Titel: | Ueber die Heliochromie; von Niepce aus Saint-Victor. |
Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. XVIII., S. 64 |
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XVIII.
Ueber die Heliochromie; von Niepce aus
Saint-Victor.
Fünfte Abhandlung.Die früheren Abhandlungen wurden im polytechn. Journal Bd. CXXXIX S. 37, Bd. CXLIII S. 123, Bd. CLII S. 453 und Bd. CLXIII S. 436 mitgetheilt.
Aus den Comptes rendus, t. LVI p. 90.
Niepce, über die Heliochromie.
I. Ueber die Reproduction der Farben in
der Heliochromie.
Ich theile nun das Resultat der Beobachtungen mit, welche ich im Jahre 1862 gemacht
habe; obgleich der letzte Sommer meinen Versuchen in der camera obscura. nicht günstig war, konnte ich doch einige Bilder
erhalten.
Die gelbe Farbe erhielt ich bisher am schwierigsten gleichzeitig mit den anderen
Farben; jetzt habe ich aber ein Verfahren entdeckt, um das Gelb mit Sicherheit zu
entwickeln und gleichzeitig die anderen Farben zu erhalten: früher erhielt ich zwar
mit Leichtigkeit das Roth, das Grün und das Blau, wenn aber das Gelb zum Vorschein
kam, so war es zufällig. Es ist mir nun gelungen, das Gelb bei allen meinen
Reproductionen zu erhalten, indem ich zum Chloriren meiner Silberplatten ein Bad von
unterchlorigsaurem Natron (statt des Kalisalzes) anwandte. Dieses Bad muß
folgendermaßen dargestellt seyn:
Frisch bereitetes unterchlorigsaures Natron von 6° Baumé verdünnt man
mit der Hälfte Wassers, setzt 1/2 Procent Aetznatron zu, und erwärmt auf 70 bis
80° C.; man gießt dieses Bad dann in eine flache Schale und taucht die
Silberplatte auf einmal hinein, indem man die Flüssigkeit einige Secunden lang
schüttelt, wornach die Platte schon eine fast schwarze Färbung angenommen haben
wird. Man wascht sie hierauf mit vielem Wasser, trocknet sie dann auf einer
Weingeistlampe und unterzieht sie dem erforderlichen Anlassen (Erhitzen bis zum
Eintritt der rosenrothen Färbung).
In 200 Grammen dieses Bades kann man 5 bis 6 sogenannte Viertels-Platten
chloriren, unter denen manche bessere Resultate als die anderen geben werden, je
nach der Dicke der Schicht und dem Grade des Anlassens.
Auf den so chlorirten Platten reproduciren sich die Farben (besonders durch Contact)
mit sehr lebhaften Tönen und das Schwarz oft mit seiner ganzen Intensität.
Um in der camera obscura zu operiren, wählt man
vorzugsweise die Platten welche beim Anlassen eine schöne kirschrothe Färbung
angenommen haben, weil sie die empfindlichsten für das Licht sind, wozu die
Chlorsilber-Schicht nicht zu dick seyn darf.
Um die angegebenen Effecte zu erhalten, muß aber die Platte mit dem chlorbleihaltigen
Firniß überzogen seyn, welchen ich in meiner letzten AbhandlungPolytechn. Journal Bd. CLXIII S.
436. angegeben habe; nur muß man eine wässerige Lösung von Dextrin mit nicht
geschmolzenem Chlorblei nehmen, um die Wirkung des alkalischen Bades auf das
Chlorsilber zu neutralisiren und den Grund des Bildes weiß zu machen, welches
außerdem trüb oder rosenroth bleiben würde.
Die Fixirung der Farben betreffend, gelang es mir bloß die in meiner letzten Abhandlung
angegebene Zeitdauer zu verdoppeln. Mehrere Substanzen ertheilen den Farben eine
größere Beständigkeit, wenn man mit ihnen das Chlorblei noch überzieht, nachdem die
Wärme auf dasselbe eingewirkt hat; solche sind unter anderen die
Benzoe-Tinctur, das Zinnchlorür und das Aldehyd. Bei weitem das beste
Resultat gab mir die Tinctur des Benzoe von Siam, wenn ich sie auf eine lauwarme
Platte auftrug und dieselbe nach dem Trocknen erhitzte, bis sich ein wenig
Benzoesäure verflüchtigte.
Mittelst dieses Firnisses auf dem Chlorblei gelang es mir Farben drei und vier Tage
in einem Zimmer zu conserviren, in welches die volle Julisonne hineinschien.
