Titel: | Englische Mühlpille. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. LXXXIII., S. 348 |
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LXXXIII.
Englische Mühlpille.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Englische Mühlpille.
Schon vor mehr als zwanzig Jahren fand der Unterzeichnete in einer amerikanischen
Mühle zu Mannheim eine Mühlpille im Gebrauche, welche die guten Eigenschaften der im
vorigen Artikel mitgetheilten Defontaine'schen in
erhöhtem Grade besitzt, weßhalb ihre Beschreibung hier um so eher folgen mag, als
sie damals wenig bekannt geworden zu seyn scheint. Die Zeichnungen Fig. 18 bis 23 geben die
englische Mühlpille, wie sie im Frühjahre 1844 in der mechanischen Werkstätte der
Augsburger polytechnischen Schule, sowohl im Modelle als auch in wirklicher Größe
zum Gebrauche, ausgeführt wurde.
Fig. 18 ist
eine Seitenansicht derselben, Fig. 19 eine Ansicht von
oben oder von der
dem Arbeiter zugewendeten Seite; Fig. 20 zeigt dieselbe
von unten oder von der Seite der Schneide aus gesehen; Fig. 21 stellt die beiden
auseinander genommenen Hälften des Meißelhälters dar; Fig. 22 ist die Ansicht
eines auswechselbaren Meißels oder einer Klinge der Mühlpille; Fig. 23 ist die
Stellschraube, gegen welche sich das stumpfe Meißelende stemmt, und durch welche der
Meißel soweit aus dem Meißelhalter herausgeschoben werden kann, als es seine
Abnützung an der Schneide erfordert.
Das Werkzeug besteht, wie die Figuren deutlich erkennen lassen, aus fünf einzelnen
Theilen, nämlich dem Stiele oder Griffe A, auf welchen
eine schmiedeeiserne Hülse B aufgesteckt ist, die mit
einem nach zwei Seiten verjüngt zulaufenden Rahmen C
endigt. In diesem Rahmen stecken die zwei Theile des Meißelhalters D und werden durch denselben in Folge der keilförmigen
Form gegeneinander gepreßt, wodurch die eingelegte Klinge oder Schneide E festgehalten wird, während sie durch die Schraube F beim Gebrauche vor dem tieferen Eintritt in den
Meißelhalter geschützt wird.
Ueber die genannten einzelnen Theile der Mühlpille ist nur noch wenig zu sagen. Die
zwei Hälften D, D
Fig. 21 des
Meißelhalters sind oben bei a so mit einander verbunden,
daß, wenn sie zusammengesteckt sind, eine Verschiebung des Deckels auf dem
Untertheile nicht möglich ist. Eine Bohrung, welche der ganzen Länge nach durch den
Meißelhalter geht, trifft zur Hälfte den Deckel, zur Hälfte den Untertheil, und in
diese Bohrung ist ein ziemlich feines Gewinde geschnitten. In dieses Gewinde ist die
stählerne, an ihrem Ende gehärtete Stellschraube F
eingelegt, welche durch einen langen Schraubenzieher, der durch die Oeffnung G, Fig. 19, eingesteckt
wird, gedreht werden kann. Ist der Meißel durch Schleifen kürzer geworden, so wird
derselbe einfach durch die Stellschraube F etwas weiter
vorgeschoben, so daß, was ein großer Vorzug bezüglich der Sicherheit des Hiebes ist,
die Schneide immer die gleiche Entfernung vom Stiele des Werkzeuges behält. Nicht
bloß die Verbindung bei a, sondern auch die eingelegte
Stellschraube F, sowie die Hülse oder der Rahmen C machen jede Bewegung der beiden Hälften des
Meißelhalters auf einander unmöglich. Damit auch die Klinge oder der Meißel E keine Seitenbewegung machen und sich in Bezug auf den
Hammer schräg stellen kann, ließ man am Maule des Hammers prismatische Leisten
stehen, an welche sich die schrägen Seitenflächen b der
Klinge E anlegen. Auf diese Weise ist die Klinge
unwandelbar mit dem Hammer verbunden. Soll eine Klinge ausgewechselt werden, so
macht man mit umgewendetem Hammer nur einen Schlag auf irgend einen festen Gegenstand,
wodurch die Hülse C zurückrutscht, der Druck auf die
beiden Hälften D aufgehoben und die Klinge frei
wird.
Die Vorzüge dieser Mühlpille sind nun folgende: Der Hammer behält fast absolut immer
das gleiche Gewicht, da die Schneiden nur wenige Lothe wiegen und die Differenz
zwischen einer abgenutzten, unbrauchbaren und einer neuen folglich noch geringer
ist. Dieses beständig gleiche Gewicht ist auf die Gleichheit des Hiebes vom größten
Einfluß. Die Meißel, welche nur die Dicke eines Hobeleisens haben, können ohne große
Kosten vom feinsten Stahle gemacht werden, erhalten gleich Anfangs durchaus gleiche
Härte und kommen, einmal fertig, nie wieder in's Feuer, da sie nicht ausgespitzt zu
werden brauchen, sondern bei ihrer geringen Dicke immer nachgeschliffen werden
können, weßhalb auch der Stahl bis zum letzten Zoll seiner Abnutzung die gleich gute
Qualität behält. Die beständig gleiche Form des Hammers, sowie das beständig gleich
weite Vortreten der Schneide über den Hammer, gestatten beim Schärfen des Steines
immer die gleiche Handbewegung, wodurch der Hieb ein weit regelmäßigerer wird, als
dieß beim Gebrauche irgend einer anderen Mühlpille der Fall ist.
C. Walther.