Titel: | Ueber die Parasiten des Werkkupfers; von Dr. C. G. Reischauer. |
Autor: | C. G. Reischauer |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XLVIII., S. 195 |
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XLVIII.
Ueber die Parasiten des Werkkupfers; von Dr. C.
G. Reischauer.
Reischauer, über die Parasiten des Werkkupfers.
Beim Auflösen des Kupfers in Salpetersäure für die Darstellung des Kupferoxyds zur
Elementaranalyse hat man oft Gelegenheit, in nicht unbeträchtlicher Menge eine
grauliche, der auflösenden Einwirkung der Salpetersäure entgehende, schlammartige
Ausscheidung zu beobachten. Dieselbe bildet einen sehr wahrnehmbaren Fingerzeig
gewisser Verunreinigungen des Kupfers, und von diesem Gesichtspunkte aus schien uns
eine nähere Untersuchung derselben nicht überflüssig.
Abel und Field betrachten in
einer neueren Arbeit „über die Analyse des
käuflichen Kupfers“
Polytechn. Journal Bd. CLXIII S. 354. – Répertoire de Chimie appliquée, Januar 1862, S. 28.
– Quarterly Journal of the Chemical Society of
London, t. XIV., bei der sie das Auflösen des Kupfers gleichfalls in Salpetersäure
empfehlen, diese Ausscheidungen, deren Entfernung durch Filtration anrathend,
einfach als: erdige Substanzen, Schlacken u.s.w. Wir
werden im Folgenden aber sehen, daß gerade diese Aussonderung der Sammelplatz der
für die technische Verwendung des Kupfers interessantesten Einmengungen ist.
Die aus den verschiedenen im Handel vorkommenden Kupfersorten erhaltene Menge dieses
in Salpetersäure unlöslichen Rückstandes wechselt natürlich ganz mit dem Hüttenwerk
und dem daselbst benutzten Verfahren des Ausbringens. Um indeß über die Quantität
der sich in solcher Weise verrathenden Verunreinigungen einigermaßen ein Bild zu
geben, wollen wir anführen, daß wir bei der Sammlung des Materials für die
nachfolgend mitgetheilten analytischen Bestimmungen aus anderthalb Kilogrammen
reinen Kupferblechs etwa 32 Gramme des lufttrockenen Sedimentes, also beiläufig 2
Proc. erhielten.
Die dafür benutzte Kupfersorte wird hier (in München) von den Kupferschmieden sehr
vielfach verwandt; sie läßt, wohl zusammenhängend mit diesen Verunreinigungen,
hinsichtlich ihrer Dehnbarkeit immerhin etwas zu wünschen übrig, indem sie, selbst
bei sorgfältig und häufig wiederholtem Ausglühen, ein fortgesetztes Austreiben nicht
gut verträgt und darin gegen manche, namentlich in Norddeutschland verwandte
Kupfersorten zurücksteht. Indeß auch bei anderen, von den Praktikern wegen ihrer
Streckbarkeit sehr gelobten Kupfersorten fanden sich – soweit uns dieselben
zugänglich waren – diese Ausscheidungen in nicht bedeutend geringerem
Verhältnisse vor.
Bei der Erzeugung unseres Untersuchungsmaterials wirkte die mäßig verdünnte
Salpetersäure ohne Beihülfe künstlicher Erwärmung auf das Kupfer ein. Die durch
Filtration gesammelten Ausscheidungen stellten nach dem Trocknen ein grauliches,
sehr zartes, amorphes Pulver dar. Beim Erhitzen in der Löthrohreprouvette gab
dasselbe eine reichliche Menge Wasser aus, und zwar, obgleich das Auswaschen des
Niederschlages sehr sorgfältig und andauernd ausgeführt war, von saurer Reaction,
herrührend von Spuren zurückgehaltener Salpetersäure. Das Wasser zeigte außerdem
eine braungelbe Farbe und erwies sich bei der durch diese Indicien veranlaßten
weiteren Prüfung als stark jodhaltig. Vermuthlich dürfte dieser Jodgehalt von der
zum Auflösen des Kupfers verwandten Salpetersäure herrühren. Leider stand uns zur
Zeit dieser Beobachtung keine Salpetersäure von derselben Sendung mehr zu Gebote;
irgend bedeutend konnte der Jodgehalt derselben jedoch nicht gewesen seyn, weil er
bei ihrer vielfachen Verwendung zu analytischen Arbeiten gewiß nicht hätte übersehen
werden können. Aus derselben Bezugsquelle stammende Säure einer späteren Sendung
ließ überdieß mit den gewöhnlichen Mitteln keinen Jodgehalt entdecken und dürfte der
Rückstand von der Auflösung des Kupfers in Salpetersäure auch in dieser Richtung,
und wenigstens in ähnlichen Fällen, als Concentrationsmittel eines geringen
Jodgehaltes von Interesse seyn.
