Titel: | Ueber Schmiermittel; von Dr. H. Schwarz. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. LXXV., S. 300 |
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LXXV.
Ueber Schmiermittel; von Dr. H. Schwarz.
Aus dem Breslauer Gewerbeblatt, 1864, Nr.
9.
Schwarz, über Schmiermittel.
Bei dem ungemein großen Aufschwunge, den die Anwendung der Maschinen in allen Zweigen
der menschlichen Thätigkeit genommen, ist es nicht zu verwundern, daß die Mittel zur
Vermeidung der Reibung, die sogenannten Schmiermittel, von Tag zu Tage eine immer
größere Beachtung
fordern. Während in früheren Zeiten zum Schmieren der hölzernen Wagenachse, des
Spinnrades u.s.w. jede irgend fettige und schlüpfrige Substanz gut genug erschien,
muß heute für Eisenbahnfahrzeuge, Dampfmaschinen, für die unzählbaren Spindeln
unserer Spinnereien eine sorgfältige Auswahl unter den Schmiermitteln getroffen
werden.
Die mechanische Kraft, welche ich durch das Verbrennen der Kohle, also mit
Kostenaufwand erziele, wird durch die Reibung der bewegten Maschinentheile an
einander zum Theil absorbirt, d.h. in Wärme umgesetzt. Außerdem werden auch durch
die Reibung die Maschinentheile erhitzt und angegriffen, müssen daher eher ersetzt
werden, als es sonst nöthig wäre.
Durch die Schmiermittel spart man daher Kraft und Geld, und zwar in einem Maaße, daß
für ein wirklich gutes, vollkommenes Schmiermaterial ein selbst sehr gesteigerter
Preis gezahlt werden kann. Die Haupterfordernisse eines guten Schmiermaterials sind
nunmehr etwa folgende. Dasselbe muß vor Allem die Reibung möglichst vermindern, so
daß ein möglichst kleiner Procentsatz der angewendeten Kraft in Wärme umgesetzt
wird. Diese Eigenschaft muß eine bleibende seyn, d.h. das angewendete Schmiermittel
darf nicht beim Gebrauch, beim längeren Stehen der Maschine, bei längerer Berührung
mit der Luft seine Schmierfähigkeit einbüßen. Es sind hierdurch z.B. alle
sogenannten trocknenden Oele, wie Leinöl etc. von der Verwendung zum Schmieren
ausgeschlossen, obwohl z.B. das Leinöl im frischen Zustande und unmittelbar nach dem
Auftragen auf die reibenden Flächen sehr gut schmiert, d.h. nur wenig Kraft
absorbirt.
Das sogenannte Harzen der Schmieröle, das ihren Werth so beeinträchtigt, rührt
theilweise von der allmählichen Oxydation an der Luft, die bei der feinen
Vertheilung und der starken Erwärmung viel rascher vor sich geht, theilweise auch
wohl von einer Aufnahme von oxydirten Metalltheilchen, von Staub u.s.w. her. Die
ganz neutralen Oele greifen die Metalle nur wenig an, während die häufig
beigemischte Oelsäure vor Allem die Oxydation des Kupfers und auch anderer Metalle
sehr befördert. Gekochtes Leinöl auf blankes Kupfer gebracht, nimmt Spuren von
Kupferoxyd fast augenblicklich auf, so daß man, wie Varrentrapp gefunden, in dem Papier, welches man zum Abreiben solcher mit
Leinölfirniß bestrichener Kupferplatten braucht, deutliche Spuren von Kupfer nach
dem Verbrennen nachweisen kann. Es dürfte indessen fast kein fettes Oel geben, das
sich nicht beim längeren Verweilen auf einem blanken Kupfer- oder Messingblech grün
färbt, wozu freilich schon eine sehr geringe Menge von Kupfer genügt.
Immerhin ist es wünschenswerth, möglichst ölsäurefreie Oele, die reine
Glycerinverbindungen sind, anzuwenden. Die thierischen Fette, z.B. Talg, Wallrathöl,
Klauenöl, scheinen neutraler zu seyn, als die pflanzlichen Fette.
