Titel: | Das mechanische Aequivalent des Lichtes; von Professor Julius Thomsen in Copenhagen. |
Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. XX., S. 60 |
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XX.
Das mechanische Aequivalent des Lichtes; von
Professor Julius Thomsen in
Copenhagen.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik, 1865, Bd. CXXV S.
348.
Thomsen, über das mechanische Aequivalent des Lichtes.
Daß der Lichtstrahl eine mechanische Wirksamkeit enthält, unterliegt keinem Zweifel,
aber über die Größe derselben hat man noch keine Bestimmungen. Ich habe mir daher
die Aufgabe gestellt, wenigstens annähernd diesen Werth zu bestimmen. Da das Licht
sich in Wärme umändern kann, wenn es von einer schwarzen und glanzlosen Schicht
absorbirt wird, so kann man aus der Erwärmung durch die von Wärmestrahlen befreiten
Lichtstrahlen auf die mechanische Thätigkeit des Lichtes schließen. Die
Wärmeerzeugung der Lichtstrahlen wurde durch den Melloni'schen Apparat bestimmt; da aber dieser Apparat nur für relative
Untersuchungen benutzt worden ist, war es nothwendig die Resultate auf ein absolutes
Maaß zu reduciren.
Es wurde deßhalb die Angabe des Thermomultiplicators mit der absoluten Ausstrahlung
einer bekannten Wärmequelle verglichen. Als Wärmequelle wurde eine Glaskugel
benutzt, welche mit warmem Wasser gefüllt, in verschiedenen Abständen von der
Thermosäule aufgestellt wurde. Es enthielt die Kugel (incl. den Wasserwerth des
Glases) 1351 Grm. Wasser; bei einer Temperatur von 50° C. war die Abkühlung
der Kugel 0°,185 in der Minute, und die Kugel erlitt demnach einen
Wärmeverlust von 1351 Gram. × 0°,185 = 250C
pro Minute.
Dieser Verlust stammt aber theilweise von der Ausstrahlung und theilweise von der
Abkühlung durch die Berührung mit der Luft her. Berechnet man nach den Dulong'schen Formeln den Theil derselben, welcher auf die
Strahlung fällt, so findet man bei einer Lufttemperatur von 17° für 1 Minute
102C.
Es wurde die Wärmequelle in einem Abstande von 0,8 Meter von der Thermosäule
aufgestellt, und der Multiplicator zeigte alsdann einen constanten Ausschlag von
17°,8. Es läßt sich also daraus schließen, daß eine Wärme- oder
Lichtquelle, die in einem Abstande von 0,8 Meter von der Thermosäule aufgestellt,
einen Ausschlag von 17°,8 hervorbringt, ebenfalls in der Minute 102
Wärmeeinheiten ausstrahlt. Da aber die Angaben des Multiplicators binnen gewisser
Grenzen mit der Wärmestrahlung proportional sind, so wird unter diesen Umständen ein
Ausschlag von 1° einer Wärmestrahlung von 5C,76 in der Minute entsprechen.
Indem die Kugel nach und nach in verschiedenen Abständen von der Säule aufgestellt,
und die Stellung der Multiplicatornadel beobachtet wurde, als die Temperatur des
Wassers nur 50° betrug, wurden ähnliche Factoren für einige andere Abstände
bestimmt, in welchen später die verschiedenen Lichtquellen aufgestellt werden
sollten.
Ich stellte alsdann ein Licht in einem Abstand von 0,8 Meter von der Säule und
erhielt einen constanten Ausschlag der Nadel von 36,5°.Der Versuch wurde in diesen, wie auch in anderen Fällen, wo der Ausschlag
groß ist, so angestellt, daß die Nadel vor dem Versuche zur
entgegengesetzten Seite abgelenkt wurde, und daß der wirkliche Ausschlag von
0° aus nicht über 30° betrug. Es war demnach die ganze Ausstrahlung des Lichtes,
das 8,2 Grm. Wallrath
pro
Stunde verbrannte, 5C,76 × 36,5° = 210C
in jeder Minute. Da die entsprechende Menge Wallrath ungefähr 1400C in der Minute entwickelt, so geht aus
dieser Beobachtung hervor, daß nur 1/7 der ganzen entwickelten Wärme die Flamme als
strahlende Wärme und Licht verläßt, während 6/7 der Wärmemenge durch die erwärmte
Luft fortgeführt wird.
Es wurden alsdann Versuche mit stärkeren Flammen angestellt. Eine Moderateurlampe,
deren Lichtstärke 8,6 war, und eine Gasflamme von 7,7 Lichtstärke wurden in einem
Abstand von 2 Metern aufgestellt und die Resultate auf das Wallrathlicht als Einheit
bezogen. Die Resultate waren die folgenden:
Natur derFlamme
Lichtstärke
Ausstrahlung für dieLichteinheit in 1
Minute
Wallrathlicht
1
210C
Gasflamme
1,2
201
„
7,7
199
Moderateurlampe
8,6
199
Es geht aus diesen Resultaten hervor, daß die Strahlung der
Flamme mit der Lichtintensität proportional ist, und daß sie für die
Lichteinheit (8,2 Grm. Wallrath in der Stunde) ungefähr 200C
in der Minute beträgt.