Außerdem gab die Probe ein geringes krystallinisches Sublimat von arseniger Säure. Im
Untersuchungsmaterial von anderer Abstammung war dagegen der Arsengehalt sehr
beträchtlich, denn das Sublimat betrug zuweilen bis gegen 3 Proc. Der Rückstand in
der Eprouvette färbte das Glas an den Stellen, wo er mit demselben zusammenschmelzen
konnte, gelb – Antimon.
Bei der Reduction mit Soda und Cyankalium wurden in reichlicher Menge spröde
Metallkügelchen erhalten. Sie erwiesen sich bei näherer Prüfung leicht als
wesentlich aus Antimon, neben Blei, Kupfer und wenig Zinn, endlich aus Eisen und
Nickel bestehend.
Das Untersuchungsmaterial widerstand sehr den gewöhnlichen Lösungsmitteln. Selbst
concentrirte Salzsäure vermochte dasselbe bei lang fortgesetzter Behandlung in der
Wärme nicht in Lösung überzuführen. Wir wählten daher die Aufschließung mit
Kalihydrat im Silbertiegel. Die Schmelze, mit wenig Wasser, Weinsäure und Salzsäure
behandelt, gab nun leicht eine vollkommen klare Lösung. Eine sehr geringe unlösliche
Ausscheidung hierbei erwies sich als Chlorsilber, welches jedoch, da der aus dem
Untersuchungsmaterial durch Reduction erhaltene Regulus sich als silberfrei ergab,
von dem zum Aufschließen benutzten Tiegel abstammen mußte; bei 1 Grm.
aufgeschlossener Substanz fanden sich 0,007 Grm. Silber.
Die in angegebener Weise behandelte Schmelze, behufs der eventuellen Abscheidung von
Kieselsäure zur Trockne gebracht u.s.w., erwies sich als frei von letzterer.
Das Untersuchungsmaterial gestattete kein Trocknen bei 100° C. im trockenen
Luftstrom, behufs der Bestimmung seines gebundenen Wassergehaltes, indem dieser
dadurch bereits langsam und ohne festen Abschluß alterirt wurde. Dagegen trat nach
kurzem Verweilen der Substanz im Exsiccator über Schwefelsäure Constanz im Gewicht
ein. Wir verwandten daher dieselbe in diesem Zustande für die quantitative Ermittelung ihrer näheren
Bestandtheile.
Das lufttrockene Material zeigte nach dreitägigem Verweilen im Exsiccator einen
Wasserverlust von 3,4 Proc.; bei wiederholter Wägung nach vier Tagen zeigte sich
keine weitere Gewichtsabnahme.
Für die Bestimmung des noch rückständigen Wassergehaltes wurde weiters eine
Separatprobe in einem schwer schmelzbaren Glasrohre zum Glühen erhitzt, während
mittelst eines Aspirators durch Schwefelsäure getrocknete Luft über dieselbe gesogen
wurde. Das dabei ausgegebene Wasser wurde zur Controle und wegen der möglichen
Zersetzung der Antimonsäure, in einem eingeschalteten Chlorcalciumrohre aufgefangen
und gewogen. Diese von Hrn. O. Haug von Freudenstadt
(Württemberg) ausgeführte Operation ergab den Wassergehalt wie folgt:
Eine Parallelprobe der zum Exsiccatorversuch angewandten lufttrockenen Substanz von
0,529 Grm., entsprechend 0,511 Grm. des über Schwefelsäure getrockneten Materials,
gab 0,469 Grm. Rückstand und 0,059 Grm. Wasser im Chlorcalciumrohre – Summe
0,528 Grm. Hiernach waren in 100 Theilen lufttrockener Substanz 11,15 Proc., in 100
Theilen der über Schwefelsäure getrockneten 8,22 Proc. Wasser enthalten.