Daß natürlich stärkere Mineralsäuren, wie man sie zum Raffiniren des Rüböls anwendet,
möglichst entfernt werden müssen, wenn man das Oel zum Schmieren benützen will,
versteht sich von selbst. Ein sehr wesentlicher Punkt ist endlich die sogenannte
Cohäsion der Schmieröle. Ursprünglich nahm man an, je dünnflüssiger ein Oel sey, um
so besser sey es zum Schmieren. Man berief sich dabei auf die Erfahrung großer
Spinnereien, die zur Bewegung der Spindeln an kalten Morgen, ehe die Räume erwärmt,
einige Pferdekräfte mehr brauchen, als später, wenn das Oel durch die eintretende
Erwärmung dünnflüssiger geworden ist. Diese Beobachtung war der Grund, weßhalb der
Verfasser vor ungefähr 12 Jahren den Oelsäureäther, aus Oelsäure des Handels,
Alkohol und Schwefelsäure bereitet, zum Schmieren vorschlug. Diese Verbindung zeigte
sich in der That beim Schmieren leichter Achsen, besonders bei Spindeln, ganz
brauchbar, und wurde nur verworfen, weil er zu sehr riechen sollte und die Arbeiter
sich darüber beklagten. Der Geruch rührte von beigemischten Spuren flüchtigen
Fettsäure-Aethers her und war keineswegs unangenehm. Vielleicht lag hier nur ein
Vorwand der Arbeiter zu Grunde, die dieses Schmieröl nicht so gut, wie das frühere
in ihren eigenen Lampen brennen konnten. Möglicherweise verursachte auch die
Dünnflüssigkeit ein Ablaufen des Oels aus den Lagern, wodurch der Verbrauch sich zu
hoch stellte.83)
Der Hauptconsum von Schmiermitteln findet aber nicht bei diesen leichten
Maschinentheilen, sondern bei den schweren Achsen der Dampfmaschinen, vor Allem der
Locomotiven und der Eisenbahnwagen statt. Es ist mir bekannt, daß z.B. die
Niederschlesisch-Märkische Bahn vor circa 10 Jahren,
noch zur Zeit der Privatverwaltung, jährlich für 60,000 Thlr. Schmieröl verbrauchte,
ein Zustand, der sich jetzt sehr wesentlich zum Vortheil der Bahncasse geändert hat.
Hier ist mit dünnflüssigem Schmiermaterial wenig oder nichts zu erreichen. Bei der
sehr großen Schnelligkeit der Bewegung ist es selbst bei sorgfältigster Ausführung
der Achsbüchsen kaum zu vermeiden, daß ein sehr großer Antheil solcher dünnflüssigen
Schmiere herausgeschleudert wird und rein verloren geht. Andererseits wird das
dünnflüssige Schmiermaterial durch die große Last, welche auf den Achsen ruht,
zwischen den reibenden Flächen herausgepreßt, so daß Metall mit Metall in
unmittelbare Berührung tritt, wodurch eine sehr gesteigerte Reibung und das
sogenannte Eintreffen der Metalltheile in einander erfolgt.
Hier ist eine gewisse Consistenz, ein gewisser Zustand der Zähflüssigkeit bei den
Schmiermitteln sehr erwünscht, wenn auch dabei die Reibung nicht ganz auf das
Minimum herabgebracht werden kann.
Man ersieht hieraus, wie wichtig es ist, die Schmiermittel den jedesmaligen
Erfordernissen anzupassen, und wie es unmöglich ist, in allen Fällen dasselbe
Material als das beste hinzustellen.
Auf den mechanischen Theil der Frage, die verschiedenen Schmierbüchsen und
Schmiervorrichtungen, gehe ich hier nicht ein, und bemerke nur, daß das Princip der
continuirlichen mechanischen Zuführung kleiner, eben zum Schmieren genügender Mengen
mir das vortheilhafteste zu seyn scheint. Man lasse also die zu schmierende Achse
nicht in einem Bade von Schmieröl schwimmen, sondern führe ihr in regelmäßigen
Zwischenräumen das Oel tropfenweise zu. So vereinigt man Oekonomie mit dem
Vortheile, daß die Achse stets mit neuem, noch nicht verunreinigten oder verharzten
Schmiermaterial versehen wird.
In meinem polytechn. Bureau habe ich vielfach Gelegenheit gehabt, die nach einander
im Laufe der Jahre aufgetauchten Schmiermaterialien einer Prüfung zu unterwerfen und
ihre geheim gehaltene Zusammensetzung zu ermitteln. Es scheint mir an der Zeit,
hierüber einige Notizen zu geben.
