Titel: | Chromoskopische Untersuchungen von Rohzuckern, Syrupen, Melassen etc.; von G. Panten. |
Autor: | G. Panten |
Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. CIII., S. 391 |
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CIII.
Chromoskopische Untersuchungen von Rohzuckern,
Syrupen, Melassen etc.; von G.
Panten.
Panten's chromoskopische Untersuchungen von Rohzuckern, Syrupen,
Melassen etc.
Das Chromoskop von Dr. C. Stamm er (polytechn. Journal Bd. CLIX S.
341) ist bekanntlich zur Ermittelung der Farbe von Zuckern, Syrupen etc.,
sowie der Entfärbungskraft der Knochenkohle bestimmt.
Ueber die Brauchbarkeit des Instrumentes zu technischen Zwecken sind, so viel mir
bekannt, noch keine Untersuchungen veröffentlicht worden. Ich erlaube mir daher im
Folgenden eine Anzahl solcher Bestimmungen mitzutheilen, wie sie in der Praxis
vorkommen und die wohl dazu geeignet sind, die Ausführbarkeit chromoskopischer
Ermittelungen und ihren Werth für Zuckerfabrikanten darzuthun. Die hier
zusammengestellten Versuche sind, wie man sehen wird, solche, welche zur Lösung
mancher vorkommenden industriellen Fragen dienen, und daher für den in Rede
stehenden Zweck der Prüfung des Instruments wohl geeignet.
Ueber die Ausführung der einzelnen Bestimmungen und die Handhabung des Chromoskopes
überhaupt, habe ich nichts zu dem von Stammer im
erwähnten Aufsatze und der dem Apparate beigegebenen Gebrauchsanweisung
hinzuzufügen; eine Reihe vorläufiger Versuche zeigte bald, daß sowohl die einzelnen
Bestimmungen leicht und sicher geschehen konnten, als auch bei Wiederholung in der
einen oder anderen abgeänderten Weise übereinstimmende Resultate lieferten, sowie
daß die Darstellung und Eigenschaften der erforderlichen Ulminlösung (Normalfarbe)
ganz befriedigender Natur sind. Ebenso zeigte es sich, daß das Instrument längere
Zeit im Gebrauche bleiben kann, ohne daß eine Entleerung und Reinigung des
veränderlichen Stellcylinders nothwendig wird. Daß die zu untersuchenden
Flüssigkeiten nicht in diesen gebracht werden, sondern in geschlossene Röhren,
welche dieselben wie die bei der Polarisation gebräuchlichen sind, kommen, ist
bekannt und gereicht dem Chromoskop zum besondern Vorzuge vor dem älteren
Decolorimeter, von dem es sich auch noch anderweitig, namentlich durch Einführung
eines allgemeinen Vergleichfarbenmaaßes, sicher günstig unterscheidet. Hiernach ist
über die einzelnen hier aufzuzählenden Untersuchungen nur noch zu bemerken, daß die
directen Versuchsresultate nicht angeführt sind, sondern daß ich jedesmal nur die
nach den erforderlichen Correctionen gefundene richtige Farbe sauf Normalumstände
bezogen) angeben werde.
1. Vergleichung zweier
Melassen.
Es lagen zwei Melassenproben zum Vergleiche vor; da sie durchaus gleiches
specifisches Gewicht und gleiche Polarisation zeigten, so war noch die Farbe zu
ermitteln; dem äußeren Anschein nach war, wie bei so dunkeln Syrupen natürlich, ein
Unterschied nicht zu bemerken. Eine Farbebestimmung bei 15,5 Proc. Ball. ergab aber
für die eine 260, für die andere 400; dieß ergibt für eine Normalschwere 1342 und
2064. Bei sonst gleichen Umständen gebührt also der ersteren Melasse in Folge ihrer
helleren Farbe der Vorzug.
2. Vergleich zweier nach verschiedenen
Methoden aus gleichem Zucker erhaltenen Deckklärsel.
