Titel: | Verfahren zur Sodafabrication; von William Gossage in Widnes, Lancashire. |
Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. LXIV., S. 224 |
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LXIV.
Verfahren zur Sodafabrication; von William Gossage in Widnes,
Lancashire.
Aus dem London Journal of arts, März 1863, S.
154.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Gossage's Verfahren zur Sodafabrication.
Diese Erfindung (patentirt in England am 18. Juli
1862) besteht in der Zersetzung des Kochsalzes, indem man dasselbe in
Dampfgestalt, mit Wasserdampf und den gasförmigen Verbrennungsproducten der
Steinkohle gemischt, bei hoher Temperatur mit Quarzstücken in Berührung bringt,
wodurch einerseits kieselsaures Natron und andererseits Salzsäure gebildet
wird.Das Verdienst des Erfinders beschränkt sich auf die Construction eines
zweckmäßigen Apparates zur Anwendung dieses Processes, welcher auf bekannten
Thatsachen beruht. Dr. Otto bemerkt in seinem Lehrbuch der anorganischen Chemie,
Braunschweig 1855, II. Abtheilung, S. 301:„Anstatt durch Schwefelsäure für den Sodaproceß aus dem Kochsalze
ein Sauerstoffsalz darzustellen, hat man auch vorgeschlagen, dieß durch
die billigere Kieselsäure zu thun. Wird
Kochsalz mit Kieselsäure geglüht, so erleidet das Salz keine Zersetzung,
wird aber über die glühende Masse Wasserdampf
geleitet, so erfolgt Zersetzung; der Wasserstoff des Wassers geht mit
dem Chlor des Kochsalzes als Salzsäure fort und der Sauerstoff des
Wassers gibt mit dem Natrium des Kochfalzes, Natron, das an die
Kieselsäure tritt. Das kieselsaure Natron läßt sich dann in Lösung durch
Kohlensäuregas zerlegen. Auch Thon kann
anstatt der Kieselsäure genommen werden.“ A. d. Red.
Fig. 28 ist
ein Verticaldurchschnitt des zur Anwendung dieses Verfahrens dienenden Apparates.
a, a ist ein Thurm oder eine Kammer von feuerfesten
Steinen, mit außen angebrachten Eisenstangen gebunden. Bei a* ist der innere Raum dieser Kammer verengt und bei a** wieder erweitert. Dieselbe wird mit Quarzstücken
nahezu angefüllt, und in Folge ihrer Construction bleibt um die Quarzsäule herum ein
Raum b, b frei, welcher mit dem Canal c communicirt. Am unteren Theil der Kammer a ist eine Oeffnung d
angebracht, durch welche Quarzstücke herausgezogen werden können; diese Oeffnung
wird mit einer Thür von feuerfesten Steinen geschlossen, wenn der Apparat im Gang
ist. Durch die Oeffnung e kann das geschmolzene
kieselsaure Natron abfließen und durch den Canal c
können die rückständigen Gase abziehen.
f ist ein Ofen zum Verbrennen von Steinkohlen oder Kohks
mit einem unzureichenden Zufluß atmosphärischer Luft, so daß brennbare Gase gebildet
werden. g, g sind die in schiefer Richtung angebrachten
Roststäbe;
h ist die Feuerplatte, ebenfalls in schiefer Richtung
angebracht und durch feuerfeste Steine geschützt. i ist
ein Canal oder Rumpf (mit dem Deckel j geschlossen),
durch welchen das Brennmaterial in den Ofen f eingeführt
wird. Wenn man Steinkohle anwendet, wird dieselbe auf der Feuerplatte h der Destillation unterzogen und liefert so brennbares
Gas. Der größere oder geringere Zutritt von Luft zu dem Brennmaterial, welches auf
den Roststäben g eine unvollkommene Verbrennung
erleidet, und folglich die Erzeugung brennbarer Gase, wird durch die Dicke der
Brennmaterial-Schicht regulirt.
k ist ein verticaler Canal, durch welchen die brennbaren
Gase aus dem Ofen f hinaufziehen; l ist ein horizontaler Canal, welcher den Canal k mit dem Thurm oder der Kammer a verbindet,
n ist ein mit einem Dampfkessel verbundenes Rohr,
durch welches der Canal l mit Dampf gespeist werden
kann, und durch das Rohr o, welches mit dem
Ventilatorgebläse p verbunden ist, wird dieser Canal mit
Luft gespeist. Die Sohle des Canals l bildet eine
Plattform, welche man durch die Oeffnungen q, q mit
Kochsalz beschickt, r ist eine Oeffnung im oberen Theil
der Kammer a, durch welche nach Erforderniß Quarzstücke
eingefüllt werden.