Während in England zum Schmieren der Eisenbahnwagen immer noch fast ausschließlich
die Palmölschmiere angewendet wird84) , ist man in
Deutschland vielfältig auf das Schmieren mit Oel übergegangen, was bei Locomotiven
sich als unumgänglich, gleichzeitig aber als eine wesentliche Ersparung erwiesen
hat.
Als das beste flüssige Schmieröl ist das sogenannte Klauenfett zu betrachten. Dasselbe hält nur Spuren von Oelsäure, es
verdickt sich nicht, selbst bei ziemlich niederen Temperaturen und oxydirt sich an
der Luft jedenfalls sehr langsam, greift auch Metalltheile nur sehr wenig an. Da es
indessen nur in sehr beschränktem Maaße durch Auskochen von frischen Klauen und
Knochen mit Wasser, Abklärenlassen und Bleichen im Sonnenlicht gewonnen wird, ist es
nur vorübergehend zum Schmieren der feineren Maschinentheile in Anwendung gezogen
worden. Für Uhrmacher, die es ausschließlich verwenden, wird es dadurch vorbereitet,
daß man es längere Zeit über blanken Bleiblechstreifen stehen läßt. Es bildet sich
dann ein weißlicher schleimiger Absatz, wahrscheinlich ölsaures Bleioxyd, gemischt
mit Verbindungen des Bleioxyds mit thierischen, eiweißartigen Stoffen, von dem man
das klare Oel durch Abgießen trennt. Durch Hinstellen in das directe Sonnenlicht
wird dieses Klauenöl gebleicht, durch Stehenlassen in der Winterkälte von dem sich
in Körnchen ausscheidenden Stearin und Margarin befreit.
Bei der Bereitung des gedämpften Knochenmehls wird als Nebenproduct eine nicht ganz
unbedeutende Menge Knochenfett gewonnen. Dieses ist
meistens graubraun gefärbt, hat eine fettartige Consistenz und einen sehr
unangenehmen Geruch. Man kann es durch Behandlung mit Salpetersäure oder mit
Königswasser theilweise entfärben und von seinem unangenehmen Geruch befreien.
Hierdurch wird es zur Darstellung von Seifen geeignet gemacht, wozu man es im rohen
Zustande nur ungern anwendet, eben weil die Seife dadurch sehr dunkel gefärbt und übelriechend wird.
Zum Schmieren ist es selbst nach der Reinigung unbrauchbar, indem es zuviel Oelsäure
enthält, Metalle angreift und leicht harzt. Läßt man es im geschmolzenen Zustande
bei einer mäßigen Temperatur längere Zeit stehen und sehr langsam abkühlen, so
scheiden sich die beigemischten festen Fette großentheils in Körnchen aus, und man
erhält ein durchsichtiges bräunliches Oel, das man vielleicht als geringes Schmieröl
verwenden könnte. Wäre es möglich, immer nur frische Knochen zu verarbeiten, so
würde das gewonnene Fett dem Klauenöl nahe stehen. In den älteren Knochen, wie sie
meistentheils zur Darstellung des Knochenmehls benutzt werden, ist die Oxydation des
Fettes zu weit vorgeschritten, um es als Schmiermittel benutzen zu können.
Eine sehr ausgedehnte Anwendung zum Maschinenschmieren wurde eine Zeit lang von Baumöl gemacht. Durch eigenthümliche Witterungs- und
Handelsverhältnisse war es etwa im Jahre 1857 dahin gekommen, daß das
Hauptölmaterial Norddeutschlands, das Rüböl theurer war, als das gewöhnliche Baumöl,
und erinnere ich mich sehr wohl, daß ich einige Zeit lang eine Menge Rübölproben auf
etwaige Beimischung von denaturirtem85) Baumöl zu untersuchen hatte. Hier leistete mir das Verhalten gegen
concentrirte Schwefelsäure die besten Dienste, indem unter sonst gleichen
Verhältnissen sich das Baumöl weniger, das ebenfalls als Verfälschung des Rüböls
auftretende Leinöl viel stärker erhitzt, als das Rüböl. Die im Handel zu diesen
Unterscheidungen angewendete Richter'sche Oelwaage, ein
feines Aräometer, ist ohne allen Werth, indem man besonders durch Zumischung von
Harzöl und Solaröl gemischte Oele von beliebigem spec. Gewicht herstellen kann. Es
ist geradezu eine Lächerlichkeit, wenn man nach den Fettprocenten in vorliegenden
Oelproben gefragt wird, was nichts anderes heißen soll, als welches spec. Gewicht
das fragliche Oel, wieviel Grade der Richter'schen
Spindel dasselbe besitzt.
