Titel: | Blackwell's verbesserte Aneroid-Barometer. |
Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. CI., S. 362 |
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CI.
Blackwell's verbesserte Aneroid-Barometer.
Nach dem Practical Mechanics's Journal, Juli 1865, S.
104.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Blackwell's Aneroid-Barometer.
Die unter dem Namen Metall- oder Aneroid-Barometer bekannten
Instrumente, welche seit dem Beginn des vorigen Jahrzehntes zur Ersetzung des
Quecksilber-Barometers in Gebrauch zu bringen versucht wurden, leisten
bekanntlich das nicht, was man anfänglich von denselben erwartete. Die
wesentlichsten Mängel dieser Instrumente bestehen wohl darin, daß die Elasticität
ihres Hauptorganes, der evacuirten gekrümmten Röhre nämlich, sowohl bei den
gewöhnlichen Temperaturänderungen der Atmosphäre, als auch bei den Variationen des
Druckes, die an einem und demselben Orte vorkommen können, solche Veränderungen
erleidet, daß das Gesetz, nach welchem diese erfolgen, nur in sehr schwieriger Weise
zu bestimmen ist. Wenn es auch gelingen mag, durch längere Beobachtungsreihen,
welche man durch Vergleichung der Angaben eines derartigen Instrumentes mit denen
eines brauchbaren Quecksilber-Barometers gewonnen hat, die sogen. Constanten,
nämlich den Temperatur-Coefficienten sowohl, als auch den richtigen Werth
eines Scalatheiles zu bestimmen, so kann man sich dennoch überzeugen, daß bei
fortgesetzten Beobachtungen diese Constanten wieder Umänderungen erfahren. Man hat
überhaupt durch längeren Gebrauch derartiger Instrumente von kleineren sowie von
größeren Dimensionen die Ueberzeugung gewonnen, daß man bei einem
Aneroid-Barometer, wenn man von seinen Angaben Gebrauch machen will, nicht bloß
seinen Stand, sondern auch seinen Gang kennen muß, so daß also ein derartiges Instrument in dieser Beziehung
den Chronometern nicht unähnlich ist. Von dem Gang eines
Aneroid-Barometers weiß man aus den bisherigen Erfahrungen, daß derselbe sich
nicht bloß von einem Exemplare zum anderen ändert, sondern auch selbst bei einem und
demselben Instrumente niemals constant ist. Diese Aenderungen sind außerdem nicht
unbedeutend, da man bei den besten Metall-Barometern Aenderungen im Gange
gefunden hat, die im Laufe eines Jahres mehr als 1 Centimeter betrugen, während der
Fehler eines Quecksilber-Barometers im Mittel nicht mehr als höchstens 1/10
Millimeter betragen darf, wenn dasselbe brauchbar seyn soll. Derlei Aenderungen
befolgen übrigens auch nicht einmal eine gewisse Regelmäßigkeit und können sogar
plötzlich auftreten, wenn das Aneroid raschen Aenderungen des Luftdruckes oder der
Temperatur ausgesetzt werden muß. Beiden Einwirkungen ist ein Instrument dieser Art,
wenn es zu barometrischen Höhemessungen verwendet wird, mehr oder weniger immer
ausgesetzt; es können daher seine Angaben nur dann von Werth seyn, wenn man dasselbe
oft genug mit einem guten Quecksilber-Barometer vergleicht, um die
Aenderungen, welche in seinem Gange stattgefunden haben, in Rechnung bringen zu
können. Beim Gebrauche des Aneroides als transportables Barometer bei Expeditionen
der genannten Art zeigt dasselbe übrigens noch einen anderen wesentlichen Nachtheil.
Wenn nämlich der Transport, die Aufstellung und Behandlungsweise des Instrumentes
überhaupt, nicht mit der größten, und wir möchten sogar behaupten, mit einer noch
größeren Sorgfalt gehandhabt wird als dieß selbst bei den gewöhnlichen
Reise-Barometern geschehen muß, so kann der zusammengesetzte Mechanismus,
welcher die Aenderungen in der Krümmung der baroskopischen Röhre oder des
baroskopischen Röhrensystemes auf den Barometerzeiger zu übertragen hat, in der Art
in Unordnung kommen, daß während des Gebrauches der Stand des Instrumentes in ganz
unregelmäßiger Weise verändert wird. – Nach den bis jetzt mit Instrumenten
der in Rede stehenden Art gewonnenen Erfahrungen kann man sagen, daß das Aneroid das
gebräuchliche Quecksilber-Barometer bis jetzt nicht bloß noch nicht zu
verdrängen im Stande war, sondern daß seine Brauchbarkeit von der gleichzeitigen
Anwendung eines genauen Quecksilber-Barometers, mit dem es von Zeit zu Zeit
verglichen werden muß, wenn man seinen Angaben eine sachgemäße Bedeutung beilegen
will, wesentlich abhängig ist. Es läßt sich zwar nicht behaupten, daß ein selbstständiges Aneroid-Barometer nicht denkbar
sey, aber mit Sicherheit kann man angeben, daß die bis jetzt bekannt gewordenen
Instrumente dieser Art einen gewissen Grad von Vollkommenheit und Selbstständigkeit
noch nicht erreicht haben. Die einzige Eigenthümlichkeit, wodurch sie sich für
manche Zwecke recht vortheilhaft auszeichnen, mag darin bestehen, daß ein Aneroid,
namentlich ein in größerem Maaßstabe ausgeführtes Exemplar, die Aenderungen des
atmosphärischen Druckes früher anzeigt als das gewöhnliche Barometer, und selbst
noch so kleine Druckunterschiede wahrzunehmen gestattet, welche letzteres nicht mehr
erkennen läßt.