Es lagen zwei verschiedene Methoden zur Bereitung von Deckklärsel zur Prüfung vor; da
es hier nur auf die Farbebestimmung ankommt, so bedarf es einer Erklärung über das
Wesen beider Methoden wohl nicht; dagegen ist hervorzuheben, daß genau derselbe
Zucker zu beiden Proben diente und daß es auf einen anderen Unterschied als den der
Farbe nicht ankam; dieser wurde für gleiche specifische Schwere der beiden Klärsel
in drei Versuchen gefunden zu:
Methode I.
Methode II.
Farbe des Klärsels
a
5,5
5
„ „ „
b
8,5
5,4
„ „ „
c
9,2
6,6
Es war sonach der Vorzug der Methode II auf das bestimmteste
erwiesen, da die Farbe dabei im Mittel um 26,7 Proc. heller ausfiel.
3. Prüfung von Rohzuckern.
Wird Rohzucker nach Muster gekauft, so hat man natürlich darauf zu achten, daß das
Durchschnittsmuster des gelieferten Quantums mit dem Verkaufsmuster in allen
wesentlichen Bedingungen übereinstimmt. Die gewöhnlichen Prüfungen auf Wassergehalt, Polarisation
und Asche kann ich hier übergehen. Ein Vergleich der Farbe durch genaue Bestimmung
ist aber häufig um so viel nothwendiger, als Körnung, Feuchtigkeit u.s.w. das
Urtheil durch bloßen Augenschein sehr beeinträchtigen und doch nicht selten die
Farbe gerade den Ausschlag geben muß, wenn die übrigen Ermittelungen nur wenig
Abweichung zeigen.
Bei einer Probe Rohzucker war die Farbe (auf trockene Substanz bezogen) zu 234
gefunden worden. Die verschiedenen Lieferungen des nicht unbedeutenden Quantums
zeigten im Durchschnitt 237, 263, 223. Während also die zweite Lieferung etwa um 1/8
dunkler war, konnte doch die allgemeine Durchschnittsfarbe von 241 als hinreichend
mit dem Muster übereinstimmend betrachtet werden.
Bei einer anderen Reihe von Verkaufsproben wurden folgende Farben gefunden:
a 129.
b 139.
c 277.
d 110.
Beim Empfange der gekauften Posten stellten sich geringe Differenzen in dem
Zuckergehalte heraus, so daß die Farbebestimmung als Entscheidung für Annahme oder
Zurückweisung betrachtet werden sollte. Es hatten die entsprechenden
Durchschnittsmuster:
a 132.
b 200.
c 325.
d 110.
Es war also gegen a und d
nichts einzuwenden; die Lieferung b war dagegen um 44
Proc., die Lieferung c um 17 Proc. dunkler, und konnte
daher, weil auch der Zuckergehalt etwas geringer ausfiel, nicht als dem Muster
entsprechend angesehen werden. Die Polarisation allein hatte eine so kleine
Differenz ergeben, daß eine Beanstandung dadurch nicht hinreichend begründet war;
dem Ansehen nach blieb man über die Nüancen zweifelhaft; nach diesen Zahlen dagegen
konnte mit Recht und Erfolg auf eine Preisermäßigung gedrungen werden.
Aehnliche Fälle, wo das Chromoskop die Schlichtung einer Differenz zu übernehmen hat,
werden im Handel vielfach vorkommen.
4. Bestimmung des Syrupgemisches behufs
Verkauf nach Muster.
