Titel: | Ueber C. F. Varley's Verbesserungen in den Anordnungen unterseeischer Telegraphen. |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. LXXXI., S. 329 |
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LXXXI.
Ueber C. F. Varley's
Verbesserungen in den Anordnungen unterseeischer Telegraphen.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Ueber Varley's Verbesserungen in den Anordnungen unterseeischer
Telegraphen.
Es ist hinreichend bekannt, welche Schwierigkeiten die submarinen Telegraphen
darbieten, und es mag daher als überflüssig erscheinen, dieselben, in eingehender
Weise hier auseinander zu setzen. Ein Theil jener Schwierigkeiten bezieht sich
nämlich auf die Herstellung und Anordnung des Kabels selbst, um denjenigen Grad von
Leitungsfähigkeit des Kernes und die Größe von Isolationsfähigkeit der Hülle zu
erhalten, damit bei langen Unterseekabeln der Entstehung des Telegraphirstromes kein
unüberwindbarer Widerstand entgegengesetzt werde und bei seiner Fortpflanzung an
keiner Stelle eine Nebenschließung eintreten könne. Bei tadellos angefertigten
Kabeln handelt es sich weiter darum, dieselben in der Art in den Meeresgrund zu
versenken, daß während des Auslegens auch an keiner einzigen Stelle eine
Beschädigung, und zwar weder durch die Operationen des Versenkens selbst, noch durch
die vom Gewichte der abrollenden Kabelstrecken bewirkte Dehnung des Kernes oder der
Kabelhülle etc. erfolge, daß gleich bei der erstmaligen Versenkung jede ausgelegte
Kabelstrecke ein Terrain des Meeresbodens als feste Unterlage erreiche, die dasselbe
während des weiteren Fortschreitens in diesen Operationen oder durch anderweitige,
etwaige unterseeische Einwirkungen nicht mehr verlassen kann, daß die ganze
ausgelegte Kabelstrecke unter allen Umständen jeder Einwirkung entzogen bleibe,
welche die Hülle oder die isolirenden Substanzen des Kernes und diesen selbst auch
nur im mindesten afficiren könnten, daß die Undurchdringlichkeit der Kabelhüllen
selbst für den größten – durch Untersuchung der Meerestiefen ermittelten
– hydrostatischen Druck nicht bloß am Anfange, sondern auch für alle Zukunft
gesichert sey, daß ferner die Lage der ganzen Kabelstrecke genau und ebenso
dargestellt werden könne, wie die einer durch viele feste Punkte auf der
continentalen Erdoberfläche bezeichneten Linie, um, wenn es als nöthig erscheinen
sollte, die Strecke stückweise auf ihre Brauchbarkeit prüfen zu können etc. – Es handelt
sich also, kurz gesagt, darum, das Kabel so anzuordnen und in der Weise auf den
Meeresgrund zu versetzen, daß der Stromleiter eine für die beabsichtigten Zwecke
ausreichende Leitungsfähigkeit besitze und stets beibehalte, ohne jemals an irgend
einer Stelle unterbrochen zu werden, und daß ferner die Isolationsfähigkeit der
Kabelhülle vollkommen sey und niemals beeinträchtiget werde. Ein Fehler der ersten
Art könnte entweder die Stromeswirkung so weit schwächen, daß die telegraphischen
Zeichen undeutlich ausfallen oder gar nicht erscheinen, oder es könnte sogar der
Stromesdurchgang ganz unterbleiben, während ein Fehler der zweiten Art die
Stromeswirkungen an Stellen im Meere entstehen lassen und so Nebenschließungen
erzeugen würde, welche je nach ihrer Zahl oder Stärke den Hauptstrom in der Art
schwächen könnten, daß von diesem eine Wirkung auf das Relais oder auf den
Telegraphenapparat der empfangenden Station nicht mehr ausgeübt werden kann.
