Titel: | Woodward's patentirter Dampf-Kupolofen; von C. Kappesser. |
Autor: | C. Kappesser |
Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. XLI., S. 150 |
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XLI.
Woodward's patentirter Dampf-Kupolofen; von C. Kappesser.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Woodward's Dampf-Kupolofen.
Wenn man die in den letzten Jahrzehnten gemachten Erfindungen und Verbesserungen
betrachtet, welche auf allen Gebieten der Industrie durch den mächtigen Impuls der
Concurrenz hervorgerufen wurden, so wird man leicht zu dem Gedanken geführt, daß man
an einen gewissen Abschluß gekommen sey, und daß ein weiterer Schritt vorwärts in
das Reich der Unmöglichkeit gehöre. – Wirklich sind auch viele
Fabricationszweige zu einer Vollendung gekommen, welche diese Behauptung als richtig
erscheinen lassen möchte.
Allein trotz dieser allgemeinen Regsamkeit wird sich wohl noch manches Feld auffinden
lassen, wo seit Jahren keine Neuerungen mehr eingeführt wurden, obgleich die
Resultate desselben uns als höchst ungenügend erscheinen müssen. Im Hohofenbetrieb
z.B. sind großartige Verbesserungen eingeführt worden, welche die Eisenproduction
auf eine kaum gehoffte Höhe gebracht haben, sowohl was Quantität als Qualität des
Productes anbelangt. So viel aber auch hierin gethan worden, so sind an den zum
Umschmelzen des Eisens verwendeten Kupolöfen wenig wesentliche Neuerungen angebracht
worden, und der starke Verbrauch an Brennmaterial, sowie der oft bedeutende Ausfall
mißrathener Gußstücke durch nicht gares Eisen bildet in den meisten Eisengießereien
noch heute wie früher die beständige Klage.
Es muß daher die Einführung einer neuen Anordnung dieses Ofens, wobei die so oft
gerügten Mißstände der gewöhnlichen Construction beseitigt sind, allgemeines
Interesse erregen.
Der im Anfange des Jahres 1865 für Woodward in Manchester
patentirte Dampf-Kupolofen scheint die an eine verbesserte Einrichtung gestellten Anforderungen
in hohem Grade in sich zu vereinigen.Man s. die frühere Mittheilung über das Princip und die Vortheile desselben,
im polytechn. Journal Bd. CLXXVII S.
149.A. d. Red. – Suchen wir durch eine kurze Beschreibung die Eigenthümlichkeiten
desselben näher kennen zu lernen, und betrachten wir alsdann die Vorzüge, welche
derselbe gegenüber seinen Vorgängern aufzuweisen hat.
Fig. 1 stellt
einen Vertical-Durchschnitt dieses Ofens dar; Fig. 2 eine äußere
Ansicht, und Fig.
3 und 4 Horizontalschnitte desselben durch die Achsen der Düsen.
Ein cylinderförmiger, etwa 14 Fuß hoher, von 3/8'' starkem Eisenblech gebildeter Raum
a ist innen mit einer 5–7'' starken Schicht
feuerfester Steine ausgemauert. Der untere Theil b des
Ofens dient zur Ansammlung der geschmolzenen Eisenmasse und hat eine zum Reinigen
des Ofens bestimmte Thüre c, sowie die zum Ablassen des
Eisens nöthige Oeffnung d. Ueber diesem Raume geht die
Mauer zu einer Stärke von 10'' über, und trägt die rings an dem Umfange des Ofens
angebrachten Luftdüsen e. Es sind dieß 3'' auf 5'' weite
gußeiserne Röhren von rechteckigem Querschnitte, deren Zahl von der Größe des Ofens
abhängt und zwischen 7–12 variirt. Eine zweite Lage Düsen f von rundem Querschnitte und 1 1/2'' innerer Weite ist
etwa 13–14'' über ersteren angebracht; sie dienen zum Anfachen des Feuers und
werden beim Beginne des Blasens verschlossen. Wird jedoch eine sehr rasche
Production von geschmolzenem Eisen gewünscht, so können eine oder mehrere derselben
zu vermehrtem Luftzutritt offen gehalten werden.
Etwa 9'' über dieser Düsenreihe beginnt die Mauerung des Ofens sich auf eine Länge
von 2 Fuß trichterförmig zu erweitern und geht alsdann in die cylindrische Form
über.
An dem oberen Theile des Ofens ist ein schachtförmiger Trichter g von Gußeisen angebracht, durch welchen die zur Aufgabe
bestimmten Quantitäten Kohks und Eisen in den Ofen eingefüllt werden. Ein an einem
doppelarmigen Hebel h befestigtes Register i schließt den Ofen nach jedesmaliger Aufgabe ab.
Noch ist zu bemerken, daß mehrere Ringe von Winkeleisen k
in gleichen Abständen in der Eisenhülle des Ofens angenietet sind, welche besonders
dazu dienen, das Gewicht der Mauerung einigermaßen abzunehmen, dann aber auch um das
Springen derselben durch die ungleiche Ausdehnung zu verhüten.