Es war eine größere Menge Syrup nach einem gegebenen Muster zu liefern, wobei es
besonders darauf ankam, nicht solchen von dunklerer Farbe abzusenden, der leicht zu
Unannehmlichkeiten hätte führen können. Als die verschiedenen zur Absendung
bestimmten Syrupmengen verfüllt werden sollten, wurden daher zugleich die
Farbenbestimmungen vorgenommen. Die Verkaufsprobe hatte (bei 80 Proc. Ball.) eine
Farbe von 719, die zur Lieferung bestimmten Mengen hatten dagegen die Farben 1120,
614 und 900, wobei zu berücksichtigen, daß von der hellsten Sorte verhältnißmäßig am
meisten verfügbar war. Es konnte also nach diesen Angaben durch einfache Rechnung
diejenige richtige Mischung gefunden werden, welche die verlangte Farbe besitzen
mußte. Im vorliegenden Falle wurde dieß jedoch nicht genau ausgeführt, sondern die
verschiedenen Sorten einzeln verfüllt und dann zur Controle ein Durchschnittsmuster
von allen Fässern entnommen; dieses zeigte die Farbe 780, und es wurde dem
entsprechend nach der Ablieferung ein Anstand nicht erhoben.
5. Untersuchung über den Werth eines
Rückstandes.
Ein anscheinend sehr geringer Syrup, über dessen Natur Aufklärung gewünscht wurde,
zeigte bei der Polarisation 64,1 Proc. Zucker von der Trockensubstanz. Es konnte
hiernach zweifelhaft erscheinen, ob hier noch ein zu verarbeitendes Product oder
aber wirkliche Melasse vorliege. Eine Farbebestimmung entschied die Frage; da sie
nämlich 2002 ergab, so war es nicht zweifelhaft, daß das Product wirkliche Melasse
sey.
Ein anderes Product von zweifelhaftem Ursprung und krystallisirter Beschaffenheit
ergab eine Farbe von 2710 für trockene Substanz. Obwohl die Polarisation 80,5 Proc.
der trockenen Substanz ergab, so konnte doch der Werth dieses Productes nicht höher
als zwischen dem gewöhnlichen vierten Product und Melasse taxirt werden. Ein
ähnliches, etwas schmieriges Product von gleicher Polarisation ergab sogar eine
Farbe von 3423 (für trockene Substanz) und stand jenem ziemlich nahe, war jedoch von
etwas geringerem Werthe.
6. Bestimmung der Entfärbung durch
Filtration.
Bei der Klärung gewisser Producte sollte bestimmt werden, welche von drei zur Auswahl
vorliegenden, im Einzelnen etwas abweichenden Klärungsmethoden das beste Resultat in
Bezug auf Entfärbung liefern würde. Demnach wurden in allen drei Fällen
Farbebestimmungen mit Durchschnittsmustern des ungeklärten und des geklärten
Productes vorgenommen und folgende Zahlen erhalten:
1)
Farbe
vor der Klärung
auf 80 Proc.
Balling
berechnet
468
„
nach
„
„
„
80
Entfärbung also 83 Proc.
2)
Farbe
vor der Klärung
auf 80 Proc.
Balling
berechnet
436
„
nach
„
„
„
73,6
Entfärbung also 83 Proc.
3)
Farbe
vor der Klärung
auf 80 Proc.
Balling
berechnet
615
„
nach
„
„
„
100,5
Entfärbung also 83,6 Proc.
Alle drei Filtrationen hatten demnach eine sehr befriedigende Filtration bewirkt.
Eine ähnliche Ermittelung war die Untersuchung, welche über die Entfärbung der
Rübensäfte beim Filtriren ausgeführt worden, je nachdem dieselbe in der gewöhnlichen
Weise – d.h. durch Filtration erst des Dünnsaftes und dann des Dicksaftes
– oder so geschieht, daß man dieselbe Menge Kohle wie hierbei verwendet, aber
nur Dünnsaft filtrirt und das Filtrat dann unmittelbar zu Füllmasse fertig kocht.
Abgesehen von dem hier nicht in Betracht kommenden Unterschied in der Polarisation
und Auslieferung an erstem Product wurde die Farbe des aus der krystallisirten Masse
durch Centrifugiren erhaltenen Rohzuckers bestimmt. Sie betrug bei directem Kochen
aus Dünnsaft 54,5; bei der gewöhnlichen Methode 27,7. Es ist also hierdurch
erwiesen, daß die durch das Einkochen auf Dicksaft unterbrochene Filtration besser
entfärbend wirkt, als wenn der Dünnsaft nur als solcher über das bestimmte
Kohlenquantum geht.