Unsere Betrachtungen beziehen sich jedoch nicht auf diese Schwierigkeiten, sondern
lediglich auf einige der Mittel, welche man anzuwenden hat, oder vielmehr anwenden
kann, um ganz andere Umstände unwirksam zu machen oder wenigstens abzuschwächen,
welche nur bei tadellos angefertigten Kabeln und sicher ausgelegten langen
Unterseelinien die telegraphische Correspondenz wesentlich beeinträchtigen. Diese
Umstände sind rein physikalischer Natur, und verdanken, wie vielfache Untersuchungen
– namentlich von W. Siemens, dann von Faraday, Wheatstone, Thomson, Varley, Guillemin u.a. – herausgestellt haben, lediglich
der Anordnung der Kabelleitung selbst ihre Entstehung, vermöge welcher nämlich jede
von einer leitenden Substanz umgebene Kabelstrecke bei ihrer Benutzung als
Schließungsleiter einer Volta'schen Batterie ähnlich wie eine nicht isolirte
Leydener Flasche oder eine Ladungsplatte eine Ladung annimmt, welche die Entstehung
des continuirlichen Stromes verzögert, seine Intensität sogar schwächen kann und der
Geschwindigkeit des Zeichengebens nicht unbedeutende Beschränkungen auferlegt,
insbesondere wenn die Länge des Kabels beträchtlich ist. Stellt man nämlich mittelst
einer unterseeischen (oder unterirdischen) Kabelleitung eine Telegraphenkette her,
indem man ein Ende des Kabels mit dem Zeichengeber, das an der zweiten Station
befindliche Ende mit einem Ende der Spirale des zeichenempfangenden Apparates, das
zweite Ende der letzteren mit der Erdleitung in Verbindung setzt, und schaltet an
der gebenden Station mittelst des Zeichengebers die Batterie ein, von der der freie
Pol zur Erde abgeleitet ist, so entsteht eine beträchtliche Zeit nach dem an der
ersten Station erfolgten Schließen der Kette ein Zeichen an der empfangenden; dieses Zeichen hält
längere Zeit an als bei gewöhnlichen Telegraphen, selbst wenn die Kette an der
gebenden Station nur momentan geschlossen wird. Wird unmittelbar nach dem
Zeichengeben – wie dieß auch gewöhnlich geschieht – der Anfang der
Leitung mittelst des Zeichengebers mit der Erde verbunden, so entsteht ein zweiter
Strom, der in entgegengesetztem Sinne mit dem Telegraphirstrom durch die
Kabelleitung circulirt. Der ganze Vorgang beim Geben eines einfachen Zeichens ist
also hierbei von drei Strömen begleitet, von denen der erste dem Ladungsstrom der
inneren Belegung, der zweite dem continuirlichen Strome und der dritte oder
Rückstrom dem Entladungsstrom des Flaschenkabels entspricht. Der continuirliche
– oder Telegraphir- – Strom folgt dem ersten Ladungsstrom, wenn dieser
abzunehmen beginnt, das Zeichengeben wird also verlängert, der Rückstrom kann ein
Zeichen markiren, ohne daß die Batterie wirksam ist. Die Zeit, zu welcher der Beginn
der Marke an der Empfangsstation auftritt, hängt dabei insbesondere von der Länge
der Kabelleitung ab, und nimmt mit dem Quadrate der letzteren zu, während dieselbe
in demselben Verhältnisse abnimmt, in welchem das Quadrat des Durchmessers des
leitenden Kernes zunimmt; sie wird ferner verkürzt mit zunehmender Dicke der
isolirenden Schichte und ist außerdem für verschiedene isolirende Substanzen
verschieden, so daß die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der telegraphischen Zeichen
unter sonst gleichen Umständen bei solchen Substanzen, deren elektrisches
Vertheilungsvermögen geringer ist, auch größer seyn muß u.s.w. – Die Stärke
des Ladungsstromes ist hingegen von der Stärke der Stromquelle abhängig, und nimmt
mit der Zahl der zur Batterie verwendeten Zellen zu; derselbe wächst mit der Größe
der Oberflächen der Flaschenbelegungen, nimmt aber mit zunehmender Dicke der
isolirenden Schichte ab, und seine Größe ist wieder unter sonst gleichbleibenden
Umständen von dem specifischen Vertheilungsvermögen der isolirenden Substanzen,
welche für das Kabel verwendet werden, abhängig. Die experimentellen, sowie die
theoretischen Untersuchungen über die Vertheilung und Fortpflanzung der Elektricität
in Flaschenkabeln haben so diejenigen Anhaltspunkte geliefert, um einerseits die
Anordnung des Kabels in der Art auszuführen, daß die gedachten Störungen – da
sie niemals beseitiget werden können – auf ihre geringste Wirkung beschränkt
bleiben, andererseits die zeichengebenden und zeichenempfangenden Organe der
submarinen Telegraphen so einzurichten und das Zeichengeben in der Art vorzunehmen,
daß die Geschwindigkeit des Telegraphirens ein gewisses Maximum erreiche, wenn auch
dieses hinter der Geschwindigkeit der Fortpflanzung telegraphischer Zeichen der
gewöhnlichen Telegraphen noch weit zurückbleibt.
Zur Vervollkommnung der letzten Mittel hat unter Anderen – schon oben
genannten – Physikern und Technikern schon seit dem Jahre 1854 der englische
Telegrapheningenieur Varley wesentliche Beiträge
geliefert.M. s. unter Anderen: Polytechn. Journal Bd. CXXXIV S. 418; Bd. CXXXVI S. 261.