Unter den bis jetzt bekannt gewordenen Verbesserungen von Aneroid-Barometern
verdienen wohl die von Blackwell ausgeführten
Constructionen, welche am 5. December 1862 für England patentirt worden sind, und
die in der oben citirten Quelle der Hauptsache nach erläutert werden, besondere
Erwähnung. Man kann sogar sagen, daß diese Constructionen als ein wesentlicher
Fortschritt auf diesem Gebiete (der bekanntlich, zum Theil in ähnlicher Weise auch
von Goldschmidt in Zürich in den letzten Jahren
angestrebt worden ist) bezeichnet werden dürfen. Die wesentlichen Verbesserungen,
welche Blackwell dem Bourdon'schen Metall-Barometer gegenüber dem Aneroid beigebracht hat,
bestehen beiläufig darin, daß nicht bloß statt einer einzigen evacuirten Röhre, die
bekanntlich bei jenem das baroskopische Organ ausmacht, ein System eigenthümlich
geformter evacuirter Gefäße dieser Art benutzt wird, sondern daß auch durch die
Verbindung von solchen Röhrensystemen mit Systemen von Spiralfedern, welche ihre
Volumveränderungen in entgegengesetztem Sinne erfahren wie jene, den zufälligen
Aenderungen der Elasticität des baroskopischen Systemes entgegenzuwirken gesucht
wird. Nach diesem Principe hat auch Blackwell
Differenzial-Instrumente dieser Art construirt, welche jede Aenderung über
oder unter dem normalen Stande anzugeben befähigt seyn sollen.
Von einigen Constructionen seiner Systeme gibt der Erfinder nähere Erläuterungen, die
wir im Nachstehenden vorführen wollen. Ein Instrument, welches im Allgemeinen wie
ein gewöhnliches Aneroid-Barometer eingerichtet ist, ist in Fig. 29 von der vorderen
Seite, in Fig.
30 (unter Wegnahme der Bodenplatte) von der Rückseite, und in Fig. 31 in
einem horizontalen Durchschnitte dargestellt, vorausgesetzt, daß das Instrument
vertical aufgehängt gedacht wird. An dem metallenen Bügel a,
a sind die einzelnen Theile des Instrumentes festgemacht; auf dem unteren
Querstabe befindet sich das Baroskop b, b, bestehend in
einem evacuirten Röhrensysteme, das in einem Verticalschnitte beiläufig die in Fig. 32
angegebene Gestalt hat. Bei dieser Anordnung besteht das Baroskop aus zwei
Röhrensystemen; bei anderen seiner Instrumente nimmt Blackwell
mehrere solche unter
sich verbundene Systeme, von denen jedes wenigstens aus vier röhrenartigen Zellen
zusammengesetzt ist. Die beiden Systeme sind bei dem in Rede stehenden Instrumente
durch ein Stäbchen c verbunden, das in seiner Mitte mit
einem in Fig.
32 angedeuteten zugespitzten Ansatze versehen ist, so daß durch die
Aenderungen in der Lage dieser Spitze die Veränderungen angezeigt werden, welche das
evacuirte Röhrensystem bei eintretenden Schwankungen des Luftdruckes u.s.w. erfährt.
