Titel: | Ueber die Construction einer bengalischen Fackel und die dazu nöthigen chemischen Mischungen; von Dr. Georg Thenius, technischer Chemiker aus Dresden. |
Autor: | Georg Thenius [GND] |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XCIX., S. 412 |
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XCIX.
Ueber die Construction einer bengalischen Fackel
und die dazu nöthigen chemischen Mischungen; von Dr. Georg Thenius, technischer Chemiker aus Dresden.
Mit Abbildungen.
Thenius, über die Construction einer bengalischen
Fackel.
Ich übergebe im Folgenden meine nach vielfachen Versuchen erhaltenen Resultate zur
Anfertigung von bengalischen Fackeln in verschiedenen Farben der Oeffentlichkeit mit
dem Wunsche, daß selbige dazu dienen möchten, noch bessere Constructionen
aufzufinden, welche diese Fackeln auch dem allgemeinen Publicum zugänglich machen.
Seit einigen Jahren
beschäftigte ich mich als Dilletant mit Pyrotechnik und kam auf die Idee: ob man
nicht eine Mischung von bengalischen Flammen herzustellen im Stande sey, die in
passender Form, anstatt der gewöhnlichen Harz- oder Pechfackeln, bei Fackelzügen
gebraucht werden könnten. Es gelang mir auch, eine solche zweckmäßig zu handhabende
Fackel zu construiren, welche ihre Brauchbarkeit bei einem in Göttingen abgehaltenen
Fackelzug bewährte. Bei der Herstellung dieser Fackeln sind folgende Schwierigkeiten
zu überwinden:
1) eine sehr langsam brennende Mischung zu erzeugen;
2) eine passende Hülle zu finden;
3) einen guten Halter dazu zu construiren.
Was den ersten Punkt anbetrifft, so stellte ich darüber verschiedene Versuche an, die
jedoch an der sehr schnellen Verbrennung der Mischung scheiterten; ich suchte daher
einen Stoff auf, der die Brennzeit verlängerte, ohne die Farbe der Mischung zu
beeinträchtigen. In dem Stearin fand ich den Körper, welcher diesen Anforderungen am
besten entsprach; jedoch veränderte ich die Verhältnisse der übrigen Bestandtheile
der Mischung in passender Weise. Bei zwei Flammen, Dunkelgrün und Blau, war das
Stearin nicht zu gebrauchen, indem die Färbung der Flamme litt und ich ersetzte es
hierzu durch Schellack. Die Anwendung des Stearins und des Schellacks zu diesen
Mischungen ist nicht neu, sondern schon von mehreren Pyrotechnikern angegeben
worden; jedoch sind die bekannten Mischungen wegen ihrer kurzen Brenndauer nicht zu
gebrauchen und es war daher nöthig die Verhältnisse zu ändern.
Der zweite Punkt ist deßhalb wichtig, weil von der Umhüllung und der leichten
gleichmäßigen Verbrennung derselben sehr viel abhängt. Füllt man in eine Hülse von
gewöhnlichem Papier eine bekannte Mischung von bengalischen Flammen und zündet sie
an, so wird man die Beobachtung machen, daß dieselbe sehr schnell, unregelmäßig und
mit Störungen auf die Flamme verbrennt. Die verschiedenen in dem gewöhnlichen Papier
enthaltenen Mineralstoffe beeinträchtigen die Färbung der Flamme, außerdem stört das
nicht so schnell und vollständig verbrennende Papier, während die darin enthaltene
Mischung schneller verbrennt.
Nach mehrfachen von mir darüber angestellten Versuchen fand ich im Tränken des
Papiers mit Salpeterlösung und Trocknen desselben ein geeignetes Mittel, um eine
vollständige Verbrennung zu erzielen. Hinsichtlich der Wahl des Papieres ist es gut,
nur ein möglichst leimfreies zu berücksichtigen.
Fig. 1., Bd. 173, S. 413
Bei dem dritten Punkt, dem Halter, muß man bedenken, daß in der zweckmäßigen
Construction desselben die gute Ausführung des Fackelzuges liegt. Ich habe den
Halter auf zweierlei Art construirt und gebe der letzteren Construction,
obgleich sie theurer ist, den Vorzug.