– Franklin Journal, 3. Reihe, Bd. XXXVIII
etc. In seinem neuesten – uns bekannt gewordenen – Patente vom 26.
December 1862Auszugsweise von Varley mitgetheilt in den Proceedings of the Royal Society, t. XII p. 498, dann in „the Engineer,“ Aug. 1863 und aus
diesem im polytechnischen Centralblatt, 1863 S. 1629. sind nun die Mittel der Hauptsache nach zusammengestellt, welche Varley entweder selbst benutzt oder zur Benutzung
vorschlägt, um die Schwierigkeiten, welche die Ladungserscheinungen bei submarinen
Telegraphen darbieten, so weit als thunlich zu umgehen, und wir theilen nunmehr jene
Mittel und Methoden nach der vor uns liegenden PatentbeschreibungTo C. F. Varley, of Fortress-Terrace, London; for
improvements in electric telegraphs; Newton'sLondon Journal of arts, September 1864, S.
163. mit, obgleich auch in dieser Quelle manche wesentliche Elemente entweder gar
nicht berührt oder wenigstens unzureichend erwähnt worden sind.
Die Patentbeschreibung bezieht sich auf dreierlei Objecte, für welche von Varley Verbesserungen angegeben worden sind: das erste
betrifft die Anordnung der submarinen Telegraphenstationen selbst, das zweite zeigt
die Methoden, um mittelst einer localen und passend angeordneten Untersuchungskette
sich vor der definitiven Einrichtung der Telegraphenstationen von der Wirksamkeit
der zu treffenden Anordnungen für eine gegebene Unterseeleitung durch Versuche
überzeugen und darnach die nöthigen Modificationen etc. treffen zu können, während
das dritte der in Rede stehenden Objecte bloß einige Verbesserungen an den
gebräuchlichen Relais behandelt.
Der erste Theil der vorgeschlagenen Verbesserungen hat den Zweck durch passende
Anordnung der gebenden sowie der Empfangsstation die Geschwindigkeit des
Telegraphirens – in der sonst tadellos und zweckmäßig ausgeführten
Unterseeleitung – beträchtlich zu erhöhen, und wir bleiben zunächst bei der
Einrichtung der Empfangsstation stehen. Hierfür gibt Varley fünf Methoden an, von welchen jede zu demselben Erfolge führen
soll. Bekanntlich wird nun bei submarinen Telegraphen, um die gedachten
nachtheiligen Einwirkungen zum Theile unschädlich zu machen, nach erfolgtem
Zeichengeben das Kabel mit der Erde verbunden und sogleich nach diesem Momente noch
außerdem ein kurz andauernder Strom durch die Leitung gesendet, der in
entgegengesetztem Sinne geht wie der Telegraphirstrom. Hierbei ist die Anordnung an der
zeichengebenden Station etc. so getroffen, daß der Rückstrom nicht durch die Spirale
des Relais gehen, daß hingegen, wenn das Relais darnach angeordnet wird, mittelst
des zweiten Gegenstromes eine Zeichenbeförderung erfolgen kann. Die Anordnungen von
Varley haben nun im Allgemeinen den Zweck, jede
Aenderung in der Stromstärke an der Empfangsstation entweder zur Darstellung eines
Zeichens mittelst des Relais (oder einer Marke mittelst des Telegraphenapparates) zu
benutzen oder nachtheilige Einwirkungen der Rückströme zu beseitigen.
