Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. , S. 310 |
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Miscellen.
Miscellen.
Der atmosphärische Webstuhl.
Der von Harrison in London kürzlich construirte
atmosphärische Webstuhl bietet in der Anwendung seiner beweglichen Theile, sowie in
der Art und Weise der Bewegung manche beachtenswerthe Eigenthümlichkeiten dar,
weßhalb wir im Folgenden eine kurze Beschreibung von ihm geben. Derselbe besteht 1)
in der Verbindung des Rietblattes mit einem Kolben, der in einem geschlossenen
Cylinder mittelst comprimirter Luft hin und her bewegt wird. Eine Kolbenstange ragt
nämlich beiderseits durch Stopfbüchsen aus dem Cylinder heraus; an derselben sind
die Enden zweier Riemen befestigt, welche über Rollen geleitet und mit dem
Rietblatte andererseits verbunden sind. Das letztere wird in zwei horizontalen
Schlitzen am Hauptgestelle geführt. Die Steuerung des Kolbens wird wie bei einer
Dampfmaschine bewirkt; 2) durch den einen der Riemen, welche zur Bewegung des
Rietblattes dienen, empfangen die Litzen, gleichzeitig und entsprechend der Bewegung
des Rietblattes, ihre auf- und abgehende Bewegung; 3) der Schütze wird direct
durch die comprimirte Luft bewegt, so daß die Treiber ganz in Wegfall kommen. Es
wird dieß dadurch ermöglicht, daß zu beiden Seiten des Rietblattes anstatt der
gewöhnlichen Schützenkästen besondere Kammern angebracht sind, in welche der Schütze
ganz oder theilweise eintritt; in diese Kammern wird im Laufe der Bewegung des
Rietblattes mittelst einer besonderen Ventilsteuerung im richtigen Moment
comprimirte Luft aus einem Reservoir zugelassen, durch deren Wirkung der Schütze
fortgeschnellt wird. Um die Reibung bei der Bewegung des Schützen möglichst zu
vermeiden, ist die Schützenbahn auf dem Rietblatte mit Glas oder Porzellan belegt;
4) erhalten Ketten- und Waarbaum ebenfalls ihre Bewegung vom Treibcylinder aus. Die Theile
des Stuhles sind übrigens nicht wesentlich vermehrt oder complicirt worden, was für
die praktische Benutzung jedenfalls von Vortheil ist. (Deutsche illustr.
Gewerbezeitung.)
Wolf mit Dampfzuleitung, von James Holt in Oldham.
Eine eigenthümliche Verbesserung in der Auflockerung und Reinigung der Baumwolle im
Wolfe hat Holt dadurch zu erreichen gesucht, daß er
während der Arbeit zwischen den Mantel und die Trommel einem Dampfstrom einführt.
Das Dampfrohr besitzt einen Hahn, welcher beim Entfernen der Baumwolle geschlossen
wird; er ist doppelt, um das Herabfallen des aus dem Dampfe condensirten Wassers auf
die Baumwolle zu verhindern, und es sind deßhalb die Durchbohrungen der inneren
Röhre denen der äußeren entgegengesetzt gestellt, so daß der Dampf um die innere
Röhre ziehen muß, während sich das Wasser in der äußeren ansammelt. Der wesentliche
Mechanismus in dem sonst wie gewöhnlich eingerichteten Wolfe besteht nach dem Engineer in Folgendem: Eine Welle, welche mittelst
Riemen von der Trommelwelle mit bewegt wird, setzt durch eine Schraube ohne Ende und
ein Schneckenrad eine zweite horizontale Welle in Bewegung. An dieser sitzt
einerseits ein eigenthümlich geformter Daumen, der bei seiner Umdrehung gegen einen
Bolzen an einer einfachen Hebelvorrichtung trifft, welche mit dem Hahne der
Dampfröhre verbunden ist und diesen je nach ihrer Stellung öffnet oder schließt;
andererseits aber kann diese Welle mittelst eines Krummzapfens und einer Verbindung
von Zugstangen die Thüre des Mantels geschlossen halten oder öffnen. Beim Oeffnen
dieser Thüre wird durch eine einfache Vorrichtung der Eingriff der Schraube ohne
Ende in das Schneckenrad unterbrochen. Ist die Maschine in Betrieb, so bewegt sich
das Schneckenrad und es strömt Dampf zu, bis auf dem erwähnten Daumen der Vorsprung
der Hebelvorrichtung herabgleitet und so der Hahn im Dampfrohre geschlossen wird.
Zugleich öffnet der Krummzapfen die Thüre des Mantels und wird das Schneckenrad
ausgerückt. Ist dann die Baumwolle entfernt und neues Material aufgegeben, so kommt
dieses Rad beim Oeffnen der Thüre wieder zum Eingriffe in die Schraube ohne Ende;
nach einiger Zeit öffnet der Daumen allmählich wieder den Hahn der Dampfröhre und es
wiederholt sich das obige Spiel. (Deutsche Industriezeitung, 1863, Nr. 45.)
Jacobs'
Faß-Reinigungsmethode.