Das rohe Baumöl kam also zu dieser Zeit zu so billigen Preisen in den Handel, daß es nicht
allein das beste, sondern fast auch das billigste Schmieröl darbot. Seine unläugbar
guten Eigenschaften zum Schmieren bestehen in einem nur geringen Gehalt an freier
Oelsäure, sowie an schleimigen eiweißartigen Stoffen, in dem langsamen Verharzen,
das dadurch bedingt wird, in einem mäßigen Grade von Cohäsion (s. o.) und dem
vollständigen Freiseyn von mineralischen Säuren.
Es wurde aus diesem Grunde eine Zeit lang von mehreren großen Eisenbahngesellschaften
fast ausschließlich benutzt.
Auch die Wollspinnereien, welche beim Krempeln der Wolle gezwungen sind, dieselbe
einzufetten, damit die Wollhärchen leichter übereinander weggleiten, benutzten von
alter Zeit her dieses Baumöl vorzugsweise, indem es die Kratzen wenig angreift und
sich leicht wieder von der Wolle entfernen läßt. Durch die Einführung besonderer
Einfettungsmaschinen, welche ungemein wenig Oel consumiren, ist es möglich geworden,
das Baumöl auch bei gesteigerten Preisen zum Einfetten zu benutzen. Der Vorschlag,
die bei der Stearinsäurefabrication abfallende Oelsäure hierzu zu benutzen, so
plausibel er klang, indem man später diese Oelsäure durch sehr schwache Sodalösungen
sehr leicht wieder entfernen kann, ist an der raschen Abnützung der Kratzen und
anderer Metalltheile durch die fette Säure gescheitert. Unter normalen Verhältnissen
ist indessen bei uns das Rüböl bedeutend billiger, als
das Baumöl, und hat es daher nicht an erfolgreichen Anstrengungen gefehlt, das Rüböl
zum Schmieren zu verwenden. Man kann dabei drei Modificationen der Anwendung
unterscheiden. Einmal wird vielfältig das rohe Rüböl,
sowie es durch das Pressen gewonnen wird, nach gehörigem Ablagern zum Schmieren
benutzt. Es ist nicht zu läugnen, daß die schleimigen Beimischungen leichter als
beim raffinirten Oele die Bildung von Harzabsätzen bewirken, doch ist dafür das Oel
meistens neutral, greift Metalle wenig an und zeigt eine etwas größere Consistenz
oder Cohäsion als das raffinirte Oel.
Was dieses letztere anbelangt, so wird bekanntlich das Raffiniren durch die
Behandlung des Oels mit kleinen Mengen concentrirter Schwefelsäure bewirkt. Es wird
hierdurch einmal eine Ausscheidung der schleimigen Theile durch Wasserentziehung und
Verkohlung, gleichzeitig aber auch eine Zerstörung des größten Theils des
dunkelgelben Farbstoffes, eine Bleichung des Oels bewirkt. Im ersten Momente der
Einwirkung färbt sich das Oel grün, eine Färbung die durch längeres Rühren immer
dunkler wird, bis sich endlich in der Ruhe ein schwarzer schlammiger Niederschlag zu
Boden setzt, von dem das klare Oel abgezogen wird. Durch wiederholtes Auswaschen mit
heißem Wasser unter starkem Durchrühren sucht man die letzte Spur Schwefelsäure zu entfernen und klärt
endlich das Oel durch Filtration.
Die Entfernung der Schwefelsäure gelingt in den gut geleiteten Raffinerien so
vollständig, daß es fast nie möglich ist, durch erneutes Auswaschen der Oelproben
mit heißem Wasser und Zusatz von Chlorbaryum zur wässerigen Lösung auch nur eine
Spur Schwefelsäure nachzuweisen. Wenn die concentrirte Schwefelsäure nur auf die
Verunreinigungen einwirkte, so könnte man solches raffinirte Oel ohne weiteres als
vortreffliches Schmieröl verwenden. Von der beigemischt gebliebenen Mineralsäure
hätte man nach Obenstehendem nichts zu fürchten. Leider wirkt aber die Schwefelsäure
auch auf das reine Oel verseifend ein; es bilden sich durch Ausscheidung des
Glycerins Verbindungen von Schwefelsäure mit modificirter Oelsäure, die durch Wasser
wieder zerlegt werden, in freie Schwefelsäure, die sich im Wasser löst, und
Oelsäure, die in das Oel übergeht. Je größer die Menge der angewendeten
Schwefelsäure ist, desto weiter schreitet diese Zersetzung vor, und ist man schon
aus diesem Grunde mit dem Zusatze der Schwefelsäure auf das möglich geringste Maaß
der Schwefelsäure, 3/4–1 1/2 Proc., herabgegangen, sucht aber dafür deren
Einwirkung durch längere Dauer und etwas erhöhte Temperatur zu unterstützen.