Bei der ersten von ihm angegebenen Methode wird die Anordnung nach dem in Fig. 1
angedeuteten Schema vorgenommen. Hierin (sowie auch in den nachfolgenden
Abbildungen) bedeutet I das Ende des Kabels an der
Empfangsstation, T repräsentirt die Spirale des Relais
oder eines Telegraphenapparates, R bedeutet eine
Widerstandsrolle oder einen Rheostat, E die Erdplatte
während bei JP die sog. Inductionsplatten
angezeigt sind. Was zunächst diese letzteren betrifft, so sollen diese nichts
anderes als einen Ladungsapparat bedeuten, ähnlich wie eine aus Ladungsflaschen
zusammengesetzte elektrische Batterie oder eine aus Ladungsplatten – nach Art
der Franklin'schen Tafel – zusammengesetzte
Plattenbatterie, welche letztere bekanntlich auch den Namen Condensator (im weiteren
Sinne des Ausdruckes) führt, wie solche aus Gutta-percha, Leder oder
Glimmerscheiben, oder Kautschuk mit Metallbelegung für die Inductionsapparate
benutzt werden. Seine Inductions- oder vielmehr Ladungsbatterie stellt Varley aus Metallplatten her, die unter sich mittelst in
Paraffin getränkten Papierschichten und in dieser Weise isolirt so unter einander
verbunden sind, wie dieß in Fig. 1 angedeutet ist, so
nämlich daß die an ungeraden Stellen befindlichen Platten einerseits, so wie die an
geraden Stellen befindlichen andererseits unter sich leitend in Verbindung stehen:
das Ende bei 1 stellt also die innere, das bei 2 aber die äußere Belegung dieses
Condensators vor. Für den Rheostaten hält es Varley dem
im Rede stehenden Zwecke für nützlich, einen Kern aus weichem Eisen anzuwenden, oder
was wohl dasselbe besagen soll, einen geraden Elektromagneten mit einer aus einer
großen Zahl von Windungen bestehenden Widerstandsspirale zu benutzen, wodurch
nämlich ein zweifacher Effect erzeugt werden muß. Nehmen wir nun an, es gehe ein
Strom von der gebenden Station aus durch das Kabel, und nennen wir diesen einen
positiven, wenn das positive Polende der Batterie mit dem Anfange des Kabels, das
negative Polende aber mit der Erde verbunden ist; hingegen einen negativen, wenn der
negative Pol der Batterie mit der Kabelleitung, der positive Pol aber mit der
Erdleitung in
Communication gesetzt wird, so wird, wenn z.B. der gebende Strom ein positiver ist,
zuerst der Ladungsstrom und kurz darauf der continuirliche Strom bei I ankommen. Jener verzweigt sich an dieser Stelle und
geht zum Theil durch die Spirale T und nach der innern
Belegung des Kondensators JP, theils durch den
Rheostaten R zur Erde, insoferne er hier durch
Gegenströme, welche in den Windungen inducirt werden, keine beträchtliche
Verzögerung erleidet: dieser Vorgang kann in dem zwischen I und 1 liegenden Zweig offenbar ein Zeichen am Relais hervorbringen.
Diese Verzweigung kann aber sodann nicht mehr eintreten, sobald der Condensator sein
Maximum der Ladung angenommen hat; es muß daher von diesem Zeitpunkte an der
Kabelstrom von I aus direct durch R zur Erdleitung übergehen. Hierbei findet aber auch gleichzeitig vermöge
der jetzt erfolgenden Entladung des Condensators ein Stromübergang von der inneren
Belegung durch die Spirale T zur Erde statt; erfolgt
daher an der gebenden Station gleich nach dem Geben des ersten Zeichens ein Umkehren
des Stromes, so wird jetzt in Folge des sich wiederholenden Vorganges bei dem
negativen Strom zuerst die Stromeswirkung auf das Relais ganz aufhören, sodann aber
ein Zeichen mit Einwirkung des vorherrschenden negativen Stromes erfolgen müssen.
Während also unter gewöhnlichen Umständen – nämlich ohne Einwirkung des
Condensators – der Stromdurchgang so lange stattfindet, bis die Ladung im
Kabelende vollständig vernichtet ist, so wird bei der vorliegenden Anordnung der
Vorgang verkürzt, jedoch unter wesentlicher Mitwirkung des in dem anderen Zweige
eingeschalteten Rheostaten, der wegen der in seinen Windungen erzeugten
Inductionsströme anfänglich das Laden des Condensators begünstigt, in der zweiten
Phase aber die Entladung unterstützt u.s.w. Es muß aber schon hier nebenbei bemerkt
werden, daß Varley zum Telegraphiren entweder Ladungs-
oder inducirte Ströme benutzt, und theilweise durch anderweitige Anordnungen an der
gebenden Station die Wirkung der Kabelladungen abschwächt.
Für den Fall nun, daß die Ladungsbatterie nicht das dem Ladungsstrome entsprechende
Isolationsvermögen besitzen würde, müßte die Entladung sogleich bei 2 und gegen die
Erde hin oder innerhalb des Condensators erfolgen; es wird daher von Varley die Anordnung in der Art abgeändert, daß (Fig. 2) die
Spirale T aus zwei Windungen gebildet, die innere
Windung in derselben Weise mit der Ladungsbatterie JP wie in Fig. 1 verbunden wird, hingegen zwischen dem Ende I der Leitung und der Erde zwei Rheostate R₁ und R₂ eingeschaltet werden, von
welchen R₂ gleichzeitig zum Schließen der Kette
mittelst der äußeren Spirale von T dient. Diese
Anordnung soll also durch den zur Wirkung kommenden Inductionsstrom die bei der vorigen eintretenden
compensirenden Wirkungen des Ladungsstromes unterstützen, und es muß sodann nach
jedem Stromwechsel ein Zeichen erfolgen.