Die Methode der Faßreinigung, welche T. L. Jacobs in
Burton on-Trent anwendet, besteht nach dem Engineer darin, daß er die Fässer ganz oder fast ganz mit Wasser füllt und
dieses durch Einführen von Wasserdampf oder comprimirter Luft zum Wallen bringt. In
der Praxis wird der Wasserdampf vorgezogen, weil er das Wasser erhitzt und an sich
zum Reinigen beiträgt, doch kann man ihn durch comprimirte Luft zum Theil oder ganz
ersetzen. Bei Anwendung von Wasserdampf besteht der Apparat der Hauptsache nach in
einem Dampfkessel, aus dem der Dampf durch ein oder zwei mit Hähnen versehene Röhren
abgeführt wird. Die eine dieser Röhren ist an dem einen Ende mit einer
verschiebbaren anderen Röhre verbunden; von der letzteren wird ein Theil, der
vielfach durchbohrt ist, durch das Spundloch oder eine andere Oeffnung in das zu
reinigende Faß eingeschoben, so daß der Dampf, der unter Druck aus den Bohrungen
austritt, das Wasser im Fasse zum Wallen bringen kann. Am besten möchte sich
folgende Einrichtung eignen: Die Dampfröhre mündet in die Röhre, welche das Wasser
aus dem Behälter in das Faß führt, hinter dem Hahne derselben ein, so daß Wasser und
Dampf in jedem beliebigen Mischungsverhältnisse zugelassen werden können. Von der
Verbindungsstelle beider Röhren tritt Wasser und Dampf durch eine Röhre, deren beide
Theile sich perspectivartig übereinander verschieben lassen, in das Faß. Damit die
letztere Röhre unter gutem Verschlusse in das Faß eingeführt wird, kann man einen
durchbohrten conischen Stöpsel oder einen belasteten conischen Ring anwenden. Bei
der Anwendung dieses Verfahrens wird zunächst das Faß, welches gereinigt werden
soll, ganz oder zum Theil mit Wasser gefüllt, der Hahn der Wasserröhre geschlossen,
Dampf zugelassen, das Wasser im Fasse zum Kochen erhitzt und solange im Kochen
erhalten, bis alle Unreinigkeiten von den Wänden abgelöst sind. Um aber alle faulen,
sauren Theile, welche das Holz absorbirt haben kann, zu entfernen, was von
Wichtigkeit ist, wird die Einführung der Röhre in das Faß durch den belasteten
conischen Ring vollständig dampfdicht gemacht und dann ein dem besonderen Falle
entsprechender Dampfdruck angewendet, bis alle Unreinigkeiten entfernt sind. Zuletzt
wird das Faß noch mit reinem Wasser ausgewaschen. Damit das Faß durch den Druck des
Dampfes keine Risse erhält, wird es der Länge und Quere nach mit Riegeln umspannt,
die durch Schrauben oder Keile festgehalten werden. Auf der Vorder- und
Hinterseite stemmen sich diese Riegel gegen kreisförmige Platten, und verhindern so
das Herausdrängen der Bodenwände; der Umfang des Fasses wird durch Bänder geschützt,
die aus zwei zusammengeschraubten Theilen bestehen. Auf diese Weise wird jedem nicht
allzustarken Dampfdrucke Widerstand geleistet. Sehr unreine Fässer werden einer
vorläufigen Reinigung unterworfen, indem das Wasser das erstemal mit einer
verdünnten Mineralsäure vermischt und ihm gepulverte thierische Kohle zugesetzt
wird. Ist dann dieses Wasser nach der oben angegebenen Methode eine Zeit lang im
Kochen erhalten worden, so wird es abgelassen und die Operation mit reinem Wasser
wiederholt. (Deutsche Industriezeitung, 1863, Nr. 44.)
Cylindergebläse zum Bessemer-Proceß.
Am 10. October d. J. vereinigte sich in der Maschinenfabrik von H. D. Schmid in Simmering ein
ansehnliches hüttenmännisches Publicum zu den Proben, welche mit den neuen
patentirten Cylindergebläsen von Leyser und Stiehler (beschrieben im polytechn. Journal Bd. CLXVIII S. 366) ausgeführt wurden, und
wobei der stille und ruhige Gang dieser Maschinen und noch mehr der außerordentliche
Effect derselben in der That überraschten. Außer der Versuchsmaschine war ein nach
demselben System von Leyser und Stiehler gebautes, eben fertig montirtes Cylindergebläse zu sehen, welches
für eine neue Hüttenanlage in Kärnthen zur Einführung des Bessemer-Processes bestimmt ist und durch einen Motor von 140
Pferdekräften in Bewegung gesetzt werden soll, um den Wind auf die für diesen Zweck
erforderliche hohe Pressung von circa 1 1/2 Atm.
Ueberdruck zu bringen. Es ist kein Zweifel, daß diese Maschinen wesentlich dazu
beitragen werden, in Oesterreich den für das dortige treffliche Roheisen vorzüglich
geeigneten Bessemer-Proceß mit günstigem Erfolge
einzuführen. (Berggeist, 1863, Nr. 87.)
Verfahren zur Erzeugung von Glaubersalz und Soda vermittelst
Schwefelkies; von A. Thibierge.
Ich war bemüht ein Verfahren aufzufinden, um Glaubersalz und Soda ohne Anwendung der
Bleikammern und Sulfatöfen mit Benutzung wohlfeiler Rohstoffe darstellen zu können.
Diesen Zweck glaube ich erreicht zu haben, indem ich ein Gemenge von Schwefelkies
(oder Kupferkies) mit Kochsalz und Brennmaterial (Torf, Braunkohle, Steinkohle,
Holzkohlenpulver etc.) verbrenne.... Die erzeugte Asche, ein Gemenge von Eisenoxyd
(nebst Kupferoxyd) und Glaubersalz, kann nach Erforderniß:
1) durch bloßes Auslaugen und Abdampfen das Glaubersalz
liefern;
2) nach ihrer Vermengung mit einem kleinen Verhältniß von
Brennmaterial, im Sodaofen eine mit Schwefeleisen (nebst Schwefelkupfer)
gemengte Soda von hohem Gehalt erzeugen.
Die (französische) Akademie übergab die vom Erfinder eingesandte Abhandlung der HHrn.
Pelouze und Balard zur
Prüfung seines Verfahrens. (Comptes rendus, t. LVII p. 597.)
Darstellung von Jodammonium für photographische Zwecke, von
Jacobsen.