Immerhin ist es nicht ganz zu ermeiden, daß nicht kleine Mengen von Oelsäure sich
dem unzersetzten Oele beimischen und dessen Brauchbarkeit als Schmiermaterial
wesentlich beeinträchtigen.
Diesem Uebelstande hat man auf zwei Wegen Abhülfe zu schaffen gesucht.
Einmal hat man die Anwendung der Schwefelsäure zum Raffiniren ganz verbannen wollen.
Dahin sind die Vorschläge gerichtet, die schleimigen Substanzen aus dem Oele durch
Behandlung mit Gerbstofflösungen zu entfernen. Versuche damit haben mir durchaus
kein zufriedenstellendes Resultat geliefert. Die Entfernung ist gleich Null zu
setzen, die Abscheidung der schleimigen Theile erfolgt nur partiell, und die Klärung
ist sehr schwierig.
Ein besseres Resultat erreicht man durch eine vorsichtige Erhitzung des rohen Oeles,
wie man sie zur Darstellung einer Art Speiseöl aus rohem Rüböl in Vorschlag gebracht
hat. Hier soll man Brod- oder Stärkemehl in das Oel eintragen und bis zur
anfangenden Bräunung dieser Stoffe erhitzen. Ob hier die entweichenden Wasserdämpfe
zur Austreibung der flüchtigen riechenden Beimengungen des Oeles dienen, oder ob die
Bräunung dieser Substanzen nur als eine rohe Art Temperaturanzeige dient, lasse ich
dahin gestellt.
Das beste Resultat, eine fast vollständige Entschleimung des Oels, eine gute Klärung desselben,
freilich keine wesentliche Entfärbung, erhält man auf folgende Weise, die ich aus
eigener praktischer Erfahrung sehr empfehlen kann. Man setzt dem Oele 2–3
Proc. einer sehr concentrirten ätzenden Kalilauge zu, mischt tüchtig und erhitzt
allmählich. Es bildet sich ein starker Schaum und schließlich steht das klare Oel
über einem flockigen Coagulum, welches aus der Verbindung des Kali mit den
schleimigen Stoffen und Oelsäure besteht, und sich leicht durch Abgießen und
Filtration des Oels durch Leinwand absondern läßt. Hier kann natürlich von dem
Vorhandenseyn freier Oelsäure keine Rede seyn.
Der andere Weg, auf dem man das sogenannte entsäuerte
Rüböl erhält, schließt sich anfangs ganz an die gewöhnliche Raffinirmethode
mit concentrirter Schwefelsäure an, nur daß gewöhnlich die Menge der Schwefelsäure
auf das absolut unentbehrliche Maaß beschränkt wird. Hierauf folgt ein sehr
sorgfältig durchgeführtes Waschen mit heißem Wasser und endlich die sogenannte
Entsäuerung. Die Anwendung der Alkalien hierzu, so nahe sie liegt, ist gänzlich
unthunlich. Die kleine Menge beigemischter Oelsäure bewirkt nämlich, daß sich sofort
sowohl mit ätzenden, als mit kohlensauren Alkalien ein trüber Seifenleim bildet, aus
dem sich kein klares Oel ausscheidet.
Statt dessen wendet man entweder kohlensauren Kalk (Marmorpulver) oder Zinkoxyd oder
metallisches Zink an. Ersteres Mittel, das meistens sehr unvollkommen wirkt, wird
gewöhnlich so angewendet, daß man in die Filtrirfässer zwischen die Lagen von Moos,
Baumwolle oder Werg, die als Filtrirmittel dienen, mehrere 3–4 Zoll hohe
Lagen von gröblich pulverisirtem weißen Marmor bringt. Wenn derselbe auch vielleicht
die etwa vorhandene freie Schwefelsäure sättigt und aufnimmt, so glaube ich doch
kaum, daß er auf die freie Oelsäure einwirkt und damit Kalkseife bildet.
