Titel: | Ueber die Darstellung der Fettsäuren für die Kerzen- und Seifenfabrication; von H. Mège-Mouriès. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XVI., S. 67 |
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XVI.
Ueber die Darstellung der Fettsäuren für die
Kerzen- und Seifenfabrication; von H. Mège-Mouriès.
Aus den Comptes rendus,
t. LVIII p. 864.
Mège-Mouriès, über die Darstellung der
Fettsäuren für die Kerzen- und Seifenfabrication.
Meine Untersuchungen über die stärkmehlhaltigen Halmfrüchte, namentlich über den
Weizen, gaben Mittel an die Hand, das Schwarzbrod ganz zu verdrängen und einem Theil
der Bevölkerung von Paris ein billigeres und nahrhafteres Brod zu liefern.
Aehnliche Untersuchungen von mir über die ölhaltigen Samen gestatten durch ihre
Resultate die ökonomischen Verhältnisse zweier bedeutenden Industriezweige
umzuformen. Ich gehe unmittelbar zu den erlangten Resultaten über.
Die neutralen Fette nehmen in den Oelsamen während des Keimungsprocesses, ebenso wie
im thierischen Organismus während des Lebens, bevor sie anders modificirt werden,
den Zustand sehr beweglicher Kügelchen an, welche der Einwirkung der Reagentien eine
Oberfläche von bedeutender Ausdehnung darbieten.
In diesem kugelförmigen Zustande zeigen die Fettkörper ganz besondere Eigenschaften,
von denen ich nur diejenigen hervorheben will, welche den Gegenstand dieses
Aufsatzes direct berühren.
1) Im gewöhnlichen Zustande wird ein Fettkörper, z.B. Talg, an feuchter Luft sehr
bald ranzig; im kugelförmigen Zustande hingegen hält er sich, in milchartiger Form,
oder in trockenem Zustande, in Gestalt eines weißen Pulvers, sehr lange (die der
Akademie vorgelegten Proben sind im Juni 1863 dargestellt worden).
Der kugelförmige Zustand läßt sich hervorrufen mittelst Eigelb, Galle, eiweißhaltigen Substanzen
etc.; für die Bedürfnisse der Industrie läßt er sich herstellen durch Mischen von
geschmolzenem Talg von 45° Celsius mit Wasser von derselben Temperatur,
welches 5 bis 10 Proc. Seife in Lösung hält.
2) In gewöhnlichem Zustande nimmt der Talg, wie die übrigen Fettkörper, heiße
salzhaltige Aetznatronlauge nicht an und verbindet sich mit derselben nur sehr
schwierig; im Zustande von feinen Kügelchen hingegen absorbirt er diese Lauge
sofort, in einer nach der Temperatur verschiedenen Menge, so daß sich gewissermaßen
ein jedes der Kügelchen aufschwellen und wieder zum Einschrumpfen bringen läßt, je
nachdem die Temperatur zwischen 45° und 60° C. gesteigert oder
erniedrigt wird.
In diesem Falle gibt begreiflicher Weise jedes Fettkügelchen, da es von allen Seiten
her durch das Alkali angegriffen wird, sein Glycerin rasch ab, so daß man binnen
kurzer Zeit eine Milch erhält, in welcher jedes Kügelchen ein Kügelchen von
vollkommener, mit Lauge „gefüllter“ Seife darstellt. Zwei bis
drei Stunden sind zur Erreichung dieses Resultates hinreichend.
3) Diese verseiften Fettkügelchen haben die Eigenschaft, beim Erwärmen über
60° C. die Lauge, von der sie angeschwellt, „gefüllt“
sind, allmählich fahren zu lassen und nur die für gewöhnliche Seife unerläßlich
erforderliche Menge von gebundenem Wasser zu behalten. Sie werden dann durchsichtig,
halbflüssig und beim Zusammenrühren bilden sie eine Schicht geschmolzener Seife über
der das Glycerin zurückhaltenden Lauge.
4) Die Verseifung dieser Masse ist so vollständig, daß es zur Gewinnung der
Stearinsäure genügt, diese Seife in kaltem Wasser zu vertheilen, welches mit einer
derjenigen des angewendeten Natrons entsprechenden Menge Schwefelsäure versetzt ist,
dann aus dem das schwefelsaure Natron enthaltenden Wasser die ihm beigemischten oder
mit ihm verbundenen Fettsäuren durch Schmelzen abzuscheiden, sie krystallisiren zu
lassen und kalt zu pressen, um die Stearinsäure unverändert, geruchlos und mit einem
Schmelzpunkte von 58 bis 59°, sowie die Oelsäure fast ganz farblos zu
erhalten.