Die zweite von Varley angegebene Methode ist von ihm nicht
mit der gehörigen Klarheit beschrieben. Es mag daher hierüber bloß erwähnt werden,
daß er es zuweilen für zweckmäßig hält, bei der durch das Schema in Fig. 1 dargestellten
Anordnung das elektromagnetische Relais T durch ein
„Elektroskop“ zu ersetzen; jedoch müsse dann die durch die
elektrische Influenz eintretende Abstoßung und Drehung der Nadel des Elektroskopes
rasch genug vor sich gehen, um mittelst derselben bei jeder statthabenden Aenderung
des Ladungszustandes des Kabelendes eine Localbatterie – ähnlich wie durch
das sogenannte Galvanometerrelais – schließen zu können.
Bei den übrigen drei Methoden ist die Anwendung der Ladungsbatterie zum größten
Theile unterdrückt, und es kommen bloß elektrodynamische Compensationsmittel vor.
Das dritte Verfahren besteht nämlich darin, daß (Fig. 3) zwischen I und der Erdleitung E die
Hauptspirale p eines Inductors J, wie solche für Inductionsapparate verwendet werden, eingeschaltet wird,
während die Spirale T des Relais in der mittelst der
äußeren oder secundären Spirale s, s gebildeten Kette
sich befindet. Der Eisenkern e besteht hierbei aus einem
Eisendrahtbündel, das sowohl die Achse der Hauptspirale p bildet, als auch durch Umbiegen über die äußersten Lagen der letzteren
so angeordnet ist, daß auf dasselbe die secundäre Spirale gewickelt, also diese
ebenfalls hierdurch mit einem eigenen Eisenkern gleichsam versehen worden ist, und
endlich die ganze Spule noch von dem Eisendrahtbündel wie in einer Büchse
eingeschlossen ist. Von dieser eigenthümlichen Anordnung bemerkt Varley, daß dieselbe weit kräftigere inducirte Ströme
liefere, als wenn der Eisenkern sich nur auf die innere Höhlung der Spirale
erstreckt, welche dem Hauptdrahte angehört. Obgleich die Vorgänge in dieser
Inductionsspirale J einigermaßen complicirt ausfallen
müssen, so werden dennoch im Allgemeinen die gleichen Wirkungen wie bei der durch
Fig. 1 und
2
dargestellten Einrichtung erzeugt werden. Der Kabelstrom gelangt nämlich hier direct
zur Erde, und wird dabei in der secundären Spirale einen dem vorigen
entgegengesetzten Strom induciren, der so lange wächst, bis der Eisenkern das
Maximum seiner magnetischen Kraft angenommen hat; beim Aufhören der Kabelladung
wird, wenn der Magnetismus des Eisenkernes wieder abgenommen hat und dem
Verschwinden nahe ist, ein secundärer Strom zu Stande kommen, der mit dem
Telegraphirstrom gleich gerichtet ist, und dessen Stärke durch den ankommenden, die
primäre Spirale
circulirenden Gegenstrom erhöht wird. Die Zeichen sollen hierbei unter allen
Umständen deutlich erfolgen, nur müsse der Eisenkern so voluminös seyn, daß. die zum
Magnetisiren desselben etc. nöthige Zeit beträchtlich ausfalle. – Bei der
Anordnung, welche auf das vierte Verfahren gegründet ist, benutzt Varley ein Relais mit zweien Spiralen von ungleichem
Widerstande und ungleicher Windungszahl, die in entgegengesetztem Sinne gewunden
sind. Gesetzt die erste Spirale biete dem Strome die Hälfte des Widerstandes der
zweiten dar, und diese habe doppelt so viele Windungen wie jene; wird nun ein Ende
der ersten Spirale mit dem Kabelende I verbunden, das andere Ende derselben aber mit
einem Ende der zweiten Spirale sowohl als auch mit einem Ende der Spirale eines
Elektromagneten oder einer Inductionsspirale, wobei die letzte Spirale der zweiten
des Relais in jeder Beziehung äquivalent seyn soll, so wird die Wirkung des directen
Stroms auf das Relais aufgehoben, während dasselbe durch einen Strom in Thätigkeit
versetzt wird, welcher durch den Elektromagneten beim Entstehen und Verschwinden des
temporären Magnetismus inducirt wird.
