Titel: | Beschreibung eines Backofens für Braunkohlen-Feuerung; von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin. |
Autor: | Robert Schmidt |
Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. X., S. 19 |
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X.
Beschreibung eines Backofens für
Braunkohlen-Feuerung; von Dr. Rob.
Schmidt, Civilingenieur in Berlin.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Schmidt, über einen Backofen für
Braunkohlen-Feuerung.
Es ist eine erfreuliche Wahrnehmung, daß die Einführung größerer Oekonomie mit den
Brennstoffen jetzt auch da sich Bahn zu brechen beginnt, wo sonst wegen vieler
Vorurtheile das Neue schwer Eingang findet; so ist während des verflossenen Jahres
eine größere Anzahl von Backöfen, welche sonst hier in Berlin ausschließlich mit
Holz geheizt wurden, mit dem besten Erfolge für Braunkohlen- und
Steinkohlen-Feuerung eingerichtet worden.
Von den mannichfachen Constructionen von Backöfen für Kohlenfeuerung, welche bisher
besonders in England und Frankreich zur Ausführung gebracht wurden, mußte hier
meistens Abstand genommen werden, weil der Betrieb überall nur für kurze Zeit
unterbrochen werden konnte, es sich also mehr um eine Veränderung als um gänzliche
Umbauung der bestehenden Oefen handelte, welche, wie schon erwähnt, früher
ausschließlich mit Holz geheizt wurden. Die vorgenommenen Veränderungen der Backöfen
haben sich jedoch, wie wir unten genauer angeben werden, ganz vortrefflich
bewährt.
Der Backofen, für Braunkohlen-Feuerung und eine Bäckerei von mittlerer Größe
dienend, ist in den Fig. 20–23 in 1/24 der
natürlichen Größe dargestellt, und zwar zeigt:
Fig. 20 einen
verticalen Längendurchschnitt, durch die Mitte des Ofens;
Fig. 21 einen
horizontalen Durchschnitt, dicht bei der Aufnahmefläche des Ofens genommen;
Fig. 22 einen
Querschnitt, zum Theil durch den Rost, zum Theil durch den Scheitelpunkt des Ofens
genommen;
Fig. 23
endlich eine Vorderansicht des Ofens.
In diesen Ansichten erkennt der Sachverständige in der Hauptsache leicht den
Backofen, wie er gewöhnlich für Holzbetrieb construirt wurde. A ist nämlich die Eintragöffnung für das Brennmaterial und die Backwaare,
verschließbar durch die Schiebethüre A'; B ist der eigentliche Ofen; a, a,
a, a, a sind die Züge, welche sämmtlich in den Schornstein C münden, der vorn durch zwei Thüren b, b (wovon die eine in Fig. 23 geöffnet ist) dem
Bäcker zugänglich gemacht worden ist, um durch Oeffnen oder Schließen der Canäle a mittelst der Stöpsel c den
Zug reguliren resp. den Ofen schließen zu können. D ist
noch ein Kessel um warmes Wasser mittelst der Ofenwärme zu erhalten, und endlich E die Leuchtöffnung.
Behufs der Benutzung der Haupttheile dieses Ofens für Braunkohlen-Feuerung ist
in der Nähe der Eintragthür ein Rost d mit 1/4 Zoll
breiten Fugen und unter denselben, durch die Platte f
ein Aschenfall gebildet, der durch die Thüre E dem
Bäcker zugänglich gemacht wurde. In der Zeichnung ist der Rost durch vier gußeiserne
Platten n zugedeckt, wie dieß immer stattfindet, wenn
der Ofen genügend erwärmt worden und gebacken wird. – Für neue Einrichtungen,
besonders für Steinkohlen-Feuerung, möchte es sich mehr empfehlen, den Rost,
überhaupt den Feuerraum, nicht in den Backraum, sondern tiefer, etwa bei f, zu legen, und außerdem unterhalb einen Aschenfall
anzuordnen, weil dadurch der ganze Ofenraum sauberer gehalten und geschont wird.
Die Bäckereien bedienen sich, wie schon erwähnt, zum Heizen ihrer veränderten Oefen
hauptsächlich der Braunkohlen, die Konditoreien dagegen – bei ähnlicher
Anordnung der Oefen – der Steinkohlen, um eine größere Hitze zu erzeugen.
– Die Möglichkeit der Anwendung der Kohlenfeuerung bei letzterem Gewerbe
widerlegt am schlagendsten das oft geäußerte Vorurtheil, daß die Backwaare bei
Kohlenfeuerung einen schlechten Geschmack annehme.
Nach den von hiesigen Bäckermeistern und Conditoren gemachten Berechnungen beträgt
die Geldersparniß bei Anwendung von Braunkohlen- oder
Steinkohlen-Feuerung gegen die frühere Holzfeuerung 150 bis 200 Proc. Bis
jetzt sind in Berlin etwa 60 bis 70 Backöfen für Kohlenfeuerung eingerichtet,
wogegen die Anzahl der überhaupt im Betrieb befindlichen Backöfen für Bäcker und
Conditoren 700 beträgt, wovon jeder durchschnittlich die Summe von 300 Thalern pro Jahr für Holz erfordert. Rechnet man die
Geldersparniß bei Kohlenfeuerung zu 150 Proc., so würde jeder Backofen per Jahr für 120 Thlr. an Kohlen bedürfen, es würden
demnach in jeder Bäckerei 180 Thlr. gespart werden können; für die 700 Bäckereien
Berlins ergäbe dieß aber eine Geldersparniß von 700 × 180 = 126,000 Thaler
per Jahr.
Für die Einrichtung von Gemeinde-Bäckereien, welche sich bekanntlich noch aus
anderen Gründen empfehlen, möchte erwähnungswerth seyn, daß sich Backöfen, die mit
Braunkohlen oder Steinkohlen geheizt wurden, länger heiß erhalten als die
bisherigen, und daß bei der oben angestellten Berechnung dieser Umstand nicht in
Betracht gezogen werden konnte.