Die Darstellung von Jodammonium nach den gebräuchlichen Verfahrungsweisen leidet an
Uebelständen, die bei nachfolgender Methode gänzlich fortfallen, welche auch durch
Ersparung an Arbeit und Feuerungsmaterial vor den andern den Vorzug verdient. Man
löst gleiche Aequivalente von reinem Jodkalium und reinem schwefelsaurem Ammoniak,
jedes für sich, in der geringsten Menge kochendem destillirtem Wasser auf
(schwefelsaures Ammoniak bedarf ungefähr 1 1/3 Theil, Jodkalium nur 1/2 Theil),
mischt beide Lösungen unter Umrühren, fügt nach dem Erkalten circa 15 Procent vom angewendeten Wasser Alkohol hinzu und läßt 12 Stunden
stehen. Bei größerer Abkühlung, also im Winter, bedarf es noch weniger Alkohol, um
fast alles gebildete schwefelsaure Kali zu entfernen (100 Theile Wasser, welches 10
Theile Alkohol enthält, lösen bei 15° C. 3,9 Theil schwefels. Kali nach. Schiff, Annalen der Chemie und Pharmacie Bd. CXVIII S.
365). Das gebildete Jodammonium ist bei seiner großen Löslichkeit völlig in
Auflösung geblieben. Man decantirt dann, läßt den Rückstand von reinem
schwefelsaurem Kali abtropfen, filtrirt, dampft zur Krystallhaut ein, die bei der
Concentration der erhaltenen Lösung sehr bald eintritt, läßt erkalten, sammelt die
erhaltenen Krystalle, digerirt Mutterlauge und Rückstand von schwefelsaurem Kali mit
alkoholhaltigem Wasser und erhält nach dem Abdampfen desselben nochmals genügend
reines Jodammonium. Beim Abdampfen müssen, um eine Ausscheidung des Jod zu verhüten,
im Arbeitsraume alle etwaigen Dämpfe von Säuren völlig verbannt werden, auch thut
man gut, zu der abdampfenden Lösung einige Tropfen weingeistiger Ammoniakflüssigkeit
hinzuzufügen. (Chemisch-technisches Repertorium, erstes Halbjahr 1862.)
Ueber ein neues photographisches Papier für Bilder, welche
sich auf jede Fläche und jeden Körper übertragen lassen; von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in
Berlin.
In der Fabrik photographischer Papiere von Bayrich zu
Berlin ist in neuester Zeit ein photographisches Papier erfunden worden, welches
folgende Eigenschaften hat: die Oberfläche desselben besteht aus einer eiweißartigen
fast farblosen Schicht, die beim Photographiren das Bild aufnimmt und sich nach dem
letzten Bade, welches das Papier erhält, von letzterem ablöst; diese abgelöste
Schicht ist, wie schon gesagt, beinahe farblos, besitzt sehr große Bindekraft, und
hat solche Consistenz, daß sie ohne große Behutsamkeit in ihrem Zusammenhange
erhalten werden kann. (Wenn man viele solcher mit Photographien versehenen Schichten
im Wasser liegen sieht, so ahnt man nicht, daß Kunstwerth darin liegt, vermuthet
vielmehr, daß Rußflocken in demselben sich befinden.)
Durch die angegebenen Eigenschaften einer solchen, mit Photographie versehenen
Schicht, läßt sich dieselbe auf jede Fläche und jeden Körper ausbreiten, haftet
daran, bildet nach dem Trocknen mit demselben ein Ganzes und zeigt ein Bild, mit dem
Untergrunde welchen die Fläche hatte. Auf Flächen von Holz, Blech, Milchglas u.s.w.,
die nicht oft gereinigt zu werden brauchen, macht sich die Operation außerordentlich
schnell und einfach; eine solche Schicht mit dem photographischen Bilde läßt sich
indeß auch auf Glas und Porzellan einbrennen, und liefert dann auf diesen Körpern
ein unvergängliches Bild.
Die betreffende Erfindung ist bereits nach allen Richtungen hin mit gutem Erfolge
angewandt worden, so daß ihre Lebensfähigkeit außer allem Zweifel steht. Genügendes
Zeugniß dafür ist, daß die königl. Porzellan-Fabrik zu Berlin sich mit
genannter Fabrik in Verbindung gesetzt hat, um diesen Zweig der Photographie auf
Porzellan-Gegenstände zur Anwendung zu bringen.
Ueber Brausepulver-Bereitung; von Dr. C. Bedall.
Es ist bekannt, daß ein aus Weinsäure und doppelt-kohlensaurem Natron
gemischtes Brausepulver, selbst wenn diese beiden Ingredienzen vorher vollkommen
ausgetrocknet waren, ja selbst wenn das Brausepulver in Gläsern aufbewahrt wird,
sehr bald Feuchtigkeit anzieht, nicht mehr braust und mithin an Wirksamkeit
verliert; ebenso bekannt ist es aber auch, daß ein nicht gemischtes, gewöhnlich in
zweierlei Kapseln abgetheiltes Brausepulver beim Zusammenmischen im Wasser sogleich
stürmisch aufbraust, so zwar, daß man, bei einigermaßen großer Gabe, kaum im Stande
ist, dieß schäumende Getränk schnell genug zu trinken, um nicht des größten Theils
der Kohlensäure beraubt zu seyn, abgesehen davon, daß bei ungeschickter Behandlung
eines solchen Pulvers oft der größte Theil der schäumenden Flüssigkeit über das Glas
steigt und dann gleichfalls verloren geht.
Diesem Uebelstande wird nun abgeholfen durch Anfertigung eines Brausepulvers nach Art
des von dem Engländer Bishopp unter dem falschen Namen
„Granular effervescent Citrate of
Magnesia.“ in neuerer Zeit in den Handel gebrachten
Pulvers.
Man nimmt zu diesem Zwecke gut ausgetrocknete Weinsäure und
doppelt-kohlensaures Natron im gepulverten Zustande, in dem gewöhnlichen
Verhältnisse von 5: 6, versetzt diese Mischung mit so viel höchst rectificirtem
Weingeist, dem man nach Belieben auch etwas Citronenöl zusetzen kann, daß ein
feuchtes Pulver entsteht, reibt dieses durch ein nicht zu feines Drahtsieb und
trocknet es in gelinder Wärme wieder aus. Man erhält auf diese Weise ein vollkommen
luftbeständiges grobkörniges Pulver von hübschem Ansehen, welches bei der Berührung
mit Wasser langsam, aber doch reichlich und bis auf das letzte Körnchen braust, und
sich angenehm und ohne den geringsten, anderen Brausepulvern oft eigenen,
alkalischen Nachgeschmack trinken läßt, mithin gewiß den bis jetzt üblichen
Brausepulvern vorzuziehen ist. (Neues Jahrbuch der Pharmacie, Bd. XX S. 75.)
