Titel: | Ueber eine neue Schmiervorrichtung und Schmiere; von Dr. H. Schwarz. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XXII., S. 94 |
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XXII.
Ueber eine neue Schmiervorrichtung und Schmiere;
von Dr. H. Schwarz.
Aus dem Breslauer Gewerbeblatt, 1864, Nr.
13.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Schwarz, über eine neue Schmiervorrichtung und
Schmiere.
Durch die Firma Carl Gessert in Elberfeld wurde eine neue Schmiere und Schmierbüchse dargestellt, welche
besondere Beachtung verdient. Wie von mehreren praktischen Technikern mitgetheilt
wird, hat sich solche Schmiere besonders in Beziehung auf den sparsamen Verbrauch
bei vollständig genügender Schmierung vortrefflich bewährt. In der That entspricht
auch das angewendete Princip allen rationellen Anforderungen.
Theoretisch genommen müßte eine und dieselbe Quantität irgend eines Schmiermittels
auf unendlich lange Zeit zur Verminderung der Reibung genügen. Dabei ist noch die
angewendete Quantität eine unendlich geringe, nämlich so viel als genügt, um die
sich drehende Achse mit einer dünnen Haut des Schmiermaterials zu überziehen. Diese
Zwischenlage, welche
einerseits an der Achsbüchse, andererseits an der drehenden Achse adhärirt, wird bei
der Drehung in allen Punkten gleichzeitig zerrissen und verschoben; die Reibung
zwischen den Metallflächen wird daher durch das Schmierzwischenmittel auf die Kraft
reducirt, welche nöthig ist, die Cohäsion, den inneren Zusammenhang des
Schmiermaterials zu überwinden. Ist indessen die Cohäsion zu gering, so wird bei
schwer belasteten Achsen das Schmiermittel zwischen den sich reibenden Metallflächen
herausgepreßt, die Metalle reiben sich an einander und neben dem Kraftverlust tritt
auch die gegenseitige Zerstörung der reibenden Theile ein. Wäre nicht dieser
Umstand, so müßten Wasser und andere leicht bewegliche Flüssigkeiten wegen ihrer
geringen inneren Cohäsion die besten Schmiermittel seyn.
Statt der unendlich kleinen Menge Schmiermittel, die, theoretisch genommen, nöthig
ist, werden indessen, wie wir es täglich sehen, ganz enorme Mengen Oel, Talg etc.
zum Schmieren verbraucht oder um es richtiger zu sagen, verschwendet.
„Verschleudert“ wäre eigentlich das zutreffende Wort. In
der That ist es hauptsächlich die Centrifugalkraft bei rasch sich drehenden Achsen,
welche das Schmieröl zwischen den reibenden Flächen heraustreibt, so daß es abläuft
und dadurch verloren geht, oder wenigstens so verunreinigt wird, daß es ferner nicht
zum Schmieren gebraucht werden kann. Wäre es möglich, die Achsenbüchsen so dicht zu
construiren, daß das Schmieröl an keinem Punkte entweichen könnte, daß es auch
nirgends mit der atmosphärischen Luft in Berührung käme, so könnte eine und dieselbe
Quantität Schmieröl wahrscheinlich unendlich lange gebraucht werden. Dieß ist
indessen praktisch unmöglich. Jeder Ueberschuß von Schmieröl wird
herausgeschleudert, und die kleine Quantität, welche durch die Adhäsion an den
reibenden Flächen zurückgehalten wird, erleidet dann durch die Erwärmung, durch die
Oxydation an der Luft, durch die Einwirkung der aufgelösten Metalloxyde eine solche
Umänderung, eine sogenannte Verharzung, daß sie ferner zum Schmieren untauglich wird
und durch neue Oelquantitäten ersetzt werden muß. Die Maschinenfabrikanten, in dem
richtigen Gefühle, daß es praktisch unmöglich ist, eine absolut dicht schließende
Schmierbüchse herzustellen, geriethen daher meistens auf den Ausweg, das Oel
portionsweise, sey es durch Saugdochte, sey es durch besondere
Abstreichvorrichtungen der zu schmierenden Achse zuzuführen. Im ersteren Falle
(wohin ich auch die neuerdings empfohlene Fütterung der Lager mit Ochsenziemern, die
Papierlager von Philippi etc. rechnen möchte) bekämpft
man die Centrifugalkraft durch die Adhäsion der Baumwollfasern. Leider verstopfen
sich die zuführenden Canäle zwischen den einzelnen Fasern bald durch das Product der Reibung, das Harz,
und hören dann auf das Oel durch Haarröhrchenkraft zuzuführen. Bei der Portionsweise
erfolgenden, intermittirenden Schmierung sind complicirte, leicht in Unordnung
gerathende Vorrichtungen nöthig, ein Einwand, der indessen gegenüber den unläugbaren
Vortheilen dieser Methode weniger in's Gewicht fällt.Wir verweisen auf die Beschreibung des neuen automatischen Schmierapparates
von Amenc, S. 1 in
diesem Bande des polytechn. Journals.A. d. Red.
Die von Hrn. Gessert in den Handel gebrachte Schmiere und
Schmierbüchsen-Construction ist nunmehr ein glücklicher Versuch, den oben
angedeuteten Principien eines rationellen Verfahrens beim Schmieren
nachzukommen.
Die Schmiere selbst ist weiß, undurchsichtig und von der Consistenz einer weichen
Seife. Die Masse enthält keine freie Säure und greift Metalle nicht an. Sie soll aus
reinem Baumöl bereitet werden. Sie wird den zu schmierenden Achsen durch folgenden
sehr einfachen Apparat in sehr kleinen Mengen, aber fast continuirlich zugeführt.