Das metallische Zink, in der Form von Blechstreifen und Abschnitzeln angewendet, wird
in das gut gewaschene Oel eingetragen, etwa 10 Pfd. auf den Centner Oel86) , und damit längere Zeit unter zeitweiligem Umrühren in Berührung gelassen.
Es schlägt sich darauf ein weißer flockiger Niederschlag nieder, der ölsaures
Zinkoxyd seyn soll. Man müßte hiernach annehmen, daß sich daß Zink auf Kosten des
beigemischten Wassers unter Freiwerden von Wasserstoffgas oxydirt und mit der freien
Oelsäure verbindet.
Es ist jedenfalls sicherer, unmittelbar Zinkoxyd, sogenanntes Zinkweiß, das man vorher mit etwas Oel
anreibt (um die anhängende Luft auszutreiben), einzutragen und nach tüchtigem
Umrühren zum Absetzen der gebildeten Zinkseife stehen zu lassen. Durch gelindes
Erwärmen des Oels befördert man das Zusammenballen und Absetzen dieser Zinkseife
wesentlich. Immerhin bleibt noch eine Filtration nöthig, welche oft nochmals
wiederholt werden muß, um das Oel vollständig klar zu bekommen. Solches entsäuertes
Rüböl, sobald es mit Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit dargestellt, ist in der That
ein gutes Schmiermaterial, wenigstens für nicht zu stark belastete Achsen. Es ist
meist sehr hell gefärbt, greift die Metalle nur schwach an, harzt wenig und schmiert
gut. Für schwere Achsen erscheint es ein wenig zu dünnflüssig.
Sehr große Hoffnungen setzte man auf das mittelst
Schwefelkohlenstoff ausgezogene Rüböl, indem man annahm, daß nur das reine
fette Oel durch den Schwefelkohlenstoff aufgenommen werden würde. Dieß ist indessen
keineswegs der Fall, wie man sich leicht bei den quantitativen Analysen der Oelsamen
etc. (durch Extraction mit Aether oder Schwefelkohlenstoff) überzeugen kann. Bei dem
Verdampfen des Filtrats bleibt nämlich keineswegs reines Oel zurück, sondern es
finden sich meistentheils nicht unbedeutende Mengen harzartiger braun gefärbter
Stoffe, die sich am Rande des Abdampfschälchens absetzen und wahrscheinlich von den
Hülsen der Rapskörner herrühren. Wäre es im Großen möglich, diese Hülsen vorher zu
entfernen, so würde man durch die Extraction mit Schwefelkohlenstoff, eben so gut
aber auch durch das Preßverfahren ein sehr helles, reines und wohlschmeckendes Oel
erzielen, das sich vielleicht sogar als Speiseöl verwerthen ließe.87)
Das gewöhnliche Product der Extraction ist dunkelgelb gefärbt und von keiner
besonderen Qualität.
Unseres Wissens sind die Oelextractionsanlagen bis jetzt noch immer im Stadium der
Versuche begriffen, und keineswegs schon irgendwo in regelmäßigen Betrieb gekommen.
Wenn sie trotzdem Schmieröl als ihr Product in den Handel bringen, so beziehen sie
es wahrscheinlich aus anderen Fabriken und mögen es nachträglich noch auf irgend
eine Art reinigen. Es ist wenigstens ein seltsames Zusammentreffen, daß sich bei
sorgfältig angestellten Reibungsversuchen das entsäuerte Rüböl und solches
extrahirte Oel vollständig gleich verhalten haben.
Ich habe schon oben erwähnt, welche Umstände es macht, beim Entsäuern des raffinirten
Rüböls das Oel von der Zinkseife zu trennen und klar zu bekommen. Noch größer wird
die Schwierigkeit, wenn man Bleioxyd oder Bleiweiß anwendet. Die ganze Masse
erscheint weiß und undurchsichtig, auch (bei niedriger Temperatur) schmalzartig
consistent.