Mittel zur Erkennung sehr geringer Fettmengen; von John Lightfoot.
Es ist eine längst bekannte Thatsache, daß, wenn man Campher zwischen Papier
zerdrückt und die kleinen Partikelchen, ohne sie mit den Fingern zu berühren, auf
eine reine Wasserfläche wirft, sie auf derselben in eine rotirende Bewegung
gerathen: eine Erscheinung, welche man in verschiedener Weise zu erklären versuchte,
fast allgemein aber der Verdampfbarkeit des Camphers bei gewöhnlicher Temperatur
zuschrieb.
Ich habe nun gefunden, daß beim Berühren der Wasseroberfläche, auf welcher
Camphertheilchen rotiren, mit der geringsten Spur eines fetten Körpers, die Bewegung
jener plötzlich aufhört. Die Reaction ist so empfindlich, daß die Berührung der
Oberfläche des Wassers mit einer Nadel, welche man über das Kopfhaar gestrichen und
die in Folge davon fettig geworden ist, schon hinreicht um den rotirenden Campher
zum Stillstand zu bringen.
Von dieser Reaction habe ich eine für die Technik beachtenswerthe Anwendung gemacht.
Es ist nämlich sehr schwierig, häufig sogar unmöglich, bei bedruckten Zeugen zu
unterscheiden, ob sie mit Krapp oder mit Garancin gefärbt sind. Die letztere Art der
Färbung, welche weniger haltbar ist, wird, da sie billiger, in neuester Zeit häufig
der ersteren substituirt. In der Behandlung der mit Krapp und der mit Garancin
gefärbten Zeuge besteht aber folgender Unterschied:
1) die mit Krapp gefärbten Zeuge werden nachher durch eine
heiße Seifenlösung passirt, um den weißen Grund zu reinigen und die Farbe zu
beleben;
2) die mit Garancin gefärbten Zeuge werden hingegen
gewöhnlich durch eine kalte Chlorkalklösung und dann durch kochendes Wasser passirt,
um den weißen Grund zu reinigen und die Farbe zu beleben. Beide Operationen haben
daher denselben Zweck und Erfolg, aber im letzteren Falle wird
keine Seife angewendet und es kommt folglich kein Fett in den Zeug.
Es ist daher leicht, mit Hülfe des rotirenden Camphers die Art der Färbung zu
erkennen. Man hat meist nur nöthig, ein kleines Muster des fraglichen Zeuges, ohne
es mit den Fingern anzufassen, in ein Glas kaltes Wasser zu bringen, auf welchem ein
Camphertheilchen rotirt; in manchen Fällen ist es jedoch besser, das Muster mit
reinem Wasser
auszukochen und auf die erkaltete Flüssigkeit ein Campherkörnchen zu werfen. (Répertoire de Chimie appliquée, Mai 1863,
S. 179.)
Leichtes Verfahren zum Copiren gedruckter oder lithographirter
Zeichnungen.
In der Sitzung des Magdeburger Bezirksvereins deutscher Ingenieure vom 25. Januar
1863 theilte Hr. Schrader ein leichtes und schnelles
Verfahren zum Copiren gedruckter oder lithographirter Zeichnungen mit, nach welchem
man Copirpapier mit einem flüchtigen, nicht harzenden Oele, und zwar am besten mit
Benzin, tränkt, dasselbe über die Zeichnung legt und
hiernach mit einer Spitze über die zu erzeugenden Linien hinfährt. Hierbei drückt
sich ein Theil der Druckerschwärze an das Pauspapier ab, es verbleibt eine Zeichnung
und das Benzin verdunstet. (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Bd. VII S.
420.)
Harten Hölzern die natürliche Mahagonifarbe zu geben, ohne
solche zu beizen und zu lackiren.
In dem „Neuen Schauplatze der Künste und Handwerke“ findet sich
nachstehende empfehlenswerthe Vorschrift: Man nehme altes reines Leinöl, koche
solches mit 8 Loth Silberglätte zu einem Firnisse und lasse denselben 24 bis 28
Stunden lang ruhig stehen. Dann reibe man damit 3 Loth englisches Braunroth und 1
Loth Drachenblut zu einer ganz feinen Masse, bringe diese ist ein flaches Gefäß und
verdünne sie mit noch mehr Leinölfirniß, so daß sie eine dünne Farbe wird. Nun
tauche man einen etwas großen Borstenpinsel in diese rothe Farbemasse, überstreiche
damit eine Stelle, die auf einmal geschliffen werden kann, und schleife mit einem
Bimsstein das Holz zu einer ganz feinen Glätte. Während des Schleifens bringe man
immer von der Farbe auf das Holz, damit man nicht trocken schleife. Ist das Holz auf
diese Weise fein genug abgeschliffen, so unternehme man das andere Schleifen. Man
schleife die Arbeit nochmals mit der nämlichen rothen Farbe und einem Stücke
Schachtelhalm eine gute Zeit ab, bringe aber immerhin dazwischen Farbe auf das Holz,
daß man ja nicht trocken schleife. Nach diesem schaffe man das Abgeschliffene mit
einem alten Lappen rein hinweg, mische 4 Loth vom feinsten Ziegelmehle, 1/2 Loth
weiß präparirtes Hirschhorn, 1 Loth Drachenblut und 1 Loth sehr fein pulverisirtes
englisches Roth in eben bemeldetem Firnisse gehörig unter einander und bringe die
fein abgeriebene Masse in ein flaches Geschirr. Dann tauche man ein Stück weißen
festen Hutfilz in die Masse und schleife damit die Arbeit bis zu erlangter
Feinarbeit. Man wird finden, daß das Holz dadurch eine schöne, dem Mahagoniholz
ähnliche Farbe erhält, und wenn man es zuletzt noch trocken mit Filz und Hirschhorn
abschleift, dabei einen solchen Glanz erhält, als wenn solches lackirt wäre. Dieser
Politur schadet keine Nässe; sie sichert überdieß das Holz vor dem Wurmfraße und
verändert niemals die Farbe.