Dieses ist aber die Wirkung der ganzen Strahlung; um den den Lichtstrahlen
entsprechenden Theil zu bestimmen, müssen die Wärmestrahlen eliminirt werden. Es ist
wohl kaum möglich die Wärmestrahlen vollständig von den Lichtstrahlen zu trennen,
aber annähernd läßt es sich bewerkstelligen. Es erschien mir hier am geeignetsten
die Absorption der Wärmestrahlen durch Wasser zu erreichen, und ich überzeugte mich
durch verschiedene Versuche, daß die unsichtbaren Strahlen eine Wasserschicht von 0,3 Meter nicht
durchdringen oder wenigstens in so geringem Grade, daß sie keinen wahrnehmbaren
Einfluß auf das Resultat ausüben.
Die Flamme des Bunsen'schen Gasbrenners entwickelt
bekanntlich nur eine sehr geringe Lichtmenge; die Wärmestrahlung der Flamme ist
dessenungeachtet sehr groß. Ich beobachtete z.B., daß eine Bunsen'sche Lampe, die ohne Luftzutritt eine Lichtstärke von 1,2
Lichteinheiten hatte und in der Minute 255 Wärmeeinheiten ausstrahlte, bei
Luftzutritt und nicht leuchtender Flamme eine Wärmestrahlung von 196C in der Minute zeigte. Von diesen nicht
leuchtenden Strahlen gieng keine Spur durch 0,2 Meter Wasser; sobald aber der
Luftzutritt aufhörte und die Flamme leuchtend wurde, gab die Nadel einen Ausschlag
und zeigte, da 4C,3 durchstrahlten. Während
die Nadel des Multiplicators unverändert auf 0° stehen blieb, wenn die
Strahlung der nichtleuchtenden Gasflamme durch das Wasser geschah, zeigte sich
augenblicklich ein Ausschlag der Nadel, sobald die Flamme leuchtend gemacht wurde,
z.B. durch Chlornatrium und andere flüchtige Verbindungen oder durch einen
Platindraht.
Es zeigte sich ferner, daß die Strahlen, welche von einer leuchtenden Flamme durch
die Wasserschicht gegangen waren, in sehr verschiedenem Grade von gefärbten Gläsern
absorbirt wurden, während dieß nur in geringem Grade der Fall war mit den Strahlen,
ehe sie durch's Wasser geläutert waren.
Aus diesen verschiedenen Untersuchungen darf man wohl den Schluß ziehen, daß eine Wasserschicht von 20 Centimetern die Wärmestrahlen vollständig absorbirt und nur Lichtstrahlen
durchläßt, oder daß die Absorption der Wärmestrahlen so vollständig ist, daß der
Fehler unmerklich wird. Durch Versuche wurde alsdann der Verlust an Lichtstärke bei
der Strahlung durch eine solche Wasserschicht, die zwischen parallelen Glaswänden
eingeschlossen war, bestimmt, und die Resultate auf die Lichtstärke des durch Wasser
gestrahlten Lichtes reducirt. Die Lichtabsorption war 0,13.
Es wurde also zwischen der Flamme und der Thermosäule ein Glaskasten mit parallelen
Wänden von Spiegelglas, die eine Wasserschicht von 0,2 Metern einschlossen,
aufgestellt, und die Flamme alsdann in derselben Entfernung wie in den ersten
Versuchen angebracht. Alle Verhältnisse waren also dieselben; nur daß die Strahlung
jetzt durch's Wasser gehen mußte, so daß der Ausschlag der Multiplicatornadel nur
von der Erwärmung, welche die absorbirten Lichtstrahlen hervorbringen konnten,
abhängig war. Die Resultate waren die folgenden.
Natur der Flamme
Lichtstärke
Wärme- undLichtstrahlung in derMinute
für dieLichteinheit
Lichtstrahlungin der Minutefür
dieLichteinheit
Wallrachlicht
1
210C
4C,4
Moderateurlampe
6,25
–
3C,9
„
8,6
199C
4C,1
Gasflamme
7,7
199C
4C,2
; „
1,2
201C
3C,7
Das Mittel der Versuche ist 4C,1 in der
Minute, oder in Worten ist das Resultat:
eine Flamme, deren Lichtstärke gleich der eines Lichtes ist,
welches 8,2 Grm. Wallrath in der Stunde verbrennt,
strahlt als Licht in der Minute eine Wärmemenge aus, die 4,1 Grm. Wassere in einen Grad Celsius erwärmen kann.
Die ganze Strahlung der Flamme, inclusive die Wärmestrahlen, beträgt aber ungefähr
200C oder ist 50 mal so groß als die
der Lichtstrahlen, und die ganze Wärmeentwickelung des chemischen Processes der
Flamme ist beim Licht und bei der Lampe etwa 350 und bei der Gasflamme etwa 1000 mal
so groß als diejenige, welche in den Lichtstrahlen auftritt.
Auf mechanisches Maaß reducirt, stellt sich das mechanische Aequivalent des Lichtes
folgendermaßen heraus:
die Einheit der Arbeitsmenge in der Secunde, nämlich 1
Kilogrm. gehoben auf die Höhe von 1 Meter in der Secunde,
ist derjenigen gleich, welche die Lichtstrahlen enthalten, die aus einer
Lichtquelle in der Secunde entspringen, deren Lichtstärke 34,9mal so groß ist als diejenige, welche in einem Lichte
entwickelt wird, das 8,2 Grm. Wallrath in der Stunde
verbrennt.
Dieses ist demnach das Maximum des mechanischen Aequivalents des Lichtes;
möglicherweise kann es durch spätere Versuche noch etwas reducirt werden, aber
jedenfalls ist das Aequivalent sehr gering. Ich werde später die Untersuchungen mit
intensiverem Licht, wie das Sonnenlicht und das elektrische Licht, fortsetzen.