Titel: Root's neue, vierfach-wirkende Dampfmaschine.
Fundstelle: Band 172, Jahrgang 1864, Nr. XLI., S. 167
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XLI. Root's neue, vierfach-wirkende Dampfmaschine. Aus dem Scientific American, März 1864, S. 193. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Root's vierfach-wirkende Dampfmaschine. Wir haben früher (im polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 173) auf eine neue Dampfmaschine aufmerksam gemacht, welche bei außerordentlich geringem Raume, den sie einnimmt, dennoch eine bedeutende Leistungsfähigkeit besitzen soll. Da damals nur eine äußere perspectivische Ansicht der Maschine vorlag, wird Wohl mancher Leser im Unklaren über ihre innere Einrichtung geblieben seyn, und wir kommen deßhalb auf diese Maschine zurück, nachdem uns wenigstens einigermaßen besser erläuternde Zeichnungen zu Gebote stehen. Die von Hrn. J. B. Root in New-York erfundene Maschine, welche in Fig. 1216 dargestellt ist, hat eine Gesammtkolbenfläche, welche derjenigen einer gewöhnlichen zweiundzwanzigpferdigen Dampfmaschine vom gleichen Dampfdruck und derselben Kolbengeschwindigkeit gleich kommt. Sie hat zwei Kolben, deren Gesammtfläche 32 1/2 Quadratzoll beträgt, da jeder einzelne 6 1/2 Zoll lang und 2 1/2 Zoll breit ist. Diese Kolben wirken gemeinschaftlich, so daß das Maaß der Dampfkraft durch das Product aus Kolbenfläche, Dampfdruck per Quadratzoll und Weg, den der Kolben in einer Minute zurücklegt, ausgedrückt ist. Mit dieser Erklärung, welche im Folgenden noch weiter erläutert werden wird, wollen wir die detaillirte Betrachtung der Maschine selbst beginnen, welche die Quintessenz von Einfachheit ist. Fig. 12 ist eine perspectivische Ansicht derselben, von der Seite des Schieberkastens aus gesehen. A ist das die Stelle des Cylinders vertretende Gehäuse, und B der Schieberkasten. C ist die Hauptachse und D der Schieberzapfen, welcher eine rotirende Bewegung hat. Die übrigen äußeren Theile haben nichts Außergewöhnliches, mit Ausnahme des Regulators. Fig. 13 ist eine Ansicht des viereckigen, den sonstigen Dampfcylinder ersetzenden Gehäuses A, nachdem die Schieberplatte mit Dampfkasten abgenommen ist. Diese letztere ist in Fig. 14 abgebildet, während Fig. 15 und 16 den Kolben und die Kurbelachse darstellen. Dieß sind die Haupttheile, aus denen fast die ganze Maschine besteht. In Fig. 13 ist E der eine Kolben und F der andere. Sie sind beide rechteckig und parallelogrammförmig. Der innere F ist direct auf die Krummzapfenwarze aufgesteckt, und gleitet in dem anderen auf und nieder. Man sieht so, daß der eine Kolben eine verticale Bewegung hat, während der andere sich horizontal hin und her bewegt. Der Dampf wirkt gleichzeitig auf beide Kolben und tritt durch die Oeffnungen der Schieberplatte ein. Damit derselbe den Kolbenflächen zugänglich ist, sind in dem Gehäuse bei G kleine Vertiefungen angebracht. Die Canäle H dienen zum Austritt des Dampfes; sie sind in Fig. 14 durch punktirte Linien angedeutet. In dieser Figur ist die Schieberplatte mit I bezeichnet, während G die Eintrittsöffnungen und H die Ausgänge sind. Diese letzteren münden in den gemeinschaftlichen ringförmigen Raum und erstrecken sich in die Gehäusewandung, welche ringsum hohl gegossen ist, so daß der entweichende Dampf entweder rechts oder links bei einer der verschraubt gezeichneten Oeffnungen J austreten kann. Der Schieber selbst ist ein einfacher Metallring K, welcher in Fig. 14 besonders gezeichnet ist. In seine centrale Oeffnung paßt das Excentricum L, und dieses steckt auf dem Ende der Kurbelwarze, so daß, wenn sich die Hauptachse dreht, der Schieber eine epicyklische Bewegung auf der Schieberplatte macht, und so der Reihe nach die Einströmungsöffnungen entblößt und wieder verschließt. Es ist dieß eine sehr hübsche Bewegung, und sie gestattet, daß die Dampfzuführung zu jedem Kolben auf die genaueste Weise regulirt werden kann. Die Höhlung M unter dem Schieber dient zum Dampfaustritt. Die Verpackung der Kolben ist sehr einfach und dabei doch vollkommen zweckentsprechend. Man versicherte uns, daß, wenn die Maschine im Gange ist, man keine Art Undichtheit bemerkt. In Fig. 15, welche den inneren Kolben allein darstellt, ist auch die Verpackung angegeben, welche wenig Erklärung bedarf. Man sieht, daß der Stahlstab N in den Schlitz O paßt. Er wird durch eine Spiralfeder auswärts gedrängt, welche in dem Schlitze liegt. Hinter den Kolben befindet sich eine Seitenplatte P, Fig. 13, welche durch hinter ihr liegende Keile einwärts gedrängt wird. Auf die Keile wirken Stellschrauben Q, welche durch Lappen am Maschinengestell gehen. Diese