Durch das Gelenk d wirkt das Baroskop auf den drehbaren
Hebel e, der mittelst einer Art Kurbel f, die, wie in Fig. 30 und 31 angedeutet,
verstellbar ist (auch vermuthlich mittelst der bei f'
angedeuteten Schraube arretirt werden kann), und auf das Hebelsystem g, g¹ einwirkt, das an einem Ende mit dem
gezahnten Sector oder Rechen g², an seinem
anderen Ende mit einem kleinen verstellbaren Gegengewichte g¹ versehen ist. Der Rechen g²
greift wie bei den bekannten derartigen Instrumenten in ein kleines Getriebe ein, an
dessen Welle der Barometerzeiger J so angebracht ist,
daß dieser den Bewegungen des ganzen Hebelsystemes folgen muß. Der an dem vordersten
Ende derselben Achse angesteckte Zeiger q kann
bekanntlich mit der Hand gedreht werden, da er bloß als Index beim Ablesen und zur
Bezeichnung des zuletzt beobachteten Standes des Barometerzeigers zu dienen hat. An
den Enden des Verbindungsstäbchens c sind nun die
Röhrensysteme mit den Spiralen j, j verbunden, welche
letztere, durch einen Querbügel gehend, an ihren oberen Enden an dem gekrümmten
Stücke k befestigt sind, das mit der durch eine Nuß
gehenden Schraube l (Fig. 33) in Verbindung
steht, so daß hierdurch nämlich durch das Lüften oder Anziehen der Schraube l die Spiralen j, j
schwächer oder stärker gespannt werden können. Da aber jede Veränderung, welche auf
diese Weise den beiden Spiralen beigebracht wird, auf das evacuirte Röhrensystem so
übertragen werden muß, daß bei jeder Comprimirung der Spiralen einer
Volumenvergrößerung und bei jeder Ausdehnung derselben einer Volumenverkleinerung
des baroskopischen Röhrensystemes gleichsam entgegengewirkt wird, so ist letzteres
durch die Spiralen mit einer Art Compensation versehen, durch welche auch der Gang
des Baroskopes regulirt werden kann.
Das Adjustiren des Barometers nimmt Blackwell dadurch vor,
daß er unter Benutzung eines Quecksilber-Normalbarometers den Stand des
Barometerzeigers J beobachtet und mittelst der
Regulirungsschraube l die Spiralen j, j so einstellt, daß die beiden federnden Systeme,
nämlich das Spiral- und das evacuirte Röhrensystem, gerade das Gleichgewicht
sich halten, so daß nämlich letzteres weder eine Tendenz zur Volumenvergrößerung,
noch zur Volumenverkleinerung zeigt, und bei dem normalen Luftdrucke (und wohl auch der
gleichzeitig herrschenden Temperatur) die Spitze bei c
(Fig. 32)
eine bestimmte normale Stellung annehmen muß, welche bloß diesem Luftdrucke und
keinem anderen entspricht. Auf diese feste Stellung kann also die Spitze bei c wieder zurückgeführt werden, wenn der Gang des
Instrumentes sich ändern sollte. Wird daher diese Stelle, welche die genannte Spitze
bei dem normalen Luftdrucke einnimmt, fix bezeichnet, so läßt sich der veränderliche
Gang des Instrumentes, wenn auch hier ein solcher eintreten sollte, eliminiren. Daß
die Adjustirung bei verschiedenem Stande des Quecksilber-Barometers und
gleichbleibender Temperatur vorgenommen werden kann, und verschiedene fixe Marken
zum Zwecke der Fehlerbestimmung des Instrumentes bei späteren Beobachtungen
ermittelt werden können, versteht sich von selbst.
Eine zweite Anordnung seiner Aneroid-Barometer stellt Blackwell in Fig. 34, 35 und 36 dar, worin die erste
einen Verticalschnitt des ganzen Instrumentes, die zweite ein Stück der äußeren
Ansicht des letzteren, und Fig. 36 die Anordnung des
mikrometrischen Theiles, welcher an der oberen Seite des Instrumentes sich befindet,
versinnlichen soll. Am Boden des cylindrischen Gehäuses a,
a ist in der angedeuteten Weise das evacuirte Röhrensystem b befestigt; ein mit demselben in Verbindung stehendes
Stäbchen geht durch den Bügel q und endigt bei c wieder in eine Spitze, durch welche, wie bei dem
vorher berührten Instrumente, alle Aenderungen, welche das Volumen dieses Systems in
Folge der Schwankungen des Luftdruckes etc. annimmt, dem Barometerzeiger übertragen
werden. Mit dieser Spitze steht unmittelbar die Spirale j,
j in fester Verbindung, die mit ihrem oberen Ende an der beweglichen
Scheibe k befestigt ist, welche schraubenförmig
ausgehöhlt, die hohle Schraube für die Schraubenspindel d,
d bildet; letztere endigt in dem Schraubenkopfe n¹ und ist mit der Mikrometerscheibe n², welche auf der Platte g angebracht ist,