Der cylindrische Theil des Ofens ist durch einen conischen, starken, gußeisernen
Aufsatz l abgeschlossen. In denselben mündet ein
Dampfrohr
o von 1 1/2'' innerer Weite; seine 3/4'' große
Ausmündungsöffnung p liegt genau in der Achse des Ofens.
Ein in die Dampfleitung eingefügter Hahn q regulirt die
Intensität des ausströmenden Dampfes. Letzterer hat durchschnittlich 45–60
Pfd. Druck per Quadratzoll und kann einem gewöhnlichen
Dampfkessel entnommen werden, welcher in der Nähe des Ofens aufgestellt ist.
Endlich wäre noch der Abzugskamin zu erwähnen, dessen unteres, cylindrisches Ende m aus Gußeisen besteht und auf oben erwähnten Aufsatz
vermittelst Flantsche und Schrauben befestigt ist. Der obere Theil des Kamins n ist aus dünnem Bleche angefertigt und hat einen nach
oben zunehmenden Querschnitt zum leichten Entweichen der Dampf- und
Gasmischungen.
Nach Vorstehendem ist nun der Gang des Ofens leicht zu verstehen. Durch den
ausströmenden Dampf wird, ähnlich wie bei den Locomotiven, ein starker Zug in dem
Kamine hervorgebracht, welcher ein lebhaftes Anfangen von Luft durch die offenen
Düsen zur Folge hat. Die mit großer Geschwindigkeit durch die Feuermasse nach dem
Abzugskamine ziehende Luft unterhält eine sehr lebhafte Verbrennung in dem Ofen.
Schon oben habe ich auf die trichterförmige Erweiterung desselben oberhalb der
zweiten Düsenreihe aufmerksam gemacht. Beim Abwärtsgang der schmelzenden Masse wird
durch diese conische Verjüngung der durch die Verbrennung bedingten
Volumenverminderung der Masse Rechnung getragen, und dieselbe in parallelen
Schichten dem Boden zugeführt. Durch diese Anordnung wird der Hitzegrad in allen
Schichten des Ofens ein sehr constanter bleiben und alles flüssige Eisen sich mit
gleicher Temperatur am Boden ansammeln. Das Schmelzen des Eisens geht sehr leicht
und rasch vor sich, und sieht man schon 3–4 Minuten nach Beginn des Blasens
von den Düsenn aus das Schmelzen des Eisens beginnen.
Als Hauptvorzüge dieses Ofens gegen seinen Vorgänger müssen wir folgende Punkte
hervorheben:
1) Eine sehr einfache Anordnung des Ofens selbst, welche denselben ohne weitere
Vorarbeiten (mit Ausnahme des Fundamentes) an jedem beliebigen Orte der Gießerei
aufzustellen gestattet.
2) Durch Anwendung des Dampfes als Zugerzeugungsmittel kann man den Gang des Ofens in
der leichtesten Weise reguliren; eine geringe Bewegung des Dampfhahnes bringt eine
raschere oder langsamere Production von flüssigem Eisen hervor.
3) Durch Anwendung einer größeren Anzahl Düsen geht der Verbrennungsproceß viel
vollkommener und gleichmäßiger vor sich, und bedingt ein rascheres Schmelzen als bei
dem alten Ofen. Die leichte Zugänglichkeit der Luftdüsen erlaubt jeder Zeit, durch Einführung von
Haken etc. ein Verschlacken der inneren Oeffnung derselben zu verhüten, oder eine
Auflockerung der Feuermasse vorzunehmen.
4) Ersparniß des Ventilators und der oft langen und kostspieligen Windleitung.
5) Eine bedeutende Ersparniß an Brennmaterial. (Der Erfinder garantirt 15–20
Proc. gegen die alte Einrichtung.)
6) Ein zum Gusse sehr brauchbares Eisen etc.
Es ist selbstverständlich, daß so bedeutende Vorzüge diesem Ofen bald eine allgemeine
Anerkennung in England sicherten, was auch die große Anzahl von 220, die bis Ende
October 1865 von dem Erfinder eingerichtet wurden, genugsam beweist. Ich habe diesen
Ofen vielfach in Betrieb gesehen, und allgemein sowohl von Seiten der Fabrikherren,
wie der Arbeiter die höchste Befriedigung über denselben aussprechen hören.
Besonders letztere konnten denselben nicht genug rühmen wegen seiner vielen guten
Eigenschaften. Während bei der alten Anordnung die mit der Beschickung des Ofens
betrauten Arbeiter sich beständig über die große Hitze und den starken Geruch der
ausströmenden Gase beklagen, haben dieselben bei dieser Einrichtung hiervon nichts
zu befürchten.
Die große Verbreitung, welche dieser Dampf-Kupolofen seit seiner kurzen
Existenz in England gefunden hat, in Folge mannichfacher Vorzüge, welche er gegen
solche gewöhnlicher Construction aufweist, wird ihm, das darf man mit Sicherheit
hoffen, auch sehr bald in Deutschland Eingang verschaffen, und bei der immer
steigenden Concurrenz unserer vaterländischen Industrie mit dem Auslands bietet er
uns einen hülfreichen Factor zur Erzielung wohlfeilerer und besserer Arbeit.
Jugenheim in Rheinhessen, den 26. November 1865.