Diese, bereits durch eine industrielle Praxis bewährten Resultate führen uns zu der
Zeit zurück, wo Chevreul, durch seine so bewunderten
Untersuchungen über die Fette darauf geführt, den Gedanken aussprach, daß sich auf
den Werth der Oelsäure eine vortheilhafte Methode zur Gewinnung der Stearinsäure,
gründen lassen würde. Leider haben uns seit jener Zeit alle Versuche von diesem
Ziele entfernt.
So wurde z.B. zur Abscheidung der Stearinsäure Kalk angewendet, dessen Seife sich nur durch
energisch wirkende Mittel zersetzen läßt, so daß die erhaltene Oelsäure ranzig und
mißfarbig ist. Dann griff man zum Destillationsprocesse, bei dessen Anwendung der
Verlust auf 10 bis 15 Proc. stieg, der Werth der erhaltenen Producte aber sehr
herabgedrückt wurde, indem ein Theil der Stearinsäure ganz verloren gieng, die
Oelsäure aber in Folge ihres übeln Geruches, ihrer Farbe und ihrer Unbrauchbarkeit
zur Herstellung annehmbarer Seifen, gar keinen Absatz fand. Darnach kam man auf die
Zersetzung der Fette mittelst des Wassers und einer durch den Druck erhöhten Wärme;
bei diesem Verfahren stellten sich jedoch die nur unvollkommen stattfindende
Verseifung und eine diffuse Krystallbildung für alle späteren Operationen als
unüberwindliche Hindernisse heraus. Nach einer noch später in Anwendung gekommenen
Methode bringt man in den Autoclav oder Papin'schen
Digestor anstatt reinen Wassers ein geringes Verhältniß von Kalk, Natron oder
gewöhnlicher Seife; allein auch hier blieb die Verseifung unvollständig; die
Zersetzung und das Pressen müssen auf dieselbe Weise ausgeführt werden, wie bei
Anwendung der anderen Methoden; die erhaltene Stearinsäure zeigte einen sehr
niedrigen Schmelzpunkt, während die resultirende Oelsäure oxydirt und roth war und
einen Werth von 85 bis 88 Francs hatte, wenn das Olivenöl 130 bis 135 Fr. kostete.
(Diese verschiedenen Methoden wurden von Pelouze, Tilghman,
Melsens etc. angegeben.)
Bei dem neuen Verfahren findet das Gegentheil statt; der Verlust ist gleich Null, die
Ausbeute an Fettsäuren beträgt 96 bis 97 Proc. Die Arbeit geht so rasch von Statten,
daß eine ganze Operation an einem und demselben Tage begonnen und zu Ende geführt
werden kann; die Verseifung von 2000 Kilogr. Fett beansprucht drei Stunden, die
Zersetzung eine Stunde, das Schmelzen und Ruhenlassen drei, der
Krystallisationsproceß acht, die kalte Pressung in einer doppelten Presse vier
Stunden, eine Operation erfordert also im Ganzen neunzehn Stunden und da zum
Krystallisirenlassen die Nacht benutzt wird, eine effective Arbeitszeit von nur eilf
Stunden.
Durch diese Vereinfachung des Verfahrens wird nicht nur bedeutend an Handarbeit und
an Brennmaterial, also an Gestehungskosten gespart, sondern in Folge der in allen
Stadien stattfindenden niedrigen Temperatur wird auch eine geruchlose, in keiner
Weise verdorbene, bei 58 bis 59° schmelzende Stearinsäure und eine
gleichfalls sehr gute Oelsäure gewonnen, welche letztere sogar die zur
Seifenfabrication gesuchtesten fetten Oele übertrifft.
Nach dieser kurzen Auseinandersetzung leuchtet es ein, daß die ökonomischen Verhältnisse dieses
Industriezweiges durch das neue Verfahren in das Gegentheil umschlagen; gegenwärtig
verarbeitet man die Fette auf Stearinsäure und erhält Oelsäure als Nebenproduct; in
Zukunft werden dieselben Fette direct zur Darstellung von Oelsäure verarbeitet und
Stearinsäure wird nebenbei gewonnen werden; der Preis der letzteren wird um den
ganzen Werth der Oelsäure sinken.