verbunden. Die Zusammenwirkung des evacuirten Röhrensystemes b und der Spirale j, j ist hier wieder
dieselbe, wie die für Fig. 30 erörterte. Mit
der Spitze c kann durch Anziehen oder Lüften der
Schraube d, d der kurze Arm i des bei f drehbaren Zeigerhebels e', e in Berührung gebracht werden; in der normalen Lage
der Spitze c wird dann durch letztere der kurze Hebel
i in eine solche normale Lage gebracht, daß die
Spitze des Zeigers e, welche in eine Oeffnung des festen
Stückes n ragt, die obere Fläche dieser Oeffnung an
einer bestimmten Stelle berühren muß. Die Scheibe k
wird, wie bereits erwähnt, beim Umdrehen des Kopfes n¹ des Mikrometers nach abwärts oder nach aufwärts verschoben, je
nachdem die Schraube angezogen oder gelüftet wird, und kann sich deßhalb in zwei
Rinnen k¹ und k² bewegen; an der Seite des Cylinders bei k² ragt die Scheibe k mit einem Index
außerhalb des Spaltes, welcher an dieser Stelle des cylindrischen Gehäuses sich
befindet, hervor, und dieser Index kann so an der daneben befindlichen Längenscala
des Barometers auf und abgeführt werden. – Das Instrument wird nun bei einem
bestimmten Luftdrucke adjustirt, d.h. die Schraube d, d
wird so weit gelüftet oder angezogen, bis die Spitze c
den Zeigerhebel i, f, e in seine vorhin genannte normale
Lage versetzt; die Stelle, welche der Index an der Scala bei k² zeigt, ist dann gleichsam der Nullpunkt des Instrumentes und
entspricht dem normalen Barometerstande. Die Stelle der Kreistheilung n², welche der Zeiger des Mikrometers dabei
angibt, wird mit Null bezeichnet. Beobachtet man nun das Instrument bei einem
anderen Luftdrucke, so wird die Spitze c entweder einen
tieferen oder einen höheren Stand, als bei dem vorigen Drucke annehmen, von dem man
ausgegangen ist. Wenn man daher den Kopf n¹ so
weit nach links oder rechts dreht, bis der Zeiger e
wieder seine normale Lage annimmt, so wird die Anzahl der Umdrehungen, welche man
hierbei vollführt hat, der Differenz beider Luftdrucke entsprechen. Hierdurch ist
man also im Stande, den Werth eines Scalatheiles der Längenscala sowohl, als auch
ihrer an dem Mikrometer abgelesenen Unterabtheilungen zu bestimmen, und man kann
auch hiernach, wenn man will, die Scala so graduiren, daß der Luftdruck unmittelbar
an derselben abgelesen werden kann. Ist das Instrument auf diese Weise adjustirt und
graduirt, so kann man die Ablesung eines jeden Barometerstandes auf gleiche Weise
vornehmen, indem man das Mikrometer so weit dreht, bis der Zeiger e seine normale Stellung erreicht hat, bei welcher die
Spitze c die normale Lage des Hebelarmes i berührt; die Zahl der von dem Index der Scheibe k an k² durchlaufenen
Scalatheile gibt dann an, um wie viel der herrschende Luftdruck größer oder kleiner
als der normale ist, von welchem man ausgieng, und diese Differenz kann sogar
mittelst des Mikrometers noch sehr genau abgelesen werden.
Die von Blackwell vorgenommenen Verbesserungen sind also
mehrfacher Art: die Ungleichheiten der Elasticität der evacuirten Röhren werden bis
auf einen gewissen Grad durch Gegenfedern compensirt; das angewendete Princip
gestattet geringe Unterschiede noch durch große Winkel oder geradlinige Bewegungen
wahrnehmbar zu machen; die Stelle, an welcher die Aenderungen des Druckes zur
Wirksamkeit kommen, ist auf einen einzigen Angriffspunkt bei c reducirt, der gleichsam dem Gipfel der Quecksilberfäule im gewöhnlichen
Barometer entspricht; endlich ist die Genauigkeit, welche die mikrometrische
Einstellung und Ablesung zuläßt, auf den höchsten Grad gebracht, den man zu
erreichen beabsichtigt.
Ob nun die von Blackwell construirten Instrumente auch
den gewünschten Grad von Vollkommenheit besitzen und diesen durch längere Zeit
beibehalten, muß durch die Erfahrung entschieden werden. Ein von Glaisher auf Grund seiner 3–4monatlichen (im
Observatorium zu Greenwich) an zwei Instrumenten von Blackwell angestellten Beobachtungen ausgestelltes Zeugniß, das in der
genannten Quelle abgedruckt ist, bestätigt zwar die große Empfindlichkeit und
Genauigkeit dieser Instrumente, jedoch kann hieraus noch nicht auf das Verhalten der
letzteren geschlossen werden, welches sie nach ein- oder mehrjährigem
Gebrauche sowohl für stationäre Zwecke, als auch bei barometrischen Nivellements
zeigen werden.
C. K.