verminderung der Schlacken eine weitere Ersparniß
von
940 Rthlrn.
Endlich durch verminderten Kalkzusatz die Ersparniß
von
105 Rthlrn.
Dieß gibt eine Brutto-Ersparniß von 4590 Rthlrn.
Werden hiervon die nöthigen Abzüge für Mehrkosten, deren Zinsen und Amortisirung
gemacht, die nach der Rechnung des Erfinders pro Jahr
150 Rthlr. betragen, so bleibt noch eine Netto-Ersparniß von 4440 Rthlrn. pro Jahr.
Wenn wir auch nicht im Stande sind, uns in allen Stücken mit der aufgestellten
Rechnung des Erfinders zu befreunden, so möchte dieselbe immerhin einen Anhalt
geben, welche Vortheile beiläufig die Anwendung des Daelen'schen Kupolofens in der Praxis liefern könnte, und die Beachtung
desselben in industriellen Kreisen möchte mehr als wünschenswerth seyn. Ein
wesentlicher Vortheil, welchen dieser Ofen noch darbietet, ist der, daß er weniger
feuergefährlich als die bisherigen derartigen Oefen ist.