Platte in Verbindung mit den Verpackungen R drückt die Kolben vollkommen dampfdicht gegen die Deckel oder Schieberplatte an, ohne die Leichtigkeit der Bewegung zu hindern. In Fig. 15 und 16 ist ein innerer Kolben oder ein solcher, welcher direct auf der Krummzapfenwarze steckt, und der auf der vorderen Seite ebenso wie auf der Rückseite gestaltet ist, mit der Kurbelachse abgebildet. Die Kolben verlieren nur wenig oder fast gar keinen Dampf am Hubende, da sie sich fast vollkommen an die Gehäusewand anlegen. Es sind an denselben keine vorspringenden Schraubenköpfe, und die Dampfeinströmungsöffnungen in dem Schieberkasten liegen ganz nahe an den Kolben, so daß der Dampfverlust vermieden wird, welcher dann stattfindet, wenn bei jedem Hube lange Zuführungscanäle mit frischem Dampf gefüllt werden müssen. Es wird wohl schwer halten eine compendiösere Dampfmaschine zu erfinden, oder eine solche, welche noch in dem nämlichen kleinen Raume wirksam ist. Die Kurbel hat keine todten Punkte, die Maschine kann also auch wie eine rotirende ohne Schwungrad gehen, da der innere Kolben bei seiner verticalen Bewegung gleichzeitig horizontal verschoben wird. Jeder der Kolben durchläuft bei einem Hube einen Kurbelkreisdurchmesser; da diese Durchmesser aber rechtwinkelig zu einander stehen, so ist der eine Kolben in voller Wirksamkeit, während der andere im Begriffe ist umzuwenden. Es ist also beim Wechseln des Hubes kein mechanischer Verlust vorhanden, wie er bei den gewöhnlichen Maschinen zu der Zeit (?) stattfindet, wo der Schieber den Dampf von der einen Kolbenseite absperrt und ihn auf die andere treten läßt. Bei der Maschine von Root findet immer fast der gleiche Druck auf die Kurbelwarze statt, was jedoch ganz davon abhängt, wie weit man den Kolben mit vollem Drucke, d.h. ohne Expansion, gehen lassen will. Die Kolbengeschwindigkeit ist nicht groß, da der Hub sehr kurz ist; aber die Maschine macht ungefähr 150 Umdrehungen in einer Minute.31) Eine solche Dampfmaschine treibt gegenwärtig eine Rammmaschine in New-York. Sie hebt 2200 Pfund (eine Tonne) 36 Fuß hoch in 6 Secunden. Ist nun das Maaß einer Pferdekraft 33000 Pfund in einer Minute einen Fuß hoch gehoben, so entwickelt die fragliche Maschine 22 Pferdekräfte. Denn 33000 Pfund in einer Minute einen Fuß hoch gehoben, ist eben so viel als 550 Pfund in einer Secunde einen Fuß hoch gehoben, und 2200 Pfund 36 Fuß hoch in 6 Secunden gehoben, erfordert dieselbe Kraft, als 360 Pfund (?) in einer Secunde auf dieselbe Höhe gehoben. Ein Fünftel von 550 ist 110 und drei Fünftel sind 330 Pfund, oder drei Fünftel Pferdekraft für jeden Fuß Höhe. Da aber die ganze Höhe 36 Fuß beträgt, so ist nach dieser Regel leicht einzusehen, daß die Maschine eine Kraft von mehr als 22 Pferden ausübt, minus der Reibung. (Soll wohl heißen: nach Abzug der Reibung, effectiv).32) Die Kolben haben eine Fläche von 56 Quadratzoll bei 5 Zoll Hub. Der Regulator dieser Maschine ist eigenthümlich und nach besonderen Principien construirt. Es ist augenscheinlich, daß, wenn die Arme des Regulators vertical herabhängen und oben rechtwinkelig umgebogen sind, die Bewegungen der Admissionsklappe größer sind, als bei dem gewöhnlichen Regulator, bei welchem Bewegungsverluste vorkommen, so daß die Schwungkugeln lange vorher ihre Lage geändert haben, ehe sie auf die Klappe wirken. Dieser Regulator eignet sich für sehr große Geschwindigkeiten. Er hat an seinem oberen Ende eine Schraube, welche mit der in der unterhalb liegenden Kapsel befindlichen Klappe in Verbindung steht. Durch eine Schraubenmutter kann die Spannung der Feder 8 abgeändert werden, so daß hierdurch die Geschwindigkeit der Maschine sich reguliren läßt. Schraubt man nämlich die Schraubenmutter U auf- oder abwärts auf der Stange V, so wird die Feder nachgelassen oder gespannt, so daß die Schwungkugeln eine größere Centrifugalkraft ausüben müssen, und folglich die Maschine normal mit einer größeren Geschwindigkeit gehen muß. Bei Ueberschreitung derselben gibt dann erst die Feder wieder nach und wirkt auf die Admissionsklappe. Wird die Mutter U nachgelassen und die Feder weniger gespannt, so geht natürlich die Maschine mit geringerer normaler Geschwindigkeit. Die Regulatorklappe in der oben erwähnten Kapsel ist auf irgend eine Weise, welche keiner näheren Erklärung bedarf, mit dem Regulator selbst in Verbindung. Diese Maschine wurde im Sept. 1863 Hrn. Root für die Vereinigten Staaten patentirt und derselbe ist jetzt auch um ein Patent auf seinen Regulator eingekommen. Ausgeführt werden die Maschinen von Benjamin, Root u. Comp. in New-York.

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