In dieser Weise werden Chevreul's Erwartungen in Erfüllung
gehen; ferner wird die unvortheilhafte Stellung aufhören, in welcher sich die
französischen Fabrikanten dadurch befinden, daß der Markt ihres Vaterlandes, der
einstigen Wiege dieses wichtigen Industriezweiges, von Producten des Auslandes
beherrscht wird.
Ueber die Seifen. – Da die Oelsäure nach dem
angegebenen Verfahren in sehr reinem Zustande dargestellt wird, so kann dieselbe zur
Fabrication weißer Seifen von erster Qualität, und zwar entweder für sich allein,
oder mit anderen fetten Oelen versetzt, angewendet werden; auch kann man
ausschließlich neutrale Oele benutzen, wie dieß jetzt z.B. bei der Darstellung der
Marseiller Seifen geschieht. Im ersten Falle, bei der Anwendung von Oelsäure allein,
braucht man dieselbe, da das Glycerin abgeschieden ist, nur mit schwacher Lauge zu
sättigen; es findet sofort die Bildung der Seifekügelchen statt und letztere können
ohne weitere Zögerung geschmolzen werden. Ist dagegen die Oelsäure mit anderen Oelen
gemischt, oder sollen nur neutrale Oele angewendet werden, so befolgt man das oben
für den Talg angegebene Verfahren; man versetzt also die Fettkörper in den
kugelförmigen Zustand, man erhält die Kügelchen in der heißen und gesalzenen Lauge
in Bewegung, bis vollständige Verseifung eingetreten ist; man scheidet dann die
verseiften Kügelchen durch Schmelzen ab und gießt den von der Lauge getrennten
Seifenleim in die Laden, worin er beim Erkalten erstarrt.
Genau genommen beansprucht die Operation sechs Stunden effective Arbeit und binnen
vier und zwanzig Stunden läßt sich eine Seife darstellen, welche ebenso vollkommen
und ebenso neutral ist, auch ebenso schäumt, wie alte Marseiller Seife (die der
Akademie vorgelegten Proben von Seide sind in der Gobelinsmanufactur zum Vergleiche
theils mit über acht Monate alter, weißer Marseiller Seife, theils mit Seife
behandelt worden, welche erst vor drei Tagen nach dem von mir angegebenen Verfahren
dargestellt war).
Die Vorzüge dieser Fabricationsmethode beschränken sich aber nicht auf die bedeutende
Zeitersparniß. Da jedes einzelne Fettkügelchen von innen sowohl, wie von außen mit
der Lauge in Berührung kommt, ohne daß Vorsieden und Klarsieden in Masse
erforderlich wird, so entgeht begreiflicher Weise kein Theil des Fettes der Verseifung;
auch erleiden, da das Aetznatron bei einer mittleren Temperatur wirkt, die
angewendeten Fette keine Veränderung, wie bei dem gewöhnlichen Verfahren, wo ein
Theil der Oele in den gefärbten Laugenschaum mitgerissen wird, wodurch ein nicht
unbeträchtlicher Verlust entsteht.
Aus Vorstehendem ergibt sich, daß sich nach der beschriebenen Methode in der kurzen
Zeit von vierundzwanzig Stunden in größerer Menge Seife darstellen läßt, welche
ebenso rein und ebenso neutral, dabei aber weißer und stärker schäumend ist, als die
beste weiße Marseiller Seife, deren Fabrication dreißig bis vierzig Tage und deren
Aufbewahrung – um im gehörigen Grade auszutrocknen – mehrere Monate
erfordert. Dadurch werden unsere Fabrikanten in Stand gesetzt, der Ueberschwemmung
des Marktes mit einer Menge von Producten, welche zum großen Nachtheile des weniger
bemittelten Publicums als Seife verkauft werden, entgegenzutreten. Ich hoffe
überdieß, daß unsere Seifen- und Stearinsäure-Fabrikanten durch
Benutzung und weiteren Verfolg dieser Untersuchungen in Stand gesetzt werden, mit
der Production des Auslandes zu concurriren.
Bemerkungen zur vorstehenden Mittheilung
von Pelouze und Chevreul.
1. Bemerkungen von
Pelouze.
Bei Gelegenheit der vorstehenden interessanten Mittheilung erinnert Pelouze die Akademie an einige Versuche, welche mit
denen des Verfassers in einem gewissen Zusammenhange stehen.