Untersuchung einer Schlempenkohle; von Dr. Sauerwein.
Bekanntlich benutzt man bei dem hohen Werthe der Kalisalze die bei der Gewinnung von
Spiritus aus Rübenmelasse abfallende Schlempe schon seit längerer Zeit, um die darin
enthaltenen Salze, welche vorzugsweise Kalisalze sind, zu gewinnen.
Eine für Hannover neue Anlage dieser Art ist seit Kurzem in der Spritfabrik der
Herren Kraul und Wilkening
etablirt und dem Vernehmen nach überhaupt die zweite Anlage dieser Art in unserem
Lande, indem eine eben solche bereits in einer Spritfabrik in Peine vorhanden ist.
Die erwähnte Fabrik von Kraul und Wilkening verwendet als Rohmaterial zur Bereitung des Spiritus
vorzugsweise Rübenmelasse und zwar werden per Tag etwa
6000 Pfd. davon verbraucht.
Die zur Verdampfung der Schlempe dienende Einrichtung besteht aus dem Heizofen und
einer im Ganzen 61 Fuß langen Pfanne. Diese letztere ist in zwei Abtheilungen
getheilt, davon die eine größere und 43 Fuß lange die eigentliche Abdampfpfanne ist;
die andere umfaßt den 18 Fuß langen Calcinirofen. Beide haben eine Breite von im
Ganzen 8 Fuß; die lichte Weite beträgt 6 Fuß und die Höhe der Pfanne 1 1/4 Fuß; das
Gewölbe darüber ist 2 Fuß hoch; sie sind aus Chamottsteinen angefertigt. Der Ofen
hat eine Breite von 4 Fuß und die Rostfläche beträgt 10 Quadratfuß. Als
Brennmaterial gebraucht man ein Gemisch von Braunkohle und einer mageren Steinkohle,
und zwar im Verhältniß von 1/3 der ersteren und 2/3 der letzteren. Die Abdampfung
geschieht mit Oberfeuerung; die Flamme und die Feuergase gehen zunächst über die
Feuerbrücke und streichen dann der ganzen Länge nach über die Pfannen hin. Zur
Hervorbringung eines sehr kräftigen Zuges ist der Schornstein, welcher an dem dem
Ofen entgegengesetzten Ende der Pfanne sich befindet, in einer ziemlich
beträchtlichen Höhe aufgeführt; er ist 120 Fuß hoch, hat unten eine lichte Weite von
4 Fuß und verjüngt sich oben auf 2 Fuß. – Zunächst dem Ofen ist die
Calcinirpfanne aufgebaut, dahinter die Abdampfpfanne, welche dicht an den
Schornstein anschließt, so daß die Dämpfe sofort in denselben abgeführt werden.
Die aus den Blasen nach beendigter Destillation abgelassene Schlempe wird zunächst in
einer Cisterne gesammelt. Eine Pumpe führt dieselbe alsdann in ein über der
Abdampfpfanne nicht weit vom hintern Ende derselben aufgestelltes Reservoir, von wo
dieselbe im continuirlichen Strahle nach der Abdampfpfanne abfließt. Im Anfange der
Schicht werden beide Pfannen mit der Schlempe gefüllt; später wird die in der
Abdampfpfanne concentrirte Lauge in dem erforderlichen Maaße in die Calcinirpfanne
abgelassen und hier schließlich zur Trockne verdampft. Augenblicklich, wo die
Einrichtungen noch nicht vollkommen im Gange sind, wird täglich – d. i. in
einer 24stündigen Betriebszeit – der Inhalt zweier Blasen, etwa 9000 Quartier
der Schlempe, welche 40 Ctr. Rübenmelasse von etwa 42–44° Baumé
entsprechen, verdampft mit einem Brennmaterialaufwande von etwa 44 Himpten des
erwähnten Gemisches von Braunkohle und Steinkohle. Später werden täglich etwa 13000
Quartier verdampft werden. Die Calcinirpfanne wird täglich einmal entleert und wird
im Durchschnitt jetzt eine tägliche Ausbeute von etwa 5–5 1/2 Ctr.
Schlempenkohle erzielt. Die Gestehungskosten betragen incl. Amortisation des Anlagecapitals circa 8
Rthlr. täglich, während für die resultirende Kohle täglich etwa 20 Rthlr. erzielt
werden. Nach vollendeter Einrichtung und dadurch erreichter Vergrößerung der
Ausbeute werden sich die Resultate noch günstiger stellen. Eine mit einer
Durchschnittsprobe der Schlempenkohle angestellte Analyse ergab folgendes
Resultat:
in Wasser unlösliche Bestandtheile (Kohle etc.)
=
23 Proc.
durch Wasser ausgezogene Salze
=
77 „
–––––––
100
Die Zusammensetzung der letzteren Salze im völlig trockenen Zustande war derselben
Analyse zufolge:
Kali
=
44,4 Proc.
Natron
=
17,7 „
Kohlensäure
=
25,5 „
Schwefelsäure
=
6,0 „
Chlor
=
7,2 „
Kieselerde und unterschweflige Säure
Spuren
Berechnet man die Säuren und Basen, wie es meist geschieht, in der Weise, daß
Schwefelsäure und Chlor an Kali und die Kohlensäure an Kali und Natron gebunden
betrachtet wird, so ergibt sich als Zusammensetzung der untersuchten Schlempenkohle
die folgende:
in Wasser unlösliche Bestandtheile
=
23 Proc.
schwefelsaures Kali
=
10,07 „
Chlorkalium
=
11,61 „
kohlensaures Kali
=
31,40 „
kohlensaures Natron
=
23,26 „
Kieselsäure u. unterschwefligs. Kali
Spur
–––––––––
99,34
Auf Rubidium konnte die Kohle nicht untersucht werden, da dem Referenten kein
Spectralapparat zu Gebote stand.
