Titel: | Zymotechnische Miscellaneen; von Dr. Joh. Carl Lermer, Brau-Techniker. |
Autor: | Johann Karl Lermer [GND] |
Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. LIX., S. 231 |
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LIX.
Zymotechnische Miscellaneen; von Dr. Joh. Carl Lermer,
Brau-Techniker.
Lermer, zymotechnische Miscellaneen.
I. Einfluß des Hopfens auf die
unorganischen Bestandtheile der Würze.
Erst in jüngster Zeit hat man auch den unorganischen Bestandtheilen der
Nahrungsmittel eine größere Aufmerksamkeit zugewendet, wohl im Zusammenhange mit der
eifrigen Fürsprache, die denselben auf dem pflanzen-physiologischen Gebiete
durch v. Liebig zu Theil wurde. Von diesem Gesichtspunkte
aus ist auch der Gehalt des Bieres an unorganischen Bestandtheilen von Interesse,
zumal da sich die Bierasche durch einen sehr hohen, 25 bis 35 Proc. betragenden
Phosphorsäure-Gehalt auszeichnet. Zu dem Gesammtbetrage an unorganischen
Bestandtheilen im Biere muß offenbar der Hopfen, wenn auch in beschränkterem
Umfange, beitragen.
Zur Aufhellung der Größe des Hopfen-Einflusses auf die Zusammensetzung des
Bieres nach dieser Richtung führte ich die Aschen-Analysen einmal mit
frischem Hopfen aus und dann mit solchem, welcher bereits zum Hopfen der Würze
gedient hatte, selbstverständlich von ein und derselben Waare.
Zu dem Gebräu, von welchem das Untersuchungs-Material stammte, wurden 12
bayerische Scheffel Malz und 26 Pfund Hopfen verwendet, und daraus 72 bayerische
Eimer Bier (Lagerbier) erzeugt.
In einer im Kleinen ausgeführten Parallelprobe, wobei der genau gewogene Hopfen, in
ganz ähnlicher Weise wie es in der Praxis geschieht, mit Würze 2 Stunden lang im
Sieden erhalten wurde, bestimmte ich genau die Gesammtabgabe des Hopfens an die
Würze, indem ich den durch Auswaschen mit destillirtem Wasser von der eingesogenen
Würze vollkommen befreiten Hopfen bis zur Constanz bei 100° C. trocknete und
dann wieder zur Wägung brachte.
Aus der Kombination dieser Bestimmung mit den Aschenanalysen des frischen sowohl, als
des mit Würze gekochten Hopfens, läßt sich demnach der Einfluß des Hopfens auf die
unorganischen Bestandtheile der Würze und des Bieres leicht ableiten.
Der Hopfen enthielt vor dem Kochen mit Würze im lufttrockenen Zustande 83,93 Proc.
Trockensubstanz, indem derselbe bei 100° C. bis zur Constanz seines Gewichtes
getrocknet, 16,07 Proc. Feuchtigkeit verlor, und 100 Theile dieses getrockneten
Hopfens hinterließen beim Einäschern 5,04 Theile unorganische Bestandtheile,
entsprechend in 100 Theilen lufttrockenen Materials 4,28 Theilen.
100 Gewichtstheile bei 100° getrockneten Hopfens oder 119,16 Theile desselben
im lufttrockenen Zustande hinterließen nach dem Sieden mit der Würze 71,02
Gewichtstheile ausgelaugten Hopfens, gleichfalls bei 100° C. getrocknet zur
Wägung gebracht.
Dieses letztere Material, ebenfalls eingeäschert, lieferte von 100 Theilen
(getrocknet) 3,44 Theile unorganische Bestandtheile.
Entwickeln wir nun zunächst auf Grund dieser Daten die Gesammtabgabe des Hopfens an
unorganischen Stoffen an die Würze, so finden wir: 100 Gewichtstheile getrockneten
Hopfens (welche vor dem Sieden mit Würze 5,04 Theile Asche enthalten, entsprechend
nach Abzug der Kohlensäure 4,47 Theilen unorganischer Substanz) hinterlassen nach
dem Auslaugen 71,02 Gewichtstheile Trockensubstanz, worin an unorganischen
Bestandtheilen (da 100 nach oben 3,44 geben) 2,44, und nach Abzug der Kohlensäure
2,056. Mithin geben 100 Theile des frischen getrockneten Hopfens 5,04 – 2,44
= 2,60 Proc. Asche, oder 4,47 – 2,056 = 2,414 unorganische Substanzen an die
Würze ab, also nahezu die Hälfte der darin vor dem Sieden mit Würze überhaupt
vorhandenen Menge.