Es sind wahrscheinlich solche Versuche zur Entsäuerung mittelst Bleioxyd gewesen, die
zur Erfindung einer ganz eigenthümlichen, nach competenten Urtheilen sehr
brauchbaren Schmiermasse geführt haben, für welche mir indessen der Handelsname
unbekannt geblieben ist. Dieselbe hat fast die Consistenz des Gänsefettes, sieht
weißlich trübe aus und enthält 2–3 Proc. Bleioxyd. Man erhält eine ganz
ähnliche Masse, wenn man raffinirtes Rüböl mit einer kleinen Menge Bleioxyd
zerreibt, wenige Tropfen Wasser zusetzt, und die Masse längere Zeit im Wasserbade
erwärmt. Es bildet sich hierbei auf Kosten der freien Oelsäure Bleiseife die sich im
übrigen Oele auflöst, zum Theil aber suspendirt bleibt oder sich beim Erkalten
ausscheidet. Es ist leicht einzusehen, daß diese kleine Menge Bleiseife beim
Schmieren kein Hinderniß abgibt; alle freie Oelsäure ist aber gebunden, und das
Angreifen von Metallen wird dadurch vollständig gehindert. Auch zeigt die Schmiere
eine sehr große Cohäsion und läßt sich zwischen den Fingern nur schwierig
zerdrücken. Jeder der mit Schmierölen zu thun gehabt hat, kennt gewiß die
Prüfungsmethode, daß man einen Tropfen des Oels zwischen Daumen und Zeigefinger
zerreibt und nun nach dem Gefühle des Uebereinandergleitens der Finger urtheilt, ob
dieß Schmiermaterial leicht unter dem Drucke ausweichen wird oder nicht. Wie gesagt,
man will mit dieser Schmiere auf Eisenbahnen die besten Erfahrungen gemacht haben,
wobei besonders der ungemein sparsame Verbrauch in passend construirten
Schmierbüchsen rühmend hervorgehoben wird.
Die letzte Classe der von mir untersuchten fetten Schmieröle bilden die sogenannten
Cohäsionsöle von Polborn
in Berlin. Dieses Oel soll aber jetzt schon vollständig wieder vom Schauplatz
verschwunden seyn. Es wurde in verschiedenen Graden der Güte hergestellt, die zu
sehr verschiedenen Preisen in den Handel kamen. Ich hatte Gelegenheit, eine für
Eisenbahnfahrzeuge bestimmte Sorte zu untersuchen, und fand, daß das Oel im
Wesentlichen aus Rüböl bestand, das mit Harzöl und amerikanischem Harz versetzt war.
Durch Zusatz von circa 10 Proc. Harzöl und 10 Proc.
amerikanischem Harz gelang die Nachbildung des Cohäsionsöls vollkommen. Man begreift
leicht, daß bei einem Preise des Harzes von circa 2
Thlr., des Harzöls von circa 3 Thlr. per Ctr., schon in dem Ersatz des theuren Oels durch
diese wohlfeilen Materialien ein erheblicher Gewinn lag, der noch durch den Aufschlag,
welchen das Cohäsionsöl gegen Rüböl hatte, vermehrt wurde. Die Cohäsion war bei
diesem Oele so weit getrieben, daß es beim Herausfließen aus einer Flasche lange
Fäden zog. Natürlich floß es wegen dieser Eigenschaft aus den Achsbüchsen nicht
leicht heraus und schmierte daher ziemlich sparsam.
Ein weiterer Vortheil lag darin, daß es zum Brennen nicht taugte, und daher von den
Schmierern nicht so leicht gestohlen werden konnte. Diese Arbeiter wollten dem Oele
daher auch durchaus nicht wohl und brachten die abenteuerlichsten Gerüchte darüber
in Umlauf, daß es ihnen die Kleider zerfresse u.s.w., wozu natürlich in der
Zusammensetzung des Oeles kein Grund vorhanden war. Merkwürdig bleibt es, daß dieses
Oel die Achsen und Achsenlager nur wenig durch Absätze verunreinigte, wie glaubhafte
Zeugen versichern.
Durch das Steigen der Harzpreise wegen des amerikanischen Krieges erhielt das
Cohäsionsöl eine arge Erschütterung; am meisten trug aber wohl die Entdeckung
faustgroßer Harzklumpen in den Cohäsionsöl-Fässern von Seiten einiger Abnehmer dazu
bei, das Cohäsionsöl in Mißcredit zu bringen.
Von den Schmiermitteln, die aus den schweren Solaröl- und anderen Producten der
trockenen Destillation dargestellt werden, habe ich vielleicht in einem späteren
Artikel zu reden Gelegenheit.