Für die Bestimmung der übrigen Bestandtheile wurde die mit Kali aufgeschlossene und
durch Salzsäure unter Weinsäurezusatz in Lösung übergeführte Probe von 0,966 Grm.
der im Exsiccator beständigen Substanz, zunächst durch Schwefelwasserstoff
ausgefällt und der, unter den bekannten Vorsichtsmaßregeln ausgewaschene
Niederschlag wiederholt mit Schwefelnatriumlösung behandelt. Das zurückgebliebene
Schwefelblei und Schwefelkupfer wurden, ersteres in Sulfat übergeführt, letzteres
durch Kalilauge aus dem Nitrat als Kupferoxyd gefällt, und dabei 0,144 Grm.
schwefelsaures Bleioxyd, entsprechend 0,106 Grm. Bleioxyd, und außerdem 0,077 Grm.
Kupferoxyd erhalten.
Von Wismuth fand sich in diesem Rückstande nur eine schwache Spur.
Im Schwefelalkali fanden sich Antimon und Zinn gelöst, neben den Spuren von Arsen.
Durch Oxydation der ausgefällten Sulfide mittelst salpetersaurem und kohlensaurem
Natron u.s.w. (nach H. Rose) konnte das Zinn mittelst
Reduction leicht als dehnbares Metallkorn erhalten werden. Seine Menge betrug
übrigens (durch Rösten des Schwefelzinns) 0,022 Grm. Zinnoxyd.
Die Bestimmung des Antimons bietet bekanntlich ungewöhnliche Schwierigkeiten dar, und
da wir nach dem sonst gebräuchlichen Verfahren, dasselbe als antimoniges Sulfid
nach dem Glühen im Kohlensäurestrom zu wägen, kein unseren Anforderungen genügendes
Resultat erlangen konnten, so zogen wir es vor, den Antimongehalt in einem neuen
Aufschluß der Probe, nach Entfernung des Zinns, nach Bunsen's Vorgange durch Oxydation des aus der Schwefelalkalilösung durch
Säure ausgefällten Gemenges von Schwefelantimon und Schwefel mittelst rauchender
Salpetersäure (und zwar ohne Extraction des Schwefelüberschusses durch
Schwefelkohlenstoff) auszuführen.
Wir erhielten im Ganzen aus wieder 0,966 Grm. der im Exsiccator constanten Substanz
1,807 Grm. des Gemenges von Schwefelantimon und Schwefel. Von demselben wurden 0,706
Grm. durch rauchende Salpetersäure im Cohobationsapparat mit Glasdichtung
vollständig oxydirt, die Flüssigkeit vorsichtig zur Trockene gebracht und alsdann
bis zur Constanz geglüht. Wir erhielten 0,239 Grm. antimonsaures Antimonoxyd. Unsere
0,966 Grm. Substanz würden also 0,6117 Grm. antimonsaures Antimonoxyd geliefert
haben.
Man wird nun annehmen können, daß das Antimon sich in dem Niederschlage vom Auflösen
des Kupfers in Salpetersäure im Zustande von Antimonsäure befindet, da bekanntlich
beim Behandeln des Antimons mit Salpetersäure sich diese Oxydationsstufe bildet. Die
gefundene Menge antimonsaures Antimonoxyd entspricht 0,6435 Grm. Antimonsäure. In
hundert Theilen unseres Untersuchungsmaterials waren demnach 66,61 Theile
Antimonsäure vorhanden, entsprechend 50,19 Proc. Antimon.
Das Filtrat von der Fällung mit Schwefelwasserstoff gab mit Schwefelammon noch einen
schwarzen Niederschlag und verrieth das Gefärbtdurchgehen der Flüssigkeit bereits
einen Nickelgehalt.
Zur quantitativen Bestimmung wurde das Schwefelwasserstoff-Filtrat zur
Trockene gebracht, die Weinsäure verkohlt, die ausgelaugte Kohle eingeäschert und
der Rückstand mit dem Rückstand des Auszugs vereinigt, Eisenoxyd und Nickeloxydul
endlich, unter Beachtung der bekannten Vorsichtsmaßregeln, durch kohlensauren Baryt
getrennt. Es wurden 0,016 Grm. Eisenoxyd und 0,021 Grm. Nickeloxydul gefunden.
Unzweifelhafte Spuren von Kalk, die sich außerdem hier zeigten, dürften von der
angewandten Weinsäure herrühren.