In ähnlicher Weise habe ich noch viele Versuche über die Wirkung der Knochenkohle,
wenn sie in der einen und anderen Weise angewandt wird, angestellt und daraus stets
die sichersten Resultate erlangt, welche hier mitzutheilen natürlich zu weit führen
würde. Es kann jedoch nur bestens empfohlen werden, die Entfärbung durch die
Filtration mittelst oft wiederholter Farbenbestimmung möglichst genau zu
verfolgen.
7. Vergleich der entfärbenden Kraft von
dreierlei in einer Fabrik angewandten Kohlen.
Hierzu wurden für jede Probe 150 Grm. der betreffenden Kohle abgewogen und mit 150
Kubikcentimetern Saft, wozu gewöhnlicher Dicksaft vom Filter verwandt wurde, gekocht
und die Farbe des letzteren, welche vorher schon bestimmt war, nach dem Abfiltriren
wieder gemessen. Der ursprüngliche Saft hatte die Farbe 64. Nach der Behandlung war
sie bei Knochensorte:
a = 27
Entfärbung
also
57,8 Proc.
b = 19
„
„
70,9 „
c = 9
„
„
86,0 „
Die Entfärbungskraft verhielt sich daher für diese Kohlen wie
67 : 82 : 100.
Da nun aber die Kohlen stets nach gleichen Raumtheilen, nicht nach gleichem Gewicht
in der Fabrik zur Anwendung kommen, so ist dieses Verhältniß, zur Uebertragung auf
die Wirkung gleicher Filter nach den verschiedenen specifischen Gewichten der Kohle
zu verändern. Ein Versuch ergab, daß 200 Grm. der drei Kohlensorten je einen Raum
von 170, 180 und 225 Kubikcentimetern einnahmen. Hiernach berechnet sich das
Verhältniß der entfärbenden Kraft für gleiche Raumtheile auf 67, 77, 75,5,
entsprechend 89 : 102 : 100; so abweichend also auch gleiche Gewichte wirken, so
wird doch der Unterschied für gleiche, mit den verschiedenen Kohlen gefüllte Filter
nur ein geringer seyn.
Eine andere ähnliche Untersuchung betraf die Ermittelung des Werthes einer zum Kauf
angebotenen, nicht wiederbelebten Kohle. Nachdem ihr Gehalt an Feuchtigkeit,
organischer Substanz, Gyps und Kalk bestimmt worden, mußte ihre entfärbende Kraft im
Vergleich mit guter Kohle aus dem Betriebe festgestellt werden. Es wurde demnach
eine gewisse Menge Kohle mit der zur Entfernung des Kalküberschusses erforderlichen
Salzsäuremenge gesäuert, nach geschehener Einwirkung getrocknet und geglüht. Mit der
auf diese Weise wiederbelebten Kohle wurde ein Syrup behandelt, und dieser auch zum
Vergleiche mit gewöhnlicher Kohle des Betriebes ebenso entfärbt. Die Farbe des
Syrups betrug ursprünglich 43,5; nach dem Kochen mit der untersuchten Kohle 23 und
nach dem Kochen mit gewöhnlicher Kohle 27. Es dürfte hieraus geschlossen werden, daß
die fragliche Kohle nach der nöthigen Wiederbelebung etwa gleiche entfärbende Kraft
für gleiches Gewicht zeigen werde, wie die zum Vergleiche benutzte. Bei ihrer
Schätzung brauchten also nur die übrigen Verhältnisse, namentlich die Kosten der
Wiederbelebung und der Abgang für Feuchtigkeit, Kalk, organische Substanz u. dgl.,
berücksichtigt zu werden.
Diese Versuche zeigen so deutlich, daß sie einer weiteren Erklärung nicht zu bedürfen
scheinen, die Anwendbarkeit und Nützlichkeit des Chromoskops.