Er wies nämlich vor fünfundzwanzig Jahren im Verein mit Boudet nach, daß das Palmöl nach längerer oder kürzerer Zeit eine
freiwillige Zersetzung in Fettsäuren und Glycerin erleidet.
Später fand er, daß die ölhaltigen Samen, sobald sie zu Pulver oder zu Mehl
zerkleinert sind, nach sehr kurzer Zeit bedeutende Mengen von Fettsäuren und
Glycerin geben, ohne daß zu dieser auffallenden Umwandlung, welche bei
gewöhnlicher Temperatur vor sich geht, Luftzutritt erforderlich ist. Namentlich
erleidet Leinsamenmehl einen bedeutenden Grad von spontaner Verseifung, welche
mitunter sogar ganz vollständig stattfindet.Polytechn. Journal Bd. CXXXVI S. 62.
Endlich erinnert Pelouze an eine der Akademie gemachte
Mittheilung über die Verseifung neutraler Fette durch Einwirkung von
Seifen.Polytechn. Journal Bd. CXXXVIII S. 422.
Er beobachtete, daß die neutralen Fette durch gewöhnliche Seife bei einer
Temperatur von etwas über 100° in Fettsäuren verwandelt werden können;
mehrere Fabrikanten hatten, wie er hinzufügt, nach der Veröffentlichung dieser
Beobachtung die Menge des zur Verseifung anzuwendenden Kalkes von 25 Proc. auf 5
bis 6 Proc. herabgesetzt; in den Autoclaven beansprucht die Operation bei dieser
Verarbeitung von mehreren Tausend Kilogrammen Fett auf einmal nur vier bis fünf
Stunden Zeit. Diese so bedeutende Verminderung des Kalkzusatzes hat eine
entsprechende Verminderung der zur Zersetzung der Kalkseife erforderlichen
Schwefelsäure im Gefolge und dadurch wird eine bedeutende Ersparniß im
Gestehungspreise der Fettsäuren erzielt.
Ohne über das zukünftige Geschick des neuen Industriezweiges aburtheilen zu
wollen, möchte Pelouze aufmerksam machen, daß
derselbe den Kampf mit dem zuletzt besprochenen Verfahren durchzufechten hat,
wobei zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes nur geringe Mengen einer Base,
von welcher die 100 Kilogr. kaum 4 Fr. kosten und eine Säure, deren Preis selten
15 Fr. per 100 Kilogr. übersteigt, angewendet
werden.
2. Chevreul's Entgegnung auf die
Bemerkungen von Pelouze.
Chevreul vermag zwischen den ersten drei Absätzen der
vorstehenden Bemerkungen von Pelouze und der
Mittheilung von Mège-Mouriès
einen näheren Zusammenhang nicht zu erkennen. – Hinsichtlich des vierten
und fünften Absatzes, welchen zufolge Pelouze die
Verseifung der neutralen Fette durch die Seife bewirkt zu haben sagt, erinnert
Chevreul daran, daß er in seinen Recherches sur les corps gras d'origine animale,
einen Versuch näher beschrieb, welcher ein ganz entgegensetztes Resultat gab,
als Pelouze erhielt, daß es also Pelouze vor Allem nachzuweisen oblag, ob jenes
Resultat richtig oder falsch war. Im ersteren Falle war es an Pelouze, die Verschiedenheit der Resultate aus der
Verschiedenheit der Umstände zu erklären, unter denen beide Versuche
angestellt wurden.
Demnach mußte Pelouze, nachdem er zeigte, daß 100 Grm.
neutrales Fett durch 8,285 Grm. wasserfreies Kali unter genau bestimmten
Umständen verseift werden (Chevreul erhielt ein
entgegengesetztes Resultat), 1) die Differenz im Schmelzpunkte des Fettkörpers
vor der Verseifung und nach derselben feststellen und 2) das verseifte Fett an
Baryt oder, was noch besser gewesen seyn würde, an Magnesia binden und durch ein
Lösungsmittel, Alkohol oder Aether, nachweisen, daß aus der Baryt-,
bezüglich Magnesiaseife neutrales Fett nicht abgeschieden wurde. Chevreul versäumte es niemals, solche Versuche anzustellen, wenn es
galt sich zu überzeugen, ob ein neutraler Fettkörper vollständig verseift worden
sey. Der Wunsch einer sorgfältigen Ausführung dieser Controlversuche sey von
seiner Seite um so mehr gerechtfertigt gewesen, als es ihm gelang, nachzuweisen,
daß die alkalischen Basen in wenigstens zweierlei Art auf die Neutralfette
wirken, nämlich
1) indem sie eine Verseifung der Fette bewirken, und
2) indem sie sich mit dem neutralen Fettkörper ohne stattfindende Verseifung,
doch aber in der Weise verbinden, daß das Fett durch kochendes Wasser nicht
wieder abgeschieden werden kann. Ein Beispiel davon gibt die Wirkungsweise der
Magnesia.