Stellen wir diese beigebrachten Belege übersichtlich zusammen, so erhalten wie
folgendes Schema für die procentische Zusammensetzung unseres
Untersuchungsmaterials, worin sich außerdem Spuren von Arsen, Wismuth und vielleicht
Kalk fanden:
Antimonsäure
66,61
Bleioxyd
10,91
Kupferoxyd
7,97
Zinnoxyd
2,28
Nickeloxydul
2,17
Eisenoxyd
1,66
Wasser
8,22
–––––
99,88
Zur Controle der mitgetheilten Daten haben wir auch noch das Gewicht des bei der
Reduction unseres Untersuchungsmaterials mittelst Cyankalium erhaltenen
Gesammtregulus bestimmt, welcher im gewogenen Filtrum gesammelt wurde.
Diese gleichfalls von Hrn. Haug ausgeführte Bestimmung
ergab die regulinischen Ausscheidungen von 1,374 Grm. lufttrockener oder 1,327 Grm.
der im Exsiccator beständigen Substanz zu 0,944 Grm., was in 100 Theilen Substanz
71,12 entspricht.
Vergleicht man hiermit die Zusammenstellung der aus den mitgetheilten Belegen
abgeleiteten Procentgehalte an den einzelnen regulinisch gedachten Metallen (wobei
wir der Uebersicht wegen zugleich die Zahlen für den Gehalt derselben in hundert
Theilen des zur Auflösung verwendeten Kupfers in einer besonderen Colonne anfügen),
so ergeben sich:
In 100 Th. untersuchtenRückstandes:
In 100 Th.Kupfer:
Blei
10,19
0,21
Kupfer
6,37
0,13
Zinn
1,79
0,04
Antimon
50,19
1,04
Eisen
1,16
0,02
Nickel
1,71
0,04
––––––––––––––––––
Regulinische Metalle
71,41
Proc.
1,48
Proc.
Gefundener Gesammtregulus
71,12
Proc.
Die nahe Uebereinstimmung im Gewicht des direct gefundenen Regulus mit dem aus den
einzelnen Oxyden abgeleiteten, gibt wohl einen Fingerzeig, daß das Antimon wirklich
in Form von Antimonsäure in unserem Niederschlage enthalten war.
Es kann allerdings einigermaßen auffallen, daß hier die neben Antimonsäure im
Niederschlage sich findenden Metalloxyde, das Zinnoxyd ausgenommen, sich der
Auflösung durch die Salpetersäure zu widersetzen vermochten. Allerdings entzieht
concentrirte Salpetersäure dem Gemenge beim Sieden noch eine beträchtliche Quantität
Kupfer, aber selbst unter diesen Umständen werden von den übrigen Bestandtheilen nur
ganz geringe Antheile
aufgenommen. Dagegen wurde das Blei aus seiner Legirung mit Antimon zu gleichen
Aequivalenten von concentrirter Salpetersäure mit Leichtigkeit aufgenommen und von
dem gleichzeitig gebildeten Antimonsäurehydrat getrennt. In einer Stabilität des
antimonsauren Bleioxyds gegen Salpetersäure hat also diese Erscheinung ihren Grund
nicht.
Ebenso wird das auf letzterem Wege entstandene Antimonsäurehydrat von heißer
Chlorwasserstoffsäure mit Leichtigkeit zu einer ganz klaren Flüssigkeit aufgelöst,
während, wie angegeben, unser Rückstand vom Auflösen des Werkkupfers in
Salpetersäure diesem Lösungsmittel auf's hartnäckigste widersteht. Vielleicht hängt
diese Widerstandsfähigkeit mit der langsamen Entstehung unserer Substanz und einer
dadurch bedingten größeren Dichtigkeit zusammen, wenn man anders nicht geneigt ist
dieselbe aus der Art des Vorkommens im Kupfer selbst abzuleiten.
Es ist wohl kaum anzunehmen, daß in dem beim Auflösen des Kupfers in Salpetersäure
sich ausscheidenden Sedimente sich der ganze Vorrath der Schmarotzer im Kupfer
wieder finde; vielmehr wird ein Theil derselben, wie auch die Resultate der
bisherigen Analysen beweisen, in Lösung übergeführt werden; eine wesentliche und bei
quantitativen Bestimmungen durchaus nicht zu vernachlässigende Menge derselben
sammelt sich indeß nach dem Vorstehenden zweifellos darin an.
Daß es möglich wäre, die Güte des Kupfers selbst nach der Menge dieser Ausscheidungen
annähernd abzuschätzen, wagen wir kaum zu behaupten, sicher ist indeß, daß man es
da, wo eine namhafte derartige Ausscheidung beim einfachen Auflösen des Kupfers in
Salpetersäure stattfindet, mit einem sehr unreinen Kupfer zu thun hat.