Bei dem letzten von Varley angegebenen Verfahren wird
entweder ein aus zwei Galvanometern zusammengesetztes oder ein einziges Galvanometer
als Translator angewendet, um bei statthabenden Aenderungen in der Stärke des
Kabelstromes ein (zweites) Relais, das den Telegraphenapparat in Gang zu bringen
hat, in Thätigkeit zu versetzen. In dem Falle, wo ein Doppelgalvanometer verwendet
wird, ist die Anordnung so gemacht, wie in Fig. 4 im verticalen, in
Fig. 5 im
horizontalen Durchschnitt dieß angedeutet ist; hierin stellen G₁ und G₂ zwei Galvanometer vor,
deren Spiralen unter sich verbunden sind, und wobei bei I die Verbindung mit dem
Kabel, bei II die Communication mit der Erdleitung mittelst eines Condensators
stattfindet, der zwischen II und der Erde eingeschaltet wird. Das Galvanometer G₁ hat ein größeres Nadelsystem NS als G₂; dasselbe ist auch mit einer Spirale von
mehreren Windungen versehen, wie das kleinere, die Ablenkung seiner Nadel aus der
Gleichgewichtslage wird aber durch Einschaltung einer Widerstandsrolle als
Zweigleitung für G₁ auf derselben Größe erhalten
wie bei jenem; nur ist die Schwingungsdauer der Nadel N'S' kürzer wie die von NS. Dieses
Galvanometersystem wird nun zunächst dazu verwendet, um selbst wieder als Relais für
die Localkette LS eines zweiten Relais den Strom
herzustellen, wenn ein Kabelstrom nach einem positiven oder negativen Sinne durch
die Galvanometerspiralen circulirt. Die verticalen Achsen g und d beider Nadelsysteme befinden sich in
einer Verticalen und jede ist an einem eigenen der beiden Rahmen j und k, welche beide an dem
gemeinschaftlichen Gestell w sich befinden, befestigt.
Die Achse d trägt eine Gabel a (Fig.
4a und Fig. 5), deren Arme unter
einander und die eine von d isolirt ist, und mit dieser
Gabel ist der rechtwinkelig gebogene Draht aa'
verbunden, welcher die Drehung der Nadel N'S'
mitmacht. Die Achse b ist mit dem rechtwinkelig
abgebogenen Drahte bb, versehen der innerhalb der
Gabelarme ec oscilliren kann. Wird die Achse g mit einem, die Achse d mit
dem anderen Ende einer Localkette, in der ein Relais für den zeichenempfangenden
Telegraphenapparat sich befindet, verbunden, und es kommt bei einem Nadelausschlage
entweder der Arm b mit der Contactfeder f in Berührung, so daß diese gegen den Arm c gedrückt wird, oder es kommen a', b' mittelst eines wasserförmigen Leiters in leitende Verbindung, so
wird die Localkette geschlossen und das Relais sowie der dazu gehörige
Telegraphenapparat kommen zur Thätigkeit. Die vorliegende Anordnung zeigt, wie das
Galvanometersystem als Uebertrager für das zweite Relais functioniren kann. Von der
Mitte m der Localbatterie LS geht nämlich eine Leitung zur Achse g, an
welcher der Arm b befestigt ist, und in dieser Leitung
befindet sich das genannte Relais, während mit der Achse d der Gabel a unter Einschaltung eines
Widerstandes R₂ das eine Ende der Batterie, das
andere Ende der letzteren aber mittelst einer Widerstandsrolle R₁ mit dem Drahtende l'l' eines in den halbkugelförmigen Trog ll einmündenden Drahtes verbunden ist. Dieser Trog ist aus Metall, mit.
einer Zersetzungsflüssigkeit angefüllt, welcher unter gewissen Umständen eine
beständige Strömung gestattet und sogar beigebracht wird, und die Wände des Troges
sind bis auf jene metallischen und blanken Stellen, denen die Arme a' und b' an ihren in der
Flüssigkeit befindlichen Enden gegenüberstehen, überall durch eine Firnißschichte
von der leitenden Flüssigkeit isolirt. Tritt nun ein Kabelstrom im positiven oder
negativen Sinne bei I in die Spiralen, so werden die
Nadeln NS und N'S'
nach gleichem Sinne abgelenkt, die vollständige Bewegung von N'S' tritt aber etwas früher ein, als die von NS, und es kann daher die Distanz der Arme a', b' von einander dabei so klein ausfallen oder die
Bewegung von b von der Art werden, daß die Localkette
LS, indem der Strom derselben durch das zweite
Relais und von b auf die Gabel a übergeht, um durch R₂ zur Batterie
zurückzukehren, geschlossen wird: hierdurch muß also ein telegraphisches Zeichen zu
Stande kommen. Nimmt der Kabelstrom ab, so kehrt zuerst die Nadel N'S' und langsamer als diese die Nadel NS in ihre Ruhelage zurück; hierbei wird aber der