A, Fig. 13, ist eine
becherförmige Büchse, aus Messingblech gepreßt und inwendig verzinnt. Sie ist mit
einem Deckel B von demselben Material verschlossen, der
durch ein Scharnier mit der Büchse verbunden ist. Unten ist in dem mir vorliegenden
Exemplare ein 2 1/4 Zoll langes, 1/2 Zoll weites Blechrohr C angesetzt, das oben und unten offen ist.
In dem erwähnten Ansatzrohre steckt der kleine Apparat, Fig. 14 und 15. Derselbe
besteht aus drei um eine Mittelachse gruppirten engen Röhrchen von Messingblech von
1/8 Zoll lichter Weite (d, d, d). Dieselben sind unten
mit einem Ring (e) von 1/2 Zoll Höhe und 5/16 Zoll
äußerem Durchmesser umgeben und zusammengehalten. In gleicher Art sind sie 3/4 Zoll
unter dem oberen Ende mit einem Blechnäpfchen umgeben, das nach der Form des unteren
Theils des Bechers gebogen ist und das Durchfallen des ganzen kleinen Apparates
durch die angesetzte Röhre verhindert. In diesem Näpfchen sind drei weite
Ausschnitte, durch welche die Schmiere in das innere Rohr eintritt. Endlich ist noch
ein dünner Draht mit einem Knöpfchen zum Anfassen vorhanden, um den kleinen Apparat
herauszunehmen und einzusetzen. Kaum noch zu erwähnen nöthig ist es, daß der Apparat
ebenfalls gut verzinnt ist.
Die Größe der Schmierbüchsen richtet sich nach dem Durchmesser der Welle; bis zu 9
1/2 Zoll genügt eine Büchse, bei größerem Durchmesser erhält jedes Lager zwei
Apparate.
Zur Anbringung der Schmierbüchse, Fig. 16, wird durch den
Lagerdeckel ein Loch gebohrt, welches 1 Millimeter größer seyn muß, als der Durchmesser der äußeren
Röhre der Schmierbüchse, so daß das untere Ende dieser Röhre lose und frei auf der
Welle ruht, wobei sorgfältig darauf zu achten ist, daß der Apparat gut schließend
aufsteht, sowie daß das untere Ende der inneren Einrichtung sowohl als des äußeren
Rohres gleichmäßig aufliegt.
Vor Benutzung des Schmierapparates müssen die Wellen gut gereinigt und mit der
präparirten Masse eingeschmiert werden, damit die Aufsaugung aus der Schmierbüchse
sofort beim Beginn des Betriebes erfolgen kann. Beim Füllen des Schmierapparates
entfernt man zunächst den inneren Einsatz, füllt sorgfältig das Ansatzrohr, damit
keine Luft darin verbleibt, schließt dann das untere Ende des Rohres und drückt die
innere Einrichtung der Büchse durch die Schmiermasse, so daß auch die kleinen
centralen Röhren mit Schmiere gefüllt werden. Der ganze Apparat wird darauf mit
Schmiermasse versehen und von Zeit zu Zeit controlirt, ob sich Luftzüge bilden, da
deren nachtheilige Einwirkung auf das Schmieren, welches auf der Aufsaugung der
Schmiermasse beruht, durch die Erfahrung festgestellt ist. Es ist für die
regelmäßige Wirkung des Apparates erforderlich, daß derselbe möglichst voll erhalten
werde, zu welchem Zwecke die Fettmasse im Apparat von Zeit zu Zeit zusammengedrückt
und ergänzt werden muß. Die Schmiere behält selbst bei einer höheren Temperatur des
Maschinenlocals ihre Consistenz bei und unterscheidet sich dadurch von anderen
derartigen Schmieren. Sie besitzt eine größere Schlüpfrigkeit als consistente
animalische Fette, und wird daher nicht so leicht, wie z.B. geschmolzener Talg,
zwischen den Reibungsflächen hervorgepreßt.
Die Wirkung des Apparates ist leicht zu erklären. In dem Ansatzrohre werden durch die
Röhrchen und die Zwischenräume zwischen ihnen und dem umschließenden Rohre eine
Anzahl enge Canäle gebildet und so gewissermaßen die Wirkung der Saugdochte
nachgeahmt. Durch die leise zitternde Bewegung des Apparats wird das Bestreben der
Schmiere nach unten zu sinken in dem Grade befördert, daß trotz der engen Canäle
immer eine genügende Menge an der unteren Oeffnung vorhanden ist, welche an die
vorbeistreichende Achse abgegeben wird. Die Bewegung derselben sorgt schon dafür,
die Schmiere seitlich zu vertheilen. Nur bei sehr langen Achsenbüchsen sind daher
zwei Schmierapparate nebeneinander erforderlich. Wären die Zwischenräume, durch
welche die Schmiere herabsinkt, zu groß, so würde unnütz Schmiere verbraucht werden;
wären sie zu enge, so würde die Achse warm laufen. Es ist die Sache der Erfahrung
gewesen, hier die nöthigen Dimensionen aufzufinden, die wieder nur bei einem
bestimmten Grade von Consistenz der Schmiere zweckentsprechend sind. Schmiere und Schmierbüchse
gehören daher unmittelbar zusammen.
Um die Wirksamkeit dieser Einrichtung zu documentiren, führe ich nur an, daß der
tägliche Verbrauch bei der Welle der Schlagmaschine einer Baumwollenspinnerei früher
100 Loth Oel betrug, während man jetzt 2 1/2 Loth der besprochenen Schmiere
verbrauchen soll.