Dem Vernehmen nach wird die Kohle hauptsächlich an Salpeterfabriken behufs
Darstellung von Kalisalpeter aus Chilisalpeter abgesetzt. (Monatsblatt des
hannoverschen Gewerbevereins, 1863, Nr. 5 und 6.)
Saccharification der ganzen Getreidekörner, nach Pesier.
Der Chemiker Pesier zu Valenciennes hat, wie das Journal des Brasseurs berichtet, eine neue Methode der
Saccharification der Getreidesamen entdeckt, bei der man das bisher gebräuchliche
Schroten nicht nöthig hat, und welche auf sämmtliche Cerealien anwendbar ist. Man
bringt das Getreide in eine Reihe terassenförmig aufgestellter Pfannen, setzt zu der
obersten Pfanne eine bestimmte Quantität mit Schwefelsäure angesäuertes Wasser zu,
und erhitzt dasselbe eine Zeit lang bis zum Kochen. Alsdann läßt man durch einen
Hahn die Flüssigkeit auf die zweite, dritte u.s.w. Pfanne und kocht dieselbe,
während man in die erste Pfanne reines Wasser bringt und darin kocht, dann in die
zweite abläßt u.s.w. Man fährt hiermit so lange fort, bis der Rückstand keine Spur
von Schwefelsäure mehr enthält und fängt nun die Arbeit von neuem an, indem man die
letzten Waschwasser mit Säure versetzt und sie statt reinen Wassers benutzt. Die
sauren Flüssigkeiten werden, nachdem sie sämmtliche Pfannen passirt sind, noch eine
Stunde lang gekocht, um jede Spur von Dextrin in Zucker zu verwandeln. Die
Rückstände geben ein vorzügliches Viehfutter, und der Ertrag an Alkohol soll um etwa
8 Proc. höher seyn, als bei der Verwendung von Malz zur Verzuckerung. – Es
versteht sich, daß es wichtig wäre, zu prüfen, ob dieselbe Methode bei den
Kartoffeln mit Vortheil angewendet werden kann. (Wochenblatt zu den preußischen
Annalen der Landwirthschaft, 1863, Nr. 44.)
Ueber Enthülsung des Getreides auf eine leichtere Weise als
bisher.
Giroud-Dargou legte der französischen Akademie
sein Verfahren zur Prüfung vor, das Getreide auf eine leichtere und schnellere Weise
zu enthülsen und auf diese Art den Ertrag an Mehl zu vergrößern. Sein Verfahren
besteht darin, das Getreide vor der Mahloperation eine nur kurze Zeit in Kalkmilch einzulegen, dasselbe alsdann herauszunehmen und
dem gewöhnlichen Mahlproceß zu unterwerfen; die Kalkmilch kann zu demselben Zweck
öfters angewandt werden. Die Enthülsung des Getreides erfolgt nach dieser Behandlung
mit Kalkmilch schneller und leichter, auch bleibt nur so wenig von Kalk an den
Körnern haften, daß solcher der Gesundheit nicht nachtheilig seyn kann, da derselbe
geringer ist als derjenige Zusatz, welchen Liebig als
Zusatz zum Brodteig vorschlägt, um das aus letzterem gebackene Brod verdaulicher zu
machen. (Comptes rendus, t. LV p. 915.)
Actien-Gesellschaft zur Ausnutzung von
Maisstroh.
Gegenwärtig ist in Oesterreich eine Gesellschaft „Hungaria“ zur
Ausnutzung des Maisstrohes in der Bildung begriffen, die ein Actiencapital von
1,750,000 Gulden aufbringen will. Nach dem von derselben ausgegebenen Prospect
sollen 3 1/2 Ctr. Maisblätter
40 Pfd. Spinnstoff,
60 Pfd. Papierhalbzeug,
30 Pfd. Brodmehl
geben, und es sollen die Maisblätter, die fast nur
Transportkosten verursachen, auf diese drei Substanzen verarbeitet werden.
(Böhmisches landwirthschaftliches Centralblatt.)
Ueber Humus- und Salpeterbildung, von C. Blondeau.
Blondeau theilt über die Bildung des Humus und des
Salpeters in den Comptes rendus t. LVII p. 414 interessante Beobachtungen mit. Wenn man
Zellstoff mit Schwefelsäure behandelt, so bildet sich eine isomere (procentisch
gleich zusammengesetzte) Modification des Zellstoffs, die von ihm Fulminose genannt wird, weil sie sich bei einer
Temperatur von 140° C. freiwillig in Kohle und Wasserdampf zersetzt. Mit
Salpetersäure gibt diese Substanz Schießbaumwolle; auch hat sie die Eigenschaft,
alle diejenigen Gase, welche Wasserstoff enthalten, unter Wärmeentbindung mit großer
Begier zu absorbiren; ferner hat sie ähnlich dem Platinschwarz die Eigenschaft, mit
großer Kraft die Verbindung des Sauerstoffs der Luft mit brennbaren Gasen zu
vermitteln.
Holzige Pflanzentheile, sich selbst überlassen, verwandeln sich nach den
Beobachtungen des Hrn. Blondeau, indem sich darauf
mikroskopische Pflänzchen entwickeln, in die obengenannte Substanz, welche dieselben
Eigenschaften in gleich hohem Grade besitzt. Durch die Pilzvegetation werden die in
den Zellen des Holzes enthaltenen stickstoffhaltigen Stoffe verbraucht. In dem Holze
befinden sich gewisse incrustirende Substanzen, welche durch die Pilzvegetation in
eine Art Säure verwandelt werden, die sich alsdann mit allerhand Basen, besonders
mit Ammoniak, zu einer tiefschwarzen Verbindung vereinigt und alle Poren des Holzes
durchdringt, so daß die Masse ganz schwarz wird, in welcher Farbe wir den Humus nur
kennen. Von dieser so veränderten Holzsubstanz werden die Gase lebhaft absorbirt und
das absorbirte Ammoniak verbrennt zu Salpetersäure, die sich mit den im Boden
befindlichen Basen zu Salpeter verbindet. (Wochenblatt zu den preußischen Annalen
der Landwirthschaft, 1863, Nr. 44.)
