Titel: | Weitere Mittheilungen über das amerikanische Erdöl; von Dr. Wiederhold in Cassel. |
Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. CXV., S. 459 |
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CXV.
Weitere Mittheilungen über das amerikanische
Erdöl; von Dr. Wiederhold in Cassel.
Aus den neuen Gewerbeblättern für Kurhessen, 1863,
Nr. 7.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Wiederhold, über das amerikanische Erdöl.
In meiner ersten Abhandlung „zur Technologie des amerikanischen Erdöls
(S. 63 in diesem Bande des polytechn. Journals) mußte ich
es unentschieden
lassen, ob das dort unter der Bezeichnung „Naphta“ beschriebene
Product rohes Oel, wie es aus der Quelle kommt, oder ein künstliches Erzeugniß aus
demselben ist. Kürzlich habe ich dagegen eine kleine Quantität rohen Oeles erhalten,
welches glaubwürdigen Versicherungen zufolge wirklich ächt ist, d.h. in der Beschaffenheit, wie es an Ort und Stelle gewonnen
wird. Es ist eine dunkelrothe Flüssigkeit von höchst widerwärtigem Geruche, welche
ein spec. Gewicht von 0,830 besitzt. Sie entwickelt, mit Wasser von
70–80º C. behandelt, ein brennbares Gas. Augenscheinlich ist dieselbe
von der Naphta wesentlich verschieden und letztere jedenfalls ein Kunstproduct.
Leider reichte die geringe Quantität nicht aus, um auf analytischem Wege das
Verhältniß der Kohlenwasserstoffe von verschiedenem Siedepunkt zu ermitteln, was
jedoch, sobald mit eine größere Quantität zu Gebote steht, nachgeholt werden soll.
Vorerst wünschte ist nur meine die Naphta betreffenden Angaben in dieser Hinsicht zu
berichtigen.
Von den jetzt aus Amerika kommenden LampenDieselben sind in Cassel bei Hrn. Brand
jun., Blechschmied, zu 1 Thlr. 20 Sgr. zu
haben., auf welchen das rectificirte Petroleum gebrannt werden soll, haben wir in
Fig. 24
und 25 eine
Abbildung gegeben. Die Lampe ist im Wesentlichen eine Solaröllampe. Die Einrichtung
dürfte im Allgemeinen aus der Zeichnung ohne weitere Beschreibung ersichtlich seyn.
Neu ist nur die Art, wie der Cylinder befestigt ist. Derselbe ist offenbar aus einem
leichtflüssigen Bleiglase und besitzt am unteren Ende eine ringförmige Umstülpung
a, mit welcher er auf dem Blechringe der Fassung
aufliegt. Von oben wird er durch zwei Häkchen b, wovon
nur eines in der Zeichnung sichtbar, und durch den federnden Stift c festgehalten. Wenn der Cylinder aufgesetzt werden
soll, so zieht man den Stift c zurück, schiebt den
umgebogenen Rand a des Cylinders unter die Häkchen b, setzt ihn dann völlig horizontal auf und läßt darauf
den Stift c los. Dieser hält in Verbindung mit den
Häkchen den Cylinder so fest, daß man die Lampe ohne große Vorsicht überall
herumtragen kann. Durch einen Schirm von Blech, welcher mittelst einer Blechklammer
am Cylinder befestigt wird, läßt sich das Licht temperiren. Der Lichteffect ist
unstreitig ein brillanter. Vorerst verweise ich in Beziehung auf den Verbrauch,
Lichtstärke etc. auf die (im polytechn. Journal Bd. CLXVI S. 348) mitgetheilten
Versuche von Marx, indem ich mit weitere Mittheilungen
über eigene Versuche bis zu der Zeit vorbehalte, wo die Preisverhältnisse des
Materials gestatten, einige Dauer versprechende Schlüsse zu ziehen.
Besondere Vorsichtsmaßregeln, wie Abschneiden des Dochtes in einer krummen Linie,
oder Füllung des Oelbehälters vor jedesmaligem Gebrauch, sind bei dieser Lampe
durchaus unnöthig.