Suchen wir weiters die hierdurch bewirkte Anreicherung der Würze und folglich des
fertigen Bieres an unorganischer Substanz zunächst im Allgemeinen vor Augen zu
führen, und zwar an dem wirklichen, praktischen Beispiele, wie wir es Eingangs
erwähnten, wo auf 12 bayer. Scheffel Malz 26 Pfund Hopfen kamen und 72 bayer. Eimer
Lagerbier gewonnen wurden.
Die 26 Pfund Hopfen, entsprechend 14560 Grm., würden nach unserer obigen
Parallel-Bestimmung (14560 . 83,93)/100 = 12220 Grm. des bei 100° C.
getrockneten Materials gegeben haben; daraus wäre eine absolute Menge an Asche
erhalten, entsprechend 5,04 Procenten, oder: (12220 . 5,04)/100 = 615,9 Grm. und
darin hätten sich nach Abzug der Kohlensäure gefunden (12220 . 4,47)/100 = 546,2
Grm. unorganische Salze. Von diesem Gesammtgehalt würden nun (12220 . 2,414)/100 =
294,99 Grm. an die Würze abgetreten werden, die also endlich auch im fertigen Biere
die Aschenmenge erhöhen. Ob nun deren ganze Menge einfach den unorganischen
Substanzen im Biere sich beigesellt, oder ob davon in den weiteren Operationen des
Brauprocesses ein bestimmter Antheil wieder ausgeschieden wird, müssen
Specialuntersuchungen entscheiden.
Beziehen wir diese Anreicherung der Würze an unorganischen Substanzen auf den
Aschengehalt des Bieres, um einigermaßen durch directe Anschauung ein Bild über die
Größe dieses Einflusses des Hopfens zu gewinnen, so ergibt sich Folgendes:
Die 72 bayerischen Eimer à 64 Maaß des in unserem
Sude erzeugten Bieres, dessen specifisches Gewicht sich zu 1,014 ergab, deren
absolutes Quantum also (indem 1 Maaß bayer. = 1,069 Liter) 4995,4 Kilogramme betrug,
gaben in einer directen Bestimmung einen Aschengehalt von 0,23 Procent. Die absolute
Menge in unseren erzeugten 72 Eimern Bier betrug demnach 11,49 Kilogrm.
Im günstigsten Falle, wenn nämlich von den durch die Würze aufgenommenen
unorganischen Substanzen des Hopfens im weiteren Verlaufe des Brauprocesses nichts
entfernt wurde, dieselben also gänzlich in das Bier übergingen, konnte der Hopfen
– 26 Pfd. – jenem Gesammtgehalte an Aschenbestandtheilen im Biere nach
Obigem ein Gewicht von 295 Grm. zugeführt haben. Es würden mithin 2,57 Procent des
Gesammt-Aschengehaltes (ausschl. Kohlensäure) im Bier durch den Hopfen in
dasselbe eingeführt seyn. Man sieht, wie gering, selbst unter der Voraussetzung daß
die dem Würzesieden nachfolgenden Operationen des Brauverfahrens nicht noch einen
Theil dieser aus dem Hopfen aufgenommenen unorganischen Bestandtheile entfernen,
dieser Einfluß ist. Derselbe würde zu dem wirklichen Gehalte des Bieres an
Aschenbestandtheilen von 0,23 Proc. nur mit einem Antheil von 0,0059 Procent
beigetragen, folglich der Aschengehalt ohne diesen Einfluß sich statt 0,23 auf
0,2241 Procent belaufen haben.
Betrachten wir nun weiter die Resultate der vollständigen Analyse der Aschen des
Hopfens vor dem Sieden mit Würze und nach demselben.
Beide Analysen neben einander gestellt ergaben folgende procentische Zusammensetzung
der Aschen:
A. Vor dem Sieden
mit Würze.
B. Nach dem Sieden mit
Würze.
Chlornatrium
3,855
0,301
Kali
17,073
3,555
Natron
3,975
1,550
Kalk
12,042
28,588
Magnesia
5,615
9,323
Thonerde
0,763
0,625
Eisenoxyd
2,078
5,053
Kupferoxyd
–
0,529
Schwefelsäure
4,605
2,830
Phosphorsäure
15,100
9,629
Kieselsäure
23,131
22,059
Kohlensäure
11,237
15,706
–––––––––
–––––––––
99,474
99,748
nach Abzug der Kohlensäure
88,237
84,042
Eine directe Vergleichung lassen diese beiden Analysen indeß offenbar noch nicht zu,
da sie nur die procentische Zusammensetzung der beiden Aschen angeben, aber keinen
unmittelbaren Aufschluß verschaffen, wie viel von den einzelnen Bestandtheilen an
die Würze abgetreten wurde. Für diese Frage müssen wir vielmehr das Ergebniß der
Aschenanalysen auf ein und dieselbe Menge des ursprünglichen Materials – des
Hopfens nämlich – beziehen.