Ueber Poudrette-Fabrication; von Dr. G. Hofacker in Stuttgart.
Die zunehmende Verarmung unserer Felder an den zum Gedeihen der Gewächse
nothwendigsten Bestandtheilen, der hieraus folgende steigende Werth aller Arten von
Dünger und besonders auch die bahnbrechenden und mehr und mehr Fuß fassenden
Ansichten Justus von Liebig's
haben es in den Culturstaaten des europäischen Continents endlich dahin gebracht,
daß die Anlage einer Poudrette-Fabrik stehende Sorge für die Vorsteher der
größeren Städte wurde. Die Budgets vieler Städte sind bis heute mit bedeutenden
Summen für Wegschaffung des Unraths belastet, was zum mindesten keine Ausgabe,
vielmehr eine Quelle der Einnahme für sie seyn sollte. Hierzu kommen die
mangelhaften Einrichtungen der Latrinen und die unsaubere Entleerung derselben,
Uebelstände, welche die Reinlichkeit und die damit eng verbundene Salubrität
wesentlich beeinträchtigen und die durch einen fabrikmäßigen Betrieb theilweise
gehoben werden.
Unter Poudrette versteht man die in transportable Form gebrachten menschlichen
Excremente. Der Zweck einer Poudrette-Fabrik ist aber nicht allein, den
Inhalt der Latrinen in eine solche Form zu bringen, daß er sich leicht transportiren
läßt, sondern vorzüglich diesen Inhalt so concentrirt zu liefern, daß der Werth des
Fabricats hoch genug ist, um die Transportkosten in entferntere Gegenden bezahlt zu
machen. So wenig man in einem Dorfe oder einer kleinen Stadt eine
Poudrette-Fabrik anlegen wird, ebenso widersinnig wäre es, sämmtlichen
Latrineninhalt einer Hauptstadt auf eine Poudrette-Fabrik zu schaffen, und
man wird die nächste Umgebung der Stadt auch nach Anlegung einer solchen mit
Abtrittdünger in seiner natürlichen Form behandeln, und nur für entferntere
Gegenden, welche noch zur Ernährung der Stadt beitragen, Poudrette fabriciren, wie
es z.B. in China und Japan der Brauch ist.
Diejenigen Bestandtheile der menschlichen Excremente, welche beim Dünger
hauptsächlich in Betracht kommen, sind Phosphorsäure, Kali und Ammoniaksalze.
Diejenige Poudrette, welche die meisten Procente von diesen Salzen enthält, wird die
beste seyn und am theuersten bezahlt werden.
Die erste Fabricationsmethode bestand darin, den Latrineninhalt mit Straßenkehricht
oder Sand zu mischen, in Kuchen zu formen und zu trocknen; begreiflicherweise
vermehrte man jedoch auf
diese Weise den Procentgehalt an unwirksamen Stoffen bedeutend und erhöhte die
Transportkosten. In Montfaucon bei Paris hat man dann versucht, in flachen Gruben,
welche zur Abhaltung des Regens mit Dächern bedeckt waren, das viele Wasser an der
Luft verdunsten zu lassen und mit einem Zusatz von Sand oder Kohlenklein eine
transportable Masse herzustellen. Die Poudrette von Montfaucon gehört zu den besten,
sie enthält nur 28 Procent Sand und über 3 Proc. Phosphorsäure. Doch erfordert eine
solche Anlage bedeutende Capitalien. Eine dritte Methode wird in einer deutschen
Fabrik angewendet und hat sich die Weisheit des Schöpfers zum Lehrmeister genommen.
Eine der weisesten Einrichtungen in der Natur, deren Erkenntniß wir Justus v. Liebig verdanken,
ertheilte der Ackerkrume die Eigenschaft, alle zum Wachsthum und Gedeihen der
Pflanzen nothwendigen Stoffe aus ihren Lösungen aufzunehmen und auch zurückzuhalten.
Die Methode besteht nun darin, den Latrineninhalt durch einen Hauptbestandtheil der
Ackererde, durch Thon oder auch Torfklein, zu filtriren, bis sich derselbe mit
Phosphorsäure, Kali und Ammoniaksalzen vollständig gesättigt hat. Diese
Fabricationsweise wird wohl die rationellste bleiben, bis es der Chemie gelingen
wird, z.B. durch ein billig herzustellendes Thonerdehydrat alle wirksamen Salze
auszufällen und von dem gehörig abgesetzten Niederschlag das überstehende Wasser
einfach abzuziehen.
Einstweilen jedoch ist es Sache der Hausbesitzer und Architekten, namentlich bei
Neubauten die Größe und Construction der Abtrittsbehälter so zu wählen, daß die
Reinlichkeit und Salubrität nicht mehr Noth leidet. In Städten, wo seit
Jahrhunderten auf das Ueberlaufen der Abtrittsgruben keine Rücksicht genommen wurde
und dieselben oft vollständig undicht sind, ist das Wasser der Pumpbrunnen völlig
ungenießbar geworden. Sind die Behälter groß genug, so kann der Hausbesitzer warten,
bis Nachfrage nach Dünger entsteht, und dann den Preis machen, während er so mit
einem Geldopfer häufig noch froh ist, daß seine Grube nur geleert wird. Ferner
könnten die Behälter bis zur Mündung des Schlauches mit einem Dach zur
Zusammenhaltung der Gerüche versehen seyn.
In den badischen und einigen preußischen Casernen (jetzt auch im Stuttgarter
Bürgerspital) ist seit mehreren Jahren die Einrichtung getroffen, daß die
Abtrittsitze unmittelbar durch weite Trichter in Fässer ausmünden, welche auf Wagen
stehen, so daß alle Excremente ohne Verlust aufgesammelt werden. Sobald ein Faß voll
ist, wird es abgefahren und ein neuer Wagen untergeschoben. Die Casernenverwaltungen
ziehen aus diesen Einrichtungen eine bedeutende Einnahme, da die Bauern die
Wirksamkeit dieser rein gehaltenen Excremente schätzen lernten und eine Garantie
haben, daß keine Wasch- und sonstigen Wasser ihren Weg darein finden.