Endlich hat Hr. Chevreul (a. a. O. p. 375) nachgewiesen, daß das Neutralfett mit einer
alkalischen und einer sauren Seife, wenn nicht eine chemische Verbindung doch
wenigstens ein inniges Gemenge zu bilden vermag, welches mit Wasser eine
Emulsion erzeugt. Eine derartige Emulsion entsteht beim Entfetten der Stoffe,
wenn die von den letzteren abgeschiedenen Fette nicht verseift sind. In dieser
Weise wirkt die Galle, ein Absud von Seifenkrautwurzel etc.
Dieß gilt für die Verseifung, welche unter solchen Umständen ausgeführt wird, wie
sie bei Chevreul's Untersuchungen stattfanden. Sobald
aber die Operation im Autoclav mit Quantitäten von Basen vorgenommen wird,
welche zur Bildung von neutraler Seife nicht hinreichen, so concurrirt die
Wirkung dieser Alkalien, wenn eine solche überhaupt stattfindet, mit derjenigen
der Wärme und das Resultat ist nicht mehr so einfach, wie in dem Falle, wo man
bei einer Temperatur von höchstens 100° C. operirt.
Die Berücksichtigung der verschiedenen Umstände, unter denen in neutralen
Fettkörpern eine Säurebildung stattfinden kann, ist nach Chevreul für die fragliche Anordnung der Molecüle dieser Körper von
großer Wichtigkeit. Derselbe hat es sich zur Regel gemacht, das Resultat des Versuches niemals mit der Erklärung desselben zu vermengen und daher die jetzt
allgemein angenommene Ansicht, daß die verseifbaren Fette aus Fettsäuren und
Glycerin bestehen, nur als wahrscheinlich
hingestellt.
Er ließ sich dabei von der Betrachtung leiten, daß, wenn
organische Substanzen, wie die Fette, unter sehr verschiedenen Umständen
dieselben Producte geben, es wahrscheinlich ist, daß diese Producte in jenen
organischen Substanzen fertig gebildet vorhanden sind.
Also weil diese Körper unter dem Einfluß von Luft, Wärme, Säuren, Alkalien etc. in Fettsäuren
und Glycerin zersetzt werden, betrachtet Chevreul
diese letzteren Substanzen als die näheren
Bestandteile jener Körper.
Bezüglich des letzten Absatzes in Pelouze's
Bemerkungen erinnert Chevreul daran, daß er bei
seiner Besprechung der Arbeit von Mège-Mouriès die Behandlung der Frage vom
industriellen Standpunkte aus abgelehnt habe, weil er stets, namentlich aber in
der gegenwärtigen Zeit, dagegen gewesen sey, daß solche Fragen vor die Akademie
gebracht werden. Er habe die Arbeit von Mège-Mouriès besprochen, weil sie folgende für
die reine Wissenschaft wichtige Thatsachen enthält:
1) Die Verseifung des in den kugelförmigen Zustand versetzten Fettes erfolgt bei einer Temperatur von nur 40° bis 45° C. und zwar schon binnen wenigen Stunden vollständig, so daß man eine
ganz klare Mutterlauge erhält.
2) Die so erhaltene Seife gibt bei der Zersetzung Stearinsäure und Margarinsäure,
welche sich durch Auspressen bei gewöhnlicher Temperatur leicht abscheiden
lassen und die bei 58° bis 59° C., anstatt bei 50° bis
52° schmelzen, sowie eine Oelsäure, welche fast ganz farblos ist, weil
sie bei einer Temperatur unter 60° dargestellt worden.
3) Jene starren Fettsäuren lassen sich von der Oelsäure trennen, ohne daß ein
Auswaschen mit Wasser erforderlich ist.
Diese Thatsachen sind vom praktischen Gesichtspunkte aus ganz neu.