Titel: | Untersuchungen über Roheisen und Bessemermetall; von Dr. Max Buchner in Graz. |
Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. CXIII., S. 374 |
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CXIII.
Untersuchungen über Roheisen und Bessemermetall;
von Dr. Max Buchner in
Graz.
Aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1865, Nr.
10.
Buchner, Analysen von Roheisen und Bessemermetall.
Die chemische Constitution des Roheisens ist seit Karsten's Arbeiten über dasselbe von Zeit zu
Zeit Gegenstand wissenschaftlicher Erörterungen gewesen. Gerade in den letzten
Jahren haben namentlich französische Gelehrte über die Natur des Roheisens und des
Stahles verschiedene Ansichten ausgesprochen. – Das Fortschreiten der
analytischen Methoden und die dadurch bedingten veränderten Resultate, wie auch das
wirkliche oder vermeintliche Auffinden von neuen Bestandtheilen dieser Körper gab
die natürliche Veranlassung zur Besprechung des Einflusses derselben auf die
Eigenschaften des Roheisens und des Stahls. Der Werth der früher gewonnenen
analytischen Resultate mußte dadurch mindestens zweifelhaft erscheinen, daher ich
seiner Zeit auf Gottlieb's
Veranlassung eine Reihe von Kohlenstoff- und Siliciumbestimmungen des Roheisens
ausführte.Polytechn. Journal Bd. CXLVII S.
288. Seit jener Zeit sind neue analytische Methoden ausfindig gemacht worden,
welche eine Vergleichung der Resultate mit den bisher angewandten wünschenswerth
machten, auch konnte durch die Ergebnisse einer größeren Anzahl von Holzkohlen- und
Kohksroheisenanalysen mit größerer Sicherheit über die Existenz eines nach
stöchiometrischen Verhältnissen zusammengesetzten Kohleneisens entschieden werden.
Endlich hat das in Oesterreich seit kurzer Zeit eingeführte Bessemer-Verfahren die
Kenntniß der Zusammensetzung des zu diesem Processe zu verwendenden Roheisens
nothwendig gemacht und diese zugleich einen Vergleich mit dem in England zum
Bessemern verwendeten Roheisen ermöglicht.
Ich habe nun zunächst über Spiegeleisen, weißes und graues Roheisen und über das
Bessemermetall zu berichten. Das Spiegeleisen ist durch
seine großen Theilungsflächen ausgezeichnet; zuweilen erscheint jedoch nur ein Theil
desselben großblätterig, es tritt dann mehr das strahlige Gefüge auf, so daß die
Vermuthung der Ausscheidung des Spiegeleisens aus einer kohlenärmeren Mischung nahe
lag. Die Analyse bestätigte diese Ansicht nicht, wie sich aus den unten angeführten
Untersuchungen ergibt. Das anscheinend strahlige Gefüge rührt von der veränderten
Lagerung der Theilungsrichtung her. Während bei charakteristischem großflächigen
Spiegeleisen die Theilungsflächen senkrecht oder doch stark geneigt erscheinen,
zeigt das strahlige eine horizontale Theilbarkeit. Im Mittel von 12 Analysen
verschiedener Spiegeleisen enthält dasselbe bei einer größten Differenz von 0,62
Proc. 4,17 Proc. Kohlenstoff. Der Gehalt an Silicium ist im Allgemeinen bei
Holzkohlenspiegeleisen sehr gering, nur bei Kohksspiegeleisen bedeutend erhöht.
Diese Resultate stimmen auch mit den von Rammelsberg
Polytechn. Journal Bd. CLXX S.
193. am Mägdesprunger Spiegeleisen erhaltenen überein. – Der Graphit, der
nur in vereinzelten Fällen in höchst geringer Menge ausgeschieden war, hat auf die
Constitution desselben keinen Einfluß.
Das von Gurlt angenommene Viertelkohleneisen fordert 5,08 Procent Kohlenstoff, der mittlere Gehalt
des Spiegeleisens an Kohlenstoff ergibt aber 4,17 Procent; viel näher stünde ein Fünftelkohleneisen, welchem 4,10 Proc. Kohlenstoff
entsprechen, ohne damit behaupten zu wollen, daß solches wirklich existirt, indem
die Abweichungen noch immer zu bedeutend sind, um eine constant zusammengesetzte
chemische Verbindung mit Sicherheit annehmen zu können.
Die Analysen der übrigen Eisensorten beweisen neuerdings, daß mit der steigenden
Temperatur im Hohofen auch die Kohlung des Eisens zunimmt, bis bei Ueberschreitung
der Grenze der Sättigung der Kohlenstoff der Temperatur entsprechend ausgeschieden
und zum Theil durch Silicium ersetzt wird. Nr. 16 bis inclusive Nr. 24 geben ein
Bild der verschiedenen Roheisensorten des Hüttenbetriebes zu Vordernberg in Steiermark, da die untersuchten Eisensorten einer
vollständigen Sammlung der dortigen Hohofenproducte entnommen sind. Es ist
Holzkohleneisen, aus Spatheisensteinen mit warmem Winde erblasen.