1) Man setzt auf einen gewöhnlichen runden dunkelgrün angestrichenen Stock von 3
Fuß Länge und 1/2 bis 3/4 Zoll Dicke, eine 3 bis 4 Zoll lange, unten und oben
offene Blechhülse, die nicht gelöthet ist, sondern sich federt. In die obere
Oeffnung schiebt man die Papierhülse mit der bengalischen Mischung, während die
untere Oeffnung auf dem Stock aufsitzt. Ueber den Fackelstock wird eine ziemlich
dicht anschließende 24 Zoll lange Papphülse gesteckt, die man über die
Blechhülse herauf und herunter schieben kann. Zur größeren Bequemlichkeit wird
die erwähnte Blechhülse sogleich an die Papierhülse mit der bengalischen
Mischung gesteckt, so daß man beim Fackelzug das untere offene Ende derselben
bloß auf den Fackelstock aufzusetzen braucht und die Papphülse heraufschiebt, um
der Papierhülse einen größeren Halt zu geben. Die Papphülse schützt außerdem vor
Regen und Schnee, und wird beim Brennen der Fackel immer soviel
heruntergeschoben als davon verbrennt. Diese Vorrichtung ist nicht sehr
kostspielig und leicht auszuführen.
2) Man läßt sich 5 Fuß lange und 3/4 Zoll starke Blechröhren, die unten zu und
oben offen sind, anfertigen. Der Länge der Röhre nach befindet sich ein
Einschnitt nach Fig. 1, ähnlich der Einrichtung
bei Leuchtern, so daß man einen 2 Zoll hohen, mit einer Handhabe versehenen
Cylinder von Blech Fig. 2, in der Röhre auf und
ab schieben kann.
Fig. 2., Bd. 173, S. 413
Beim Gebrauch schiebt man diesen kleinen Cylinder bis auf den Boden der Röhre
zurück, steckt die mit der Mischung gefüllte Papierhülse in die Blechröhre, so
daß sie noch ein wenig hervorragt, um sie anzünden zu können und schiebt sie
mittelst des kleinen Cylinders nach und nach, in dem Maaße wie sie verbrennt,
herauf. Diese Vorrichtung ist etwas theuerer, hat aber den Vorzug der größeren
Bequemlichkeit und außerdem, daß man längere Hülsen verbrennen kann und die
Blechröhren stets wieder zu dem gleichen Zwecke benutzt werden können.
Tränkung des Papiers mit
Salpeterlösung.
Man verwendet hierzu ein dünnes, sogenanntes Naturpapier, das so wenig als möglich
Leim und unorganische Stoffe enthält. Das Verhältniß der Salpeterlösung ist 1 Theil
Kalisalpeter und 10 Theile destillirtes Wasser. Die filtrirte Lösung wird in eine
flache Schale von Gutta-percha, Glas oder Porzellan gegossen; die Papierbogen werden
hereingelegt und so lange darin gelassen, bis sie an allen Stellen von der
Flüssigkeit vollkommen durchdrungen sind; hierauf nimmt man sie heraus, hängt sie
zum Trocknen auf und bringt die noch etwas feuchten Bogen in einen Trockenschrank,
um sie vollständig auszutrocknen.
Anfertigung der
Papierhülsen.
Die getrockneten Bogen werden zuerst durch Ankleben von anderen Bogen mit reinem
Stärkekleister vergrößert, bis sie die erforderliche Länge der anzufertigenden Hülse
besitzen. Man legt dieselben hierauf zum Trocknen in die Sonne und preßt sie
alsdann, um sie wieder glatt zu machen. Zur Anfertigung der Hülsen verschafft man
sich eine passende Glasröhre, welche 6 Zoll länger seyn muß als die anzufertigende
Hülse. Die zugeschnittenen Bogen werden auf ein ebenes Bret oder einen Tisch gelegt;
man rollt das eine Ende eines Bogens auf die Glasröhre auf und wenn einmal
herumgerollt ist, gibt man einen Strich mit reinem Stärkekleister (ohne Leim), rollt
weiter und schließt die Hülse ebenfalls durch einen Kleisterstrich. Die Glasröhre
wird hierauf einen Zoll weit heruntergezogen, so daß man das vorstehende Papier
einschlagen kann und man zieht alsdann die fertige Hülse von der Glasröhre ab. Die
fertigen Hülsen werden in mäßiger Wärme oder an der Sonne getrocknet. Natürlich hat
man bei der Wahl der Glasröhre genau auf die Stärke zu sehen, damit die fertige
Hülse auch gut in die Blechröhre paßt. Nach den Erfahrungen, die ich gemacht habe,
ist es nicht vortheilhaft, die Papierhülsen stärker als dreiviertel Zoll im
Durchmesser anzufertigen, indem die Hülsen mit der Zunahme der Stärke auch schneller
verbrennen und die Flamme nicht regelmäßig ist.