Es hinterblieben nun von hundert Gewichtstheilen (im bei 100° getrockneten
Zustande gedacht) frischen Hopfens beim Kochen mit Würze, wie oben angegeben, 71,02
Gewichtstheile ausgelaugten Hopfens. Um einen Vergleich der beiden Aschenanalysen zu
erzielen, werden wir also die gefundene Zusammensetzung der Asche des ausgelaugten
Hopfens auf 71,02 Theile dieses letzteren umzurechnen haben, wodurch wir alsdann den
Rückhalt an unorganischen Substanzen in dem von 100 Theilen frischen Hopfens
zurückgebliebenen, ausgelaugten erhalten, und wodurch wir somit ein klares Bild der
Abgabe von unorganischen Bestandtheilen an die Würze gewinnen müssen.
Die nach dem Kochen mit Würze verbliebenen 71,02 Theile ausgelaugten Hopfens
lieferten, wie bereits angeführt, 2,443 Theile Asche. Berechnen wir für letztere
Zahl die einzelnen näheren Bestandtheile, verfahren wir ebenso mit der Zahl 5,04
(dem procentischen Aschengehalte des frischen, wasserfreien Hopfens), und stellen
die Resultate nebeneinander, so erhalten wir folgenden Ueberblick:
A. In 100 Theilen frischen
trockenen Hopfens, entsprechend 119,16
Theilen im lufttrockenen Zustande, sind
enthalten:
│││
B. In den von A.
resultirenden 71,02 Theilen trockenen,
ausgelaugten Hopfens sind enthalten:
5,04 Aschenbestandtheile, und diese bestehen
aus:
││
2,443 Theile Aschenbestandtheile und diese bestehen
aus:
Chlornatrium
0,1953
0,0074
Kali
0,8650
0,0871
Natron
0,2014
0,0380
Kalk
0,6101
0,7002
Magnesia
0,2845
0,2283
Thonerde
0,0387
0,0153
Eisenoxyd
0,1053
0,1238
Kupferoxyd
–
0,0129
Schwefelsäure
0,2333
0,0693
Phosphorsäure
0,7651
0,2358
Kieselsäure
1,1720
0,5402
Kohlensäure
0,5693
0,3847
–––––––
––––––––
5,0400
2,4430
Vergleichen wir die einander zugehörigen Werthe in beiden Columnen, so ergibt sich
leicht, daß Chlornatrium, die Alkalien, Schwefelsäure und Phosphorsäure in
umfassendstem Grade von der Würze aufgenommen wurden. Ebenso ging Kieselsäure in
beträchtlicher Menge in dieselbe über. In viel geringerem Grade wurde, wie
vorauszusehen war, Magnesia aufgenommen. Von Kalk hingegen wurde ein gewisser
Antheil durch den Hopfen der Würze entzogen. Ferner zeigte der ausgelaugte Hopfen
einen geringen Kupfergehalt, der sich in dem frischen Hopfen nicht vorfand, und
offenbar aus der Würze, d.h. ursprünglich von den für die Darstellung derselben
verwendeten kupfernen Geräthschaften herrührte. Immerhin ist diese kupferentfernende
Eigenschaft des Hopfens beachtenswerth. Auch der Eisengehalt zeigte sich im
ausgelaugten Hopfen ein wenig gesteigert.
II. Gehalt des mit Würze gekochten
Hopfens an letzterer.
Ehe die gehopste und klar gekochte Würze auf die Kühlschiffe oder anderweitigen
Kühlapparate gelangt, hat dieselbe behufs der Entfernung des ausgelaugten Hopfens
eine Seihvorrichtung zu passiren.
Hierbei halten die Hopfendolden eine nicht unbeträchtliche Menge Würze durch
Imbibition zurück, welche für den Brauproceß gänzlich verloren geht, die aber wohl
am zweckmäßigsten durch Auspressen noch theilweise gewonnen werden könnte.
Um über die Größe des dadurch sich ergebenden Verlustes Aufschluß zu erlangen,
stellte ich einige directe Versuche an.
Bei der Interpretation der dabei gewonnenen Ergebnisse konnte ich zugleich obige
Bestimmung der relativen Menge des ausgelaugten Hopfens benutzen.
