Titel: | Ueber die Farbstoffe des Elsässer Krapps; von P. Schützenberger und H. Schiffert. |
Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XVI., S. 48 |
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XVI.
Ueber die Farbstoffe des Elsässer Krapps; von
P. Schützenberger und
H.
Schiffert.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Muhlhouse, 1864, t. XXXIV p. 70.
Schützenberger und Schiffert, über die Farbstoffe des Elsässer
Krapps.
Die Verfasser beabsichtigten, die Zusammensetzung des Purpurins, welchem man nach
einer älteren Analyse von Debus die wenig wahrscheinliche
Formel C⁹H¹²O⁶ beilegt, C = 12; H = 1; O = 16. zu controliren und benutzten dazu das von Schaaff
und Lauth nach der Methode von E. Kopp im Großen bereitete Purpurin.Nach dem im polytechn. Journal Bd. CLXXII
S. 296 ausführlich beschriebenen Verfahren von E. Kopp wird zur Darstellung des Purpurins der
frische, grob zermalene Krapp mit einer Lösung von schwefliger Säure
behandelt, welche die Zerspaltung der färbenden und löslichen Glyceride
verhindert; aus dem Filtrat scheidet sich beim Erhitzen auf 60° das
Purpurin in Form rother Flocken aus, welche nach dem Auswaschen und Trocknen
das Handelsproduct darstellen. Das Alizarin fällt aus der Mutterlauge aus,
wenn man dieselbe mit Salzsäure versetzt und bis 100° erwärmt. Sie fanden jedoch, daß dieses Product ein Gemenge von zwei rothen
Farbstoffen (Purpurin und Pseudopurpurin), einer tief orangerothen und einer
hellgelben Substanz ist, und haben diese Stoffe mit Hülfe von indifferenten (um die
Entstehung von Umsetzungsproducten zu verhindern) Lösungsmitteln von einander
getrennt. Das genannte Product wurde mit gereinigtem Benzin des Handels bei 50 bis
60° C. digerirt. Die filtrirte Flüssigkeit ließ beim Erkalten eine kleine
Menge eines rothen Körpers fallen, enthielt aber fast nur den gelben Farbstoff; sie
wurde eingetrocknet und der Rückstand mit kaltem Alkohol behandelt, wodurch das
gelbe Pigment gelöst wurde, etwas Purpurin aber ungelöst blieb. Die durch Eindampfen
concentrirte alkoholische Lösung wurde durch salzsäurehaltiges Wasser gefällt. Der
Zusatz von Salzsäure bewirkt, daß die gelbe Substanz sich leicht absetzt; ohne
denselben würde man nur eine Trübung erhalten. Die so dargestellte, lichtgelb
gefärbte Substanz konnte beim langsamen Verdampfen der Lösung in Benzin auch in
Krystallen erhalten werden. Sie ist demnach sehr leicht löslich in Alkohol und
Benzin, löst sich ferner mit orangerother Farbe in Ammoniak auf und färbt mit
Thonerdebeizen lebhaft und haltbar gelb. Ihre Menge ist aber sehr gering; die Verf.
erhielten aus 200 Grm. jenes Purpurins nur wenige Decigramme des gelben Körpers.
Der in dem lauwarmen Benzin ungelöst gebliebene größte Theil der angewendeten
Substanz wurde bis zum Verjagen des Benzins erwärmt und mit Alkohol von 86 Proc.
eine Stunde lang bei 50° C. behandelt; hierauf wurden die Flüssigkeiten
abfiltrirt und abgekühlt, und die sich ausscheidenden Krystalle abgetrennt. Die
alkoholische, tief braunroth gefärbte Mutterlauge gab nach dem Einengen und Erkalten
eine käsige, krystallinische, orangerothe Masse. Die Krystalle wurden durch
Umkrystallisiren aus warmem Alkohol gereinigt. 200 Grm. des benutzten Purpurins
lieferten 5 Grm. von dem getrockneten orangefarbenen Körper. Derselbe ist also
leicht in Alkohol, aber sehr wenig in Benzin löslich; seine Krystalle schwinden beim
Trocknen bei 100° zu einem tief orangerothen Pulver zusammen, bei 145°
verlieren sie viel Wasser, bei 150° schmelzen sie. Die ammoniakalische Lösung
ist tief roth mit einem Stich in's Orange; mit Thonerdebeizen färbt der Körper
orangeroth.
Aus dem reichlichen Rückstand wurden durch wiederholtes Behandeln mit kochendem
Alkohol die beiden rothen Pigmente nach und nach aufgelöst und beim Erkalten als
feine rothe Nadeln wieder abgesetzt. Die ersten Absätze bestanden hauptsächlich aus
dem von den Verf. Purpurin genannten rothen Farbstoffe, die letzten enthielten nur
Pseudopurpurin. Beide lassen sich leicht durch kochenden Alkohol von einander
trennen, in welchem das Purpurin leicht löslich, das Pseudopurpurin aber beinahe
ganz unlöslich ist. Daher wurde das erhaltene Purpurin aus kochendem Alkohol
umkrystallisirt, das Pseudopurpurin aber durch Waschen mit heißem Alkohol gereinigt.
Die Krystalle des Purpurins sind lebhaft roth gefärbt, lösen sich in Ammoniak mit
prachtvoll Purpurrother Farbe auf und färben die Beizen ähnlich wie Alizarin. Das
Pseudopurpurin bildet kleine ziegelrothe Nadeln und verhält sich gegen Ammoniak und
Beizen wie das Purpurin.
Zur Darstellung des reinen Purpurins genügt es, das Kopp'sche Purpurin mit lauem Alkohol, welcher den gelben und orangenen
Farbstoff löst, zu waschen und den Rückstand hierauf in einem geschlossenen Gefäße
bei 200° mit Alkohol zu erhitzen, wobei sich das Pseudopurpurin in Purpurin
umzuwandeln scheint, welches sich nebst dem schon vorhandenen auflöst, aber hiernach
wieder in schönen Nadeln ausscheidet; man löst diese Krystalle wieder in kochendem
Alkohol auf und trennt sie durch Filtration von etwas bei dem Erhitzen entstandener
schwarzer Materie.
Die schönen, federartig gereiheten Nadeln, welche man durch Sublimation des
Handelsproductes in einem mit Fließpapier überspannten Porzellantiegel erhält, sind
ebenfalls Purpurin; die beigemengte kleine Quantität empyreumatischer Substanzen läßt sich durch
Umkrystallisiren des Purpurins aus Alkohol entfernen.
Die folgenden Formeln der besprochenen Verbindungen beziehen sich auf Substanz,
welche bei 150° C. getrocknet worden war.
1) Purpurin = C²⁰H¹²O⁷;
Oxyalizarin; wenn man nämlich die Formel des
Alizarins C¹⁰H⁶O⁹ verdoppelt, so entsteht das Purpurin
daraus durch Aufnahme von 1 Atom Sauerstoff.
2) Pseudopurpurin =
C²⁰H¹²O⁹; Trioxyalizarin = C²⁰H¹²O⁶ + 3 O.
3) Orangerother Farbstoff =
C²⁰H¹⁶O⁹ Hydrat von Purpurin = C²⁰H¹²O⁷ +
H⁴O².
4) Gelbes Pigment =
C²⁰H¹²O⁶; isomer mit Alizarin. Der geringen Menge
wegen konnte diese Formel nicht controlirt werden; die Verf. halten sie aber deßhalb
für richtig, weil dieser gelbe Farbstoff künstlich aus den beiden rothen Pigmenten
durch die reducirende Wirkung von Jodphosphor erhalten werden konnte.