Textabbildung Bd. 176, S. 376–377
Gesammt-Kohlenstoffgehalt.;
Chemisch gebundener Kohlenstoff.; Graphit; Silicium; Spiegeleisen aus
Vordernberg vom Graf Meran'schen Hohofen; Spiegeleisen aus Vordernberg von dem
der Stadt Leoben gehörig. Hohofen; Spiegeleisen aus Vordernberg von dem Hrs.
Steyrer gehörigen Hohofen; Spiegeleisen aus Vordernberg von dem fürstl.
Schwarzenberg'schen Hohofen; Spiegeleisen aus Vordernberg von dem Ritter v.
Fridau'schen Hohofen; Dasselbe zum Bessemern im Flammofen umgeschmolzen;
Spiegeleisen aus Vordernberg, mit sehr großen Theilungsflächen; Vom strahligen
Rande desselben Stückes; Spiegeleisen von der Main-Weserhütte mit Holzkohlen
erblasen; Spiegeleisen von der Saynerhütte mit Kohks erblasen; Weißes luckiges
Roheisen vom Meran'schen Hohofen; Gekraustes weißes Roheisen vom Rohgange;
Großluckiges Roheisen: Kleinluckiges Roheisen; Strahliges hartes Roheisen vom
Gaargange; Weißes strahliges Roheisen; Weißes hartes Roheisen, Uebergang zum
Spiegeleisen; Halbirtes Roheisen vom übergaaren Gange; Graues Roheisen vom
übergaaren Gange; Weißes hartes Roheisen, theilweise mit graphitischer
Ausscheidung, aus Heft Kärnthen; Graues Roheisen aus Heft in Kärnthen; Graues
Roheisen aus Rüde in Kroatien; Graues Roheisen aus Edelsbach in Untersteiermark,
seinkörnig; Dasselbe zum Bessemern im Flammofen umgeschmolzen; Graues
Kohksroheisen von Gleator in Cumberland, zum Bessemern geeignet; Graues
grobkörniges Kohksroheisen von Kladno in Böhmen, aus 24procentigen Erzen mit
heißem Winde von sehr starker Pressung erblasen; Graues feinkörniges
Kohksroheisen aus Kladno; Kupolofeneisen von Kladno; Kohksroheisen von Kladno,
schwarz, linsenförmiger Structur; Bessemerstahl von der Stahlhütte am Grazer
Bahnhof, aus Hefter grauem Eisen; Dasselbe aus Edelsbacher Roheisen und
Vordernberger Spiegeleisen; Bessemermetall aus Heft in Kärnthen, zu Storé
in Steyermark gewalzt, spec. Gewicht Härtegrad
Das zur Bestimmung des specifischen Gewichtes verwendete Bessemermetall Nr. 35 und 36
war einem großen Gußstücke entnommen, daher dicht, während Nr. 37 bis 42 in
gewalzten und abgedrehten Cylindern von 35 Millimeter Länge und 18 Millimeter
Durchmesser verwendet wurden.
Der Kohlenstoff wurde theils nach der modificirt Berzelius'schen Methode mit Kupferchlorid, theils nach Weyl durch Elektrolyse und nach Wöhler durch
ChlorDie Kohlenstoffbestimmung im Roheisen mittelst ganz trockenen Chlors hat sich
im chemischen Laboratorium zu Clausthal als die
sicherste und am raschesten zum Ziele führende bewährt. Bruno Kerl. abgeschieden und dann im Sauerstoffstrome verbrannt. Bei sorgfältiger
Ausführung geben sämmtliche Methoden recht übereinstimmende Resultate. Hahn berichtet, daß bei der Einwirkung von neutralem
Kupferchlorid auf Roheisen eine geringe Gasentwickelung eintrete, und daß das sich
abscheidende Gas Kohlenwasserstoffe enthalte.
Bei Anwendung von wirklich neutralem Kupferchlorid ist die Gasentwickelung eine
außerordentlich geringe; 8 Gramme Spiegeleisen gaben nach 14tägiger Einwirkung des
Kupferchlorides ungefähr einen Kubikcentimeter Gas. Da übrigens die mit
Kupferchlorid und durch Chlor an einer und derselben Sorte Spiegeleisen ausgeführte
Analyse nur eine Differenz von 0,04 Procent ergab, so dürfte der durch Kupferchlorid
entwickelten Gasmenge eine unwägbare Quantität von Kohlenstoff entsprechen. –
Zur Nachweisung des Stickstoffs, der nach Fremy einen
wesentlichen Bestandtheil des Roheisens und des Stahles bildet, wurden mehreremal
Spiegeleisen und einige Stahlsorten einer Untersuchung unterzogen, es konnte aber in
keinem beider Körper der Stickstoff nachgewiesen werden.