Es hinterließen 500 Grm. des aus dem Hopfenseiher genommenen, mit Würze noch
durchtränkten Hopfens nach dem vollständigen Auswaschen 82,5 Grm. lufttrockenen
ausgelaugten Hopfens, der sich bei einem in einer Separatprobe ermittelten
Trockengehalte von 87,95 Proc. auf 72,5 Grm. Trockensubstanz reducirte.
Es waren mithin 500 – 72,5 = 427,5 Würze zurückgehalten worden, entsprechend
85,49 Procent des mit Würze getränkten Hopfens, und 100 Theile trockenen,
ausgelaugten Hopfens vermochten 589,1 Theile Würze zurückzuhalten.
Beziehen wir diese Ergebnisse auf den in voriger Nummer mitgetheilten praktischen
Fall eines Sudes, so ergibt sich Folgendes:
Die dazu verwendeten 26 Pfund bayer. oder 14560 Grm. Hopfen mit einem Trockengehalte
von 12220 Grm. haben zufolge der mitgetheilten Separatbestimmung einen Auslaugungs-Rückstand von
71,01 Proc. des trockenen frischen Hofens, also von 8679 Grm. nach dem Sieden mit
Würze hinterlassen und diese vermochten ein Würze-Quantum von 51,1 Kilogr. =
91,2 bayer. Pfund zurückzuhalten, was etwas über 1 Procent Verlust des ganzen
erzeugten Würze-Quantums (72 bayer. Eimer) beträgt.
III. Zusammensetzung des
Biersteins.
An den Würze-Leitungsröhren und vornehmlich an den Wandungen der Kühlschiffe
setzt sich, nachdem dieselben einige Zeit im Gebrauch gewesen sind, eine grauliche
oder braune, oft glänzende dünne Kruste ab, welche die Apparate firnißartig
überzieht und so fest an denselben haftet, daß sie durch das übliche Waschen nicht
beseitigt, sondern nur unter Anwendung größerer Gewalt entfernt werden kann.
Dieser gewöhnlich mit dem Namen Bierstein (nicht zu verwechseln mit dem gleichfalls
Bierstein oder Zeilithoid genannten, eingetrockneten gehopsten Malzextracte, das von
einigen Seiten als unmittelbares, leicht transportables Material zur Biererzeugung
empfohlen und einzuführen versucht wurde) belegte, zarte Ueberzug bildet ein
natürliches Schutzmittel für das Bier zur Abwehr des unwillkommenen
Metallgeschmackes, welchen dasselbe so gerne bei Verwendung derartiger Apparate
annimmt; er begünstigt auch bei Verwendung hölzerner Kühlgeräthe die vollkommene
Reinigung derselben wesentlich, da er das Eindringen und Verbleiben von
Würze-Resten, die sich im Holze zersetzen und dadurch Anlaß zu höchst
gefährlicher, weiterer Verderbniß der Würze geben würden, verhindert.
Das durch Abschaben von einem seit längerer Zeit in Gebrauch gestandenen kupfernen,
verzinnten Kühlschiffe mit Hülfe eines Messers gewonnene Material stellte ein
graulichweißes Pulver dar, welches folgende Zusammensetzung hatte.
Es verlor durch Trocknen bei 110° C. 7,000 Proc. Wasser und hinterließ beim
Einäschern 29,243 Proc. kohlensäurefreie Asche, enthielt also 63,757 Procent
organische Materien.
Durch Glühen mit Natronkalk lieferte der lufttrockene Bierstein eine
Stickstoffausbeute von 2,021 Proc., entsprechend an Proteinsubstanzen, dieselben zu
15,5 Proc. Stickstoffgehalt angenommen, 13,04 Procent, so daß für die übrigen
organischen Substanzen ein Rest von 50,717 Proc. übrig bleibt.
Die 29,243 Procent Asche bestanden aus:
Kalk
25,519
Magnesia
0,140
Kupferoxyd
0,062
Eisenoxyd
0,930
Phosphorsäure
0,218
Kieselsäure
0,374
–––––––––
29,243
Man kann den sogenannten Bierstein hiernach als eine, sich aus der Würze ablagernde
Cementation von stark kalkhaltigen (etwa 25 Proc. Kalk enthaltenden) Niederschlägen
organischer Substanzen mit einer nicht sehr beträchtlichen (etwa 1/7) Einmengung
proteinartiger Körper ansehen.
Der darin angetroffene Kupfergehalt rührt höchst wahrscheinlich von: Abschaben des
kupfernen und verzinnten Kühlschiffes her, obgleich ich Kupfer mehrmals in
verschiedenen, aus dem Brauprocesse erhaltenen Ausscheidungen nachgewiesen habe.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)