(Württembergisches Gewerbeblatt, 1863, Nr. 17.)
Verfahren zur Poudrette-Fabrication, von J. A. Manning in London.
Bei diesem Verfahren (patentirt in England am 4. Februar 1863) wird vorausgesetzt,
daß die Latrinen mit Cement vollständig ausgefüttert sind, so daß ihr Inhalt nicht
durch eindringendes Wasser verdünnt werden kann. Ferner wird in den Latrinen eine
Abtheilung angebracht, in welche man den Kehrsand und sonstigen in den Wohnhäusern
sich sammelnden Unrath wirft, um denselben von den Menschenexcrementen
auszuschließen.
Der Patentträger bringt nun auf den Boden der leeren Latrine eine Quantität
concentrirte Schwefelsäure, nämlich 40 Pfund für 20 Centner der gemischten festen
und flüssigen Excremente, welche nach und nach hineingelangen. Diese Säure, welche
man vorher mit ihrem 3–4fachen Volum Urin verdünnen kann, hat den Zweck,
sämmtliche Ammoniaksalze, welche in den von Zeit zu Zeit in die Latrine gelangenden
Excrementen durch die Gährung des Urins erzeugt werden, in schwefelsaures Ammoniak
zu verwandeln, weil sonst die Hälfte derselben in Form von kohlensaurem Ammoniak
sich verflüchtigen würde.
Der Schwefelsäure, welche man auf den Boden der Latrine gibt, kann man auch verkohlte
Algen (insbesondere Fucus nodosus) nebst
Kalksuperphosphat einverleiben; und nachdem sich beiläufig 10 Ctr. Excremente in der
Latrine angesammelt haben, ist es zweckmäßig auf deren Oberfläche eine Quantität
solchen Gemisches zu verbreiten, welches dann als Desinficirmittel wirkt, während
durch die Mineralbestandtheile desselben der Dünger verbessert wird.
Den ganzen, an einem Tage entleerten Latrineninhalt einer Stadt schafft man in einen
Behälter von hinreichender Größe; darin wird die Masse durch Dampf- oder
Pferdekraft umgerührt, bis sie innig gemischt und in halbflüssigen Zustand versetzt
ist, wornach man sie am Boden des Behälters durch bedeckte Rinnen von geeigneter
Neigung in eine Reihe gußeiserner Retorten abfließen läßt.
Die Retorten werden mittelst Steinkohlen durch drei Oefen erhitzt, wovon einer an
jeder Seite, der dritte aber in der Mitte der Retorte unter deren Vordertheil
angebracht ist, welcher zur Hälfte nach beendigter Operation behufs der Entleerung
des Products abgeschraubt werden kann. Die Retorten haben eine sehr flache ovale
Gestalt, um die größtmögliche Oberfläche für die Verdampfung des flüssigen Theils
der Excremente zu erhalten; die ganze Masse wird, sobald sie den Siedepunkt
erreicht, mittelst eines Rührers, welcher von der Mitte nach jeder Seite rückwärts
und vorwärts geht, in beständiger Bewegung erhalten, damit die feste Substanz dem
Boden der Retorte nicht anhaften kann. Die Retorten werden mit den gemischten
flüssigen und festen Excrementen nur zur Hälfte ihres Fassungsraumes beschickt,
damit der sich entwickelnde Dampf an ihrer breitesten Oberfläche aufsteigt. Um eine
raschere Verdampfung zu erzielen, wird ein starker Strom erhitzter Luft über die
Oberfläche der kochenden Masse geleitet, welcher den Dampf austreibt. Nachdem die
Flüssigkeit verdunstet und der feste Rückstand nahezu in trockenen Zustand versetzt
ist, schraubt man die Hälfte des Vordertheils der Retorten ab, entleert das Product
in eiserne Wagen und führt es auf einer Schienenbahn zu den Localitäten welche die
Trocken- und Siebvorrichtungen enthalten. (London
Journal of arts, October 1863, S. 218)
Die Traubenkrankheit in Amerika.
Bisher war die Traubenkrankheit nur in der alten Welt bekannt; nach den
„Proceedings of the Academy of Sciences of
the St. Louis“ ist sie jetzt auch in Amerika aufgetreten und
zwar bei der dort fast allein cultivirten Eatawba-Traube (Vitis Labrusca); doch sind
die von Dr. Engelmann
beobachteten und beschriebenen Pilze nicht das Oïdium
Tuckeri, sondern zwei andere Arten. Der eine ist
eine Botrytis, vielleicht B.
viticola; er erscheint Ende Juni auf der unteren, wolligen Seite der
Blätter und bildet unregelmäßig zusammenfließende Flecken von sehr weißer Farbe; die
Mycelienfäden haben einen Durchmesser von 1/200 Linie. Etwa um dieselbe Zeit treten
sie an den Blüthenstielen und an den jungen Beeren auf, nie an ausgewachsenen. Die
Beeren werden gelbbraun an ihrer Basis und vertrocknen; man nennt die Krankheit den
braunen Brand. Der sogenannte schwarze Brand wird
durch einen bisher nicht beschriebenen Pilz hervorgerufen, der mit dem Genus Nemaspora, nahe verwandt ist und den Dr. Engelmann
Ampelicida nennt. Er erscheint nur an fast vollständig
reifen Beeren, die endlich ganz schwarz werden. Die Pilze sind sphärische Körperchen
von 7/100 bis 1/10 Linie Durchmesser. Beim Spalierwein wurden die Pilze bisher noch
nicht gefunden, während sie in den Weinbergen große Verwüstungen anrichten. In
Nord-Illinois sollen die Weinberge bis jetzt davon verschont seyn.
(Wochenblatt zu den preußischen Annalen der Landwirthschaft, 1863, Nr. 42.)