Die Bereitung der Mischungen zum Füllen
der Hülsen.
Hierbei sind hauptsächlich folgende Punkte zu berücksichtigen:
1) Reinheit der Chemikalien;
2) Trockenheit derselben;
3) möglichst feines Pulver;
4) Durchschlagen der Pulver durch ein Haarsieb.
Nr. I. Mischung zu weißen Fackeln.
Schwefelantimon
45
Gramme
gewaschene Schwefelblumen
15
„
Kalisalpeter
90„
„
Stearin
15„
„
Das Stearin wird entweder auf einem Reibeisen gerieben oder mit dem Messer geschabt
und alsdann mit etwas Salpeterpulver zu möglichst feinem Pulver abgerieben. Dieses
Pulver wird durch ein Sieb abgeschlagen und der Rückstand wiederholt mit
Salpeterpulver abgerieben, bis Alles vollkommen gleichmäßig fein ist; man mischt
hierauf die übrigen Pulver zu und schlägt das Gemisch nochmals durch ein Sieb ab.
Die fertige, vollkommen trockene Mischung bringt man in ein trockenes, gut zu
verschließendes Glasgefäß und bewahrt sie zum Füllen der Hülsen auf.
Nr. II. Mischung zu rothen
Fackeln.
Salpetersaurer Strontian
195
Gramme
chlorsaures Kali
45
„
gewaschene Schwefelblumen
45
„
Holzkohlenpulver
7,5
„
Stearin
22,5
„
Es ist nothwendig, daß man den salpetersauren Strontian vor seiner Verarbeitung auf
seine Reinheit prüft, weil ein Kalkgehalt leicht den Farbeneffect stört und man
statt einer carmoisinrothen Flamme eine gelbrothe erhält. Der salpetersaure
Strontian zieht leicht Feuchtigkeit an, man trocknet ihn deßhalb in einer
Porzellanschale über Kohlenfeuer oder im Sandbade; sobald er zu stäuben anfängt,
entfernt man die Schale vom Feuer oder Sandbade und reibt ihn in einem erwärmten
Porzellanmörser zu feinem Pulver. Das Pulver wird durch ein feines Sieb abgeschlagen
und sogleich in ein gut getrocknetes, erwärmtes Glasgefäß gebracht. Auf gleiche
Weise verfährt man mit dem chlorsauren Kali, nur mit dem Unterschiede, daß man nicht
so große Quantitäten auf einmal trocknet und dieß der Vorsicht wegen nicht über
Kohlenfeuer, sondern im Sandbade oder Trockenschranke ausführt. Es fliegen leicht
Kohlentheilchen herein, die beim Reiben des chlorsauren Kalis Explosionen
verursachen können. Die zum Reiben und Abschlagen bestimmten Geräthschaften müssen
vorher sorgfältig gereinigt werden. Beim Reiben ist es anzurathen, nie mehr als 4
Gramme auf einmal in den Mörser zu nehmen, sowohl der Vorsicht als auch der
schnellen Pulverisirung wegen. Ferner hat man noch darauf Rücksicht zu nehmen, daß
in dem Locale, wo diese Arbeit vorgenommen wird, kein Staub von Schwefel, Kohle oder Schwefelantimon
herumfliegt, indem das chlorsaure Kali in Berührung mit diesen Stoffen sehr leicht
explodirt. Der Strontian wird mit dem Stearin zusammen abgerieben, wie es schon bei
den weißen Fackeln beschrieben wurde; hierauf mischt man zunächst Kohle und Schwefel
zu, schlägt Alles noch einmal durch ein Sieb ab und rührt zuletzt das chlorsaure
Kali mit einem hölzernen Löffel darunter. Das fertige Gemisch kann in kleinen
Portionen noch einmal durch ein Haarsieb mit der nöthigen Vorsicht abgeschlagen
werden. Man bringt das vollkommen trockene Pulver sogleich in ein trockenes Gefäß
und bewahrt es an einem nicht feuergefährlichen Orte auf, weil zuweilen
Selbstentzündungen dieser Mischung vorkommen.
Nr. III. Mischung zu grünen
Fackeln.