Von amerikanischen Erdölpräparaten sind mit in der Folge durch den Handel die
nachfolgenden bekannt geworden: 1) Ein Leuchtmaterial unter den Bezeichnungen
„doppelt raffinirtes Petroleum“ oder
„Paraffinöl.“ Dasselbe ist von röthlicher Farbe und besitzt
ein spec. Gewicht von 0,815. Es enthält nur Körper, welche einen über 200º C.
liegenden Siedepunkt haben, während das früher von mit beschriebene rectificirte
Petroleum noch 12 Proc. Oele enthält, die einen unter 200º C. liegenden
Siedepunkt besitzen (Photogen). Beiläufig will ich hier bemerken, daß ich kürzlich
die Beobachtung einer Paraffinausscheidung in dem letzteren machte, während das in
derselben Temperatur neben diesem stehende sogenannte Paraffinöl diese Erscheinung
nicht zeigte. Das Paraffinöl brennt gut in der amerikanischen Lampe und mit 20 Proc.
Rüböl gemischt auf jeder Rüböllampe, dagegen nicht auf den Photogenlampen.
2) Ein Destillationsproduct unter dem Namen Erdöläther
oder Naphta. Dasselbe ist nicht identisch mit der von mit
beschriebenen Naphta; es siedet bei 40º C., hat ein spec. Gewicht von 0,700
und enthält durchschnittlich
75 Proc.
Oele
mit
Siedepunkten
bis
100º C., und
25 Proc.
„
„
„
„
150º C.
Es nähert sich daher am meisten dem ersten Destillate, für welches ich den Namen
„Erdöläther“ vorgeschlagen habe. Letzteres enthält aber nur
Körper mit Siedepunkten bis incl. 100º C.
3) Vier Sorten künstlichen Terpenthinöls:
1ste
Qualität
von
0,700 spec.
Gewicht,
2te
„
„
0,705 „
„
3te
„
„
0,715 „
„
4te
„
„
0,735 „
„
Die beste Qualität ist in der Zusammensetzung gleich der Naphta oder dem Erdöläther
des Handels, die anderen drei Sorten enthalten wechselnde und weit erheblichere
Mengen von Oelen mit Siedepunkten über 100º C. In den ihrer Anzahl nach
beschränkten Fällen, wo überhaupt die flüchtigen Destillationsproducte des
Petroleums das wirkliche Terpenthinöl ersetzen können, ist dieses nur von denen zu
erwarten, welche keine über 100º C. liegende Siedepunkte besitzen, also nur
von dem Erdöläther in meinem Sinne, nicht aber von solchen, welche schwerflüchtige
Körper enthalten, die nicht vollständig verdunsten. Damit stimmen auch, wie uns
versichert wird, die Erfahrungen der Praxis überein.
4) Ein Benzin von 0,715 spec. Gewicht, im Wesentlichen gleich der dritten Qualität
künstlichen Terpenthinöls.
Meine Mittheilungen über die Fähigkeit des Erdöläthers, Oele aus fetten Samen
auszuziehen, ergänze ich durch die Mittheilung der folgenden vergleichenden
Analysen.
Rübsamenmehl, mit Schwefeläther extrahirt, lieferte einen
Rückstand von 45 Proc., in derselben Weise mit Schwefelkohlenstoff behandelt, von
35,6 Proc., mit Erdöläther von 35,8 Proc.
In den beiden letzten Fällen bestand derselbe nur aus farbigem Oele, während der
Aether noch andere Körper aus den Samen auszieht.
Diese Analysen beweisen jedenfalls, daß der Erdöläther rücksichtlich des
Lösungsvermögens dieselbe Leistungsfähigkeit besitzt, wie Schwefelkohlenstoff. Aus
den vorstehend mitgetheilten Beobachtungen dürfte sich wohl der Vorschlag
rechtfertigen, die Raffinerie des Petroleums in der Weise zu betreiben, daß man nur
zwei Destillationen vornimmt. In der ersten gewinnt man nur die Producte, welche bis
100º C. überdestilliren. Sie allein dürften Terpenthinöl in gewisser
Beziehung ersetzen, und eignen sich ferner für eine Reihe von in meiner ersten
Abhandlung angegebenen Zwecken. In der zweiten Destillation werden die Oele mit
Siedepunkten von 100–200º C. abdestillirt. Diese können, mit 20 Proc.
Paraffinöl gemischt, als ein vorzügliches Photogen verkauft werden. An und für sich
brennen sie nicht sparsam genug. Im Rückstand bleibt das Paraffinöl zurück, was von
Theer etc. zu reinigen, vielleicht auch noch auf Paraffin zu verarbeiten ist.