Widerstand der Flüssigkeitsschichte zwischen a' und b' immer größer, während der zwischen b' und dem metallischen Theile des Troges oder dem Ende
des Drahtes
l'l' anfänglich so klein werden kann, daß die Localkette
wieder, jedoch ihre zweite Hälfte durch den Draht l'l'
und den Widerstand R₁ in entgegengesetztem Sinne
wie vorher geschlossen wird: die abnehmende Stromstärke des Telegraphir- oder des
Kabelstromes überhaupt bringt also das zweite Relais wieder zur Thätigkeit, wodurch
sodann ein nächstes telegraphisches Zeichen entsteht, da ja das polarisirte Relais
– wie wir solche bei allen den vorliegenden Betrachtungen vorausgesetzt haben
– nur durch Ströme von wechselnder Richtung die Localkette in unmittelbarer
Aufeinanderfolge schließen kann. – Die eben beschriebene Anordnung hat jedoch
Varley wieder wesentlich dadurch vereinfacht, daß er
denselben Zweck mittelst eines einzigen Galvanometers G₁ zu erreichen sucht, dessen Spirale zwischen Kabel und Erde mittelst
eines Ladungsapparates eingeschaltet wird, und das im Augenblicke der Entstehung und
des Aufhörens des Kabelstromes durch inducirte Ströme das Relais in Bewegung
versetzt. Bei dem in Fig. 6 angegebenen Schema bedeutet ll
den etwas abgeänderten Trog mit der Zersetzungsflüssigkeit – wofür reines
Wasser oder eine Salzlösung u. dgl. genommen werden kann, bei q mündet ein Draht mittelst der Platte z als
eine Elektrode in den Trog, der von der Achse g (Fig. 4)
herabgehende Arm b bildet die andere Elektrode, und die
zwischen beiden enthaltene Zersetzungsflüssigkeit schließt beständig die Localkette
LS, in welcher der primäre Draht der
Inductionsspirale J eingeschaltet ist, deren secundäre
Spirale durch das Relais T geschlossen wird. Diese
Anordnung gestattet nur dann eine Entstehung eines secundären Stromes, wenn entweder
der Kabelstrom zunimmt, oder wenn derselbe aufhört, oder wenn ein Stromwechsel
eintritt; im ersten Falle wird nämlich der Widerstand zwischen b und q kleiner, die
magnetische Kraft des Eisenkernes e der
Inductionsspirale e nimmt zu, in den beiden letzten
Fällen findet eine Abnahme der magnetisirenden Kraft für e statt, und es müssen daher während dieser Periode und beim Verschwinden
des Magnetismus wieder inducirte Ströme entstehen, die den vorigen entgegengesetzt
sind. Jedoch sind die beim Wechseln der Stromstärke in dem einen oder dem anderen
Sinne entstehenden secundären Ströme so schwach, daß nur diejenigen ein
Relaiszeichen hervorbringen können, welche in den äußersten Momenten, nämlich bei
der Magnetisirung des Kernes e und beim Entmagnetisiren
des letzteren inducirt werden. Die leichte Beweglichkeit und Empfindlichkeit der
Galvanometernadel sucht Varley durch verschiedene Mittel
zu unterstützen, etwa durch Einwirkung eines permanenten außerhalb der Spirale des
Galvanometers angebrachten Magneten, durch wechselweise Bewegung der Flüssigkeit, in
welche der Arm b eintaucht etc.; ob dieselben von Nutzen
werden können, muß
dem Urtheile der Praktiker, welche dieselben anwenden, überlassen werden.
Da bei allen diesen Anordnungen das Zeichengeben von dem geregelten und sicheren
Gange des Relais wesentlich abhängig ist, so hat Varley
das polarisirte Relais zu diesem Zwecke zu verbessern gesucht. Die in Fig. 7 und 8 angegebenen
Schema zeigen im Allgemeinen die Einrichtung von zwei Relais, jedes in Verbindung
mit der Localkette LS, in welcher der
Telegraphenapparat T₁ sich befindet. Für die um
n drehbare und magnetisch polarisirte Zunge i (aus weichem Eisen) ist bei NS sowohl als auch bei N'S' ein permanenter Stahlmagnet angebracht, deren
gleichnamige Polflächen auf einer, und derselben Seite der Zunge i sich befinden. Haben beide gleiche magnetische
Anziehung, so muß die Zunge unter gewöhnlichen Umständen die mittlere Ruhelage
annehmen, während sie aus dieser gebracht sich gegen den Contact C oder gegen den isolirten Contact bei C₁ anlegen muß. Geht ein Strom durch den
Elektromagneten EE nach einem Sinne, so legt sich
die Zunge i mit ihrem Ende ps an C₁ und schließt die Localkette;
hört der Stromdurchgang auf, so soll die Zunge in ihre mittlere Gleichgewichtslage