Soll eine Operation beginnen, so führt man brennendes Brennmaterial durch den Rumpf
i ein, bis ein geschlossenes Feuer auf den Stäben
g hergestellt ist; hernach werden Steinkohlen oder
Kohks eingebracht, bis die Brennmaterial-Schicht auf diesen Stäben etwa 18
Zoll Dicke erreicht hat, wornach man den Rumpf schließt. Nun treibt man durch das
Rohr o einen raschen Luftstrom, welcher sich mit den im
Canal k aufsteigenden Gasen mischt und durch deren
vollständige Verbrennung eine intensive Hitze erzeugt. Die Verbrennungsproducte
ziehen durch den Thurm oder die Kammer a. hinab, wobei
die Quarzstücke stark erhitzt werden. Nachdem diese Bedingungen erfüllt sind,
schüttet man von Zeit zu Zeit Kochsalz auf die Sohle des Canals l, wo es verflüchtigt wird. Gleichzeitig wird
Wasserdampf durch das Rohr n eingeführt, welcher sich
mit den Verbrennungsproducten und dem Kochsalzdampfe mischt; die gemischten Dämpfe
ziehen dann in der Kammer a durch die ZwischenräumZwischenräume der Quarzstücke hinab und kommen so in innige Berührung mit der stark
erhitzten Kieselerde; unter diesen Umständen wird das Kochsalz zersetzt, es liefert
kieselsaures Natron und gasförmige Salzsäure. Das salzsaure Gas, gemischt mit
anderen rückständigen Gasen, zieht durch den Canal c ab,
aus welchem es mittelst eines Exhaustors in einen Condensationsapparat getrieben
wird.
Das so erhaltene kieselsaure Natron kann zur Glasfabrication oder anderen bekannten
Zwecken verwendet werden. Man kann es auch zur Fabrication von caustischem oder kohlensaurem Natron
benutzen. Hierzu wird es in Wasser gelöst, und, wenn caustisches Natron gewonnen
werden soll, die Lösung mit gebranntem Kalk behandelt, wobei man Aetznatron in
Lösung und kieselsauren Kalk als Niederschlag erhält. Um kohlensaures Natron zu
erhalten, wird die Lösung des kieselsauren Natrons mit Kohlensäuregas behandelt,
wodurch man kohlensaures Natron in Lösung und Kieselerde als Niederschlag
erhält.
Wenn man den beschriebenen Apparat, anstatt mit Kochsalz, mit Chlorkalium beschickt,
so erhält man durch dessen Zersetzung kieselsaures Kali und Salzsäuregas. Löst man
das kieselsaure Kali in Wasser auf und behandelt die Lösung mit gebranntem Kalk, so
erhält man Aetzkali in Lösung; behandelt man die Lösung aber mit Kohlensäuregas, so
erhält man kohlensaures Kali in Lösung.
Wendet man statt Quarz zur Zersetzung des Kochsalzes oder Chlorkaliums Thonerde an,
so erhält man Natron- oder Kali-Aluminat, welche für verschiedene
Zwecke benutzt werden können; behandelt man ein solches Aluminat in Lösung nach den
für das kieselsaure Alkali angegebenen Methoden, so erhält man caustisches oder
kohlensaures Alkali.
Als Zersetzungsmittel des Kochsalzes oder Chlorkaliums kann man auch Materialien
anwenden, welche Kieselerde und Thonerde enthalten (gewöhnlichen Thon oder
Thonschiefer), wo man dann ein Gemisch von Alkali-Silicat und Aluminat
erhält, dessen Lösung in der für das kieselsaure Alkali angegebenen Weise
verarbeitet wird. Auch Mineralien, welche (wie Feldspath und Granit) außer
Kieselerde und Thonerde ein wenig Natron oder Kali enthalten, lassen sich mit
Vortheil als Zersetzungsmittel anwenden, wobei deren Alkaligehalt verwerthet
wird.
Die durch Kohlensäure gefällte Kieselerde oder Thonerde (sowie das Gemenge derselben)
kann man durch Trocknen und Pressen in Stücke formen, um sie wieder als
Zersetzungsmittel zu benutzen.