Titel: | Ueber die Bereitung des Anilins im Großen; von Dr. H. Vohl. |
Autor: | Hermann Vohl |
Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. CXIII., S. 457 |
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CXIII.
Ueber die Bereitung des Anilins im Großen; von
Dr. H. Vohl.
Vohl, über Bereitung des Anilins im Großen.
Die Wichtigkeit, welche in neuester Zeit das Anilin in der Technik erlangte, hat eine
Menge Methoden zur Darstellung desselben hervorgerufen. Die Darstellung des Anilins
kann man in zwei verschiedene Arten theilen; die eine besteht darin, daß man das
fertig gebildete Anilin durch Säuren aus dem Theer extrahirt und dieses Anilinsalz
alsdann mit caustischen Alkalien destillirt; die zweite besteht darin, daß man durch
Reduction des Nitrobenzols Anilin darstellt. Letztere Methode liefert wohl das
meiste jetzt im Handel vorkommende Anilin. Die Reduction des Nitrobenzols kann
verschiedenartig ausgeführt werden; man nimmt entweder dazu Schwefelwasserstoff,
resp. Schwefelammonium, oder metallisches Eisen und Essigsäure, oder metallisches
Zink und Salzsäure, oder endlich nach Fr. Wöhler eine
Mischung von arseniger Säure und Kali. Wenn auch die ersteren Methoden in dem
Laboratorium im Kleinen
ausführbar sind, so verdient jedoch nur die letztere, von Wöhler angegebene, in der Technik Beachtung.
Längere Zeit mit der Darstellung der Anilinfarben beschäftigt, suchte ich auf eine
billige und bequeme Weise diese Basis darzustellen und es gelang mit eine Methode zu
finden, nach welcher man das Anilin im Großen bequem darstellen kann. Meine Methode
besteht darin, daß ich das Anilin durch Reduction des Nitrobenzols vermittelt einer alkalischen Traubenzuckerlösung vornehme.
Bekanntlich besitzt eine alkalische Traubenzuckerlösung eine mächtig reducirende
Kraft, ich brauche nur auf die Reduction des Kupferoxyds zu Kupferoxydul zu
verweisen. Es wird in einem Destillirgefäß concentrirte Kalilauge oder Natronlauge
mit Traubenzucker und Nitrobenzol zusammengebracht. Nach einiger Zeit erhitzt sich
die Masse bedeutend und es treten alsdann Dämpfe von Anilin und Nitrobenzol auf. Man
blaßt nun, nachdem die Wärme nicht mehr zunimmt, Wasserdampf in den Apparat, wodurch
alles Anilin mit den Wasserdämpfen farblos übergeht. Das Destillat gibt man nochmals
in die Blase zurück (um die letzten, der Reduction entgangenen Theilchen von
Nitrobenzol in Anilin zu verwandeln) und destillirt wieder vermittelst Wasserdämpfen
ab. Da das Wasser eine beträchtliche Menge Anilin gelöst enthält, so muß man, um
keinen Verlust zu erleiden, entweder Kochsalz oder Glaubersalz zu dem Wasser setzen,
wodurch alles Anilin sofort abgeschieden wird. Die Angabe von Krieg, daß man überhitzter Wasserdämpfe zur Destillation des Anilins
bedürfe, ist unrichtig und grundlos; ein Dampfstrahl von höchstens 1 1/2
Atmosphärendruck reicht hin, das Anilin bis auf das letzte Atom abzublasen.
Auch habe ich zur Reduction des Nitrobenzols den Rohrzucker angewandt, jedoch mit
minderem Erfolg.
Ich werde in einer späteren Abhandlung den bei dieser Operation zu verwendendenden
Apparat etc. genau angeben.
Bonn, im Januar 1863.