Ich habe auch die Beobachtung gemacht, daß wenn man ein heliochromisches Bild unter
einem gewissen Einfallsgrade neigt, die Farben viel lebhafter erscheinen, und das
Schwarz seine ganze Intensität erhält. Ferner habe ich beobachtet, daß, je nachdem
das Modell (eine Puppe) durch die Sonnenstrahlen erleuchtet ist, man in der camera obscura viel intensivere und lebhaftere Farben
erhalten kann, so daß sich z.B. die Gold- und Silberborden sowie die
Edelsteine viel besser reproduciren.
II. Ueber die heliochromische
Reproduction der Farben, welche aus der Mischung zweier anderen
entstehen.
Ich habe nun eine Reihe von Versuchen mitzutheilen, welche ich in wissenschaftlicher
Hinsicht für sehr interessant halte.
Ich habe gefunden, daß alle Farben, welche aus der Mischung zweier anderen
entstanden, durch die Heliochromie zersetzt werden.Wenn Edm. Becquerel, wie er behauptet, wirklich
ein vollständiges Sonnenspectrum reproducirte, so hat er nach meiner Ansicht
eben dadurch nachgewiesen, daß die Farben des Spectrums durch die
Heliochromie nicht zersetzt werden; man kann daraus wohl mit Recht
schließen, daß diese Farben einfache sind und folglich das Sonnenspectrum
nicht, wie Brewster annimmt, bloß durch drei
übereinander gelegte monochromatisch Spectra, Roth,
Gelb und Blau, gebildet ist.
Um diese Wirkung des Lichtes nachzuweisen, beginne ich mit dem auffallendsten
Versuch. Die grüne Farbe ist bekanntlich entweder eine natürliche oder eine aus Gelb
und Blau zusammengesetzte. Wenn das Grün ein natürliches ist, wie beim Smaragd,
Schweinfurter Grün, Chromoxyd, schwefelsauren Nickeloxydul, Malachit, so reproducirt
es die Heliochromie als Grün; ist die grüne Farbe aber eine zusammengesetzte, wie
z.B. das aus Chromgelb und Berlinerblau erzeugte Grün, oder die Farbe der mit einem
blauen und einem gelben Farbstoff gefärbten Zeuge, oder diejenige gewisser Gläser,
welche durch eine gelbe und eine blaue Substanz grün gefärbt sind, so wird dieses
Grün in der Heliochromie nur Blau geben, sowohl durch Contact als in der camera obscura.
Folgender Versuch ist ebenfalls entscheidend: ein hellblaues und ein hellgelbes Glas
übereinander gelegt, zeigen in ihrer Transparenz ein sehr schönes Grün; aber auf
eine heliochromische Platte wirkend, geben sie nur Blau, man mag noch so lange dem
Licht exponiren, und zwar in jedem Fall, mag nun das blaue Glas über oder unter dem
gelben Glase, oder zwischen zwei gelben Gläsern liegen.
Ich will noch andere Beispiele anführen. Ein rothes und ein gelbes Glas, welche über
einander gelegt Orange erscheinen lassen, bringen auf der empfindlichen Platte nur
Roth hervor. Ein rothes und ein blaues Glas, welche über einander gelegt violett
erscheinen, geben anfangs Violett (weil die Platte ursprünglich roth ist), hernach
erscheint Blau. Ein weißes Papier, welches durch grüne Blätter oder Blasengrün
(Kreuzdorn-Extract) grün gefärbt ist, wird nur äußerst langsam durch Contact
reproducirt; die empfindliche Platte bleibt sehr lange roth, wie wenn gar keine
Lichtwirkung stattfände; fährt man aber fort sie dem Lichte auszusetzen, so entsteht
endlich eine graulichblaue Farbe. Dasselbe ist der Fall, wenn man in der camera obscura natürliches Laubwerk von wiesengrüner
Farbe zu reproduciren sucht; ist das Laubwerk aber blaugrün, wie z.B. die Blätter
einer Dahlie, so wird die blaue Farbe lebhafter seyn. Ist das Laubwerk gelb oder
roth, wie gewisse verwelkte Blätter, so wird sich die Farbe in mehr oder weniger
reinem Gelb oder Roth reproduciren, nach der mehr oder weniger großen Abwesenheit
der blauen Substanz, welche nach Fremy mit dem Gelb die
grüne Farbe der Blätter erzeugt.
Das Auge der Pfauenfeder reproducirt sich in der camera
obscura sehr gut, d.h. in der Weise, daß die Farbe unter einem gewissen
Einfallsgrade bald grün, bald blau erscheint.