Salpetersaurer Baryt
150,0
Gramme
chlorsaures Kali
75,0
„
gewaschene Schwefelblumen
30,0
„
Holzkohlenpulver
3,75
„
Stearin
22,50
„
Bei dieser Mischung verfährt man mit dem salpetersauren Baryt, von dessen Reinheit
man sich vorher überzeugt hat, ebenso wie bei der Mischung der rothen Fackeln mit
dem Strontian. Der innigen Mischung von Baryt, Stearin, Schwefel und Kohle wird
zuletzt das feingeriebene chlorsaure Kali zugesetzt und die fertige Mischung in ein
Glasgefäß gefüllt.
Nr. IV. Mischung zu dunkelgrünen
Fackeln.
Chlorsaurer Baryt
60
Gramme
Calomel
15
„
Schellack
11,25
„
Schwefel
3,75
„
Der Schellack muß sehr fein gepulvert werden, dann setzt man den Calomel und
Schwefel, und zuletzt den chlorsauren Baryt zu. Diese Mischung ist sehr theuer, kann
also nicht in größerem Maaßstabe angewendet werden. Setzt man dieser Mischung
Stearin zu, so verschwindet die grüne Farbe.
Nr. V. Mischung zu gelben Fackeln.
Salpetersaures Kali
120
Gramme
gewaschene Schwefelblumen
30
„
chlorsaures Kali
45
„
kohlensaures Natron (wasserfrei)
37,5
Gramme
Kohlenpulver
2,0
„
Stearin
22,5
„
Bei dieser Mischung werden die früheren Vorsichtsmaßregeln beobachtet und das fein
geriebene chlorsaure Kali wird zuletzt zugesetzt.
Nr. VI. Mischung zu blauen
Fackeln.
Chlorsaures Kali
67,5
Gramme
salpetersaures Kali
22,5
„
gewaschene Schwefelblumen
34,5
„
Kupferoxyd
22,5
„
Dieser Mischung darf kein Stearin zugesetzt werden, weil sonst die blaue Farbe
verschwindet.
Sämmtliche Mischungen bewahrt man in wohl ausgetrockneten, gut verstöpselten Gläsern
auf und fängt mit dem Füllen der Hülsen einige Tage vor der Ausführung des
Fackelzuges an.
Das Füllen der Hülsen.
Diese Operation muß in einem geheizten Zimmer, bei mindestens 15° R.
geschehen, damit die Mischungen keine Feuchtigkeit anziehen. Zuerst füllt man in
jede Hülse ungefähr 1 1/2 Zoll hoch trockenen Sand, damit beim Abbrennen des
untersten Theiles der Mischung die Blechröhren nicht zu sehr leiden. Hierauf füllt
man die Mischung ein, steckt an das untere Ende eine kleine Blechhülse und stößt die
Hülse während des Füllens öfters auf den Tisch auf, damit sich die Mischung
gleichmäßig setzen kann. Man darf zum Nachstopfen jedoch kein Holz anwenden, weil
sonst die Mischung zu fest wird und nicht gleichmäßig abbrennt; es kommt daher auf
das Füllen der Hülsen sehr viel an; zu locker gefüllte verbrennen rasch, die zu fest
gefüllten unregelmäßig. Die Hülsen füllt man bis auf 3/4 Zoll oben an und schlägt
das hervorragende Papier ebenso ein, wie am Ende der Hülse, damit die Mischung nicht
herausfallen kann. Die fertigen Hülsen werden sogleich in einen verschließbaren
Kasten gelegt. Es ist dieß eine Vorsichtsmaßregel, die man der leichten
Entzündlichkeit der Mischung wegen beobachten muß; bei einer stattfindenden
Entzündung braucht der Kasten nur geschlossen und fortgeschafft zu werden. Wenn die
gefüllten Hülsen sich in dem Kasten befinden, so braucht man nur ein Gefäß mit
Chlorcalcium hereinzustellen und den Kasten zu schließen, um die Mischungen vor
Feuchtigkeit zu schützen.
Brenndauer der Hülsen.
Nach den von mir angestellten Versuchen brennt eine 18 Zoll lange und 3/4 Zoll starke
gefüllte Hülse 10 Minuten, folglich braucht man in einer Stunde 9 Schuh hannov.
Maaß. Hat man 5 Schuh lange Hülsen, welche in die beschriebenen Blechröhren passen,
so reicht man mit zwei Stück in einer Stunde vollkommen aus. Bei Ausführung eines
derartigen Fackelzuges ist es allerdings nothwendig, daß die zweite Fackel von
besonderen im Zuge befindlichen Leuten getragen wird, damit sie, sobald die erste
Fackel abgebrannt ist, sogleich die zweite darreichen können.