wieder zurückkehren, wenn C₁ ebenfalls eine
Contactschraube ist, durch welche die Localkette LS geschlossen wird, wenn ein negativer Strom durch die Spirale EE circulirt; würde aber C₁ keinen Contact, sondern einen isolirten Anschlag für die Zunge
i bei ihrer Ruhelage bilden, so würde eine
Unsicherheit durch die Lage der Zunge bei geöffneter Linienkette nicht entstehen
können. Da aber gerade dieses Relais mit wechselnden Strömen arbeiten, d.h. bei
jedem Stromwechsel ein Zeichen markiren soll, so müssen C und C₁ (Fig. 7) sowie C' und C₁' in der
Localkette abwechselnd eingeschaltet werden; die hierbei entstehenden Unsicherheiten
im Gange des Relaishebels i sollen nun nach Angabe von
Varley dadurch beseitigt werden können, daß das Ende
der Zunge i bei ss mit
flachen Contactfedern (aus Gold?) versehen ist, in welche die Platinkügelchen pp eingesetzt sind, die gleichsam als Dämpfer
wirken und die Schwingungen der Zunge i momentan
aufheben sollen. Die Anordnung in Fig. 8 ist gegen die
vorige dahin abgeändert, daß das Platinkügelchen p an
einer eigenen Feder angebracht ist und eigene Begrenzungsschrauben bei statthabenden
Contacten der Zunge berühren muß. (Seine Mittheilungen über die Anordnung des
Relais, damit dasselbe selbst für schwache Ströme noch empfindlich genug ist, sind
viel zu undeutlich, als daß wir von denselben hier weiteren Gebrauch machen können;
einige Andeutungen beziehen sich auf ein schon in früherer Zeit verbessertes
Relais.)
Die Anordnungen an der Empfangsstation sowie der dabei beabsichtigte Zweck sind aus den schematischen
Abbildungen Fig.
9–12 zu erkennen. Es ist dabei vorausgesetzt, daß der als Zeichengeber
fungirende Submarineschlüssel diejenige Einrichtung habe, um aus einer und derselben
Batterie S einen positiven Strom dem Kabel entlang zu
verbreiten (was durch die ausgezogenen Linien bei S
angedeutet ist) oder den Strom umzukehren und in dasselbe einen sogenannten
negativen Strom gelangen zu lassen (d. i. die Bedeutung der punktirten Linien), und
endlich nach jedem Zeichen das Kabel mit der Erde verbinden oder entladen zu können.
In Fig. 9 ist
angedeutet, daß zwischen Batterie und dem Anfang des Kabels ein Condensator JP eingeschaltet ist; die Entladung der inneren
Belegung geschieht einerseits bei der Verbindung mit der Erde, andererseits beim
Umkehren des gebenden Stromes vollständig, wodurch sodann die Leitung einen
negativen Strom erhält; in Fig. 10 ist gezeigt, wie
diese Vorgänge unter Einwirkung einer zwischen Kabel und Batterie eingeschalteten
elektromagnetischen Widerstandsrolle unterstützt werden können, während bei der in
Fig. 11
gegebenen Anordnung die Entladung des Kabels durch einen beim Aufhören der Ladung
entstehenden inducirten Strom geschehen soll; in Fig. 12 ist dieselbe
Anordnung angedeutet, mit dem Unterschiede, daß der als Telegraphirstrom von der
inneren Belegung des Condensators ausgehende durch den primären Draht einer
Inductionsspirale F in das Kabel übergeht, während der
beim Aufhören der Ladung entstehende Inductionsstrom die Entladung unterstützen soll
etc. Die Vorgänge müßten dabei in gleicher Weise stattfinden, wie dieß oben bei
ähnlichen Anordnungen für die Empfangsstation angedeutet worden ist.
Um an der gebenden Station sich überzeugen zu können, ob die Anordnung an dem
zeichengebenden Apparat sowie die Geschwindigkeit, mit welcher die Zeichen
aufeinander folgen, dem Zwecke entsprechend sind, also den gewünschten Erfolg haben,
wird eine sogenannte Untersuchungskette zwischen den zeichengebenden Apparaten und
dem Kabelanfang (Fig. 13) eingeschaltet, welche aus sogenannten Inductionsplatten oder
Condensatoren JP und Widerstandsrollen R zusammengesetzt ist, so daß diese zusammen den
Gesammtwiderstand der tadellosen Kabelleitung, jene aber die Verzögerung oder das
Vertheilungsvermögen der ganzen Kabelstrecke repräsentiren, und wobei die
Dimensionen so gewählt werden können, daß beide Elemente nur einen bestimmten Theil
des Telegraphirstromes erfordern, um die entsprechenden Verzögerungen an dem
Untersuchungsapparate zur Wahrnehmung zu bringen, und sich so zu überzeugen, ob der
zeichengebende Apparat nicht mit Mängeln behaftet ist.
C. Kuhn.